Hallo!
Ich darf mich mit meiner junge Schwarzwälderstute auch mal direkt einreihen. Am Wochenende ist sie mir zum ersten Mal kopflos davongestürmt. Ich hatte keine Möglichkeit mehr der Deeskalation. Sie guckte sich an ein paar spielenden, lärmenden Kindern fest und knallte quasi durch. Das ging so schnell, sie war nicht mehr anprechbar, fror erst fest, stieg und bockte dann. Gallopierte los und ich konnte sie beim besten Willen nicht halten oder in eine Volte lenken, als ich erst einmal von der Position her hinter sie geraten war. Am Stall stand sie dann friedlich im Gras.
Ich weiß, dass ich sie lange überschätzt habe, was ihre Coolness angeht. Das ist sie nur in Hofnähe und wenn die Herde in Reichweite ist. Dann aber macht sie ALLES und hat vor nichts Angst. Daher kann ich es leider auch so schlecht üben.
Nun kenne ich sie ja inzwischen auch etwas und sehe zwei Gründe. Eben ihre Ängstlichkeit (und das kann vor allem oder nichts sein) und natürlich ihre aufgrund des Alters noch recht begrenzte Konzentrationssfähigkeit.
Und irgendwie mache ich mir jetzt explizit Gedanken, inwiefernd Konzentration und Clickertraining hier miteinander korrelieren und derartige Reaktionen evtl. sogar noch verstärken.
Aber erst einmal kurz zu uns. Nelli wird immer und überall geclickert. Im Grunde sind wir anfänglich sogar übers Spazierengehen, das im letzten Hochsommer auch alleine noch nicht so ein Angstthema war (bei an die 30 Grad
) überhaupt erst ans Clickern gekommen. Da wollte sie mich nämlich von Grasbüschel zu Grasbüschel ziehen und dackelte nach ihrem Gusto mit. Das habe ich durchs Clickern innerhalb eines Spaziergangs weg gehabt, zudem hatte ich sie recht schnell in guter Führposition. Die letzten Male, die wir draußen waren (winzige Spaziergänge von evtl. 10 Minuten, weil sie zum Winter hin immer spanniger und knalliger wurde) habe ich dann das entspannt gesenkte Haupt als zusätzliches Kriterium mit aufgenommen. Genau das klappte am vergangenen Wochenede so perfekt, dass ich dachte, "hey, sie ist super entspannt", also gehe ich mal ein Stück weiter. Und dann kamen die Kinder und puff war Nelli weg.
Nun gibt es zwei streitende Herzen in meiner Brust. Oder drei?! Und es haben sich Fragen aufgetan.
Ich habe gelesen (und genau deswegen mache ich es ja), dass das Clickern in eine entspannte Haltung, selbst wenn das Pferd dabei anfangs auch durch Übereifer nicht unmittelbar runterkommt (weil es sich so auf die gute Ausführung konzentriert) irgendwann doch zur Entspannung führt. Genauso wie ein bewusstes Grinsen für bessere Laune sorgen kann. Ist das tatsächlich so? Ich übe das schon sehr lange, lege sehr viel Wert auf das Kopfsenken und entspannte Haltung beim Führen etc. Aber nur ganz minimal habe ich das Gefühl, dass evtl. mal eine winzige Sekunde des wirklich geistig entspannten Loslassens dabei ist. Auf der hochbestärkten Matte ist das nicht anders.
Eher sehe ich ein Pferd, was entpannt aussieht. Sich aber eben "um die Entspannung sehr eifrig bemüht". Das geht dann natürlich wiederum in eine andere Richtung, kostet große Ressourcen an Konzentration, zudem wird das Umfeld in dem Augenblick ja auch ein Stück weit ausgeblendet. Und im Grunde genommen habe ich inzwischen den Gedanken, ob das nicht wirklich auch am Wochenende das Problem war. Dass sie sich so extrem auf das tolle Mitlaufen mit gesenktem Haupt konzentriert hat, das die Konzentration plötzlich weg war, gepaart mit dem Effekt "huch, so weit weg von zu Hause
" und ein Windhauch reichte, um sie in die Luft gehen zu lassen. Sie war richtiggehend im Tunnel.
Könnt Ihr das nachvollziehen? Und wie lange dauert diese Entwicklung beim eifrigen Lerner, bis aus konditionierter Entspannungshaltung richtige Entspannung wird? Denn so wie es jetzt ist, hängt die Dauer des Spaziergangs explizit von der Konzentrationsfähigkeit ab. Und die kann heute mal drei Minuten und morgen 15 Minuten sein. Zudem ist kaum berechenbar, wann es umschlägt.
Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine! Und natürlich gibt es nun auch Meinungen, dass das Clickern beim Spazieren dann möglicherweise kontraproduktiv wäre. Aber ich möchte auch nicht drauf verzichten, weil ich schon an das oben genannte Prinzip glaube. Kann es auch nicht, weil Nelli es schlicht nicht verstehen würde, wenn ich da plötzlich die Clickertüre schließen würde.
Irgendwie turnen gerade meine Gedanken durcheinander. Tut mir leid
Eher denke ich: Weiter diese Entspannungshaltung beclickern, paralle in der Komfortzone um den Hof rausgehen und diese vorsichtig erweitern. Gleichzeitig lernt sie auch bei unserer sonstigen "Arbeit" das Lernen und steigert so doch irgendwann (auch mit zunehmendem Alter) ihre Konzentrationsfähigkeit.
LG von Ellen