Ich mach tierärztliche Ernährungsberatung ja beruflich und geb vielleicht auch mal meinen Senf dazu
Gerade bei leichtfuttrigen Rassen kommt man um die (streng) rationierte Fütterung in aller Regel nicht herum, da sie eben genetisch darauf selektiert wurden, mit nur sehr wenig Futter auszukommen. Fjordpferde sind meiner Erfahrung nach an Leichtfuttrigkeit nicht zu überbieten, ich habe ja selbst einen Fjordwallach und die Kombination aus niedrigem Bedarf und schnellem Fressen ist einfach unübertroffen. Durch die extreme Ponyleichtfuttrigkeit kombiniert mit einem für Ponys ziemlich hohen Stockmaß, ist der Bedarf auch wirklich in benötigter Heumenge pro 100 kg Idealgewicht niedriger als z.B. bei Shetlandponys, da man bei der Errechnung des Energiebedarfs ja mit der metabolischen Körpermasse (Idealgewicht hoch 0,75) rechnet, die bei größeren Tieren im Verhältnis zum gewogenen Körpergewicht geringer ausfällt als bei kleineren.
Bei Ponys errechnet man den Erhaltungsbedarf mit folgender Formal: (Idealgewicht^0,75)*0,4. Das macht bei einem Fjordpferd je nach Größe (400 - 450 kg angenommenes Idealgewicht) ca. 36 - 39 MJ ME. Zum Vergleich: ein klein geratenes Warmblut mit 450 kg Idealgewicht hätte einen Bedarf von (450^0,75)*0,52 = 51 MJ ME
36 - 39 MJ ME sind in Heu umgerechnet verdammt wenig. Je nach Heu hat man ca. 6 - 7 MJ ME im Kilogramm, das wären dann nur 5,1 - 6,5 kg Heu und damit teils weniger als 1,5 kg / 100 kg Idealgewicht.
Meine beiden Wallache bekommen im Winter zusammen 13 - 14 kg Heu am Tag und liegen damit jeweils an der 1,5 kg Heu / 100 kg Untergrenze, weiter reduzieren ist also definitiv unter Tierschutzaspekten in meinen Augen nicht möglich. In einer anderen Haltungsform wäre es auch mit der aktuellen Menge so nicht möglich, aber ich habe den Luxus, dass ich 4 mal am Tag füttern kann und dabei die erste und letzte Mahlzeit direkt nach meinem Aufstehen bzw. vor meinem Zubettgehen liegen. Beide Pferde hatten in den Pensionsställen zuvor rückblickend Anzeichen für Unwohlsein (Schmerzgesicht mit dauerhaft hochgezogenen Nüstern und Sorgenfalten) - woher das kam kann man natürlich nicht sagen. Seit sie in Eigenregie stehen, haben sie beide aber eine völlig entspannte Mimik und ich gehe davon aus, dass der Magen beider Pferde absolut in Ordnung ist, da es auch sonst keinerlei Anzeichen gibt.
Ein Faktor durch die Rationierung ist lediglich Langweile, die im Winter ein Thema ist. Im Sommer haben sie immer Zugang zu ihrem abgegrasten Trail und knabbern da vor sich hin (das wäre auf sandigen Böden keine Option, aber hier haben wir sehr schwere Böden, auf denen das ohne große Erdausnahme geht).
Mein Plan für den nächsten Winter ist, mehr mit Stroh und Slowfeedern zu arbeiten, um die Fresszeiten zu verlängern. Da muss ich aber auch auf die diesjährige Heuernte hoffen, da mein aktuelles Heu vom letzten Jahr so eiweißarm ist, dass ein Strecken mit Stroh keine Option ist. Bzw. müsste ich dann wiederum so viel Eiweiß zufüttern, dass ich mir damit wieder zu viel Energie in die Rationen hole.
Die Idee für Knabberäste finde ich immer sehr nett, allerdings ist sie in der Praxis für die meisten einfach gar nicht umsetzbar. Das bisschen, was an Ästen oder Zweigen auf einem normal bepflanzten Hof anfällt, reicht in der Regel für vielleicht 3 von 365 Tagen im Jahr (bei uns nicht mal). Und das Beschneiden von Büschen, Hecken oder Bäumen im Außenbereich ist zwischen dem 1.3. und 30.9. per Gesetz verboten. Das kann man auf dem eigenen Grundstück vll noch machen und hoffen, dass einem keiner was will, aber außerhalb würde ich tunlichst nicht an irgendetwas herumschneiden (und auch nichts mitnehmen, was eh schon herumliegt - alles hierzulange gehört irgendwem).
Als Tierärztin finde ich es immer etwas verquer, dass bei den meisten Pferdebesitzern die Angst vor Magenproblemen oder "Stress" durch Fresspausen größer ist, als die Folgen von Übergewicht. Dabei muss man einfach sagen, dass Magenerkrankungen beim Pferd multifaktoriell sind und man es mit Fresspausen alleine nicht schafft, Magengeschwüre auszulösen. Und Stress sehe ich in den meisten Ställen auch eher durch unpassende Gruppenzusammensetzungen, mangelnde Möglichkeit zu freier Bewegung und ungeschickter Fütterung. Insbesondere die immer populärer werdenden zeitgesteuerten Raufen sind mMn aus Tierwohlsicht ganz oft ein riesiges Problem, da die Pferde sich vor und nach dem Öffnen einfach gegenseitig richtig böse die Köpfe einschlagen - dieses Phänomen habe ich in Gruppen, die klassisch per Hand mit Portionen gefüttert werden, so noch nicht beobachten können. Heufresspausen (bis zu 4 - 6 Stunden) an sich machen meiner Beobachtung und Erfahrung nach erst mal nur Langeweile, die man bis zu einem gewissen Grad während einer Gewichtsreduktion in meinen Augen auch einfach verschmerzen muss. Langeweile ist besser als die gesundheitlichen Folgen von Übergewicht.
Aus eigener Erfahrung kann ich nur zur Rationierung ermutigen, man muss natürlich gewährleisten, dass die Portionen auf möglichst 4 Mahlzeiten verteilt werden. Wenn das händisch nicht möglich ist, gibt es da ja mittlerweile auch z.B. Heuschränke für die Box oder hier im Forum haben auch einige Lösungen gebastelt, wie Portionen erst mit Zeitschaltuhr freigegeben werden.
SaBo, hast du denn eine Heuanalyse vorliegen? Die würde eine konkrete Berechnung noch mal erleichtern, da man dann den Energie- und Eiweißgehalt auch tatsächlich kennt. Viele Ställe haben natürlich sehr viel unterschiedliches, zugekauftes Heu, das macht es dann wieder schwieriger, aber da muss man dann eben mit Menge X anfangen und schauen, wo sich das Maßband hinbewegt.