Clickerforum

Clickertraining im Alltag => Clickertraining allgemein => Thema gestartet von: Ventura am 14. September 2015, 13:11:30

Titel: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ventura am 14. September 2015, 13:11:30
Ausgehend von einem Kursbericht aus Lindas Tagebuch soll hier eine Diskussion zum Sinn bzw Unsinn von Strafrunden entstehen.

Zitat von IsiAron
Zitat
Nina arbeitet mehr als ich es vorher gewöhnt war mit einer negativen Strafe,sprich bei Unerwünschtem Verhalten wie Betteln oder Scharren sich für ein paar Sekunden wegzudrehen, wegzugehen oder eine Denkrunde zu laufen, was mir schwer fällt immer so umzusetzen. Es hat sich aber deutlich gezeigt, dass es dem Pferd eine klare Info gegeben hat, die Fehlerquote gesenkt oder somit dem Pferd sehr geholfen hat, ohne für Stress oder Frustration zu sorgen.


Zitat von Osirii
Zitat
Klingt echt spannend und total lehrreich. Ich find das Strafrunden Prinzip auch ganz interessant.


Zitat von ClickerHafi
Zitat
Die "Strafrunden" kenne ich noch von früher und wende es heute auch immer noch etwas an :rotw: Aber ich habe auch das Gefühl, dass es Momo hilft :nick:


Zitat von Ventura
Zitat
Ich finde "Strafrunde" klingt viel negativer als es ist. :nixweiss: Im Prinzip ist es doch nur eine Möglichkeit für Mensch und Pferd kurz durchzuschnaufen, sich wieder zu sammeln und mit frischer Konzentration weiterzumachen - und das empfinde ich persönlich nicht als Strafe. :)

Ich wende diese Denkrunde (den Begriff finde ich weniger irreführend :thup:) regelmäßig an, wenn eine Übung nicht so recht klappen will, weil das Pferd überfordert/der Trainingsaufbau ungünstig ist, die Konzentration von Mensch und Tier flöten geht, das Pferd zu sehr aufdreht etc.
Eine Runde um den Reitplatz baut Stress/Frust ab, bietet Möglichkeit über das bisherige Training nachzudenken und ggf einen besseren Aufbau auszuhecken und danach klappt es wieder besser. :cheer:



Die Diskussion ist hiermit eröffnet! :cheese:


Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 32 am 14. September 2015, 13:55:05
Meint ihr damit, dass man sich wegdrehen sollte bzw. weggehen sollte wenn das angebundene Pony mit dem Huf scharrt?

Flecki macht das nämlich zeitweise wenn man ihrer Meinung nach zu lange mit dem putzen und satteln braucht. Ich hab schon überlegt wie ich das abstellen kann ohne dass ich sie wirklich körperlich strafen muss.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 16:10:36
Den Begriff Strafrunde finde ich ehrlich gesagt auch zu negativ. Klar, es ist eine negative Strafe, aber sie kann dem Pferd dennoch helfen, eine Aufgabe schneller zu verstehen.

Wir grenzen uns damit deutlicher von anderen Trainingsschritten ab, z.B dem Abwarten beim Dauer aufbauen.
Der Mensch steht unbeweglich vor dem Pferd kann für dieses bedeuten, dass es eventuell eine Übung zeigen oder länger ausführen soll, obwohl der Mensch es eigentlich gerade ignoriert.
Geht man " beim Ignorieren " ein paar Schritte weg oder wendet sich nur ab, ist es einfach eindeutiger.
Man vermeidet damit auch Verhaltensketten oder eine fehlende Signalkontrolle. Ich habe Aron oft bei unerwünschtem Verhalten (vor allem Flehmen) "ignoriert" indem ich nur dargestanden habe und wenn er damit fertig war irgendwann weitergemacht. Dadurch ist ihm aber gar nicht klar geworden, dass ich dieses Verhalten nicht haben möchte.

Natürlich ist ein möglichst fehlerfreies Training erstrebenswert und man sollte sich immer wieder Gedanken machen, wie man Denkrunden durch einen möglichst guten Aufbau vermeiden kann. Allerdings gelingt das eben nicht immer und ich habe inzwischen echt gemerkt,dass es dem Pferd hilft diese klare Information ("nein, das war es nicht") zu bekommen.
Sie sind dann zwar einen Moment irritiert, evtl. auch frustriert, merken dann aber relativ schnell, dass sie das durch ihr eigenes Verhalten steuern können und werden schneller die bewusste Entscheidung für das erwünschte Verhalten zeigen, was wiederrum für Erfolg und damit eine gute Belohnungsrate sorgt und dauerhaft wenig bis keinen Frust aufkommen lässt-
Wenn man merkt, dass man Runde um Runde geht, weil das Pferd ständig Fehler macht, muss man natürlich sein eigenes Training überdenken, denn das ist nicht Sinn der Sache.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 16:16:43
Meint ihr damit, dass man sich wegdrehen sollte bzw. weggehen sollte wenn das angebundene Pony mit dem Huf scharrt?

Flecki macht das nämlich zeitweise wenn man ihrer Meinung nach zu lange mit dem putzen und satteln braucht. Ich hab schon überlegt wie ich das abstellen kann ohne dass ich sie wirklich körperlich strafen muss.

Ja genau. Wenn das Pferd scharrt, geht man weg und entzieht damit Aufmerksamkeit und den Menschen, der die Futtertasche hat. Wenn das Pferd aufhört, wartet man ein paar Sekunden (um keine Verhaltenskette zu erzeugen) und geht dann wieder hin. Das gezeigte richtige Verhalten wird nicht geclickt, sondern damit belohnt, dass das Training weitergeht/der Mensch wieder Aufmerksamkeit schenkt.

Wenn man nicht gerade permanent Alternativverhalten bestärken will (und damit riskiert, dass das Pferd bewusst anfängt zu Scharren, um dann für Alternativverhalten bestärkt zu werden) ist das eine gute Möglichkeit um dem Pferd zu vermitteln, dass es das bitte lassen soll.
Denn das Risiko bei positiver Strafe ist einfach, dass sie dem Pferd unter Umständen als Belohnung vorkommt, da ihm der Mensch wieder Aufmerksamkeit schenkt und das Pferd lieber einen Rüffel bekommt als ignoriert zu werden.
Wenn man sich dafür entscheidet positive Strafe zu benutzen, dann muss man so fest hauen, dass es richtig weh tut und das Pferd Scharren ganz klar unter "schlechte Idee" abspeichert. Abgesehen davon, dass es ja nicht in unserem Sinne ist, schlägt kaum einer so feste zu.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 16:18:05
Im Prinzip ist damit ja ein timeOut gemeint, oder? Da gibt es im Forum sicher noch was zu lesen. Ich bin ehrlich gesagt kein Fan davon und verwende es auch nicht. Ich arbeite jedoch auch viel mit CrossOver Pferden - und die reagieren oft nicht wie "gewünscht" sondern werden dadurch noch gefrusteter, weil der Mensch halt sagt was er NICHT will - dem Pferd jedoch keine Alternative sagt. In meinen Augen ist es bei einem gut durchdachten und kleinschrittigen Trainingaufbau nicht nötig.

Das mal Situationen vor kommen die ungeplant waren ist klar - und da finde ich es besser wenn man ein Time Out macht als dass man "drauf haut". Aber in meinen Augen ist es nicht das Mittel der Wahl - funktioniert aber oft gut, deshalb wird es ja angewandt ;)
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Nepomuk am 14. September 2015, 18:28:22
Unter einem Time-Out verstehe ich etwas anderes. Die Denkrunden sind eher eine klares "Das war es nicht, was ich wollte, denk mal kurz drüber nach und probiere gleich was anderes".
Ich finde das Prinzip an sich ziemlich gut, weil man sinnloses Herumprobieren unterbinden kann und mit weniger Frust schneller zu einem guten Ergebnis kommt. Allerdings muss man die Clickrate während der Übung sehr hoch halten, damit das Pferd trotz der belohnungsfreien Runde noch motiviert mitmacht.
Dass ich das Konzept wenig umsetze, liegt zum einen an meiner mangelnden Konsequenz :pfeif: und zum anderen an der Reaktion des Halbdrachens. Wenn er zweimal eine Runde gelaufen ist und merkt, dass sich das nicht lohnt, bewegt er sich einfach nicht mehr, sodass für uns ein simples Ignorieren bzw. Ausbleiben des Clicks zweckmäßiger ist.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 19:41:12
Wo ist dann in deinen Augen der Unterschied zwischen Time Out und Strafrunde? Es ist beides negative Strafe ?
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 19:59:16
Naja, unter TimeOut würde ich schon einen kompletten Aufmerksamkeitsentzung verstehen - beim gemeinsamen Gehen interagiert man ja immernoch mit dem Pferd, je nach Pferd kann es sogar entspannend sein was ganz klar definiertes zu machen (mal angenommen es kennt geführt werden) - dann würde ich es schon eher im Bereich Least-Reinforcing-Stimulus einsortieren :juck: Oder sogar eine Verstärkung, wenn Laufen ohne Clicks für das Pferd verstärkender ist als Rumstehen und Denken für Clicks :grinwech:

Ich persönlich würde es jetzt wohl nicht gezielt ins Training aufnehmen, weil mir beim Führen schon wieder zu viele Variablen mit drin wären die ggf. unkontrolliert und in jedem Fall wenig mit der aktuellen Übung zu tun haben.

Aber ich kenne den Begriff Strafrunde jetzt eh auch nur von der Stillsteh-Uhrenübung, da macht es evtl. wirklich als Kontrast Sinn - in vielen anderen Anwendungsbereichen fänd ich es jetzt eher irgendwas zwischen unpraktisch und unnötig.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 20:03:56
Und zB beim Scharren ? Wenn ich da die Aufmerksamkeit entziehe wäre das für mich ein Time Out. Aber gut, vermutlich ist das eh nur Wortklauberei, wenn am Ende beides negative Strafe ist. Der Unterschied liegt dann wohl nur in der Dauer des Aufmerksamkeitsentzug ?
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Friedalita am 14. September 2015, 21:06:59
Ich finde den Begriff Strafrunde erdenklich schlecht.

Wenns zum Nachdenken gedacht ist und um sich wieder zu sammeln und um eine gewisse Entspannung reinzubringen, dann kann ja je nach Pferd alles mögliche sinnig sein...gemeinsames laufen, Kopfsenken, kraulen, grasen etc.

Als time Out sehe ich auch den Aufmerksamkeitsentzug, ein verschwinden hinterm Zaun, ein Wegdrehen oder so.

