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Kleinpony24 Okt 2009 19:16 Strafen oder Ignorieren
Hallo,
ich mache mir gerade viele Gedanken darüber, wie ich in Zukunft mit meinem selbstbewussten Jungpferd arbeiten möchte.
Im Moment ist er noch am Ankommen, ich verstärke nur das Weggehen vom Futtereimer, lasse ihn ansonsten in Ruhe. Wenn er inzwischen von selbst Kontakt aufnimmt, ist das in Ordnung, es sei denn er wird wieder respektlos. In dem Falle schiebe ich ihn weg, was er im Moment auch akzeptiert.
Ich möchte noch nix beginnen, suche aber nach einem "klaren Plan" in meinem Kopf.
Da er bei den ersten Clickerversuchen nur wenig Frustrationstoleranz zeigte und mit Hinterhanddrohen reagiert hat, bin ich mir unsicher, wie ich verfahren möchte, wenn das wieder passiert.
Ich habe damals abgebrochen und ignoriert, frage mich aber, ob das auf Dauer der richtige Weg ist.
Wird er es nicht als Schwäche sehen, wenn ich den Platz verlasse, oder mich abwende, weg gehe, zurück gehe? Wird er nicht das Gefühl bekommen "die kann man ja prima treiben"? Anstatt dem erwünschten:
"So was blödes, jetzt krieg ich gar nix mehr".
Kann ich diesen Konflikt umgehen, wenn ich anfangs alles hinter Litze erarbeite?
Erstmal wird es mir ausschließlich um die Themen "Weichen und Abstand halten" gehen.
Habt ihr hier noch Ideen zum Thema "Zurückweichen"? Würde dies gerne nicht über anfangs negative Verstärkung aufbauen, aber wie könnte ich ihn freiwillig in diese Bewegung bringen? Mit dem Target?
Habt ihr Erfahrungswerte mit sehr selbstbewussten Pferden, die auf Frustration mit Aggression reagieren?
Futter ist bei ihm jedenfalls ein absoluter Totalmotivator, dieses Pferd stribt für Futter
Ich bin auch nicht ganz glücklich mit dem Zurückschieben (Druck auf Nase und Brust), wenn er wieder aufdringlich oder zu eng wird. Zurückweichen auf kleinste Aktion meinerseits wäre mir bei diesem Pferd ein echtes Anliegen.
Dadurch, das ich viel auf der Koppel sitze, komme ich schon ab und zu in so eine Situation. Manchmal nimmt er wirklich nur vorsichtig Kontakt auf,
schnubbert und geht weiter, manchmal aber schiebt er sich wieder hautnah ran, oder beginnt aufdringlich zu grabschen.
LG, Inge
hyxc24 Okt 2009 20:19 Strafen oder Ignorieren
Habt ihr hier noch Ideen zum Thema "Zurückweichen"? Würde dies gerne nicht über anfangs negative Verstärkung aufbauen, aber wie könnte ich ihn freiwillig in diese Bewegung bringen? Mit dem Target?
Hallo Inge,
ich würde Rückwärtsgehen einfach frei shapen. Dafür brauchst du einen begrenzten Platz, z. B. einen kleinen Paddock oder eine abgegrenzte Ecke der Weide. Geht natürlich auch in der Box. Und dann clickst du jede Rückwärtsbewegung. Das fängt schon bei der Gewichtsverlagerung zum Abwenden an, wenn er vor dir steht und darauf wartet, dass du endlich was mit ihm machst. Es ist natürlich auch praktisch, dass du dich außerhalb seiner Reichweite hinstellen kannst.
Wenn man das Rückwärtsgehen (auch im Zusammenhang mit der Futterschüssel) nach und nach sehr positiv besetzt, wird es irgendwann eines der Lieblingsverhalten des Pferdes und es setzt es zum "Betteln" ein.
Viele Grüße
Katja
kleinpony24 Okt 2009 21:19 Strafen oder Ignorieren
Super Katja,
das ist eine prima Idee.
So einfach und naheliegend
eigentlich.
