Sehr schöner Artikel – ich finde mich da wieder. Aber ja auch sehr deutlich in der Position hinsichtlich der „technischen“ Variante des Clickerns, die wohl auch überwiegt bei den an Anzahl ja schon übersichtlichen Trainern. Diese technische Version ist meiner Erfahrung nach das, was auch grundsätzlich am „positiven“ Umgang mit Pferden sehr interessierte Menschen hinsichtlich des Clickerns abschreckt. Nicht nur wollen sie nicht permanent Futter ins Pferd stopfen, sondern meinen eben auch, dass die Beziehungsebene dadurch vernachlässigt wird. Und ehrlich gesagt … in meinem Hinterkopf spuken diese Gedanken auch rum.
Grade wenn man sich auch intensiv mit Verhalten von „Pferden unter sich“ (besonders durch ausgiebigen Konsum von Lubetzki-Filmen
, wie wichtig Pferden Ruhe, Entspannung, Sicherheit, freundschaftliche Beziehungen nicht nur zu Pferden, sondern auch zu Menschen sind, mit Atmung, Körpersprache, auch der eigenen unbewussten, all dem, was man als Mensch an bewussten oder unbewussten Ängsten, Sorgen, Wünschen, Ansprüchen so mit sich herumträgt, beschäftigt … also ich jedenfalls komme schon zu dem Ergebnis: Pferde wie Hühner oder Delphine clickern und ausbilden – geht sicher, wenn man´s kann, aber wenn es sich auf emotionsloses CB reduziert, geht dabei auch viel verloren.
Erinnert mich daran, dass es auch beim dem, was so allgemein „Natural Horsemanship“ genannt wird, seeehr unterschiedliche Ansätze gibt, von denen, die wirklich (zumindest versucht) nur emotionslos Druck aufbauen und wegnehmen, bis zu den 4 oder wieviel auch immer Phasen, ohne Wortlob, Streicheln, Kraulen, Beachtung von Atmung, Stimmung, Körpersprache, Persönlichkeit von Pferd oder dazugehörendem Menschen (und, wenn Technik und Timing stimmen, damit eben auch „Erfolg“ haben), und anderen Ansätzen, die diese anderen Aspekte sehr wohl intensiv einbeziehen (und dann vielleicht keine immer-super-gehorsam-reagierenden Pferde haben, sondern welche, die auch mal eigenen Meinungen kundtun mögen).
Mein „Wildpferd“ Gismo zeigt mir auch sehr deutlich, dass er für den intellektuellen, technischen Bereich (sag ich jetzt mal so) erst bereit ist, wenn die Beziehungsebene geklärt ist und er mich als vertrauenswürdig einschätzt. Ich habe kurz mit „richtigem“ Clicker versucht, das gewünschte Verhalten (zunächst „nur“ Annähern und stehen bleiben) zu erreichen. Der Zusammenhang zwischen Click und Möhre war ihm sofort klar (immerhin ist er ja immer nah dabei, wenn ich mit den Shettis was mache), aber definitiv setzt er für Möhrenstücke nicht seine Sicherheit aufs Spiel. Es ging bis zum Punkt X und dann nicht weiter. Er ist allerdings auch nie hungrig und hat den ganzen Paddock mit diversen „Raumteilern“ zur Verfügung, um sich (im Schritt) vom Acker zu machen, wenn es ihm zu viel wird.
Es gibt natürlich weiterhin reichlich Möhrchen in jeder Trainingseinheit (immer noch im Zuwurf-Modus), aber ohne Markersignal, ich achte bewusst auf meine Atmung und Körperhaltung (inspiriert auch durch Sharon Wilsie), Annäherung und Rückzug, schlichte Gewöhnung und vor allem ganz deutlich mit der Einstellung und auch ausgesprochen „du bist ein ganz tolles Pferd!!!“.
Jetzt ist auch wirklich von Tag zu Tag zu sehen, wie er entspannter wird und wir beide uns immer besser einschätzen können.
Ich glaube, so ein „pures“ Pferd (im Sinne von „nicht von Fohlen an durch Menschen manipuliert) könnte man eingesperrt in einem Roundpen weder durch Clickern noch NHS-Methoden im Schnellverfahren gewinnen. Jede Beziehung braucht Zeit, nicht Technik. Technik ist dann gut für`s „Intellektuelle“, irgendwann …
Mir wird jedenfalls immer klarer, warum es so wenige Menschen gibt, die wirklich überwiegend R+ mit ihren Pferden zugange sind. Schon die „nur“ technische Variante ist unheimlich komplex und anspruchsvoll (merke ich grade sehr beim Wippentraining, mit dem die Jungs und ich uns jetzt unter professioneller Anleitung beschäftigen).
Dazu dann noch alle Aspekte, die Marlitt ins Spiel bringt und die diversen äußeren Widrigkeiten, mit der sich die meisten Interessierten wohl herumplagen müssen (bestenfalls tolerantes, meist aber kritisches Umfeld, inhaltlich und entfernungstechnisch passende Trainerin zu finden, wenig Gleichgesinnte im Nahbereich, wenn Unterricht/ Kurse/ Seminare, dann auch eher teuer bzw. weit weg usw. usw.) … aber klar, in allen Bereichen ist es ein langer Weg, um das Besondere zu erreichen.
Gruß
Katja