Erst einmal herzlich willkommen
Das klingt in der Tat nach sehr vielen Baustellen und so wie dich das gerade überfordert ist auch er damit völlig überfordert. Kein Wunder also, wenn er sich so verhält.
So wie sich das für mich anhört, befindet er sich in einem rebellischen Alter und hat noch nicht viel Sicherheit in seinem Leben erfahren, die ihm Ruhe und Ausgleich bringen könnte. Offenbar sind sich auch die Stallbetreibern da noch nicht ganz sicher, wie sie die Gruppe zusammenstellen.
Hinzu kommen dann noch die körperlichen Probleme, die er mit sich rum schleppt und die ihn natürlich auch zusätzlich belasten. Wie soll er da zufrieden sein?
Kennst Du seine Vorgeschichte? Was führte zu seiner Beckenschiefstellung? Wie ist er aufgewachsen und wie wurde er ausgebildet, wann ist er angeritten worden und wie wurde das gemacht? Wieviel Verständins und Höflichkeit kannst Du unter diesen Umständen von ihm überhaupt erwarten?
Was Du weisst ist, dass er sich unwohl fühlt und auch Schmerzen hat. Die Zähne könnten sicherlich gerichtet werden. Bei dem Becken müsste schon genauer untersucht werden, was damit ist, bzw. warum er es nicht gerade halten kann. Warum entlastet er immer ein Bein? Ist es ständig das selbe Bein, da wo das Becken nach unten abfällt? Es könnte ja auch mit diesem Bein zu tun haben, dass er es ständig entlastet.
Bei solchen Beeinträchtigungen wäre es sehr nett, wenn er in einer gefestigten Gruppe stünde und seine Position nicht ständig unter Beweis stellen müsste. Wenn er andere Pferde angiftet heißt das ja nur, "lass mich in Ruhe" und nicht gleich "Ich bin der Chef hier". Dass er sich unwohl fühlt, wissen die ja nicht gleich und so kommt es zwangsläufig immer wieder zu Kappelleien.
Zu dem kommt er mir ziemlich hilflos vor, so wie Du über ihn schreibst. Er scheint nicht genau zu wissen, was gerade so von ihm verlangt wird und wird dann unsicher bis hin zu einer Überforderung. Als er dich getreten hat, wusste er sich offenbar nicht anders zu helfen, um dir zu sagen, dass es jetzt genug für ihn ist.
Du könntest ihm mehr Sicherheit bieten, in dem Du berechenbar für ihn wirst. Er müsste sich sicher sein, was Du gerade von ihm möchtest oder wann Du einfach nur für ihn da bist. Du könntest immer in seiner Nähe sein und ihn zu dir einladen, wenn er gerne Kontakt möchte. Du könntest ihn auf der Weide begleiten und ihn zum Spielen mit dir animieren, wenn er dazu aufgelegt ist. Und Du könntest ihm Schutz vor den anderen Pferden bieten, wenn die zu nahe kommen, um zu stänkern. Dabei studierst Du dann auch immer mehr seine Ausdrucksweisen und ihr lernt euch besser zu verstehen.
Wenn ihr gemeinsame Spaziergänge unternehmen wollt, dann wäre ein älteres, erfahrenes und sehr gelassenes Pferd, welches er gut kennt und eventuell auch mag, ein guter Wegbegleiter, damit er eben keine Kreise mehr drehen muss und weiß, "Ok, wenn der mit kommt ist alles voll cool". Später solltest Du ihm diesen Halt geben können, damit es für ihn auch mit dir genau so cool wird. Dazu könntet ihr viele Dinge gemeinsam üben, die ihm diese Sicherheit geben.
Ich habe mit meinen Jungspund immer alles genau untersucht, was ihm Sorgen bereitete. Das fing mit einem großen Gymnastikball an und endetet unter einer Plastikplane. Auch draußen im Gelände durfte er sich alles genau anschauen, was ihm suspekt vorkam. Meist fand er dabei schnell versteckte Leckerlies und schon war es super spannend für ihn mit mir auf solche Entdeckungsreisen zu gehen. Doch davon seid ihr noch ein Stück weit entfernt, denke ich.
Daher würde ich am Platz oder in der Halle mit ihm für mehr Vertrauen und Gelassenheit arbeiten. Auch die Höflichkeit ließe sich sicher noch verbessern. Doch dazu müsste sein körperliches (Gesundheit) und seelisches Befinden (Haltungsbedingungen) deutlich verbessert werden. Wie weit dein Einfluss darauf reicht, vermag ich nicht zu sagen aber wünschen kann ich es euch ja und dafür die Daumen drücken.