Warum ist es eigentlich ein Aufmerksamkeitsentzug, wenn ich mit dem Pferd laufe? Es läuft doch mit mir? Hat also meine Aufmerksamkeit.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 21:09:47
Ja das mein ich, deswegen würd ich auch Sagen dass Timeout (Strafe für Beißen oder so) und "Strafrunde" damit ein "Fehler" sich weniger lohnt als eine richtige Ausführung, zwei komplett unterschiedliche Dinge sind. Deswegen wäre das für mich auch ein LRS...
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 21:23:51
weil der Mensch halt sagt was er NICHT will - dem Pferd jedoch keine Alternative sagt.


Naja, manchmal gabs in einer Trainingseinheit schon einige Clicks für das richtige Verhalten, sodass das Pferd schon die Info bekommt was gewünscht ist, aber dennoch zwischendurch anderes probiert, weil einem zum Beispiel das Matching Law im Weg ist. Da kann es für das Pferd unter Umständen doch hilfreich sein zu wissen was es nicht tun soll, weil dann die Wahrscheinlichkeit die richtige Entscheidung zu treffen einfach größer ist.

In meinen Augen ist es bei einem gut durchdachten und kleinschrittigen Trainingaufbau nicht nötig.
Sicherlich, wenn man von Anfang an so gut trainiert, dann ist das nicht nötig, aber wer schafft das schon. Und sobald das Pferd irgendeine Vorgeschichte hat (wieder Stichwort Matching Law) kann es zu Fehlern kommen.

Warum ist es eigentlich ein Aufmerksamkeitsentzug, wenn ich mit dem Pferd laufe? Es läuft doch mit mir? Hat also meine Aufmerksamkeit.

Die Strafrunden sind kein Aufmerksamkeitsentzug, sondern Entzug der Chance sich etwas zu verdienen, weil es während der Runde eben nichts gibt. Und wie Tine schon sagte geht es auch um die Vermittlung der Info, dass es sich bestimmte Verhalten nicht lohnen, weil sie in mehr Arbeit münden. Und wie Nina immer wieder predigt: Tiere tun das, was sich lohnt. Im Umkehrschluss werden sie dementsprechend Verhalten vermeiden, die sich nicht lohnen.


Die Denkrunden setze ich tatsächlich auch weniger ein als das Wegdrehen für ein paar Sekunden. Hingedreht wird sich dann sobald das Pferd inne hält.
Denkrunden können zum Beispiel sinnvoll sein, wenn man Stehen bleiben trainiert, das Pferd dann aber einen Huf bewegt.
Anstatt es zurückzuschieben und das alles in der Belohnungsgeschichte mit drin zu haben geht man komplett aus der Übung raus und das Pferd muss außerdem mehr Energie aufwenden ohne die Chance auf Belohnung.

Ansonsten finde ich es recht sinnvoll im Bezug auf alle Höflichkeitsgeschichten, um wirklich deutlich zu machen, wenn du nicht höflich bist verschwindet der nette Mensch mit der Futtertasche.
Ebenso beim Thema Signalkontrolle, damit eben ungefragt gezeigtes Verhalten durch Wegdrehen/Weggehen deutlich als unerwünscht gekennzeichnet werden.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Buschpony am 14. September 2015, 21:34:58
Also wenn das Pferd ein Stück Apfel verdienen könnte, statt dessen aber ein Runde mit seinem Menschen spazieren soll (vielleicht sogar mit Handtarget und schnödem Brot als Belohnung), kann das schon als Strafe aufgefaßt werden... ;)

Dennoch möchte ich mich Frieda anschließen: die Bezeichnung "Strafrunde" macht mir ein ganz unangenehmes Gefühl. Er sorgt (bei mir?) dafür, daß der Fokus des Trainers auf dem Fehler liegt statt auf dem, was gut machbar ist. Diese Unterscheidung zwischen richtig und falsch mag ich mittlerweile gar nicht mehr, macht mir mittlerweile richtig schlechte Laune... 
Klickertraining finde ich deswegen so toll, WEIL es den Fokus auf das Positive, Machbare, Erwünschte lenkt und ihn dort hält. Wenn ich an Strafe denke, auch wenn es in Form einer Runde ist, geht das nicht mehr.

Nixdextotrox finde ich es durchaus legitim, im entsprechenden Zusammenhang, angepaßt an Pferd, Mensch und Situation, eine Runde zu laufen. Wie oben schon mal gesagt wurde, kann das den Knoten im Kopf lösen - Beinbewegung schafft Hirnbewegung. WENN es denn eine freundliche Runde ist und keine genervte oder gar ärgerliche. Und wie Frieda auch schon schrieb, kann dasselbe auch ganz anders erreicht werden...

Beste Grüße,
Dörte.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 21:59:21
Dörte, da unterschreibe ich. Das Wort selbst mag ich eben deswegen auch nicht, weil es schnell verleitet zu denken "na wenn es einen Fehler macht dann laufen wir eine Strafrunde... Oh, war das jetzt ein Fehler? Oder das? Oder da?"

Grade weil klare Kriterien schwer sind (für den Menschen) und das Nichtbelohnen schon genug Disziplin erfordert (und in 99% der Fälle als Info ausreicht) neigt vermutlich so mancher Mensch (auch hier -> Matching Law  ;) ) dann gerne dazu Runde um Runde zu laufen, weil das Pferd ja lauter Fehler macht :kicher: Am Ende kommt man so oder so um sauberes Training nicht herum, und zwischendurch durch die Gegend laufen wird den wenigsten schaden ;)

Nichts desto trotz ist es gut und wichtig eine Übung auch nullen/resetten zu können wenn man sich sonst ein Verhalten in eine Kette einbaut das man wirklich nicht haben will, das wird nämlich oft übersehen und vergessen. Ob man jetzt dazu unbedingt Runden laufen muss ist dann eher nebensächlich denke ich.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 14. September 2015, 22:18:04
Es ist auch mehr als Denk- denn als Strafrunde zu sehen. Das Wort Strafrunde habe ich von Nina noch nicht gehört.
Es ist für das Pferd die Info: "So nicht, da hast du Pech gehabt und kannst dir für die Dauer der Runde nichts verdienen" (wobei die Runde eher eine kleine Volte ist) und der Mensch hat kurz Zeit den Frust abzuschütteln und sich ggf ein anderes Vorgehen zu überlegen. Es heißt immer von Nina: "Lächeln, Atmen, eine Runde gehen." :)

Das scharrende Pferd in dem Kurs war übrigens meine RB, da müssen wir etwas Altbausanierung betreiben :rotw: Das ist beim Mattentraining passiert, weil es bei ihr manchmal echt schwer zu erkennen ist, ob sie einen Schritt vor macht oder anfängt zu scharren, weil sie für Beides auf der Matte manchmal weit ausholt. Ich habe heute nochmal geübt und das Strick übern Hals werfen und ein paar Schritte weggehen war dafür deutlich hilfreicher als die Denkrunde. Sie stand da, guckte mich total irritiert an :lol: und hat für den Rest des Trainings nicht mehr gescharrt.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: verena am 14. September 2015, 22:22:28
Denkrunden können zum Beispiel sinnvoll sein, wenn man Stehen bleiben trainiert, das Pferd dann aber einen Huf bewegt.
Anstatt es zurückzuschieben und das alles in der Belohnungsgeschichte mit drin zu haben geht man komplett aus der Übung raus und das Pferd muss außerdem mehr Energie aufwenden ohne die Chance auf Belohnung.

Aber wäre es nicht weniger aufwändig, hier bei diesem Beispiel zB das Ganze so kleinschrittig zu trainieren, daß das Pferd praktisch keinen Huf bewegt von Anfang an, als wenn ich dann jedes Mal eine Denkrunde marschiere und dann wieder weitertrainiere? Auch denke ich kommt es auf das Pferd drauf an, ob diese Denkrunde wirklich als das wahrgenommen wird, was der Mensch damit bezweckt, nämlich dem Pferd klarzumachen, daß die letzte Reaktion nicht richtig war und daher die Runde gegangen wird. Meine Gloa ist ein absolut bewegungsfreudiges Pferd, daß diese Runde als Belohnung (ich darf mich mit meinem Menschen zusammen bewegen) auffassen würde. Ich würde persönlich so Gehrunden eher einsetzen um dem Pferd zwischendurch Entspannung zu verschaffen und dann wieder weiter an einer Sache zu trainieren, die anstrengend ist.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 22:29:22
Die Krümeline ist definitiv auch ein Laufpferd und Laufen der größte Verstärker für Stehen oft  :cheese:

Ich glaub das Wort steht so tatsächlich im Agility-Buch  :) Das hab ich aber grade nicht hier, deswegen ohne Gewähr.

Auf jeden Fall ist es wichtig zu unterscheiden dass die Runde einfach kein Timeout ist.

Eine kleine Analogie aus den Hühnermodulen, Farbunterscheidung. Pickt das Huhn das richtige Target bekommt es das Futter direkt vor Ort -> es lohnt sich. Pickt es erst das falsche und dann das richtige, und man entscheidet auch das zu clicken (aus diversen Gründen), dann füttert man am anderen Tischende -> mehr Energieverbrauch + Zeit bis da Huhn beim Futter ist -> es lohnt sich weniger. Wäre quasi ein ähnliches Prinzip, aber selbst da konnte man nicht pauschal sagen welches Huhn wie funktionieren wird.

"Lächeln, Atmen, Runde laufen" ist auf jeden Fall ein schönes Mantra und eine der elegantesten Lösungen die man Anfängern an die Hand geben kann, für den Fall dass...
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 22:33:49
Dennoch möchte ich mich Frieda anschließen: die Bezeichnung "Strafrunde" macht mir ein ganz unangenehmes Gefühl. Er sorgt (bei mir?) dafür, daß der Fokus des Trainers auf dem Fehler liegt statt auf dem, was gut machbar ist.

Das ist definitiv richtig und genau das war auch immer mein Gedanke. Das Problem ist einfach, dass man, wenn man nicht aufpasst, Fehler in einer Verhaltenskette mitbestärkt, weil man ihnen zwar bewusst keine Aufmerksamkeit geschenkt hat, das Pferd sie aber auch nicht als unerwünscht wahrgenommen hat.

 
Aber wäre es nicht weniger aufwändig, hier bei diesem Beispiel zB das Ganze so kleinschrittig zu trainieren, daß das Pferd praktisch keinen Huf bewegt von Anfang an, als wenn ich dann jedes Mal eine Denkrunde marschiere und dann wieder weitertrainiere?

