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Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist

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Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« am: 06. Januar 2021, 16:07:31 »
Ich dachte mir, ich setze mal mein Vorhaben um und mache mal ein Thema diesbezüglich auf, in der Hoffnung das es so etwas nicht schon gibt. Der Titel ist vielleicht auch nicht all zu passend, aber mir viel nichts anderes ein :tuete:

Das Thema kam in meinem Trainings-Tagebuch auf und beschäftigt vielleicht doch auch den einen oder anderen hier.
Vielleicht kurz zur Vorgeschichte: Momo und ich hatten, ganz zu Anfang unseres Werdegangs, schon einmal schreckliche Probleme damit sie von der Herde weg zu holen. Damals wurde dann nach mir getreten, geschnappt und sie hat sich mehrfach losgerissen, worauf ich damals (vor gut 8 Jahren) mit einem Wechsel in die Boxenhaltung inklusive Paddock und führen an der Hengstkette reagiert habe. In dem Offenstall, in dem wir danach standen war das holen von der Koppel dann kein Problem mehr- vermutlich auch, weil die Bindung zur Herde nicht all zu groß war und das Gras auf der Koppel eher rar. Jetzt, im neuen Stall, hat Momo wieder ganz dicke Ponyfreunde und findet es ziemlich schrecklich, wenn die gerade doch mal außer Sichtweite sind.

Womit wir dann auch zu meinem "Problem" kommen: Momo wird sehr unruhig bis "panisch", wenn ihre Herde weiter entfernt ist und/oder sogar auf die Koppel geht. Das hatten wir wieder sehr deutlich im letzten Monat: Momo und ich waren auf dem Platz und haben entspannt miteinander gearbeitet. Bis unsere Stallbesitzerin die Herde langsam in Richtung Trail geführt hat. Momo wurde sofort angespannt und ich - leider - dementsprechend auch. Das Ergebnis war ein nervöses Pony, welches ich dann so schnell wie möglich in den Stall zurück gebracht, wo sie dann auch direkt zur Herde galoppiert ist.
Ähnliche Unruhe haben wir auch, wenn wir im Stall stehen und Momo mit bekommt dass sie Herde unruhig wird oder sich etwas flotter in Bewegung setzt. Dann wird Momo die sonst sehr entspannt am Putzplatz steht, auch wenn kein Pferd im Stall ist, sehr nervös und würde am liebsten nachsehen. Ähnlich ist es auch wenn sie auf dem Platz ist und die Herde zu toben beginnt, oder sich erschreckt- sie möchte gerne mit und wird dann unruhig und möchte vermutlich gerne mitgehen.

Was ich mit dem Thread jetzt eigentlich gerne sagen möchte ist, dass ich Momo nicht die Nötige Sicherheit und Ruhe geben kann, um mit mir zu arbeiten, auch wenn gerade in der Herde nebenan etwas los ist, oder die Herde sich einfach weiter von uns entfernt. Momo arbeitet meist super konzentriert und auf mich fokussiert mit, bis irgendetwas in der Herde los ist, was sie verpassen könnte. Und ich würde gerne einen Weg finden, wie ich sie zwar gucken lassen, aber eben auch zur mir zurück holen kann, so dass wir dann trotzdem entspannt weiter arbeiten können. Vielleicht kann Momo ja lernen, dass sie nichts verpasst, wenn wir nur ein paar Minuten länger bei mir bleibt und nicht immer direkt bei der Herde ist.
Und vielleicht hat ja der ein oder andere das gleiche oder ein ähnliches Problem wie wir :)   
LG, Steffi und Haflingerin Momo

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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #1 am: 06. Januar 2021, 18:01:59 »
Da kann ich mich mit der Krümeline auf jeden Fall anschließen :nick: Ich schreib später oder morgen was ausführlicher am PC.
LG Tine
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #2 am: 07. Januar 2021, 10:47:16 »
Ich schließe mich an. Nach 9 Jahren haben wir jetzt erstmalig dieses Problem. Was vorher absolut keines war. Alleine spazierengehen, ausreiten oder sogar reiten, während die Herde auf die Koppel abdampft war möglich und nach vielleicht wenigen Momenten des aufgeregten Hinterherschauens wieder ruhig machbar.

