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Ich bin noch uneingeweiht...

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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #15 am: 15. Dezember 2009, 16:26:59 »
Hallo Marlitt,

Zitat von: nanolino
Auch das sehe ich ähnlich wie Du Steffi: Ich möchte auch nicht, dass man es sich so vorstellt, dass wir Clickern auf andere Methoden dazuaddieren und dabei nicht die Frage stellen, warum sollten wir dieses oder jenes überhaupt üben und was ist eigentlich unser eigener Anspruch an das Tier? Kann ein Leistungsgedanke überhaupt förderlich für eine Beziehung sein? Ich denke auch, es ist nicht sinnvoll, jedes Pferd überhaupt so vielseitg auszubilden, manche Pferde möchten möglicherweise auch gar nicht geritten werden. Viele Übungen die die meisten Leute selbstverständlich hinnehmen, bedeuten viel Streß für das Pferd, egal ob mit oder ohne Clickern (natürlich ist es mit CT besser als ohne, aber sollte man es dann überhaupt machen?).
da ich nicht ganz schlau werde hieraus, muss ich nachfragen:
bist Du grundsätzlich gegen das Reiten? Wie sieht der Umgang mit dem Pferd bzw. das Training bei Dir konkret aus?

Sicher kann jedes Pferd hervorragend auf das Reiten verzichten, das zu wollen, ist eine rein egoistische Ansicht von uns (manchen ;-) ) Menschen. Allerdings kann man das auch noch ausweiten und sagen, dass die Pferdehaltung als solche schon rein egoistisch ist und Pferde da prinzipiell gut drauf verzichten könnten. Mit Freiheit ist ja genau genommen selbst in der besten Haltungsform nicht viel.

Andererseits denke ich, wenn das Pferd denn nun in einer vom Menschen vorgegebenen Haltungsform "steckt", spricht nichts dagegen, auch mit ihm zu "arbeiten", zumindest nicht grundsätzlich (hängt dann halt vom "Wie" ab).
Ich glaube nicht, dass ich für mich schon das richtige "Wie" gefunden habe, ich habe mich ja erst in letzter Zeit aktiv auf die Suche gemacht. Deshalb interessiert mich so sehr, wie für Euch das optimale "Wie" und wie das tatsächlich durchführbare "Wie" (wenn denn in Unterschied zwischen den beiden besteht) aussieht.

Und wie definierst Du Leistung? Gibt es eine Art Leistung(sanforderung), die für Dich noch okay ist, und eine andere, die dem Pferd nicht mehr zumutbar ist?

Entschuldige, dass ich Dich mit so vielen Fragen bombardiere (wobei die eher allgemein im Raum stehen, also nicht nur an Dich gerichtet sind). Beim Drübernachdenken kamen die einfach eine nach der anderen an die Oberfläche... :oops:
Viele Grüße,
Esther
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #16 am: 15. Dezember 2009, 16:27:36 »
Zitat von: nanolino
Zitat von: Muriel
Kritik ist immer gut, Selbstdenken ist wichtig, und Alex ist kein Guru, dem ich nachlaufe, oder eine "Göttin", im Gegenteil, ich bin sehr kritisch an die Sache herangegangen und bestimmte Dinge sehe ich auch weiterhin kritisch.

Das hat sich jetzt mit Deinem Beitrag überschnitten. Genau das wollte ich damit sagen, ich denke nicht dass jemand ausschliesslich einer Person nachrennt, sondern dass man sich eben Anregungen holt. Das tun wir doch alle und daher finde ich es auch super, dass Menschen wie A. Kurland ihre Gedanken und Erfahrungen veröffentlichen.

Zitat von: Muriel
Mir fehlt beim freien Formen die Möglichkeit, die Bewegung des Pferdes so zu kanalisieren, dass tatsächlich die richtigen Muskeln benutzt werden.
Gerade wenn wir CT beim Reiten einsetzen, ist die Gefahr so gross, dass ein bequemer, langsamer, aber vollkommen rückenmuskelfreier Bewegungsablauf dabei herauskommt.
Das kann natürlich passieren, wenn man darauf nicht achten würde, aber ich finde es gerade das großartige Potential des Shapings, dass man ja jede Bewegungsform trainieren kann und somit eben auch gerade sehr einfach Muskulatur aufbauen kann. So ist meine Erfahrung da genau umgekehrt. Für mich stellt sich allerdings auch immer wieder die Frage: Wie viel Muskulatur soll es denn eigentlich sein? Müssen wir alle Seitengänge perfekt können und Piaffieren, damit unser Pferd sich zu einer Art "Bodybuilder" entwickelt? Sicher hat es dann viele Muskeln und kann den Reiter gut tragen, aber könnte es das nicht auch mit etwas weniger Muskelmasse? Also für mich muss für jedes Pferd/Reiterpaar gesondert entschieden werden, wieviel Muskelaufbau überhaupt wirklich nötig ist, damit das Pferd keinen Schaden nimmt. Und die meisten Muskelgruppen kann man ja auch mit Spaß trainieren und nicht nur über Dressurelemente.