Klar, ist fehlerfreies Lernen das Beste, aber eben nicht immer Realität. Wenn man aber ständig Denkrunden marschiert, dann sollte man natürlich seinen Trainingsaufbau überdenken, das ist Sinn der Sache.
Das Problem ist wie gesagt, dass man schnell das Korrigieren mitbestärkt ohne es zu wollen.
Da muss das Laufen dann auch gar nicht als Strafe ankommen, sondern einfach sagen: das was du eben gemacht hast, ist nicht Teil dessen, was ich trainieren wollte.

Und wie Elaine sagt, es soll kein frustriertes Hinterhergezerre sein, sondern es ist ein ganz neutrales Laufen, um dann einen Neustart zu machen.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 14. September 2015, 22:34:39
"Lächeln, Atmen, Runde laufen" ist auf jeden Fall ein schönes Mantra und eine der elegantesten Lösungen die man Anfängern an die Hand geben kann, für den Fall dass...

Nicht nur Anfängern ;) Manchmal ist es so verkorkst. Da denkt man, dass man schon so kleinschrittig arbeitet und dann macht das Pferd einen Fehler kurz bevor man zum nächsten Schritt übergehen will, dass ich am liebsten innerlich schreien würde. Da hilft eine Denkrunde mir auf jeden Fall :lol:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 22:38:38
Oder um es mit Alexandra Kurland zu halten, Zeit für eine Tasse Tee  :cheese:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 22:46:41
Und wie Elaine sagt, es soll kein frustriertes Hinterhergezerre sein, sondern es ist ein ganz neutrales Laufen, um dann einen Neustart zu machen.

Aber es ist negative Strafe (oder soll es das sein?) und dadurch in meinen Augen nicht neutral oder angenehm für das Pferd. Ich habe das Gefühl dass das hier ein bisschen "schön geredet" wird :nixweiss:

Weil einfach mal eine "Pause" machen und zB eine Runde zu laufen - ohne das es für das Pferd unangenehm ist wäre dann ja keine negative Strafe? Oder soll diese Denkrunde gar keine negative Strafe sein?
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ventura am 14. September 2015, 22:54:31
Also ich persönlich setze sie nicht als Strafe ein (deshalb mag ich den Begriff "Strafrunde" ja nicht) und hatte auch nicht das Gefühl, dass die Pferde es als Strafe empfinden. Für mich ist es eine entspannende, neutrale Tätigkeit, damit beide Seiten sich sammeln können. :)
Aber das ist natürlich nur meine persönliche Definition.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 14. September 2015, 22:57:04
Es ist eine Strafe in dem Sinne, dass ich dem Pferd die Möglichkeit entziehe sich in der Runde, die wir gehen, was zu verdienen.

Linda hat nur gemeint, dass man ganz normal eine Volte geht, ohne weitere Konsequenzen fürs Pferd.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 22:59:32
Aber es ist negative Strafe (oder soll es das sein?) und dadurch in meinen Augen nicht neutral oder angenehm für das Pferd. Ich habe das Gefühl dass das hier ein bisschen "schön geredet" wird :nixweiss:

Weil einfach mal eine "Pause" machen und zB eine Runde zu laufen - ohne das es für das Pferd unangenehm ist wäre dann ja keine negative Strafe? Oder soll diese Denkrunde gar keine negative Strafe sein?

Doch, natürlich ist es eine Strafe, aber deshalb kann sich der Mensch doch trotzdem emotional neutral verhalten.
Er lobt das Pferd nicht beim Laufen, aber er zerrt es auch nicht rum, um ihm zu verdeutlichen wie doof es sich gerade angestellt hat.
Ob oder wie stark es dem Pferd strafend vorkommt, kann ich nicht sagen, schließlich bin ich keins. Die Definition von negativer Strafe ist doch, dass etwas Angenehmes entzogen wird und nicht, dass es dem Pferd schlecht geht. Fakt ist einfach, dem Pferd wird für einen Moment die Möglichkeit entzogen sich etwas zu verdienen. Alles andere ist nur Interpretation.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 14. September 2015, 22:59:44
Ich hatte beim Agility-Kurs auch ein wenig Probleme mit der Anwendung der "Strafrunden".
So wie ich das verstanden hatte, wurde sie eingesetzt, wenn das Tier etwas anderes machte als der Mensch sich vorgestellt hatte.
In einem Fall wurde erwartet, dass das Pferd antrabt in der Gasse (was nur einmal gemacht und bestärkt wurde, also nicht wirklich als "gekonnt" vorausgesetzt werden konnte. Pferd trabte nicht an - und bekam eine "Strafrunde" dafür.
Das entzieht sich dann ehrlich gesagt meinem Verständnis. :nixweiss:

Ich bin da bei denen, die sagen wenn es sauber kleinschrittig auftrainiert wird, braucht es diese Runde nicht. Ich mag nicht was das Wort oder der Strafgedanke im Menschen macht, nämlich dass das Tier stets fehlerfreie Leistung abliefern muss, nur weil ich es erwarte. :nixweiss: Es ist ja nicht das Tier was etwas falsch macht, sondern der Mensch, der nicht sauber und kleinschrittig genug arbeitet.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 14. September 2015, 23:01:51
Zitat
Fakt ist einfach, dem Pferd wird für einen Moment die Möglichkeit entzogen sich etwas zu verdienen.

Aber muss das Training denn darauf aufgebaut werden, dass das Tier sich seine Belohnung verdienen muss?

Irgendwo hab ich da ein völlig anderes Verständnis davon und bekomme den Brückenschlag noch nicht hin um herauszufinden wo es sich trennt. :juck:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 23:07:10
Sicherlich ist der Einsatz nicht immer gerechtfertigt und es ist dem Pferd gegenüber nicht fair es für etwas zu bestrafen, was es nicht kann.
Mir geht es vor allem darum die Erkenntnis zu vermitteln, dass es in manchen Situationen eben doch sinnvoll sein kann, weil diese klare Information: "Nein, das war es nicht", dem Pferd sehr weiterhelfen kann.

Das ein sauberer Trainingsaufbau immer besser ist, ist denke ich mal ausreichend betont worden, das ergibt sich von selber. Aber es passieren nun mal Fehler und dann ist die Frage wie der Mensch damit umgeht.
Das übliche Vorgehen ist ja unerwünschtes Verhalten zu ignorieren. Ich habe zuletzt die Erfahrung gemacht, dass das Pferd ein bloßes Ignorieren nicht immer als solches einordnen kann und das Verhalten dementsprechend nochmal zeigen wird.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ventura am 14. September 2015, 23:10:30
Hm, ich glaube das, was ich praktiziere ist nicht das, was Nina sich dabei gedacht hat (ich war ja noch nie bei einem ihrer Kurse). :juck: Demnach nehme ich meine Aussage zurück, mit dieser Strafrunde in Ninas Sinne habe ich keine Erfahrung.
Gibt es ein Video, auf denen Einheit inkl Strafrunde zu sehen ist. :bittebitte:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 23:11:17
Zitat
Fakt ist einfach, dem Pferd wird für einen Moment die Möglichkeit entzogen sich etwas zu verdienen.

Aber muss das Training denn darauf aufgebaut werden, dass das Tier sich seine Belohnung verdienen muss?


Möglichkeit sich etwas zu verdienen = Chance richtiges Verhalten zu zeigen -> Futter/Belohnung zu bekommen
Also in meinem Verständnis muss das Pferd ja schon etwas für sein Essen tun, was heißt, es muss es sich verdienen, eine (Gegen)Leistung bringen..

Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 23:13:52
@Ventura: Auf der Agility-DVD ist es soweit ich weiß zu sehen bei der Uhrenübung relativ weit am Anfang. Bei den anderen Übungen wird es auch soweit ich mich erinnern kann nicht genutzt.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 23:17:14
Hm, ich glaube das, was ich praktiziere ist nicht das, was Nina sich dabei gedacht hat (ich war ja noch nie bei einem ihrer Kurse). :juck: Demnach nehme ich meine Aussage zurück, mit dieser Strafrunde in Ninas Sinne habe ich keine Erfahrung.
Gibt es ein Video, auf denen Einheit inkl Strafrunde zu sehen ist. :bittebitte:

Video gibts gerade nicht  :cheese:

Ich habe zum Beispiel heute mit Amadeus am Galopp trainiert. Damit es los ging, musste er ruhig und höflich neben mir stehe. Da er zuletzt mit einigen Anfängern gelaufen ist, die nicht immer auf Höflichkeit geachtet haben, reckt er einem Momentan gerne mal die Nase entgegen, wenn er warten soll.
Wenn wir also nebeneinander standen und seine Nase zu nah an meiner Tasche war, sind wir eine kleine Volte gegangen (Info: Nein, so geht es nicht los), haben uns wieder an die gleiche Stelle gestellt (neue Chance) und wenn er dann höflich war gings los (Signal als Belohnung). Somit konnte er keine Verknüpfung zwischen unhöflich sein und arbeiten dürfen herstellen, sondern die, das unhöfliches Verhalten dazu führt, dass es länger dauert, bis er die Möglichkeit hat einen Click zu bekommen.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 23:22:50
Danke, Heike, du fasst genau das in Worte was ich mir denke  :thup:

Bei dem Beispiel würde ich zB einfach ein, zwei Male das höfliche Stehen belohnen und die Sache hat sich erledigt - ohne dass negative Emotionen beim Pferd hochkommen :nixweiss:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 14. September 2015, 23:25:13
Hm, ich glaube das, was ich praktiziere ist nicht das, was Nina sich dabei gedacht hat (ich war ja noch nie bei einem ihrer Kurse). :juck: Demnach nehme ich meine Aussage zurück, mit dieser Strafrunde in Ninas Sinne habe ich keine Erfahrung.
Gibt es ein Video, auf denen Einheit inkl Strafrunde zu sehen ist. :bittebitte:

Ich gucke mal, ob ich da eine Sequenz aus Theas Training vom Wochenende zu finde.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 14. September 2015, 23:25:29
Zitat
Möglichkeit sich etwas zu verdienen = Chance richtiges Verhalten zu zeigen -> Futter/Belohnung zu bekommen
Also in meinem Verständnis muss das Pferd ja schon etwas für sein Essen tun, was heißt, es muss es sich verdienen, eine (Gegen)Leistung bringen..

ah, ich glaube da liegt mein Problem. Mein Verständnis, und auch meine Erfahrung - und auch das, was Alexandra Kurland immer wieder bekräftigt - ist, dass es eben nicht um das Futter geht. Die Tiere arbeiten oft nach kurzer Zeit nicht mehr für das Futter, sondern für die Bestätigung, dass es richtig ist was sie tun. Und für das gute Gefühl, richtig zu sein.
Ich sehe das auch bei Jack sehr deutlich. Es geht nicht um das Futter.
Er mag furchtbar gerne mitarbeiten und Dinge tun. Wenn sie ihm schwerfallen (wie aktuell zb der Rechtsgalopp, den wir verstärkt in den Focus genommen haben) dann bietet er das an, und bietet nach dem click sofort an, die Seite zu wechseln, weil es ihm eben schwerfällt und ihm das Stress bereitet.
Würde ich in dieser Situation darauf bestehen, dass er es bitte noch mal "richtiger" machen sollte um sich sein Futter zu verdienen, würde er mir einfach davon gehen. Eben weil es nicht ums Futter geht. Versteht man das? :juck:

Ich als Mensch kann nur bedingt entscheiden was das Richtigere oder das Bessere ist. Mir ist wichtig, dass mein Pferd Spaß an seinem Tun behält.