Seit dem Umzug ist alles anders und wenn die Herde, die sich Luftlinie vielleicht 30m entfernt aufhält, wegen der Dunkelheit nicht mehr gesehen werden kann, ist Panik angesagt :drama: Auch sich schneller wegbewegende Pferde sorgen für Panik. Und zwar mit um mich herumrennen, kopflos werden und maximal auf eine Kreisbahn lenkbar. Stehenbleiben geht absolut nicht und entspannen erst wieder, wenn er wieder zurück im Stall ist und im Zweifel im Trab zu den anderen aufgeschlossen hat.

Da das Thema für mich so neu ist, kann ich leider noch nicht viel dazu sagen, bin aber interessierter Mitleser. Mein Plan ist aktuell, die Zeit ohne die Herde zu verkürzen. Gerade jetzt wenn ich wieder abends im Dunkeln gehe, hole ich ihn vielleicht maximal zum Essen nach draußen, dann wieder rein. Wenn es tagsüber heller ist, versuche ich die Zeit zu verlängern, in der er die anderen nur von weitem sehen kann. Sobald er sie nicht sieht (wie bspw. bei uns am Putzplatz) ist nach wie vor :drama: Panik angesagt.

Ich erhoffe mir, dass es mit regelmäßigem Üben besser wird. :nixweiss: Aber so ganz überzeugt davon bin ich leider nicht....Daher wünsche ich mir auch zu wissen:

- Wie lerne ich, meinem Pferd mehr Sicherheit zu vermitteln?
- Wie bringe ich bei, dass alleine sein kein Weltuntergang ist?
...
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Sarah
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #3 am: 07. Januar 2021, 12:19:51 »
Mit der Krümeline hatte ich das Thema jetzt schon... gefühlt 3 Trillionen mal :umfall: Generell wird sie da wahrscheinlich einfach nie das allersicherste Pferd werden, deswegen stehen wir jetzt auch in einem Stall, in dem die komplette Herde nicht einfach außer Sichtweite verschwinden kann :shy: Wobei das auf der riesigen Weide im alten Stall nie ein Problem war, wenn sie selbst entschieden hat, dass sie jetzt oben am Stall rumhängen möchte, obwohl die Herde am hintersten Ende der Weide war. Aber wehe die Herde hat sie verlassen, wenn sie z.B. vor dem Stall auf dem Weg war oder auf dem Reitplatz o.ä.

Am konsequentesten haben wir das vor ein paar Jahren geübt, als die Krümeline in einem Stall stand, in dem die Weiden durchs Dorf verteilt waren und regelmäßig in Kleingruppen (1-4 Pferde) gewechselt wurden nach und nach. Dabei hatten wir mehrere Komponenten.

1) Weggehen von der Herde bedeutet nicht, dass man direkt ewig weg ist + Zurückgehen zur Herde bedeutet nicht, dass das Training beendet ist. Wir haben ganz viel sternförmig gearbeitet. Ein Stück von der Herde in eine Richtung weg gehen, nur so weit, wie die Krümeline noch ansprechbar war. Umdrehen, zurück zur Herde gehen, etwas Durchatmen und Energie tanken, wieder losgehen. Und das in alle potenziell möglichen Richtungen. Für sie ist diese Rückversicherung "Ja, die Herde ist noch da" sehr wichtig und das Vorgehen hat uns wirklich sehr viel Sicherheit gebracht. Vor allem musste ich mich selbst auch zusammenreißen und in den A*** treten nicht selbst aus Erleichterung, den einen Weg geschafft zu haben, direkt alles zu beenden.

2) Rundwege, wann immer möglich. An vielen Weiden hatten wir mehrere Ein- und Ausgangstore, was ich ganz toll fand. So kann man auch einfach mal zum einen Ausgang raus und zum anderen rein und das Pferd lernt, dass Weggehen nicht immer weg sein bedeutet. Ein bisschen wie beim Mattentraining mit mehr als einer Matte.