Manchmal hab' ich das Gefühl, wir verstecken unsere eigenen Ansprüche dahinter, dass wir alle weitergeben, was "ein Pferd an Muskulatur so mindestens braucht", nur um zu rechtfertigen, endlos weiter unsere eigenen Ideen zu verfolgen. Ich behaupte mal, dass viele Pferde erst durch die überhöhten Ansprüche der Besitzer körperlich kaputt gemacht werden oder eben mit Druck seelisch überfordert. Weniger wäre da oft mehr.

Damit meine ich durchaus auch mich selbst. Ich weiss häufig auch nicht, was ich eigentlich noch wirklich trainieren möchte und was ich vielleicht auch in der Vergangenheit nur gemacht habe, weil es eine gewisse Aussenwirkung hat, also einen Anspruch an mein Bild als Trainerin nach aussen erfüllt. Mir hilft es immer sehr darüber nachzudenken, ob es nicht auch ganz ohne diese Übung gehen würde und was denn Alternativübungen für den gleichen Muskulatureffekt wären.

LG,
Marlitt
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #17 am: 15. Dezember 2009, 16:28:07 »
Zitat von: nanolino
Zitat von: eboja
Hallo Marlitt,

Zitat von: nanolino
Auch das sehe ich ähnlich wie Du Steffi: Ich möchte auch nicht, dass man es sich so vorstellt, dass wir Clickern auf andere Methoden dazuaddieren und dabei nicht die Frage stellen, warum sollten wir dieses oder jenes überhaupt üben und was ist eigentlich unser eigener Anspruch an das Tier? Kann ein Leistungsgedanke überhaupt förderlich für eine Beziehung sein? Ich denke auch, es ist nicht sinnvoll, jedes Pferd überhaupt so vielseitg auszubilden, manche Pferde möchten möglicherweise auch gar nicht geritten werden. Viele Übungen die die meisten Leute selbstverständlich hinnehmen, bedeuten viel Streß für das Pferd, egal ob mit oder ohne Clickern (natürlich ist es mit CT besser als ohne, aber sollte man es dann überhaupt machen?).
da ich nicht ganz schlau werde hieraus, muss ich nachfragen:
bist Du grundsätzlich gegen das Reiten?

Nein, ich reite ja auch, obwohl ich mir da durchaus wie Du auch schon meintest bewusst darüber bin, dass es total egoistisch ist. Ich wollte hier weder die Diskussion um das Reiten an sich, noch um die Pferdehaltung an sich führen.

Mir ging es eher darum, dass wir eben uns fragen müssen: was erwarten wir von unserem Pferd für unseren Egoismus und worauf können wir verzichten, wenn wir merken, dass ein Ziel nur über Stress zu erreichen wäre? Ich glaube Verena und Steffi haben z.B. beide entschieden, nicht mehr oft zu tölten, weil sie den Eindruck haben, es stresst ihre Pferde. Natürlich könnte man jetzt stundenlang clickern, um es dem Pferd schmackhaft zu machen, aber vielleicht bleibt eine gewisse Spannung erhalten. Genauso denke ich eben, dass nicht jedes Islandpferd nur weil es Fünfgänger ist, gerne und entspannt töltet oder aber ein Barockpferd gerne piaffiert, nur weil es körperlich dazu in der Lage wäre. Ich finde wir können über CT hervorragend hersausfinden, was die Pferde uns sagen. Sie sagen, worauf sie Lust haben, wenn wir ihnen dort die Möglichkeit lassen.

Genauso wenig bin ich persönlich bereit, Leuten zu helfen, ihre Pferde auf den Pferdeanhänger zu bekommen (auch mit CT nicht), damit sie dann jedes Wochenende aufs Turnier fahren. Manchmal ist eben das Ziel ein anderes.

Zitat von: eboja
Wie sieht der Umgang mit dem Pferd bzw. das Training bei Dir konkret aus?
Wahrscheinlich ähnlich wie bei den meisten von Euch. Ich versuche mein Vorwissen zu übertragen und versuche, mir Shaping-Wege zu überlegen. Dabei arbeite ich mit meinen Kunden viel mit verteilten Rollen (z.B. Reiter oben, Signale mit Target von unten o.ä.) . Dabei kann ich genauso wenig wie jeder andere meine Vorerfahrungen (zuerst als Kind FN-Reiten nach klassischen Maßstäben, später klassisch-iberische Dressur) ausschalten. Viele meiner Handlungen sind mir gar nicht bewusst, ich bin gerade erst dabei sie in Worte zu fassen und mir bewusst zu machen. Ich reite seit ich denken kann und empfinde die Themenbereiche Balance, Flow, Gefühl extrem wichtig. Ebenso eine innere Konzentrationsebene. Aber rein praktisch ist es eben genauso wie ihr es auch probiert, ich versuche Wege zu finden.

