Wir haben ja aktuell auch das Problem, dass Paco spazieren geführt werden muss. Er hat vom TA 6 Wochen Boxenknast wegen einem Sehnenschaden verpasst bekommen und darf nur kontrolliert im Schritt etwas gehen. Die ersten zwei Wochen gingen ja gerade noch so aber dann ... Wir haben auch ein paar gute Leute dafür gewinnen können, ihn etwas zu führen, doch die lehnten schnell wieder ab, mit der Begründung dieses Tier sei gemeingefährlich. Er ist an der Hand gestiegen und hat nach ihnen ausgekeilt.
Es war also schon bald überhaupt nicht mehr möglich ihn alleine auszuführen und so entschlossen wir uns ihn nur noch zu zweit in der Brieftaube (einer links und der adere rechts vom Pferd) zu führen. Allerdings ging das auch immer nur so weit, bis Frauchen mulmig wurde, weil ihr Liebling anfing zu zucken und gerne durchstarten wollte. Da reichte ihr schon ein spitzen der Ohren oder der Oberlippe, um den Rückweg zum Stall anzutreten. So kamen wir natürlich nicht weit und ich ging dann alleine noch ein Stück mit ihm, ohne Probleme. Aber das wollte sie dann auch nicht, denn wenn er dann doch durchstarten würde, ginge er auf einem engen Zirkel um mich rum, was pures Gift für seine angerissene Sehne gewesen wäre.
Sie ist der Boss und er ist ihr Pferd. Also wurde er dann auf Drogen gesetzt, damit wir überhaupt etwas mit ihm gehen konnten. Ich weiß nun nicht, wie es ohne gewesen wäre aber ich finde, dass es nicht viel bewirkt hat. Frauchen fühlt sich jedoch deutlich besser und so kommen wir dann auch wieder etwas weiter. Zumindest dafür hat es dann seine Wirkung getan.
Wieder lagt die Unsicherheit nur beim Menschen, die dem Tier dann fehlte. Auch wenn der Auslöser hier keine Angst sondern Übermut und mangelnde Bewegung war. Verrückt, aber so ist es nun mal und im Grunde völlig banal. Vor allem wäre es leicht zu beheben, wenn man sich nur selbst besser unter Kontrolle hätte und sicher genug wäre. Es reicht ja auch schon eine unbewusste Unsicherheit, dass man nicht jede Situation beherrschen bzw. unter Kontrolle bekommen könnte. Frauchen muss leider immer alles unter Kontrolle haben und kann den Dingen nicht auch mal ihren Lauf lassen bzw. loslassen.
Ich war ja auch mal so und habe aber durch Susanne mich überwinden können. Es ist überwältigend, mal die ganze Verantwortung an das Tier abzugeben. Mit Undine, die im Gelände gerne auf dem Absatz kehrt machte, um zum Stall zurück zu pesen, sollte ich das probieren. Der Höhepunkt war ein gestreckter Galopp quer über das Feld, bei dem ich in den Steigbügeln stehend mich traute die Zügel auf dem Mähnenkamm abzulegen und die Arme zur Seite auszustrecken. Die sonst so stressige Dame dachte nicht im Traum daran auf dem Absatz kehrt zu machen und entfernte sich schnurgerade vom Hof im fliegenden Galopp dem Horizont entgegen. Was für ein geiles Gefühl!
Allerdings haben wir da schon eine sehr innige Beziehung aufgebaut und vertrauten auch einander. Sonst hätte ich mich ganz sicher nicht dazu überwinden können. Und für Undine war es vermutlich auch ein Beweis meines Vertrauens in sie, zumindest bilde ich mir das ein, denn wir hatten einfach keine Probleme mehr, ganz egal wie gefährlich eine Situation war. Selbst über eine schmale Brücke folgte sie mir, was früher undenkbar gewesen wäre und ich ließ mich von ihr in stockfinstere Nacht wieder nach hause bringen, wo ich die Orientierung verlohren hatte und nichts mehr sehen konnte im Wald, führte sie mich zurück, völlig souverän und furchtlos. Bei der Herde angekommen verabschiedete sie sich mit einem grummeln und am nächsten Tag kam sie mir wieder freudig aufgeregt wiehernd entgegen. Das Pferd war einfach nicht mehr wiederzuerkennen. Sie bekam auch keine Kolik mehr und vernachlässigte ihr Koppen und sonstige Unarten, die sie so hatte.
Leider war das alles schnell wieder vorbei, als sich unsere Wege dann trennten. Sie war damit der lebende Beweis für mich, dass es sich um eine echte Partnerschaft handelt, die man da eingeht, wenn man sich auf so ein Tier voll und ganz einlässt. Und hätte ich da nicht schon meinen Antares gehabt, wäre sie heute vermutlich an meiner Seite.