3) Rituale. Wenn wir am Wegführen gearbeitet haben, dann nach einem möglichst vorhersehbaren Muster. Graspause am Ende, Futterschüssel am Ende, frei verfügbares Extra-Heu (für die Krümeline meistens ein riesiger Verstärker) und keine komplizierten Extra-Aufgaben mehr. Denn das Entfernung zur Herde erhöhen ist schon das Trainingskriterium.

4) Aufgaben auf dem Weg. Beim Führen durch den Ort haben wir z.B. Laternen-Targets eingeführt. Ähnlich wie bei der Arbeit mit Pylonen wurde neben jedem Laternenmast angehalten und gefüttert. So war der lange Weg in erkennbare kleine Teilstücke unterteilt, die für Mensch (und Pferd!) einfach zu erkennen sind. Geht auch mit Einfahrten, Zaunpfählen, Gullideckeln, was auch immer einem so einfällt. Auf der Weide oder im Paddock könnte man dazu auch Matten verteilen.

Dieses ganze Thema Vorhersehbarkeit hat viel dazu beigetragen ihr die Sicherheit zu geben, dass sie das schaffen kann. Wie gesagt, sie ist bis heute nicht das sicherste Pferd was das angeht, aber über das Vorgehen können wir die Strecken, die wir brauchen, sicher bewältigen.

Ganz allgemein zum "Sein" ohne andere Pferde - ablenken lässt sich die Krümeline nicht, aber hochverstärkte Aufgaben, die ihr Spaß machen, helfen ihr dann auch dabei, runterzufahren. Matten sind da ganz oben auf der Liste.
LG Tine
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #4 am: 08. Januar 2021, 08:54:46 »
Ich lese gerade raus dass Momo dann nervös wird, wenn es den Anschein macht dass die Herde für immer verschwindet  :cheese:

Wie ist es denn wenn du mit ihr gucken gehst wo die Herde hinverschwunden ist und dann wieder zurück gehst? Ist sie in dem Moment noch so ansprechbar dass du eventuell mit ihr auf eine Matte gehen kannst?

Wird sie auch nervös wenn andere Pferde auf dem Reitplatz neben euch galoppieren oder auch mal rumspringen, bocken, etc.?
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #5 am: 08. Januar 2021, 09:18:27 »
1) Weggehen von der Herde bedeutet nicht, dass man direkt ewig weg ist + Zurückgehen zur Herde bedeutet nicht, dass das Training beendet ist. Wir haben ganz viel sternförmig gearbeitet. Ein Stück von der Herde in eine Richtung weg gehen, nur so weit, wie die Krümeline noch ansprechbar war. Umdrehen, zurück zur Herde gehen, etwas Durchatmen und Energie tanken, wieder losgehen. Und das in alle potenziell möglichen Richtungen. Für sie ist diese Rückversicherung "Ja, die Herde ist noch da" sehr wichtig und das Vorgehen hat uns wirklich sehr viel Sicherheit gebracht. Vor allem musste ich mich selbst auch zusammenreißen und in den A*** treten nicht selbst aus Erleichterung, den einen Weg geschafft zu haben, direkt alles zu beenden.

Kannst du dich noch erinnern, wie lang eure Einheiten da so waren? Ich neige gerade auch dazu "Toll, er hat es einmal gut gemacht, schnell aufhören"

2) Rundwege, wann immer möglich. An vielen Weiden hatten wir mehrere Ein- und Ausgangstore, was ich ganz toll fand. So kann man auch einfach mal zum einen Ausgang raus und zum anderen rein und das Pferd lernt, dass Weggehen nicht immer weg sein bedeutet. Ein bisschen wie beim Mattentraining mit mehr als einer Matte.