LG, Inge
Mannimen26 Okt 2009 9:45 Strafen oder Ignorieren
Hallo zusammen,
zur Zeit beobachte ich gerade ein Jungpferderziehung, die noch auf dem alten Grundsatz basiert, alles im Keim zu ersticken.
Das Tier lernt dabei sehr schnell, was es darf und was nicht. Sobald es ein unerwünschtes Verhalten zeigt, wird es sofort bestraft und zeigt es das erwünschte Verhalten wird es auch belohnt. Eine ganz klare Sache und daher auch von Erfolg gekrönt.
Es gibt jedoch einen Haken, weshalb ich für mich entschieden habe, diesen Weg so nicht zu gehen, das ist der einseitige Dialog zwischen Mensch und Tier. Dem Tier wird immer nur gesagt, was es zu tun und zu lassen hat und es kommt selbst nicht mehr zu Wort. Damit wird es aus meiner Sicht zu einem reinen Befehlsempfänger erzogen.
Sicherlich ist das im späteren Umgang eine enorme Erleichterung, doch mir wäre das zu einseitig. Ich hätte keine Freude mehr daran. Aber ich kann auch verstehen, dass ein ständig mitteilendes Tier auf Dauer auch sehr anstrengend sein kann, weil es eine permanente Aufmerksamkeit erfordert und auch einfordert.
Ich könnte meinen Antares nicht mal eben so irgendwo angebunden zwischen parken und ein Schwätzchen mit anderen Leuten halten. Wenn ich mich entschieden habe, etwas mit ihm zu unternehmen, dann muss ich das auch tun. Ich finde das auch völlig ok, wenn er dann ungeduldig wird, sich von dem Anbinder wieder befreit und seine eigenen Wege geht, wenn ich ihm meine Aufmersamkeit doch nicht schenke. Mir würde es auch nicht gefallen, wenn einfach links liegen gelassen werde und dann wieder auf Kommando funktionieren soll.
Insofern muss jeder für sich selbst entscheiden was er von seinem Partner gerne möchte und seinen Umgang genau danach mit ihm ausrichten.
Liebe Grüße
Manfred
SCvet26 Okt 2009 11:25 Strafen oder Ignorieren
Hi Manfred,
Mannimen hat folgendes geschrieben:
Hallo zusammen,
zur Zeit beobachte ich gerade ein Jungpferderziehung, die noch auf dem alten Grundsatz basiert, alles im Keim zu ersticken.
Das Tier lernt dabei sehr schnell, was es darf und was nicht. Sobald es ein unerwünschtes Verhalten zeigt, wird es sofort bestraft und zeigt es das erwünschte Verhalten wird es auch belohnt. Eine ganz klare Sache und daher auch von Erfolg gekrönt.
Es gibt jedoch einen Haken, weshalb ich für mich entschieden habe, diesen Weg so nicht zu gehen, das ist der einseitige Dialog zwischen Mensch und Tier. Dem Tier wird immer nur gesagt, was es zu tun und zu lassen hat und es kommt selbst nicht mehr zu Wort. Damit wird es aus meiner Sicht zu einem reinen Befehlsempfänger erzogen.
Ich gehe mal davon aus, daß du mit "Strafe" Pos. Strafe, also hinzufügen von etwas Unangenehmen meinst.
Ich sehe das Hauptproblem wo anders. Nämlich einerseits darin, daß die Motivation, etwas Neues zu versuchen, massiv gebremst wird und es dadurch kaum mehr zur Entwicklung neuer erwünschter Verhaltensweisen kommt.
Andererseits kommt es zu einem Triebstau, wenn zu viele Türen zugeschlagen werden und das Tier seine Bedürfnisse nicht mehr ausleben kann. Sollte bei artgerechter Haltung bei Pferden kein ganz so massives Problem sein wie bei Wohnungshunden, ist aber möglicherweise doch für etliche Reitunfälle verantwortlich.
Und natürlich kann es zu Explosionen ohne Vorwarnung kommen, wenn Pferd gelernt hat, daß Unmutsmeldungen unerwünscht sind und diese unterdrückt, bis es gewissermaßen platzt, ähnlich wie bei Hunden, denen Knurren abgewöhnt wurde, und die dann direkt ohne Vorwarnung beißen.