Ich hatte schon einmal eine Diskussion zu diesem Punkt ("Dem Tier wird die Möglichkeit entzogen sich Futter zu verdienen und wegen massiven Fehlverhalten das Training an diesem Tag abgebrochen").
Das ist glaube ich eine ziemlich grundlegende Geschichte, die ich bisher nur bei "Hühnerclickerleuten" angetroffen habe.

Ich als Mensch muss mich doch bemühen, dem Tier das Training so zuzubereiten, dass es Erfolg hat. Da stosse ich immer wieder an meine Grenzen des Verständnisses. :nixweiss:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 23:27:16
Jap, ich finde man versteht gut was du meinst :nick: + *unterschreib*
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 23:31:42
Da möchte ich dann nur bitte schonmal vorsorglich in den Raum werfen, dass nicht grundlegend alle Hühnerclickerer so denken und dass man auch nochmal zwischen Training wo man ein 100% Ergebnis haben möchte weil z.b. Behindertenbegleithund o.ä. Geschichten unterscheiden wird und sollte  ;)

Und auf keinem Seminar werden die eigenen Tiere mit soviel Leidenschaft verzogen wie bei den verrückten Hühnertanten :grinwech:

Bevor es wieder heißt... Und so... Ihr wisst schon  :P
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 23:32:04
Bei dem Beispiel würde ich zB einfach ein, zwei Male das höfliche Stehen belohnen und die Sache hat sich erledigt - ohne dass negative Emotionen beim Pferd hochkommen :nixweiss:
In dem Fall belohne ich dann aber "billiges" Verhalten, das ich gerade eigentlich gar nicht trainieren wollte und wenn mein Timing nicht ganz sauber ist eben: Pferd ist unhöflich - Pferd bekommt Clicks für höfliches Stehen

@ Muriel
Naja dann änder es halt um in
Möglichkeit sich etwas zu verdienen = Chance richtiges Verhalten zu zeigen -> Bestätigung zu bekommen

Das Prinzip ist ja das Gleiche  :cheese:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 14. September 2015, 23:32:23
Zitat
Ich habe zum Beispiel heute mit Amadeus am Galopp trainiert. Damit es los ging, musste er ruhig und höflich neben mir stehe. Da er zuletzt mit einigen Anfängern gelaufen ist, die nicht immer auf Höflichkeit geachtet haben, reckt er einem Momentan gerne mal die Nase entgegen, wenn er warten soll.
Wenn wir also nebeneinander standen und seine Nase zu nah an meiner Tasche war, sind wir eine kleine Volte gegangen (Info: Nein, so geht es nicht los), haben uns wieder an die gleiche Stelle gestellt (neue Chance) und wenn er dann höflich war gings los (Signal als Belohnung). Somit konnte er keine Verknüpfung zwischen unhöflich sein und arbeiten dürfen herstellen, sondern die, das unhöfliches Verhalten dazu führt, dass es länger dauert, bis er die Möglichkeit hat einen Click zu bekommen.

das finde ich ein gutes Beispiel wo diese Denkart sinnvoll sein kann  :nick:

Ich stoße ja selbst immer wieder mal in Trainingssituationen an Grenzen und versuche herauszufinden warum. Vielleicht ist es der Umgang mit diesem Thema "Erwartungen und Grenzen ausloten" beim Tier selbst. Sie versuchen ja auch schon ziemlich raffiniert uns dazu zu bekommen, das Futter herauszurücken (Stichwort "Mitleidclicks"). Nobody is perfect, oder so.
Aber es ist für mich noch nicht stimmig *grübel*
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 23:34:19
Und wo ist das Problem wenn ich "billiges" Verhalten belohne? Wenn das Verhalten richtig/korrekt war bricht mir ja kein Zacken aus der Krone wenn ich das clicke und meinem Pferd so sage was ich von ihm will :juck:

Das System beim LRS ist ja auch dass ich mir ein einfaches Verhalten suche damit ich clicken kann ? So wirklich stimmig finde ich das nicht :nixweiss:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 23:36:24
Ich hoffe ihr denkt jetzt nicht, dass wir unser Training nur Strafrundenkreiselnd verbringen  :cheese:

Im Gegenteil achtet Nina immer sehr darauf, dass der Trainingsaufbau vernünftig ist und das Pferd immer Erfolg haben kann. Wir haben bei einer Übung zum Teil fünf verschiedene Aufbauten durchprobiert, bis wir etwas gefunden haben, wo die Belohnungsrate hoch genug ist.
Keiner von uns arbeitet gerne mit Strafe. Ich habe aber zum ersten Mal auch kennen gelernt, dass es in einigen Situationen, wenn es gezielt und richtig eingesetzt wird, das Training beschleunigt.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 14. September 2015, 23:36:29
ah, jetzt kommen wir langsam ans Eingemachte  :dops:

Tine:
Zitat
Und auf keinem Seminar werden die eigenen Tiere mit soviel Leidenschaft verzogen wie bei den verrückten Hühnertanten
:lol: :lol:
Nein, selbstverständlich sollte das kein Rundumschlag gegen Hühnerseminarteilnehmer werden.  :nick:

Linda:
Zitat
In dem Fall belohne ich dann aber "billiges" Verhalten, das ich gerade eigentlich gar nicht trainieren wollte und wenn mein Timing nicht ganz sauber ist eben: Pferd ist unhöflich - Pferd bekommt Clicks für höfliches Stehen

Wenn aber doch das Tier durch sein Verhalten zeigt, dass es jetzt gerade erst mal nicht höflich sein kann und deshalb durch ein paar Clicks noch mal auf die richtige Spur gebracht werden muss?
Wenn ich jetzt voraussetze dass das Tier das Verhalten schon perfekt kann, würde meiner Ansicht nach ein oder zwei Clicks für "du, erinner dich mal" mit dem entsprechenden Signal ausreichen, um dann zu sagen: So, ich weiss dass Du es weisst, jetzt machen wir weiter.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 23:39:23
Wenn aber doch das Tier durch sein Verhalten zeigt, dass es jetzt gerade erst mal nicht höflich sein kann und deshalb durch ein paar Clicks noch mal auf die richtige Spur gebracht werden muss?
Wenn ich jetzt voraussetze dass das Tier das Verhalten schon perfekt kann, würde meiner Ansicht nach ein oder zwei Clicks für "du, erinner dich mal" mit dem entsprechenden Signal ausreichen, um dann zu sagen: So, ich weiss dass Du es weisst, jetzt machen wir weiter.


Und wo ist das Problem wenn ich "billiges" Verhalten belohne? Wenn das Verhalten richtig/korrekt war bricht mir ja kein Zacken aus der Krone wenn ich das clicke und meinem Pferd so sage was ich von ihm will :juck:


Weil ich dann schnell in die Gefahr laufe mich vom Pferd trainieren zu lassen und es sich lohnt unhöflich zu sein, denn dann gibts ja nettes Höflichkeitstraining.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 14. September 2015, 23:43:06
Ihr schreibt zu schnell und am Handy bin ich raus, obwohl es spannend ist...

Ich würde an dieser Stelle aber gern nochmal diesen Artikel zum Matching Law einwerfen wollen, der ein bisschen vom Warum durchleuchtet: http://www.easy-dogs.net/home/blog/training/gastautor/matchig_law.html
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 14. September 2015, 23:45:12
Heike hat das besser ausgedrückt was ich meine :)

Für mich ist das gerade das tolle am Clickertraining - dass das Pferd mir sagen darf wenn es was gerade nicht machen kann, denn grundlos wird kein Pferd unhöflich sein :nixweiss: Und da würde ich nunmal eher ansetzen nachzudenken warum, wieso als "drüber zu bestimmen". Da finde ich auch das Beispiel von Jack absolut toll und ich kenne einige Pferde die so reagieren würden :nick:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 14. September 2015, 23:50:21
Natürlich ist kein Pferd grundlos unhöflich. Aber nur weil es gerade unhöflich ist, heißt es ja nicht, dass es nicht höflich sein kann. Das Pony hat eben zu so und so viel Prozent die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt unhöflich zu sein, also wird es das zu so und so viel Prozent versuchen, selbst wenn es vielleicht viel häufiger für höfliches Verhalten bestärkt wurde.

ich behaupte ein Pferd, das schon viele Clicks für Höflichkeit bekommen hat, kann höflich sein. Das heißt aber nicht, dass es das immer ist. Da kann ich dann auch mal verdeutlichen, dass eine Ponynase in der Futtertasche definitiv unerwünscht ist.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 00:01:24
ich glaube mein Problem ist der Perfektionsanspruch  :cheese: und deshalb werde ich wohl nie ein sehr guter Trainer werden, weil ich einfach nicht diesen 100%igen Anspruch habe und mich sehr gerne mit ernstgemeinten 80% zufrieden gebe.

Ich sehe das Matching Law schon in der Realität. Jack ist zb auf Gras wesentlich besser erzogen als Mirko, weil ich bei Jack die viel größere Notwendigkeit gesehen habe, das wirklich durchzusetzen und viel zu bestärken. Bei Mirko falle ich sehr oft in den "das müsste er doch können" Modus und das bringt wieder Frustration, was wiederum an der CrossOver-Sache liegt und an unserer langen gemeinsamen wechselvollen Geschichte.