3) Rituale. Wenn wir am Wegführen gearbeitet haben, dann nach einem möglichst vorhersehbaren Muster. Graspause am Ende, Futterschüssel am Ende, frei verfügbares Extra-Heu (für die Krümeline meistens ein riesiger Verstärker) und keine komplizierten Extra-Aufgaben mehr. Denn das Entfernung zur Herde erhöhen ist schon das Trainingskriterium.

4) Aufgaben auf dem Weg. Beim Führen durch den Ort haben wir z.B. Laternen-Targets eingeführt. Ähnlich wie bei der Arbeit mit Pylonen wurde neben jedem Laternenmast angehalten und gefüttert. So war der lange Weg in erkennbare kleine Teilstücke unterteilt, die für Mensch (und Pferd!) einfach zu erkennen sind. Geht auch mit Einfahrten, Zaunpfählen, Gullideckeln, was auch immer einem so einfällt. Auf der Weide oder im Paddock könnte man dazu auch Matten verteilen.

Bist du auch schonmal über den Punkt an dem es noch okay war hinaus? Ich bin da unsicher, was denn da richtig ist? Ich hab immer das Gefühl, es wäre in der Theorie richtig, immer nur soweit von der Herde wegzugehen, wie er es noch ertragen kann. Aber in der Praxis kommen wir dann gefühlt nie voran. Ist es da auch okay, mal mit einem angespannten Pferd etwas weiter weg zu gehen und die von dir oben genannten Übungen zu machen?

(sorry, Steffi, dass ich mich da so dranhänge. Aber wie gesagt, bei uns ist das gerade auch ein Thema :tuete: )
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #6 am: 08. Januar 2021, 10:00:03 »
Ich denke, wir profitieren doch alle von den unterschiedlichen Erfahrungen :)

Mit der Krümeline bin ich damals, da wir diese Strecken trainieren mussten (ich konnte zwar meistens zum Weidewechsel selbst da sein, aber eine Garantie gab es nicht) immer bis an die Grenzen gegangen. Ich hab allerdings durchaus auch mal nur umgedreht und ein kleines Teilstück wiederholt.

Es ist aber ganz sicher auch kein Allheilrezept, die Krümeline braucht für jede einzelne zu laufende Strecke viel und regelmäßige Wiederholung - das ist vermutlich mit Pferden, die zwar in einer neuen Umgebung unsicher sind, aber es grundlegend können, nicht ganz so schwierig.

Wir waren vermutlich meistens so eine halbe bis Dreiviertelstunde unterwegs, mit vielen Graspausen vor dem Eingang zur Weide :kicher: Das kann ich allerdings nicht so genau sagen. Ich hab meistens versucht so 5-6x los zu gehen, je nachdem wie weit wir gekommen sind, war das dann kürzer oder länger.
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #7 am: 08. Januar 2021, 12:04:32 »
Hier mal meine Gedanken und Erfahrungen zum Thema Sicherheit geben:

Ich hab bei uns eine, irgendwie total einfache, aber auch total schwere, Lösung gefunden: Wirklich cool bleiben. Fröhlich sein, Fokus haben, an NICHTS negatives denken, im hier und jetzt sein. KEIN Kopfkino  :lol:

Und genau an diesen Tagen wo ich so drauf bin wie oben beschrieben...passiert einfach nichts  :huch: und wenn sie sich mal kurz erschreckt kommt sie sofort wieder runter.

Wenn ich jedoch schon ein nervöses Gefühl in mir habe wenn ich zu ihr in den Stall fahre, mein Kopfkino wieder anfängt  :confused: ...dann ist alles doof  :P Dann ist der Putzplatz wieder Drama, dann ruft sie nach ihrer Stute und der Reitplatz ist dann sowieso tabu.