Wobei ich natürlich keine Hemmungen hätte, P+ einzusetzen, um akut eine Gefahr für die Gesundheit/das Leben von mir oder meinen Tieren abzuwenden (energischer Leinenruck als Notstopp, alles was ein mich über den Haufen rennen wollendes Pferd auf Abstand hält).
Für normales Training halte ich die üblichen Dinge wie Trainieren von (mit Unerwünschtem) unvereinbarem Verhalten oder notfalls neg. Strafe (Time Out) für zielführender.
Viele Grüße
Carola
kleinpony26 Okt 2009 12:12 Strafen oder Ignorieren
Hallo Manfred,
sehr spannend.
Wie würdest Du Deine Arbeit mit Pferden bezeichnen?
Baust Du ausschließlich auf positive Verstärkung?
Keine Elemente negativer Verstärkung?
Wie siehts bei Euch mit der Rangordnung aus, wo würde
Dich Dein Pferd hinstellen? Wer hat im Notfall das sagen
und worauf begründest Du das?
Wie lange arbeitest Du schon so?
Bist Du früher anders mit Pferden umgegangen?
Tausend neugierige Fragen,
erzähle doch bitte ein bißchen von Dir und Deinen Pferden,
oder kann ich irgendwo im Forum mehr dazu finden?
LG, Inge
eboja26 Okt 2009 16:57 Strafen oder Ignorieren
Hallo Inge,
ich muss mich da mal eben mit einer ketzerischen Frage "dazwischendrängeln": wie kommst Du auf die Idee, dass eine Rangordnung zwischen einem Pferd und einem Menschen bestehen könnte? (ich weiss, sehr gemein gefragt, aber nicht halb so böse gemeint ).
Ich frage aus zwei Gründen: bei Hunden wurde ja auch sehr lange alles mögliche mit der Rangordnung zwischen Hund und Mensch erklärt oder interpretiert. Inzwischen gibt es aber nicht nur einige Stimmen, die sagen, dass es keine Rangordnung zwischen Hund und Mensch gibt, sondern sogar solche, die eine echte Rangordnung zwischen Hunden für unwahrscheinlich und eine "losere" Familienstruktur für wahrscheinlicher halten (wobei der zweite Punkt hier eigentlich nichts zur Sache tut).
Zum anderen deshalb, weil es, meines Wissens nach, nirgends innerhalb des Tierreiches eine interspezifische Rangordnung, also eine Rangordnung zwischen Mitglieder zweier verschiedener Arten gibt (wenn da jemand ein Gegenbeispiel hat, wüsste ich das zu gerne!).
Natürlich bin ich auch nicht der Meinung, dass in der Beziehung zwischen Mensch und Pferd (oder Mensch und Hund) Anarchie herrschen soll. Aber ich denke, Rangordnungs-Ideen bringen einen auch nicht weiter. Man muss einfach gewisse Regeln aufstellen (und wie die für einen selbst aussehen, muss/kann jeder für sich entscheiden), diese Regeln dem Tier beibringen und dann konsequent auf die Einhaltung der Regeln achten. Ob dabei nur der Mensch Regeln aufstellen darf, oder auch das Tier, bleibt auch jedem selbst überlassen, wobei ich Manfreds Ansatz, auch dem Tier Regeln zuzubilligen, sehr schön finde.
kleinpony26 Okt 2009 22:10 Strafen oder Ignorieren
Hallo Esther,
da bin ich ganz unempfindlich.
Schreibe morgen, bin ganz dolle müde,
LG, Inge
cinnamon26 Okt 2009 22:25 Strafen oder Ignorieren
http://www.amazon.de/Dominanz-Tatsache-oder-fixe-Idee/dp/3936188092 lindalotze
27 Okt 2009 7:33 Strafen oder Ignorieren
Wird er nicht das Gefühl bekommen "die kann man ja prima treiben"? Anstatt dem erwünschten:
"So was blödes, jetzt krieg ich gar nix mehr".