Dir jedenfalls schon mal Danke, Linda :danke2: dass Du Dich hier so tapfer einbringst  :keks: :keks: :keks:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 00:05:22
Zitat
Aber nur weil es gerade unhöflich ist, heißt es ja nicht, dass es nicht höflich sein kann.
Alexandra hat im letzten Jahr einen tollen Artikel über Löschungsverhalten usw geschrieben, wo es auch unter anderem darum ging, dass in Stress-Situationen frühkindliches Verhalten bzw Verhalten, was früher einmal Erfolg gebracht hat, zutage tritt.

Das ist wieder ein anderer Aspekt vom Matching Law, der einem manchmal recht unvermittelt begegnen kann. Da denkt man "wo um alles in der Welt kommt jetzt plötzlich dieses Verhalten her" und wenn man genau hinschaut, haben wir eine unvermutete Stress-Situation, die das Hervorbrechen alter Verhaltensweisen getriggert hat.
Deshalb bin ich an einigen Stellen lieber verzeihlich und schaue, was ich bekommen kann, statt etwas einzufordern, was mir das Tier ganz offensichtlich gerade nicht geben kann.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 15. September 2015, 00:07:06
Ähm :rotw: es ist Linda, die das so gut erklärt hat ;)

Ich arbeite gerade daran ein kurzes Video diesbezüglich vom Wochenendkurs hochzuladen.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 00:07:25
sorry Elaine, irgendwie hab ich da was durcheinander geworfen :nixweiss:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 15. September 2015, 00:09:06
Ist ja auch nicht immer einfach Forumsnamen und echten Namen zusammen zu behalten ;)
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 15. September 2015, 00:11:02
Zitat
Aber nur weil es gerade unhöflich ist, heißt es ja nicht, dass es nicht höflich sein kann.
Alexandra hat im letzten Jahr einen tollen Artikel über Löschungsverhalten usw geschrieben, wo es auch unter anderem darum ging, dass in Stress-Situationen frühkindliches Verhalten bzw Verhalten, was früher einmal Erfolg gebracht hat, zutage tritt.

Das ist wieder ein anderer Aspekt vom Matching Law, der einem manchmal recht unvermittelt begegnen kann. Da denkt man "wo um alles in der Welt kommt jetzt plötzlich dieses Verhalten her" und wenn man genau hinschaut, haben wir eine unvermutete Stress-Situation, die das Hervorbrechen alter Verhaltensweisen getriggert hat.
Deshalb bin ich an einigen Stellen lieber verzeihlich und schaue, was ich bekommen kann, statt etwas einzufordern, was mir das Tier ganz offensichtlich gerade nicht geben kann.

In dem Fall war es ja eher so, dass es ein Verhalten war, was sich eben zuletzt verstärkt gelohnt hat. Es war ganz eindeutig, dass das Verhalten daher kam. Das Pony sagte: "Bei der letzten Frau hat es sich doch gelohnt zu betteln, bei dir auch?"
Und ich sagte: "Nein Pony, wenn du bettelst, dann musst du länger warten, bis du trainieren darfst."
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 00:18:23
ja, deshalb ist das ja für diesen Fall auch eine angemessene Reaktion  :nick:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 00:19:01
und um hier einmal Gandalf zu zitieren  :cheese:

"Nichts ist gewiss"  :cheer:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 15. September 2015, 00:28:47
Video ist fertig (https://youtu.be/HYLQmCdcR-o)
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Nepomuk am 15. September 2015, 08:07:27
Er mag furchtbar gerne mitarbeiten und Dinge tun. Wenn sie ihm schwerfallen (wie aktuell zb der Rechtsgalopp, den wir verstärkt in den Focus genommen haben) dann bietet er das an, und bietet nach dem click sofort an, die Seite zu wechseln, weil es ihm eben schwerfällt und ihm das Stress bereitet.
Würde ich in dieser Situation darauf bestehen, dass er es bitte noch mal "richtiger" machen sollte um sich sein Futter zu verdienen, würde er mir einfach davon gehen. Eben weil es nicht ums Futter geht. Versteht man das? :juck:

Heike, du hast perfekt das Problem beschrieben, das ich mit der Denkrunde habe, mir in dieser Klarheit aber nicht bewusst war.
Und jetzt bin ich wieder still, ich habe ja schließlich eigentlich keine Ahnung...
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 55 am 15. September 2015, 08:09:32
Video ist fertig (https://youtu.be/HYLQmCdcR-o)

War diese Übung das erste Mal für das Pferd ? Sorry falls ich das überlesen habe.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 08:39:38
Zitat
Und jetzt bin ich wieder still, ich habe ja schließlich eigentlich keine Ahnung...
ach, wer hat schon wirklich Ahnung  :cheese: wir suchen doch alle einfach nach einem Weg für uns und unsere Pferde.  :nick:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 15. September 2015, 09:21:39
Video ist fertig (https://youtu.be/HYLQmCdcR-o)

War diese Übung das erste Mal für das Pferd ? Sorry falls ich das überlesen habe.

Die Übung in dieser Form ja.
Sie kannte es schon, dass sie mit 2 Hufen auf eine graue Fußmatte gehen soll. Sie neigt leider dazu bei anderen Untergründen zwischendurch zu scharren, auch wenn sie vorher schon mal einen Huf drauf gesetzt hatte. Bei meinem letzten Training vor dem Kurs musste ich abbrechen, weil sie anfing das Vorderbein in Spanischer Schritt-Manier hochzuwerfen :-X
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 09:24:52
Wie ging es dann weiter? wurde das Scharren im Verlauf des Trainings weniger?

Vielen dank für das Video! :thup:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 15. September 2015, 09:43:06
Das Scharren wurde weniger. Das Nicht-Scharren war auch eher eine "Nebenbaustelle". Eigentlicher Sinn der Übung war die nervliche Belastbarkeit bei ihr zu stärken, da alles Neue für sie erstmal gefährlich ist.
Gestern habe ich Training mit einer Plane gemacht, weil ich nicht so eine schöne Matte habe. Sie ging sofort rauf :cheese: Beim letzten Mal als sie die Plane gesehen hat, hat sie 3m vorher eine Vollbremsung eingelegt. Sie hat einmal in der Übung gescharrt und einmal wollte sie während ich die Plane wieder zurecht geschoben habe, alleine rauf und hat gescharrt. Ich habe ihr in dem Moment den Strick übern Hals geworfen, mich umgedreht und bin zwei große Schritte weg. Sie stand da und guckte total verdattert :lol: Danach hat sie nicht mehr gescharrt.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: ClickerHafi am 15. September 2015, 10:00:55
Danke für das Video :cheer:

Ich nutze die "Strafrunde" eigentlich nur als "Denkrunde", beim clickern. Und das auch nicht für das Pferd, sondern für mich, um mir mein Ziel und mein Trainingsplan noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Wenn also alles total daneben ist und ich nichts auf die Reihe kriege, wird Momo automatisch gestresst, weil sie eben nicht versteht, was genau ich von ihr möchte :nixweiss:.
Dann nutze ich die Denkrunde, um das ganze noch einmal von vorne anzugehen und meistens klappt es dann auch, weil ich direkt ruhiger bin und wir den ersten/blöden Anlauf damit quasi unterbrochen haben :nixweiss:. Ich kann das immer ganz schlecht beschreiben :rotw:

Für mich ist eine Denkrunde einfach nur ein erneuter Versuch die Übung ruhig und genau geplant anzugehen, wenn vorher alles zu unkoordiniert und chaotisch war und das Pony nicht mehr wusste, was genau es tun soll (zum Bleistift).
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 15. September 2015, 10:05:31
Genau das soll die "Strafrunde" ja auch sein, quasi ein Reset auf null um die gleiche Übung mit dem gleichen Kriterium an der gleichen Stelle nochmal neu zu beginnen ohne eben z.b. ein Scharren oder ein Betteln o.ä. mit einzubauen.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ventura am 15. September 2015, 10:37:45
Steffi, so mache ich das auch. :five: Aber das ist für mich irgendwie etwas ganz anderes als die Situation im Video, weil der Strafgedanke bei uns nicht der Grund dafür ist.
Und ich würde die Denkrunde nie so schnell einbauen wie im Video, sondern erst dann, wenn man durch Clicks an der richtigen Stelle wirklich nicht weiterkommt, das Pferd aufdreht o.Ä. Und zu diesem Zweck finde ich eine komplette Runde um den Reitplatz oder wenigstens einen kompletten Zirkel geeigneter. Das ist dann in meinen Augen sogar schon eine Pause, aber auf keinen Fall eine Strafe. :juck:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: AbbeyWood am 15. September 2015, 11:45:21
Erstmal: ich hab einen riesigen Knoten im Hirn grade  :confused:
Mir ging es ein bisschen wie Janina (oder wie ich denke, dass es ihr gegangen ist), dass ich im ersten Moment dachte "hey, das mach ich auch, aber ich hätte es nie als strafe bezeichnet" und danach dann "oh, naja, so mache ich das wohl nicht"  :confused:

ich hab ja ein Pferd bei dem ich nicht strafen muss/will/darf. Es ist einfach nicht nötig, und die würde verunsichert/demotiviert werden. Die einzigen (wenigenwenigen) Situationen in denen ich strafe sind impulsive "hearst, gfrast" reaktionen, wo sie mal einen klaps abbekommt, weil sie mich anrempelt oä - passiert sehr selten, aber dann eben so schnellschnell..
Sonst mach ich das weggehen schon bei Übungen wie Matte oder Achter laufen, weil man einfach entspannen kann, Hirn ausschalten und neu starten.. evtl gibts beim laufen sogar kekse.
Und auch bei Dunja mach ich das aktuell sehr oft, dass wir einfach mal gehen. Aber für mich ist das eben nie eine Strafe gewesen, sondern wie erwähnt eine Pause :nixweiss:

Unsere größe Baustelle ist nämlich das laufen. Und nur wenn sie Motiviert ist und eh voll brav ist dann läuft sie ohne zerren und ohne Clicks. und dann brauch ich keine "Strafrunden".. Einer unserer größten/häufigsten Fehler ist, dass sie einfach stehen bleibt.. beim FiSen, spazieren etc. wie soll ich da eine neutrale Strafrunde ohne Clicks anwenden??? Da laufen wir dann aber trotzdem kleine Strecken mit viel belohnung um sie aus dem Steh und Schau wieder rauszukriegen.. Das kommt immer seltener vor zum Glück, weil ich auch halbwegs einschätzen kann woher es kommt...
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 15. September 2015, 11:56:34
Ich hab grad im Buch nochmal nachgelesen und da steht nur in einen Nebensatz was von einer Denkrunde, weil es sinnvoller ist das Pferd  wieder neu zu positionieren anstatt es immer wieder auf die richtige Position zurück zu korrigieren. Also es geht rein drum mehr zeitlichen und räumlichen Abstand zum Fehler zu bekommen als beim einen Schritt zurück schicken... Im Grunde bleibt es das selbe, eine Korrektur. Und je nachdem ob Laufen / das Signal fürs Laufen negativ oder positiv besetzt ist, hat die Runde dann halt mehr oder weniger strafenden/belohnenden Charakter. Je nach Pferd halt. Darauf wird aber auch gar nicht weiter eingegangen sondern vorausgesetzt dass man das Pferd überhaupt eine Runde kommentarlos führen kann  ;)
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: AbbeyWood am 15. September 2015, 12:00:19
Danke Tine!
Je mehr ich drüber nachdenke, desto komplizierter wirds in meinem Kopf..
Für Dunja wäre Schritt gehen wohl zu 90% eine Belohnung... Sie hasst es still zu stehen und das ist ganz schwer mit ihr... Wenn es fürs stehen viele Leckerlies gibt schauts evtl anders aus.. aber wir arbeiten bei ihr ja nur so zu 50% mit Futterlob, und der erst ist Stimmlob, Kratzen, Streicheln..