Da kann ich noch so sehr clickern und tun und machen und trainieren... wenn ich innerlich nicht gefestigt, fokussiert, in meiner Mitte bin, fröhlich bin, positiv im hier und jetzt stehe... dann geht einfach nichts  :nixweiss:

Und ich glaub ich bin mittlerweile schon an so einem Punkt wo mich das einfach nur mehr ankotzt, dass wir nicht normal die Zeit miteinander verbringen können. Dass ich mir immer so viele Sorgen mache (generell im Leben), ich immer alles kontrollieren will und vorrausschauend und planend lebe. Und mir die Leichtigkeit verloren ging die ich als Kind hatte.  :shy: :shy:
Gibt ja auch mehrere Pferde im Stall bei uns die sehr schissig sind. Aber auch da kriegen die RBs es hin mit denen nach ein paar Monaten auszureiten. Weil sie sich nicht so viel dabei denken wie ich  :confused: :confused: :confused: :confused:

Ich wollte ja mal mit meditieren anfangen, vielleicht wär auch mal Mentaltraining echt gut  :cheese:





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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #8 am: 08. Januar 2021, 12:50:42 »
Seit der Thread hier steht, kaue ich auf der Frage, ob dieses Sicherheit geben etwas ist, das man tatsächlich lernen kann oder nicht doch eher ein Stück weit, dass man einfach auf eine bestimmte Art und Weise ist. Und wenn Letzteres, kann man sich tatsächlich so stark verändern, dass es einen deutlichen Unterschied macht?

Das meine ich durchaus sowohl von Menschenseite als auch von Pferdeseite.

Ich kriege z.B. garnicht so richtig den Finger drauf, wieso meine Pferde in meinem Beisein eigentlich immer ohne Pferde auskommen und sich nicht kaum beeindrucken lassen, wenn diese außer Sichtweite entschwinden o.ä.

Gut, mit dem Buben hatte ich in 2 Jahren 4 Aussetzer - bei allen kann ich aber sagen, dass und wie ich dort das Fass zum Überlaufen gebracht habe, sodass er sich lieber von mir getrennt hat. Dabei hat er sich aber in drei Fällen von Menschen (in einem Fall hab ich ihn selber nach ein paar km grasend wiedergefunden) einsammeln lassen. In einem Fall hat ihn selbst die Tatsache nicht sofort beruhigt, dass er bei seiner Herde am Zaun angekommen war.

Ich denke also, dass er irgendwo ein Grundvertrauen in Menschen an sich und in deren Fähigkeiten, seine Probleme für ihn zu lösen, hat.

Solche Situationen kann ich auch durch Aufmerksamkeit und rechtszeitige Deeskalation von vorn herein verhindern bzw. ist er mir von der ersten Minute an auch in Situationen gefolgt, wo andere Pferde alles in Frage stellen würden.

Der Selige hat in 16 Jahren nie in Frage gestellt, dass ich in Abwesenheit anderer Pferde die Lösung seiner Probleme bin. Urvertrauen? 

Oder doch etwas, das ich an mir habe? Warum habe ich das dann aber scheinbar nicht immer, obwohl ich mich im Schnitt in Situationen wo der Bub unruhig ist und hopst vorher nicht anders fühle, als wenn er entspannt neben mir her trödelt.
Im Großen und Ganzen würde ich von mir behaupten, dass ich sehr gut in der Lage bin, den unpferdigen Alltag im Auto zu lassen, bei mir/uns zu sein, im Moment zu sein ... Atmen ist für den Buben ein ziemlich Schlüssel.  :nick:
Da bin ich übrigens neulich über ein (Online)Angebot Yoga für Reiter gestolpert. Allein den Blog zu lesen ... das trifft Vieles, was ich auch schon beobachtet hat.

Und ich hab das Buch "Equihypnose" entdeckt ...
Liebe Grüße Angela und das Traberbübchen
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #9 am: 08. Januar 2021, 12:57:28 »
Ich hab bei uns eine, irgendwie total einfache, aber auch total schwere, Lösung gefunden: Wirklich cool bleiben. Fröhlich sein, Fokus haben, an NICHTS negatives denken, im hier und jetzt sein. KEIN Kopfkino  :lol:

Wenn man das kann, hilft es sicherlich dabei, dass Situationen nicht so schnell eskalieren :kicher:

In meiner Anfangszeit mit der Krümeline war das leider immer so, dass mir das von anderen quasi als Allheilmittel vorgebetet wurde. "Du darfst dich nicht verunsichern lassen." "Lass sie lieber von jemandem beim Tierarzt halten, der nicht weiß, dass sie schwierig sein kann." Und und und. Das war für mich ganz schwierig, weil es so viel impliziert, dass man Schuld ist am Verhalten des Pferdes, dass man nicht gut genug ist für das Pferd etc. Als Anspruchshaltung an sich selbst finde ich das also mit Vorsicht zu betrachten. Mit der Krümeline kann ich das inzwischen (meistens) weil ich sie so gut kenne und einschätzen kann. Mit einem fremden Pferd würde das allerdings zu 0% funktionieren.

Ich bin daher jemand, der ganz konkrete Aufgaben braucht, um durch die und die Struktur drumherum die Sicherheit zu haben, diese kleinen Schritte schaffen zu können. Die Leute, die die Grundruhe und Ausstrahlung haben, dass das "einfach so" geht, bewundere ich sehr  :)

Das soll jetzt nicht als Gegenargument verstanden werden, denn so ist es nicht gemeint. Nur als Ergänzung  :)
LG Tine
Krümel, Alkmene & Mucki

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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #10 am: 08. Januar 2021, 13:25:30 »
Genau,  :nick: Ich finde auch nicht dass man den Anspruch an sich selbst haben muss. Mir fällt das nur so stark auf im Umgang mit Muli und den anderen Pferden. Und so Sprüche helfen halt nicht. Man kann zwar so tun als würde man sich nicht verunsichern lassen, sich auch sehr gut selbst belügen  :P, ein Pferd wird das immer spüren.

Erzwingen kann man es nicht. Manchmal, sehr selten überkommt es mich einfach und ich fühl mich dann so frei und leicht und sorgenfrei. Ich bewundere auch sehr die Menschen die einfach so sind  :lol: Ich kenne da einige. Die ziehen meist sehr sehr viele Menschen an und sind wie ein Dreh und Angelpunkt. 

Ich arbeite ja gerne mit Pferden weil sie da so feine Sinnesorgane haben. Mir direkt Feedback geben und ich ihnen nichts vormachen kann. Sie mich quasi zwingen mich zu reflektieren.
Sich selbst eine Struktur zu schaffen die Sicherheit bietet macht voll Sinn. Bei mir reicht es schon wenn einfach ein Mensch mit auf dem Reitplatz ist. Dann fühl ich mich zwar sicher und gut und nicht nervös und so. Aber nicht genauso wie ich mich manchmal einfach so fühle  :juck: Schwer zu erklären  :lol:

Ich würd nur gern allgemein im Leben mehr bei mir in der Mitte sein, entspannter das Leben sehen und fröhlicher durchs Leben gehen  :omm: Da stoß ich bei Muli auf genau die Punkte die mich sowieso schon immer beschäftigt haben.
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #11 am: 08. Januar 2021, 15:48:33 »
ich würde das gar nicht als Anspruch an sich selber sehen, sondern als Idee zum Aufgreifen bei Gelegenheit.
Wir können beim Pferd üben, das Positive wahrzunehmen und zu loben - warum nicht bei uns auch? Also wenn ich merke, daß etwas gerade sehr schön fluppt und ich dabei geerdet und fröhlich bin, kann ich mir dieses Gefühl bei der nächsten Einheit versuchen vorzustellen und damit wiederzuholen. Je mehr gute Wiederholungen ich habe, desto leichter wird das - wie bei jeglichem Training...
Ich finde innere Bilder für mich da besonders wirkungsvoll. Allerdings immer nur im machbaren Rahmen, und der kann individuell schon durchaus sehr eng gesteckt sein.

