Hallo Nathalie,
die Pferde kennen meist den direkten Weg zurück. Offenbar verfügen sie über ein sehr gutes Gedächtnis oder haben ein Navigationssystem im Hirn.
Und wenn ihnen die Gegend ohnehin sonderbar vorkommt ist es nur zu verständlich, dass sie gerne die Abkürzug nehmen möchten. Aber da hast Du ja dann auch immer noch ein Wörtchen mitzureden.
Was die Panik angeht, würde ich nicht mehr von testen sprechen. Da geht es vielmehr um's reine Überleben und der Spaß hört auf. Jetzt kommt es darauf an, wieviel Sicherheit Du ihr bieten kannst und wie sehr sie Dir dabei vertraut. Wenn Du dich da eher zurückhälst, überlässt Du ihr ja irgendwie die Entscheidung und sie könnte damit leicht überfordert sein.
Nun kenne ich sie ja nicht und kann Dir da auch keine Tipps geben. Bei Undine musst ich da z. B. recht massiv werden, denn sie ist immer sofort durchgestartet und hat auf dem Absatz kehrt gemacht.
Antares hingegen war da eher zu handhaben, denn er hat sich meist hinter mir versteckt, wenn ihm was zu unheimlich wurde. Somit war es da nicht besonders schwer für mich die Führungsposition zu übernehmen und vor zu laufen. Aber auch da kam es dann schon mal dazu, dass er stehen blieb und keinen Schritt mehr hinter mir her gehen wollte. Das musste ich dann einfach nur abwarten und weiter ging's. Doch mit Undine war das ganz anders, die hätte mich, wenn sie dazu gekommen wäre, einfach hinterher geschliffen. Soweit durfte ich es bei ihr nicht kommen lassen und musste immer zusehen, dass ich seitlich von ihr blieb, um sie noch von ihrem Vorhaben abbringen zu können.
Mir fällt da ein Zwischenfall ein, wo Jugendliche mit Mopeds durch den Wald sausten und sie ab durch die Mitte wollte. Ich hatte sie am langen Führseil und ließ sie auf dem Zirkel um mich rum rennen. Dabei pflügte sie einen tiefen Graben in den Boden, der noch Wochen später dort zu sehen war. Aber sie gab ihren Gedanken schlussendlich auf, als sie erkannte, dass sie nur Energie verbrauchte aber nicht weg kam. Schnaufend ergab sie sich dann ihrem Schicksal und schloss sich mir wieder an. Danach hat sie hoffentlich erkannt, dass der ganze Stress völlig unnötig gewesen ist. Doch bei ihr konnte man sich niemals sicher sein, denn sie hatte einfach schon zu viel erlebt. Insofern hatte ich solche Panikattacken dann auch noch im Sattel mit ihr auszustehen und sie konnte sich wunderbar auf das Gebiss legen. Da hast Du als Reiter überhaupt keine Chance mehr und bevor ich die Zügel zerriss, steuerte ich sie lieber in's nächste Unterholz (Zirkel war da im Wald leider nicht möglich), bis sie nicht mehr weiter kam und stecken blieb. Dort ließ ich sie dann erst einmal wieder zur Ruhe kommen und stieg ab. Langsam ließ sie sich dann von mir aus dieser misslichen Lage wieder befreien und es ratterte im Hirn ununterbrochen.
Aber auch das ist kein Vergleich, denn sie wurde bei solchen Ritten offenbar traumatisiert und diese Traumata mussten erst einmal wieder aufgelöst werden. Das war eine sehr anstrengende Zeit aber sie ließ sich dann doch irgendwann einmal von mir überzeugen und vertraute mir in solchen Situationen eher, als sich selbst in so ungewisse Abenteuer zu stürzen. Zwar blieb sie Stute und immer noch mehr misstrauisch als jeder Wallach, den ich kannte und doch wusste sie irgendwann, dass sie neben mir oder unter mir auch sicher sein kann.
Um dies zu erreichen muss man nicht zwingend solche Zweikämpfe führen, aber immer Herr der Lage sein. Wenn ich selbst unsicher werde, darf ich nicht erwarten, dass mein Pferd mir dann noch vertraut. Und wenn ich ihm nicht zeige, dass das, was ihm Furcht einjagt, völlig harmlos ist, wird es immer wieder angespannt dem begegnen. Also habe ich solche Situationen dazu verwendet, dies zu klären und nicht dem auszuweichen. Wir haben uns gemeinsam davon überzeugt, ob es uns den Tod bringt, oder ob wir es entspannt überleben. Natürlich haben wir auch respektvoll Abstand von wirklich gefährlichen Sachen gehalten (Bahngleise z. B.) oder einen großen Bogen darum gemacht (Zähne fletschender Hund z. B.).
Entscheidend ist immer das Ergebnis, dass wir diese Sache überstehen. An dem Wie, lässt sich immer noch was verbessern. Daher finde ich es sehr gut, dass Du mit der Stute weiter dort hin gehst und daran mit ihr arbeitest. Irgendwann wird sie erkennen, dass da nichts gefährliches mehr lauert und sie fressen möchte aber das braucht halt seine Zeit, zumal sie ja nicht sehen kann, was sie hört. Stuten sind da wesentlich schwieriger zu überzeugen, weil denen die Sicherheit sehr viel wichtiger ist als den Kerlen. Die müssen ja auch nicht auf die Kinder aufpassen usw. und sind schon eher mal für ein Abenteuer zu haben.
Alles Gute
Manfred