Ich glaub wiedermal: Das kommt darauf an, dass kann man so nicht sagen  :cheese:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 15. September 2015, 12:00:49
 Tine: :keks:

"je nach Pferd" kann man sich das gemeinsame Laufen dann auch ganz schnell vergiften, fürchte ich.  :-\

Ich verstehe so langsam den Sinn dahinter, aber es bleibt für mich ein ganz starkes "das kommt drauf an"- Werkzeug, und kein "repariert-alles-Pflaster"  :nick:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: noothe am 15. September 2015, 12:28:56
:uschreib:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: IsiAron am 15. September 2015, 20:34:58
Genau das soll die "Strafrunde" ja auch sein, quasi ein Reset auf null um die gleiche Übung mit dem gleichen Kriterium an der gleichen Stelle nochmal neu zu beginnen ohne eben z.b. ein Scharren oder ein Betteln o.ä. mit einzubauen.

 :nick: :nick: :nick:

Ich verstehe so langsam den Sinn dahinter, aber es bleibt für mich ein ganz starkes "das kommt drauf an"- Werkzeug, und kein "repariert-alles-Pflaster"  :nick:

So sollte es auch gesehen werden finde ich.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: francelaura am 15. September 2015, 23:01:47
Nach zweimaligem Durchlesen verstehe ich nun schon einigermassen was mit "Denkrunde" gemeint ist. So was ähnliches wäre bei uns wohl Kopfsenken und gemeinsames "Durchschnaufen".

Ganz allgemein mag ich aber nicht über Strafen und Korrekturen im Training nachdenken. Buschpony/Dörte hat das bereits schön geschrieben: "die Bezeichnung "Strafrunde" macht mir ein ganz unangenehmes Gefühl. Er sorgt (bei mir?) dafür, daß der Fokus des Trainers auf dem Fehler liegt statt auf dem, was gut machbar ist. Diese Unterscheidung zwischen richtig und falsch mag ich mittlerweile gar nicht mehr, macht mir mittlerweile richtig schlechte Laune...
Klickertraining finde ich deswegen so toll, WEIL es den Fokus auf das Positive, Machbare, Erwünschte lenkt und ihn dort hält. Wenn ich an Strafe denke, auch wenn es in Form einer Runde ist, geht das nicht mehr."


Da denke ich doch lieber weiterhin an: - sinnvollen Traniningsaufbau / - Kleinschrittigkeit / - Ausbleiben des Klicks bietet genug Information (wie ich grade am TAGteach-Seminar am eigenen Leib erfahren durfte  :lol: )
+ eine Prise Lockerheit, Grosszügigkeit und Humor   ;)

Clicks für "billiges" Verhalten? Das tönt mir zu sehr nach menschlicher Wertung...
Ist Höflichkeit ein leichtes Verhalten? (Wenn man mein Pony fragt = Nein!  :cheese: - bzw. häufig ist es ganz easy und manchmal eben NICHT).
Was ist so schlimm dran, wenn ich ein paar Clicks für Höflichkeit einzuschieben brauche? Und wenn das Pferd mal nicht höflich ist (auch wenn es das sonst gut beherrscht) besteht dann gerade Trainingsbedarf, oder nicht?  :teuf:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: verena am 23. September 2015, 23:29:28
Als ich das Video gesehen habe, hätte ich das einfach als neues Positionieren gesehen um mit der Übung sozusagen wieder bei Null zu beginnen. Ich mache das  manchmal auch , vor allem um in eine Übung evtl. keine Verhaltenskette reinzubekommen. Ich hätte das aber nie mit einer Art von 'Strafe' assoziiert, sondern einfach wieder als neuen Übungsbeginn :) Wobei ich mich aber dann auch frage, wenn ich ein sehr bewegungsfreudiges Pferd habe, das eben Stillstehen als sehr unangenehm empfindet, bestärke ich dann nicht eigentlich das Scharren, indem ich dem Pferd daraufhin das von ihm im Moment eher erwünschtes Verhalten bekommt, nämlich wieder gehen zu dürfen??
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Friedalita am 24. September 2015, 08:42:06
Ja würde man. Deswegen finde ich - wie immer - muss je nach Pferd geschaut werden, was sinnvoll ist. Es gibt sicherlich auch Pferde, die das Laufen als wirkliche Belohnung oder auch als Strafe empfinden würden oder die das dann total stresst. Hatte ich alles schon. Dann würde ich  auch anders rangehen. Zum Beispiel beim Scharren mit nem guten Timing und eben der Inkaufnahme von "fehlerhaften" Verhalten (=scharren). Darf mir halt weder Verhaltensketten einbauen noch das Scharren bestärken. Dauert vielleicht länger und Matching Law und so. Aber dafür fliegt mir das Pferd nicht um die Ohren oder parkt, weils nicht laufen mag :nixweiss:
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 24. September 2015, 08:56:49
Wobei ich mich aber dann auch frage, wenn ich ein sehr bewegungsfreudiges Pferd habe, das eben Stillstehen als sehr unangenehm empfindet, bestärke ich dann nicht eigentlich das Scharren, indem ich dem Pferd daraufhin das von ihm im Moment eher erwünschtes Verhalten bekommt, nämlich wieder gehen zu dürfen??

Sie ist ein sehr bewegungsfreudiges Pferd, aber sie hat es schon so empfunden, wie es gedacht war: "Du hast ein Verhalten gezeigt, dass wir nicht haben wollen, also kannst du dir in dieser Runde kein Futter verdienen."

Ich habe es bei ihr aber in einer Einheit ein paar Wochen vorher ohne Trainer auch schon einmal gehabt, dass ich die Runden gelaufen bin, weil sie gescharrt hat, sie die gefragte Übung (Stelle deine Vorderhufe auf eine Fußmatte) aber anscheinend nicht vollends verstanden hatte und dann immer aufgeregter wurde, weil ich keinen Zwischenschritt eingebaut habe. Zum Schluss hatte ich dann ein total nervöses Pferd, was mir die Vorderbeine waagerecht nach vorne geknallt hat :grmpf:
Es ist also ein sehr starkes Mittel, mit dem man vorsichtig umgehen und vor allem seinen Trainingsplan überdenken muss.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Muriel am 24. September 2015, 09:11:27
Zitat
vor allem seinen Trainingsplan überdenken muss.
das sehe ich auch so. Wir hatten das Thema auch kurz beim Kurlandkurs, und das ist etwas das mich an Alexandra auch immer wieder sehr beeindruckt.
Ganz egal was man sich für Trainingsschritte ausdenkt, man kann sie immer noch kleiner und kleiner und kleiner machen, damit das Pferd versteht was man möchte.
Wenn ihm eben das Verständnis für den aktuellen, vom Menschen gewünschten nächsten Schritt völlig fehlt, dann nutzt ein Timeout/Strafrunde/Denkrunde genauso wenig wie wenn ich lauter sagen würde was ich möchte.
Ich muss also vom pferd schon ein Verständnis haben, und selbst mit großer Überzeugung wissen: "Du weisst was ich will, also streng dich ein wenig an".

Das ist das Problem, denn wann können wir wirklich wissen dass das Tier wirklich verstanden hat was gewünscht ist und dass es das jetzt tun soll.
Auch kreatives Herangehen an Situationen muss erst trainiert werden, damit man die Botschaft übermitteln kann: Das war es nicht, überlege Dir etwas anderes.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 779 am 30. September 2015, 03:12:21
Also, ich entschuldige mich schon mal vorab, dass es lang wird. Kurz ist mir irgendwie nicht in die Wege gelegt worden … Ich habe mir in den letzten Monaten sehr viel Gedanken um den Einsatz von negativer Strafe im positiven Training gemacht. Eigentlich seit die Hühnermodule populärer wurden und damit auch der „Stoff“ daraus Einzug in Foren und Gruppen gehalten hat. Ich habe diesbezüglich vor allen Dingen den Sinn hinterfragt und glaube, dass es vielen genau so geht wie mir. Nämlich der Gedanke, dass man Clickertraining damit ad absurdum führt. Positiv trainieren aber negative Konsequenzen bereithalten – geht das überhaupt? Diese Frage für mich zu klären war einer meiner Hauptmotivationen, selbst mal ein Hühnermodul zu besuchen… Von daher konnte ich vieles nun aufgrund der Erfahrung überdenken.

Traiing ganz ohne negative Konsequenzen ist meiner Meinung nach nicht möglich, wenn man es jetzt mal ganz streng sehen würde. Wenn mir zum Beispiel das "ruhig stehen" nicht ruhig genug ist, oder ein Verhalten nicht "richtig" genug ist, ist das Ausbleiben des erwarteten Clicks im Prinzip ja auch eine negative Konsequenz. Der Unterschied ist eben, dass man es nicht bewusst als Konsequenz bereithält und vor allen Dingen nicht noch zusätzlich etwas „kostet“ (nämlich Energie). Die Motivation eine Belohnung zu erhalten ist ja per se auch daran gebunden, dass ein falsches Verhalten keine Belohnung erbringt/die Belohnung ausbleibt. Das ist ja einer der Ansätze von Shaping. Ein Verhalten, das in einem Shapingprozess nicht belohnt wird, tritt weniger auf.