Zitat
Bist du auch schonmal über den Punkt an dem es noch okay war hinaus?
Da hatte ich mal ein aha-Erlebnis mit einer Stute, die zwar hochintelligent, aber dafür der totale Körperklaus war. Über Stangen zu treten war schon zu schwer für sie, von Kurven ganz zu schweigen... Bei der habe ich wochenlang kleinschrittig geübt, an der Longe einen Bogen zu laufen, ohne sich auf die Nase zu legen; die Fortschritte waren winzigst bis nicht vorhanden. Irgendwann bin ich dann mal über ihre Grenze hinaus gegangen und habe etwas verlangt, was sie nicht können konnte weil viel zu schwer. Hat natürlich nicht geklappt, aber hinterher waren die Longenbögen kein Thema mehr...  :confused:
Bei den meisten Pferden würde ich weiterhin sagen, daß Kleinschrittigkeit und Bleiben unter der Grenze besser ist. Aber es gibt Pferde, die durch eine kurze Grenzüberschreitung überhaupt erst angeregt werden, etwas in ihrem System zu ändern.

Beste Grüße,
Dörte.
Lieber breit grinsen als schmal denken!  (B.Berckhan)
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #12 am: 08. Januar 2021, 17:55:07 »
Zur ursprünglichen Fragestellung möchte ich noch den Faktor "Zeit" hinzufügen, zumindest in unserem Fall. Susie ist eher ranghoch, fühlt sich für alle verantwortlich und hat ihre Herde gerne im Blick. Sie hatte dabei schon immer weniger ein Problem damit, von ihrer Herde wegzugehen als andersherum. Ganz am Anfang sorgte das zweimal für ein in Lichtgeschwindigkeit herumrasendes (wirklich, ich hab noch nie ein Pony so schnell rennen sehen) und durch Zäune springendes Pony. Sobald sich die anderen auf den Trail entfernten (der zu größten Teilen in Sichtweite ist), als wir zum Arbeiten auf dem Longierzirkel standen, ging nichts mehr außer Arbeitsabbruch, anders konnte ich ihr nicht helfen. Ich muss aber gestehen, dass ich gerade im ersten Jahr sehr im "das arme Pony"-Modus (weil viel mitgemacht etc) war. Wenn andere Ponys spazieren gingen, auch wenn es nur eins war, lief sie währenddessen aufgeregt an den Panels hin und her, rief nach ihm und machte sogar Stresshaufen, obwohl wir noch nie weniger als drei Ponys im Stall zurückgelassen haben.
Letzteres lässt sie nach wie vor noch aufmerksam werden, aber keine dieser Situationen artet noch in Stress oder Panik aus. Wenn ich "Zeit" schreibe, meine ich nicht vorranging, dass sich das Problem irgendwann von alleine erledigt, sondern dass man verlässlichen Routinen Zeit geben darf, sich zu entwickeln und zur Unterstützung zu werden. Bekannte Übungen, die vielleicht erstmal nicht sofort helfen, aber nach ein paar Wochen, Monaten (Jahren), und Abläufe, die irgendwann vorhersehbar werden. Und es hilft keinem, das Pony zu bemitleiden (auf uns bezogen)  :shy:
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #13 am: 08. Januar 2021, 18:41:17 »
Oh ja, Routine, da sprichst du was an.  :nick:
Das bemerke ich auch bei uns.

Ich hatte eine Zeit, oder hab das auch noch manchmal  :lol:, da bin ich Situationen total oft aus dem Weg gegangen. Und damit meine ich einfach nur Muli vom Paddock zu holen und am Putzplatz anzubinden. Erst recht wenn weit und breit kein Pferd da war.

Und umso mehr ich mich zusammenreiße  :tuete: und sie dann trotzdem hole (auch wenn ich etwas nervös bin), umso routinierter wird es für sie und vor allem auch für mich. Und da muss das ganze gar nicht ausarten und lang sein. Kurz zum Putzplatz und wieder zurück. Diese Routine machte bei uns auch total viel aus. Auch wenn sie bei schlechten Tagen da nicht sein will. Das find ich jedoch auch ok. Nicht jeder Tag ist gleich.
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Re: Sicherheit geben wenn die Herde nicht da ist
« Antwort #14 am: 08. Januar 2021, 19:06:50 »
Hier ist ja schon einiges geschrieben worden :dops:
Danke Tine, für deinen ausführlichen Beitrag :hug: Da ist sicher einiges dabei, was ich so übernehmen kann :nick: Gerade die Futterschüssel am Ende war ja etwas, dass ich auch bei unserem "von der Koppel hol" Problem mit einbezogen habe :nick:

