Hat hier jemand Erfahrung mit einem „wild“ aufgewachsenen Ross (aus Weideprojekten, Konik, Exmoor, Dülmener – vermutlich keine Mustangs

? Würde mich interessieren, mal so zum Vergleich.
Mein Exmoorpony Gismo aus dem Hutewald Solling ist „schon“ vier Jahre alt und war im Gegensatz zu den meisten seiner Herdengenossen wohl auch als „Jugendlicher“ noch so einige Male im Fanggatter (neben dem üblichen Chippen als Fohlen noch zur Kastration, - erfolgloser – Chip-Suche, Neu-Chippen, „Zwischenlagerung“ mit seinem Vater und einem auch auf die Abholung wartenden Halbbruder). Beim Besuch im März waren viele der Ponys ziemlich am Menschen interessiert und nahmen auch von selber „Schnupperkontakt“ auf, Gismo legt allerdings noch viel Wert darauf, weiteren „Übergriffen“ durch Zweibeiner aus dem Weg zu gehen. Mit einem ein- oder zweijährigen Junghengst oder einer Stute (es waren ein paar sehr schicke und zutrauliche da, aber Stute will ich ja nicht mehr) sähe vermutlich einiges anders aus.
Der Halbbruder hatte einen Tag nach Abholen schon Halfter drauf und nach einer Woche Fahrgeschirr – das fand dann auch der Pferde-Zuständige vom Hutewald etwas – hm, ungewöhnlich.
Physischer Kontakt war in den ersten 7 Wochen also noch nicht drin, entsprechend auch noch kein Halfter drauf. Dafür ist er unglaublich gut händelbar und toll im Sozialverhalten. Eine so unproblematische Herdenintegration hatte ich noch nie. Auch meine Bedenken, wie das mit meiner 35-jährigen klappen würde, waren überflüssig. Sie ist ja sowieso meist 24 Stunden auf Weide und wenn in Stall und Paddock, ignoriert sie ihn konsequent (oder fragt sich, ob sie den kennen müsste??) und Gismo hegt insgesamt keinerlei Absichten hinsichtlich Rang und Durchsetzung.
Ruckzuck hat er alle Abläufe im Alltag (2 x Täglich auf Weide und wieder runter, wo gibt`s was wie) verstanden und folgt Cello beim Reinholen.
Im Moment lernen wir beide sehr viel – er die Zivilisation kennen und ich, nun aber mal wirklich laut werden, rumquieken und hektisch sein zu vermeiden. Cello hat mich da ja schon auf einen guten Weg gebracht, weil er das auch nie spaßig fand und grade als jüngeres Pony ziemlich „hyperaktiv“ war, aber Gismo ist derart fein in der Beobachtung und schnell in der Reaktion (auch wenn er gar nicht gemeint ist), dass da noch mal Welten zwischenliegen. Auch wenn er z.B. trödelt beim Reinkommen, reicht ein ausgestreckter Arm schon aus, ihn in die richtige Richtung zu weisen und die Körperspannung muss dann auch sofort wieder raus. Genau der richtige Lehrmeister für Grobmotoriker wie mich.
Gismo befindet sich im Moment eher im Gewöhnungs- und Desensibilisierungsprozess. Zwar immer noch mal ganz schnell weg, aber immer nur ein paar Sprünge und dann wird geschaut, was los ist. Besonders am Anfang war auffällig, dass er immer sehr schnell den Hintern zur „Gefahr“ gedreht und über die Schulter zurück geschaut hat, was los ist. Wird mittlerweile schon erheblich weniger. Dabei aber sehr defensiv. Ein einziges Mal hat er wirklich zugehauen, als Onki, ungeachtet seiner aktuellen körperlichen Einschränkungen, ihm als einziger zeigen musste, dass man hier nicht so ganz ungestraft einziehen darf und Gismo, der nur Frieden und Freundschaft sucht, einmal zu viel gebissen hat. Darauf hat Gismo ihn als Verteidigungsmaßnahme wirklich fast von der Platte gefegt. Sah gruselig aus, aber die Fronten waren geklärt. Onki ist Chef, triezt Gismo aber nicht mehr, alle drei Jungs sind jetzt sehr harmonisch zusammen (außer dass Cello der begehrte Kraulpartner von beiden ist - da schaut derjenige, der grad nicht dran ist, schon mal bedröpst bzw. macht sich bemerkbar ,).
Wolf möchte ich aber auch bei einem so kleinen Pony nicht sein, wenn das richtig loshaut …
Mit der Konditionierung auf Nahmen/ Markersignal/ Keks (endlich kann ich meine von wohlmeinenden Leuten aufgebaute Leckerlisammlung auflösen – für die Shettis ja in jeder Hinsicht zu viel) hab ich schon vor einiger Zeit angefangen. Aufgefallen ist mir als erstes, dass „Sicherheit“ einen gewaltig höheren Stellenwert hat als Futter. Allerdings dürften meine Ponys zwar immer Appetit, aber nie Hunger haben, weil immer Raufutter im Kasten ist. In einem eher kleinen abgesperrten Teil konnte er sich auf nichts konzentrieren, weil er zu viel Angst hatte (Versuch war allerdings auch schon nach 10, 14 Tagen oder so). Bin dann schnell dazu übergegangen, das völlig frei zu üben. Nachteil ist, dass das nur im Dreierpack geht, weil Cello solche unterhaltsamen Aktivitäten sofort mitkriegt, wo auch immer er grade ist und Onki inzwischen auch wieder am Leben teilnimmt. Es werden also zeitgleich 3 Ponys geclickt und bekekst, die beiden Shettis für`s Stillstehen und abwarten. Klappt bestens, also vielleicht doch kein Nachteil

. Werde sie demnächst aber wohl doch mit etwas Abstand anbinden, weil ich das Gefühl habe, sie senden Gismo hinter meinen Rücken so ganz subtile Botschaften a`l a “ist unser Mensch , sooo zahm musst du jetzt gar nicht werden“

.
Gismo werfe bzw. lege ich die Leckerli hin, mittlerweile erst, wenn er in meine Richtung schaut und ich vorher auch die Hand mit Keks hingehalten habe. Das hat er bestens verstanden und die Nase nähert sich der Hand auch täglich mehr. Dass „Gismo“ und mein Schnalz-Click Bedeutung haben, war ihm ganz schnell klar.
Er ist auch ungemein an allem interessiert und steht entsprechend immer dabei, wenn was passiert, gerne etwas hinter Cello versteckt.
In einen „richtigen“ Lernmodus werden wir allerdings wohl erst kommen, wenn er weitgehend sicher ist, dass ich nicht übergriffig werde und er weg kann, wenn`s zu gruselig wird. Er zähmt sich aber in seinem eigenem Tempo selber, anders kann man das nicht nennen. Ein sehr kompetentes Pony.
LG
Katja