Per Definition ist eine Strafe dann eine Strafe, wenn sie dazu führt, dass das Verhalten weniger wird. Wir sind also gar nicht so weit weg davon …

Angenommen das Pferd hampelt vor dem Kompliment rum und ich erwarte, dass es zuerst stehen bleibt, entziehe ich dem Pferd die Möglichkeit, sich durch das Kompliment eine Belohnug zu verdienen. Das Signal gebe ich erst, wenn das Pferd höflich steht. Dadurch vermeide ich, dass ich das Rumhampeln vor dem Kompliment bestärke. Mir ist dabei nicht wichtig, das  Pferd dafür zu bestrafen, dass es rumhampelt, sondern vor allen Dingen, nicht zu bestärken, dass es hampelt, indem ich das Signal zum Kompliment gebe. Das Stehenbleiben muss dabei deutlich als Stehenbleiben vom Pferd erkannt werden und ich gebe auch nicht das Signal zum Stehenbleiben, sondern ich setze es voraus und belohne es, indem ich das Signal für das Kompliment gebe. Die Pferde verhalten sich dann höflicher, weil sie wissen, vorher geht es nicht los.

Die Erweiterung dieser "negativen Strafe" des Stehenbleibens wäre für mich eine "Strafrunde". Die Strafrunde geht in meiner Vorstellung den Weg der Verhaltensökonomie und hält eine Konsequenz bereit, falls ich möchte, dass das Pferd in Zukunft ein bestimmtes Verhalten unterlässt. Ich möchte dem Pferd damit nicht nur mitteilen, dass sich ein anderes Verhalten (Alternativverhalten) mehr lohnt, sondern - und ich glaube, dass ist beim "Strafrunden Konzept" der wichtigste Ansatz - dass es das Pferd etwas kostet. Und da gehe ich eben nicht immer mit konform. Ich glaube nämlich nicht, dass ein Fehler das Pferd immer etwas kosten muss, damit das Pferd lernt, zukünftig die richtige Entscheidung zu treffen. Aber aus Sicht der Verhaltensökonomie erhöht es die Wahrscheinlichkeit, weil das Pferd zukünftig eine solche Maßnahme VERMEIDEN wird. Denn es kostet Energie, die es dringend benötigt (Fluchttier). Das ist natürlich sehr effektiv und führt unter Umständen schneller zum Erfolg. "Erfolg macht Spaß", da zitiere ich Nina. Ja, das kann ich nachvollziehen. Und gerade vor dem Agility Hintergrund, kann ich es nachvollziehen. Dort möchte man nicht mit unerwünschtem Verhalten "kämpfen" müssen. Man kann es nicht gebrauchen, wenn mehrere Pferde frei laufen. Insbesondere kann man es nicht gebrauchen, wenn das Pferd sich auf Gras auch noch bestärkt, wenn es z. B. wegläuft. Und man möchte vor allen Dingen unerwünschtes Verhalten nicht reparieren müssen, weil es Frust für Pferd und Mensch bedeuten würde - Kosten / Nutzen Rechnung. Für mich ist das ähnlich zu sehen wie in der Freiheitsdressur, in der häufig erstmal am Seil gearbeitet wird, damit das Pferd gar nicht erst lernt, dass sich weglaufen lohnt (bitte entschuldigt den Vergleich, er ist nicht wertend gemeint). Es ist aber ja sehr individuell, ob das in die eigene Philosophie passt.

Ich glaube, dass die Arbeit mit positiver Verstärkung und bewusst eingesetzter negativer Strafe als "Konzept" effizienter sein kann. Weniger Fehler, schnelleres und evtl. zuverlässigeres Ergebnis. Je nach Einstellung lässt sich der Einsatz solcher Maßnahmen rechtfertigen,(Kosten Nutzen Rechnung :D), insbesondere, wenn man davon ausgeht, dass Erfolg glücklich macht. Aber das ist eben nur eine Interpretation. Genausogut könnte man ja davon ausgehen, dass solche Pferde besser "funktionieren" und deshalb engagierter sind, weil sie eben auch wissen, dass Fehlverhalten eine unangenehme Konsequenz hat. Oder man geht nur von Verhaltensökonomie und des Matching Law aus und spricht dem Pferd damit die Entscheidungsfähigkeit ab – Stichwort „freier Wille“.

Ich möchte meinem Pferd gerne mehr Zeit und Freiheit für Entscheidungen geben. Mir ist 100% zuverlässig nicht wichtig. Ich hege beim Agility z. B. keinen Leistungsgedanken, insbesondere keinen Wettbewerbsgedanken. Mir geht es um Spaß miteinander und den definiere ich eben nicht anhand von Erfolgsquoten, sondern anhand positiver Erlebnisse und Lernerfahrungen.
In meiner Philosophie komme ich auch ohne _gezielte_ Strafmaßnahmen oder zusätzliche unangenehme Konsequenzen aus, weil ich glaube, dass der richtige Aufbau Fehler vermeidet und das Matching Law mir eben auch hilft, dass das erwünschte Verhalten häufiger gezeigt wird (und unerwünschtes eben unterlassen wird).

Es kann sinnvoll sein, eine Übung abzubrechen und zu resetten und dafür einfach ein paar Schritte zu gehen. Das tue ich durchaus auch. Wenn ich merke, etwas ist zu schwer für das Pferd, das Pferd kann gerade nicht, ich kann gerade nicht oder irgendein anderer, undefinierter Grund, der dafür spricht, eine Übung vorzeitig zu beenden. Ich glaube, das hat jeder von uns schon erlebt. Dann empfinde ich einen solchen Abbruch aber nicht unbedingt als Strafe. Und es ist ja auch nur eine Hypothese, dass der nächste Versuch deshalb besser klappt, weil das Pferd nicht weitermachen "durfte" und deshalb bemühter ist.

Ende Teil 1 :D
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 779 am 30. September 2015, 03:13:11
Teil 2 ...

Ich habe das so aufgefasst, dass die Strafrunde u. a. dann eingesetzt wird, wenn man davon ausgeht, das Pferd könnte die Leistung erbringen, möchte die Belohnung aber "billiger" haben, z. B. durch vor der Matte stehen bleiben oder nur halb drauf gehen etc. Dann mit dem Gedanken "Du kannst entweder "jetzt" darauf gehen und die Belohnung bekommen, oder wir können eine Runde gehen und das kostet dich dann Energie/keine Belohnung", da hat es für mich einen strafenden Ansatz. Das vor der Matte stehen hat sich dadurch nicht gelohnt, sondern es hat sogar noch was gekostet. Ein 10 sekündiges Stehen vor der Matte und dann drauf gehen, hätte das Stehen vor der Matte jedoch mitbelohnt - ungünstig für Agility. Man möchte also das Risiko des erneuten Fehlers minimieren. Verstehe ich. Ich glaube trotzdem, dass man mit etwas mehr Zeitaufwand auch ein zuverlässiges und promptes auf die Matte gehen bekommt, weil sich das vor der Matte stehen weniger lohnt als auf der Matte stehen und vor allen Dingen, weil das Pferd die Matte g**** findet und ihm irgendwann gar nicht mehr einfällt, davor zu parken.  Ich würde diesen Fehler also eher "aussitzen".

Ich finde es auch schwierig, Verhalten als "billig" zu bezeichnen, weil ich finde, dass selten der Mensch entscheiden kann, ob ein Verhalten "billig" ist. Zu beurteilen, wie "schwer" (=teuer) ein Verhalten ist, sollte durchaus dem Pferd zugestanden werden. Wenn ich allerdings möchte, dass Pferd nicht mehr nachfragt, ob es auch billiger geht, dann muss ich das natürlich irgendwie „unterbinden“.
Allerdings habe ich es nicht so aufgefasst, nur damit das hier nicht falsch rüberkommt, dass das die einzige Konsequenz ist. Es wird schon hinterfragt, warum das Pferd nicht drauf geht. Es wird eben davon ausgegangen, wenn das Pferd schon 5 Mal drauf war, "kann" es das Verhalten leisten.

Die andere Notwendigkeit der "Strafrunde" habe ich gesehen, wenn das Pferd z. B. auf dem Balancierbalken oder dergleichen einen Fehler gemacht hat. Tritt es daneben, wird die Übung abgebrochen und neu begonnen. Es wird NICHT korrigiert bzw. auch eine Korrektur des Pferdes wird nicht herbeigeführt oder abgewartet, da man auch belohnen würde, dass das Pferd eben nicht sofort sauber tritt, sondern durchaus lernt, zu "schludern". Das sehe ich halt anders. Denn ich möchte gerade das "mitdenken" - "oh, da bin ich daneben getreten, wie kann ich das korrigieren". Auch hier geht es um Verhaltensökonomie, gar nicht unbedingt um bewusstes Strafen. Sondern einfach darum, dass sich der Fehler nicht lohnen soll und deshalb weniger gezeigt wird. Insbesondere wenn der Fehler dann noch was kostet.

Strafrunde ist für mich übrigens kein Time Out. Das wäre für mich das bewusste Entziehen von Aufmerksamkeit oder bei Nina auf dem Agility Platz das „Wegstellen“ des Pferdes in einer der Parkbuchten „Wer nicht mitarbeitet, der darf sich eben auch nichts mehr verdienen“. Diese Maßnahme hat mich schon sehr nachdenklich gemacht.

Aber ich habe negative Strafe auch nicht nur in Form von Strafrunden kennen gelernt, sondern auch als simples übermitteln von Informationen. Z. B. habe ich mit Tarek Farbdifferenzierung geübt. In 15 Minuten hat er gelernt, einen weißen Becher unter 4 Bechern anzustupsen, während diese immer wieder verschoben werden. Schaut mal hier https://youtu.be/iD9ND-k47ME  Bei 1:38 macht Tarek einen Fehler und stupst das falsche Target an. Christin nimmt daraufhin das weiße Target weg. Das Wegnehmen des weißen Targets ist eine negative Strafe, weil das Target als Signal für Anstupsen dient. Nachdem das Anstupsen des falschen Targets keinen Click gebracht hat, hätte Tarek als nächstes das richtige Target angestupst, womit man das Anstupsen des falschen Targets ebenfalls belohnt hat, weil diese beiden Verhaltensweisen so eng aneinander liegen. Ist das gleiche wie beim Höflichkeitstraining z. B., wenn das Pferd erst zur Tasche guckt und dann wegguckt und wir sofort belohnen. Das Wegnehmen des weißen Targets führt also dazu, dass es sich nicht gelohnt hat, das rote Target anzustupsen, so dass man die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass das rote Target nochmal gewählt und insbesondere die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das weiße Target angestupst wird. Per Definition eine negative Strafe. Und auch hier hätte das Verhalten „rot anstupsen“ Energie gekostet.