Und @SaBo du darfst natürlich zu dem Thema was schreiben. Genau deshalb habe ich es ja in einen öffentlichen Thread gepackt. Damit jeder etwas dazu sagen kann, bzw sich gegeben falls Hilfe holen kann :hug:

Ich lese gerade raus dass Momo dann nervös wird, wenn es den Anschein macht dass die Herde für immer verschwindet  :cheese:

Wie ist es denn wenn du mit ihr gucken gehst wo die Herde hinverschwunden ist und dann wieder zurück gehst? Ist sie in dem Moment noch so ansprechbar dass du eventuell mit ihr auf eine Matte gehen kannst?

Wird sie auch nervös wenn andere Pferde auf dem Reitplatz neben euch galoppieren oder auch mal rumspringen, bocken, etc.?

So ungefähr. Wobei ich das nicht direkt so sagen würde, weil Momo kaum Probleme damit hat vor den Hof zu gehen. Wir waren ja auch schon vom Hof runter (von dort aus kann man keine Herde sehen) und sie war normal nervös- eben neugierig und unruhig aufgrund der fremden Umgebung, aber ansprechbar und ohne wiehern nach der Herde oder so :nixweiss:

Das "Problem" haben wir tatsächlich nur, wenn sie sieht dass die Herde irgendwo hin geht und sie nicht mit kann. Am schlimmsten ist es mit der Koppel, aber das hat wohl vor allem mit dem Gras zu tun :P

Spannend wäre dabei, wie sie reagiert wenn sie auf dem Platz ist mit mir und die Raufen aufgehen. Das müsste ich mal testen :juck:

Dadurch dass ich es bisher immer vermieden habe solche Situationen zu provozieren :shy: kann ich gar nicht sagen, ob sie auf eine Matte gehen würde.

Wenn andere Pferde auf dem Platz sind geht sie nicht mit, wenn die mal buckeln sollten oder ähnliches. Wir haben aber auch keine so wilden Ponys die unterm Reiter oder an der Longe so etwas machen... außer Momo :lol:
___

Ich glaube aber tatsächlich das sowohl Routine, als auch Unsicherheit meinerseits ein Problem sind, zumindest ein Teil davon. Ich versuche immer ruhig zu wirken, bin es innerlich aber so gar nicht. Aus zahlreichen Erfahrungen mit Momo und anderen Pferden bin ich da ein bisschen zu unsicher geworden. Deshalb würde ich mich da an Tine halten und es täglich üben (wenn die Koppelsaison angefangen hat) Momo runter zu holen und jedes Mal ein Stück weiter weg zu gehen. Ich glaube für Momo ist ganz wichtig wieder zur Herde zurück zu kommen :juck: Ich glaube auch, dass meine Angst, sie könnte vor lauter "ich muss jetzt sofort zur Herde!" durch, bzw über den Zaun gehen, da eine Rolle spielt. Bei einer Herdenzusammenführung wo Momo mit dem Neuen alleine auf dem Platz war ist genau das nämlich passiert. Sie war absolut überfordert damit, mit dem "fremden" Pferd alleine zu sein und ist über unseren Reitplatzzaun gesprungen :umfall: Das war ein Erlebnis das vor allem mir noch in den Knochen steckt. Es ist auch gut möglich, dass genau das der Auslöser war :juck:

Was ich übrigens mit "Sicherheit geben" im Kopf habe ist, das Momo irgendwann weiß "Frauchen bringt mich immer zur Herde zurück, egal wann, von wo und wie lange ich mit Frauchen unterwegs bin" 

« Letzte Änderung: 08. Januar 2021, 19:09:26 von ClickerHafi »
LG, Steffi und Haflingerin Momo

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