Bei anderen Dingen, wo es ums Wollen/ Nichtwollen geht, entscheide ich sehr danach, ob ich als Mensch weiter denken kann und deshalb auf lange Sicht zum Wohle des Pferdes handele, wenn ich etwas gegen seinen Willen durchsetze. Letztens hat Sandero z.B. angefangen, giftigen Farn zu fressen und hatte schon die ersten Blätter im Maul. Da ziehe ich ihn dann sehr unclickermäßig weg, hole ihm die Blätter aus dem Maul und motze.
ich finde, dass auch in solch einer Situation noch Nuancen möglich sind.
Habe erst vor ein paar Wochen eine ähnliche Situation bei uns auf dem Hof beobachtet:
neue Einstellerin bindet ihre Stute sehr lang an. Neben dem Anbindeplatz wachsen Zypressen (sehen Thuja ja sehr ähnlich). Stute steckt logischerweise beim Putzen die Nase in die Zypressen rein und bekommt einen Ruck am Strick. Auf die Information, dass es sich nicht um giftige Thuja (absolut unlogisch auf einem Pferdehof) sondern um Zypresse handele, kam die Antwort: "ich kann Giftplanzen sowieso nicht erkennen"
Eine clickerconforme Lösung könnte sein:
- Pferd so kurz anbinden, dass es unbekannte Pflanzen niemals nicht erreichen kann
- einen anderen Putzplatz wählen, wenn das Pferd lang angebunden stehen soll
und vor allem: sich selbst informieren, wie giftige Pflanzen aussehen!
Im obigen Beispiel mit dem Farn, wo das Verhalten ja während eines Spazierganges aufgetreten ist:
- wegziehen oder ggfs., wenn Trainingslevel das hergibt, per Stricktechnik deutlicher anfragen
- Futter aus dem Maul holen, ja
- motzen - nein. Dass Pferd verknüpft das Motzen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit der Pflanze, sondern mit dem Hochziehen und Futter aus dem Maul holen.
- sicherstellen, ob es sich wirklich um giftigen Adlerfarn oder um weniger giftigen Wurmfarn gehandelt hat (Adlerfarn ist mittlerweile ziemlich selten). Und wenn ein Pferd so massiv Richtung Farn (oder anderen, mässig giftigen Pflanzen) zieht, hat das sehr oft einen physiologischen Hintergrund (Verwurmung oder andere, körperliche Beschwerden, die durch Aufnahme eben dieser Pflanze mit den entsprechenden, medizinalen Eigenschaften gelindert werden können) = heimische Giftpflanzen kennen (lernen)
Bzgl. des Austesten:
ja, Pferde können erkennen, welches Verhalten zu welcher Reaktion/welchem Ergebnis führt. Wurde ja erst kürzlich klar in der norwegischen Studie zu Decke anziehen/Decke ausziehen belegt.
Ich denke allerdings, dass das Pferd auch in solchen Situationen immer das eigene, direkte Wohlbefinden/Unwohlsein kommuniziert.
Beispiel Stehen bleiben in diesem Thread:
Pferd bleibt stehen, weil es sich unwohl fühlt/Angst hat/zurück zum Stall und damit in die Wohlfühlzone will. Somit ist beim ersten Mal das stehen bleiben ja nur ein Ausdruck des Unwohlseins und nicht des Testens.
Dreht man nun um, gibt man dem Pferd ein Signal, Unwohlsein zu kommunizieren. Stehen bleiben wird somit ein Signal für "ich fühle mich unwohl, ich möchte nach Hause gehen". Jedoch nicht zum Signal für "ich möchte heute mal sehen, wie weit ich meine Grenzen testen kann"
Und auch, wenn das Pferd aus gesundheitlichen Gründen Bewegung braucht, finde ich, kann ich die Kommunikation "ich fühle mich unwohl hier und jetzt" beachten und nach Alternativen schauen. Die können ein Richtungswechsel sein, ein Spiel, um die Angst abzubauen, ein umdrehen und nochmal losgehen in verschiedensten Variationen, ein Erkunden der direkten Umgebung, um ggfs. den Angstfaktor zu finden (Touch the Goblin).