In der positiven Verstärkung gibt es drei Gründe, warum Verhalten nicht gezeigt wird: Gesundheitliche Probleme, nicht genügend motiviert, nicht verstanden. Wenn das Problem also "Motivation" ist, gibt es ja durchaus mehrere Wege, diese Motivation zu steigern. Aber natürlich wäre negative Strafe ebenfalls ein Mittel zur Steigerung der Motivation. Die Frage ist halt, möchte man das oder passt das in die eigene Gedankenwelt von positivem Training. Ich kann das in manchen Situationen durchaus nachvollziehen und wie oben gesagt, breche ich eine Übung auch schon mal ab. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, das Warten oft einfach reicht, damit sich das Pferd "besinnt" ;) Ich denke aber, dass das im Agility Kontext nicht praktikabel ist. Bei den meisten anderen Dingen finde ich das allerdings schon.

Generell finde ich, dass der Fokus dadurch zu sehr auf die Fehler liegt. Mir ist das manchmal auch einfach zu viel Mathematik im Training, man muss meiner Meinung nach einfach nicht aus jedem unerwünschten Verhalten einen Fehler machen. Aber man sollte aus jedem erwünschten Verhalten einen Erfolg machen.

Bei einem erfahrenen Clickerer mache ich mir da weniger Sorgen, dass er lieber straft, als nach einer passenden Lösung zu suchen, weil er genügend andere Möglichkeiten hat. Aber gerade Einsteiger oder "wenig Denker" und Mitläufer (davon gibt es in jeder Trainingsweise genug ...) werden doch sehr dazu verführt, die "Strafrunde" als passende negative Konsequenz bereit zu halten. Es hat ja nicht jeder einen Trainer oder die Fähigkeit zu beurteilen, warum das Pferd nun gerade das Verhalten nicht zeigen "will" (denn das suggeriert ja das "billiger haben wollen". Gerade, weil sie es vom konventionellen Training ja gewohnt sind, dass Fehlverhalten immer eine unangenehme Konsequenz nach sich ziehen muss, damit es nicht erneut auftritt. Dabei ist ja genau das etwas, was das Clickertraining so ansprechend macht, dass es eben nicht so sein muss.

Ob man Strafe als Konzept ins Training mit aufnimmt, hat sicher auch damit zu tun, wie man "Spaß" definiert. Wenn Spaß bedeutet, möglichst schnell und unter Vermeidung! von Fehlern durch Konsequenzen zum Ziel zu kommen, dann trainiert man meiner Meinung nach deshalb pferdeorientiert, weil man verhaltensorientiert trainiert.

Mein Ansatz ist eben - in meinem Kopf (möchte damit nicht den anderen Ansatz als "unfair" betiteln) - pferdeorientiert ich trainiere unter Vermeidung von unangenehmen Konsequenzen und Stress, ich möchte unangenehme Emotionen und Misserfolge auf andere Art vermeiden.

Sady
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 779 am 30. September 2015, 03:29:50
Edit sagt noch: Bei der wachsenden Popularität des Clickertrainings, sollte man sich allmählich damit arrangieren, dass es auch innerhalb des Oberbegriffs "Clickertraining" verschiedene Trainingsansätze gibt, die eben auch unterschiedliche Zielgruppen und Philosophien "bedienen", damit aber eben nicht "besser" oder "schlechter" sind, sondern nur "anders". Wir sollten also nicht nach "Übeltätern" in den eigenen Reihen suchen, sondern dankbar dafür sein, dass wir so die Möglichkeit bekommen, unser Vorgehen immer wieder zu hinterfragen. Was man daraus macht, bleibt jedem selbst überlassen ;) Am Ende wollen wir doch alle nur das Beste für unsere Pferde, Freude mit ihnen haben und uns mit ihnen wohl fühlen.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 30. September 2015, 15:56:32
In meinem Video mit der Matte ging es aber darum, dass ein Verhalten gezeigt wurde, was wir nicht haben wollten, nämlich das Scharren.
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 779 am 30. September 2015, 16:17:40
Ja, natürlich geht es um unerwünschtes Verhalten, geht es doch immer. Wenn es nicht richtig ist, ist es nun einmal falsch ;)
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 30. September 2015, 20:21:27
Ich habe das so aufgefasst, dass die Strafrunde u. a. dann eingesetzt wird, wenn man davon ausgeht, das Pferd könnte die Leistung erbringen, möchte die Belohnung aber "billiger" haben, z. B. durch vor der Matte stehen bleiben oder nur halb drauf gehen etc. Dann mit dem Gedanken "Du kannst entweder "jetzt" darauf gehen und die Belohnung bekommen, oder wir können eine Runde gehen und das kostet dich dann Energie/keine Belohnung", da hat es für mich einen strafenden Ansatz. Das vor der Matte stehen hat sich dadurch nicht gelohnt, sondern es hat sogar noch was gekostet. Ein 10 sekündiges Stehen vor der Matte und dann drauf gehen, hätte das Stehen vor der Matte jedoch mitbelohnt - ungünstig für Agility. Man möchte also das Risiko des erneuten Fehlers minimieren. Verstehe ich. Ich glaube trotzdem, dass man mit etwas mehr Zeitaufwand auch ein zuverlässiges und promptes auf die Matte gehen bekommt, weil sich das vor der Matte stehen weniger lohnt als auf der Matte stehen und vor allen Dingen, weil das Pferd die Matte g**** findet und ihm irgendwann gar nicht mehr einfällt, davor zu parken.  Ich würde diesen Fehler also eher "aussitzen".

In diesem Fall würde die Straf-/Denkrunde aber nicht eingesetzt werden, meinte ich damit. Hier würde man erstmal dem Pferd den Grusel vor der Matte nehmen, indem man die Geräusche, die dabei entstehen, übt und dann selber vor geht. Wenn das Pferd einem dann immer noch nicht mit einem Fuß auf die Matte folgt, könnte man das dem Menschen Folgen erst nochmal üben, sodass man sozusagen unwiderstehlich wird ;)

Ja, natürlich geht es um unerwünschtes Verhalten, geht es doch immer. Wenn es nicht richtig ist, ist es nun einmal falsch ;)

Für mich ist es ein Unterschied, ob ich unerwünschtes Verhalten habe, wie zB Scharren, Buckeln, Austreten oder das Pferd einen Fehler macht, wie zB auf dem Schwebebalken daneben treten oä
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 779 am 01. Oktober 2015, 00:22:47
Ich habe das so aufgefasst, dass die Strafrunde u. a. dann eingesetzt wird, wenn man davon ausgeht, das Pferd könnte die Leistung erbringen, möchte die Belohnung aber "billiger" haben, z. B. durch vor der Matte stehen bleiben oder nur halb drauf gehen etc. Dann mit dem Gedanken "Du kannst entweder "jetzt" darauf gehen und die Belohnung bekommen, oder wir können eine Runde gehen und das kostet dich dann Energie/keine Belohnung", da hat es für mich einen strafenden Ansatz. Das vor der Matte stehen hat sich dadurch nicht gelohnt, sondern es hat sogar noch was gekostet. Ein 10 sekündiges Stehen vor der Matte und dann drauf gehen, hätte das Stehen vor der Matte jedoch mitbelohnt - ungünstig für Agility. Man möchte also das Risiko des erneuten Fehlers minimieren. Verstehe ich. Ich glaube trotzdem, dass man mit etwas mehr Zeitaufwand auch ein zuverlässiges und promptes auf die Matte gehen bekommt, weil sich das vor der Matte stehen weniger lohnt als auf der Matte stehen und vor allen Dingen, weil das Pferd die Matte g**** findet und ihm irgendwann gar nicht mehr einfällt, davor zu parken.  Ich würde diesen Fehler also eher "aussitzen".

In diesem Fall würde die Straf-/Denkrunde aber nicht eingesetzt werden, meinte ich damit. Hier würde man erstmal dem Pferd den Grusel vor der Matte nehmen, indem man die Geräusche, die dabei entstehen, übt und dann selber vor geht. Wenn das Pferd einem dann immer noch nicht mit einem Fuß auf die Matte folgt, könnte man das dem Menschen Folgen erst nochmal üben, sodass man sozusagen unwiderstehlich wird ;)

Das Pferd war aber ja schon ausreichend oft auf der Matte und hat bewiesen, dass es mit der Matte kein Problem hat. Daher sagte ich, geht man davon aus, dass Pferd kann die Anforderungen erfüllen. Das war das, was wir mit Tarek gemacht haben. Das ist ja einer der Punkte, die ich oben erwähnte. Ein erfahrener Trainer kann einschätzen, warum das Pferd nicht drauf geht und entsprechend reagieren und Maßnahmen einleiten. Hier würde eine Strafrunde evtl. halt "Sinn" machen, wenn man so arbeitet. Weil man das erwünschte Verhalten (Parken vor der Matte...) eben nicht haben will.

Ja, natürlich geht es um unerwünschtes Verhalten, geht es doch immer. Wenn es nicht richtig ist, ist es nun einmal falsch ;)

Für mich ist es ein Unterschied, ob ich unerwünschtes Verhalten habe, wie zB Scharren, Buckeln, Austreten oder das Pferd einen Fehler macht, wie zB auf dem Schwebebalken daneben treten oä

Ja, für mich auch, aber die Maßnahme ist die gleiche. Es macht doch für das Pferd keinen Unterschied, wenn ich in beiden Fällen abbreche, eine Runde laufe und sage "Gibt keine Belohnung, kostet dich aber etwas".
Titel: Re: Strafrunden/Denkrunden
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 01. Oktober 2015, 13:50:49
Ja, für mich auch, aber die Maßnahme ist die gleiche. Es macht doch für das Pferd keinen Unterschied, wenn ich in beiden Fällen abbreche, eine Runde laufe und sage "Gibt keine Belohnung, kostet dich aber etwas".

Bei mir ist es schon ein Unterschied, ob ich dem Pferd komplett die Aufmerksamkeit entziehe oder ob ich die Aufgabe nochmal neu angehe.
Gestern hatte ich bei Thea beide Varianten. Das Scharren hatte sich am Podest wieder eingeschlichen, weil sie sehr aufgeregt und übermotiviert war. Ich habe mich einfach von ihr weggedreht und bin einen Schritt zur Seite gegangen.
Bei einer neuen Übung hat sie nach ein paar guten Versuchen einen echt schlechten gehabt, also bin ich mit ihr zusammen wieder zum Anfang gegangen, damit sie es neu versuchen kann.