Die Antwort ist komplex

da du ja Alex' Kurs machst, kennst du ja auch vermutlich ihren Spruch "Riding is groundwork where you got to sit down." Dh du baust die Balance vom Pferd vom Boden auf, und nimmt dann oben Platz, um die Übungen mit Reitergewicht zu wiederholen und auszubauen.
Das Verständnis von Balance ist hier der grundlegende Schlüssel, und daran hapert meiner Meinung nach auch das ganze Verständnis der Übungen, weil dieses Balanceverständnis hierzulande so wenig gelehrt wird.
Ich habe in diesem Prozess von Amadeus unendlich viel gelernt. Als Beispiel füge ich hier mal einen Post an, der heute in den Erinnerungen in FB auftauchte.
"Das Pferd muss weichen!" Dies wird oft als eine Tatsache angesehen, und als eine Begründung, warum man ja ganz viele Sachen nett mit Clickertraining erarbeiten kann, aber wenn das Pferd einen bedrängt und eben nicht weicht, dann doch mit Druck arbeiten muss, weil es eben so sein muss.
Hierbei wird in der Regel außer Acht gelassen, dass das Pferd vielleicht eine Menge "noch nicht gelernter Lektionen" benötigt, bis es tatsächlich auch körperlich in der Lage ist, "einfach zu weichen". Und dass es sich weigert, der Anfrage Folge zu leisten, weil es den Sinn nicht versteht und es sich schwierig oder gar unmöglich anfühlt, es zu tun.
Sehr oft wird der körperliche Aspekt einer Übung vergessen und nur auf "tut er das oder tut er es nicht" reduziert. Im Fragen nach dem Warum tauchen dann meistens die Antworten auf, die Trainerqualitäten ansprechen, aber selten die Betrachtung körperlicher Voraussetzungen für eine bestimmte Aufgabe.
Clickertraining hilft uns, solche Aufgaben aus der Beziehungsdiskussion herauszunehmen und es "einfach" Schritt für Schritt zu erarbeiten, damit das Pferd nicht nur weiß, was es tun soll, sondern dies auch leicht, freudig und aus Gefallen an der Aufgabe tut - und weil es die Aufgabe auch körperlich leisten kann.
Bei Amadeus hat es ein Jahr gedauert, bis er in der Lage war, diese für ihn sehr komplexe Aufgabe des "Weichens" zu bewältigen.
Lernschritte, die nötig waren:
- zurückfüttern
- zurückgehen
- selbständig Gewicht zurückverlagern
- seitliches Füttern
- lateralen Schritt (seitlich, weg vom Körper) mit der Vorhand
- Rumpfstabilisierung in diesem Schritt, u.a. durch Stepper und seitliches Füttern
- meiner Körperausrichtung folgen
- Mensch als Target
- auf Abstand gehen
- von Matte zu Matte gehen
- alleine von Matte zu Matte gehen
- auf Abstand von Matte zu Matte gehen
- über Matten hinweg gehen
- emotional ausgeglichen bleiben, auch wenn mein Plan anders ist als der seine (sehr sehr sehr wichtiges Element 🙂 )
- Ich als Trainer musste verstehen, wie konsequent und genau ich eine Aufgabe für ihn Schritt für Schritt aufbaue
- ich als Mensch musste lernen, gerade und balanciert zu gehen
- ich als Mensch musste lernen, ihn in Balance zu füttern, nicht aus der Balance zu bringen durchs Füttern
Es waren sicherlich noch mehr Aspekte, aber all dies war nötig, damit er es jetzt so "einfach" tun kann. Und wenn ich mir seinen größtenteils entspannten Ausdruck in der Aufgabe anschaue, weiß ich, dass wir sehr viel mehr erreicht haben, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.
https://youtu.be/Q9k85jGEHS0Es bleibt nicht aus, sich mit Anatomie und Reitlehre zu beschäftigen, um einen clickerkompatiblen Zugang zum Reiten zu finden. Man muss die Frage stellen "wozu dient diese Übung" und "was bringt sie dem Pferd". Und dann "wie bekomme ich das über Aufgaben isoliert".
Grundlegend ist gegen ein dialogorientiertes Reiten nach herkömmlicher Art nicht so viel einzuwenden. Das Grundverständnis ist dann eben, dass der Reiter über "Hilfen" Vorschläge macht, und das Pferd belohnt wird, wenn es der Idee folgt und versucht, sie umzusetzen. Mithilfe von CT kann man hier die Schritte extrem klein machen und es für das Pferd so angenehm machen.
Die "ideale" CT Herangehensweise wäre im Gegensatz dazu, das Pferd zu befähigen, die Aufgabe "selbständig"
zu erarbeiten und dann die "Hilfen" als Signale hinzuzufügen. Ich persönlich bin da kein Freund von strikter Signalkontrolle, sondern bevorzuge ganz klar den Frage - und Antwort-Dialog, wobei das eine zwei-Wege-Kommunikation sein sollte.
Keine Ahnung ob Dir das jetzt weiterhilft