Unsere jüngste Stute hier war anfangs auch ein bißchen so. Wenn ihr das Training schwer fiel und sie nicht so rasch an die Bestärkung kam, wie sie sich das vorgestellt hatte, schlug sie nach ihrem eigenen Schweif aus oder ging ein paar Runden Frustbocken. Wenn sie mir dabei arg nahe kam mit der Hinterhand, hab ich ihr auch mal die Hackschnitzel im Paddock nachgekickt, aber so richtig bedroht hab ich mich nicht gefühlt. Bin also stehen geblieben.
Die Gedankengänge des Pferdes würde ich in dem Fall weniger kompliziert sehen, als Du oben beschreiben hast: krieg ich was ich will, oder krieg ich es nicht? Treiben will Dich das Pferd in dem Moment nicht, es will Futter! - Da Ihr wildes Getue zu nichts geführt hat, hat sie es bald sein lassen. Hat aber schon etwas gedauert und interessante Gefühlsausbrüche hervorgebracht, andere Pferde konnte man mit dem aufgedrehten Rumgehopse nämlich vorher ganz gut beeindrucken
Bei einem Pferd, das wirklich mit der Hinterhand droht und das ich noch nicht so gut kenne, würde ich anfangs hinterm Zaun arbeiten oder es einfach an Halfter und Strick nehmen. Natürlich nur so kurz, dass es die gewünschten Übungen noch gut ausführen kann. Wo der Kopf ist, kann der Hintern nicht gleichzeitig sein.
Zum Rückwärtstreten gibts neben dem Target noch weitere Möglichkeiten, die ich bei den "dichtauf-Pferden" sehr schätze:
Füttere nach dem Click von Dir weg. Nimm das Futter erst in der geschlossenen Hand zu Dir vor Deine Brust, und dann entfaltest Du langsam den Arm Richtung Pferd. *ausklapp* Gelenke möglichst durchstrecken, vor allem den Ellbogen! Wenn Büffelpferd nicht gleich weg geht, solltest Du mit der Hand seitlich neben seiner Schulter landen.
Das Pferd organisiert sich dann schon so hin, dass es das Futter aufnehmen kann, in der Regel durch Zurücktreten und etwas Rumdrehen. Lass dich nicht durch Grabschen erweichen, ihm den Schritt zurück zu ersparen, er ist ja nicht krank oder uralt.
Irgendwann ist die Reaktion auf diese Geste (die auch ein gewisses Öffnen und Größerwerden Deines Oberkörpers beinhaltet) so drin im Pferd, dass Du nur ans "Zurückfüttern" denken musst oder die Hand Richtung Brust ausstrecken, und schon flutscht es rückwärts. Das schaut dann schick aus
lg
linda
kleinpony27 Okt 2009 18:34 Strafen oder Ignorieren
Hallo Linda,
das klingt gut und stimmt mich optimistisch.
Mein Kleiner hat das mit dem Futter bereits verstanden.
Er ist heute abend beim Anblick des Eimers zurückgerannt
Ich habs vor 3 Tagen zum ersten mal, wie von Katja empfohlen,
frei "geshapet", siehe da, es hat bereits geclickert
Hallo Esther,
zur Rangordnung:
kenne das Buch nicht, sehe aber an meinen eigenen Tieren (Hund, Katzen, Pferden), das manche Tiere die guten Plätze besetzen, Vorrang am Futter haben, treiben, weichen usw. Wenn neue Tiere dazu kommen, gibt's bei begrenztem Futter viel Aggression, einer hat zu leiden, der
andere läßt Luft ab.
Auch im menschlichen Zusammensein meine ich "Rangordnungsspiele"
zu erkennen.
Werden Pferde über ranganzeigende Aktivitäten gearbeitet, zeigen sie selbiges Verhalten gegenüber Mensch, wie gegenüber Artgenossen, deshalb weise ich's nicht von der Hand.
Bin aber neugierig auf den Inhalt dieses Buches.
Gibt mir jemand eine Kurzfassung?
LG, Inge