Zitat von: eboja
Ich glaube nicht, dass ich für mich schon das richtige "Wie" gefunden habe, ich habe mich ja erst in letzter Zeit aktiv auf die Suche gemacht. Deshalb interessiert mich so sehr, wie für Euch das optimale "Wie" und wie das tatsächlich durchführbare "Wie" (wenn denn in Unterschied zwischen den beiden besteht) aussieht.
Auch da sind wir uns wahrscheinlich einig: Das Endziel hat vermutlich noch niemand erreicht, es gibt immer einen weiteren Weg. Aber das ist doch auch toll. Ich jedenfalls möchte nicht auf einem Stand stehen bleiben, sondern neue Erkenntnisse mit einfliessen lassen.

Zitat von: eboja
Und wie definierst Du Leistung? Gibt es eine Art Leistung(sanforderung), die für Dich noch okay ist, und eine andere, die dem Pferd nicht mehr zumutbar ist?
Zum einen gibt es für mich den psychologischen und den physikalischen Begriff der Leistung, die nicht immer identisch sind, siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Leistung_%28Psychologie%29
Aber ich meinte jetzt einfach ganz platt, ob das Training mit dem Pferd nur dann einen Wert hat, wenn wir ein Ergebnis sehen. Ich denke, dass Pferde keine Ergebnisse brauchen, um glücklich zu sein. Für mich selbst stelle ich natürlich auch Leistungsansprüche, ohne die ein Zusammensein mit einem so großen Tier schwierig wäre: Z.B. trainiere ich selbstverständlich die Hufe zu geben oder am Halfter zu gehen. Aber ich denke meine primären  Leistungsanforderungen sind dort differenzierter, wo es nicht mehr um lebenswichtige Bereiche geht. Das Reiten z.B. ist nicht lebensnotwendig. Ich reite sehr gerne, also versuche ich einen Weg zu finden, es dem Pferd schmackhaft zu machen. Es hat aber ebenso dort Grenzen, wo daraus ein "Zwang zur Leibesertüchtigung" werden würde, wie ich mich nicht auf ein Shetty setzen würde, weil ich zu schwer wäre.

LG,
Marlitt
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #18 am: 15. Dezember 2009, 16:28:37 »
Zitat von: kleinpony
Ich vertrete im Moment auch den Part, dass ich nicht negativ verstärken möchte, auch nicht im Sinne von Kurland. Ich möchte nur positiv verstärken und wenn ich an Grenzen komme, komme ich eben an Grenzen. Da ich meinen ganzen Ehrgeiz abgelegt habe und kein großes Ziel verfolge, macht das auch keine Schwierigkeiten. Der Alltag mit den fröhlichen Pferden bringt mir so viel Spaß, dass ich da nix quer legen möchte.
Enttäuscht werden kann ich nicht, da ich von meinen Pferden nicht mehr erwarte, als dass sie sich mir gegenüber anständig verhalten. Was wir erarbeiten oder auch nicht, ergibt sich. So war's noch nie und es macht unglaublich frei.

LG, Inge
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #19 am: 15. Dezember 2009, 16:28:56 »
Hallo Marlitt,

vielen Dank für Deine ausführlichen Antworten! :D

Das meiste muss/will ich erstmal noch was sacken lassen, ist ja insgesamt ein schwieriges Thema (weil umfangreich und schlecht zu greifen). Deshalb erstmal nur ein Kommentar hierzu:

Zitat von: nanolino
Ich finde wir können über CT hervorragend hersausfinden, was die Pferde uns sagen. Sie sagen, worauf sie Lust haben, wenn wir ihnen dort die Möglichkeit lassen.
Dabei habe ich momentan noch große Schwierigkeiten. Oscar ist ja, wie die meisten anderen Pferde auch, ein "Crossover"-Pferd, und ich habe den Eindruck, dass er bisher das Clickern noch nicht in seiner Gänze kapiert hat, z.B. eben noch nicht, dass er durchaus seine Meinung sagen darf, und dass er ausprobieren darf und soll. Bisher ist das alles noch sehr vorgegeben und "eingeschränkt" (wie ich es nicht anders von Crossover-Hunden kenne).

In der momentanen Situation müsste ich ihn einfach komplett in Ruhe lassen, denke ich, weil er sich noch nicht wirklich für irgendwas begeistern kann. Andererseits befürchte ich, dass er dann körperlich recht schnell abbauen würde (abgesehen davon, dass das ja eh nicht in meiner Entscheidungsgewalt liegt). Und das würde ja auch nichts daran tun, dass er irgendwann wüsste, dass er sich mitteilen darf und soll.

Ich verstehe schon, was Du meinst. Aber wie finde ich die Balance? Erst recht als jemand, der nicht so fürchterlich viel Ahnung von Physiologie hat und damit auch nicht wirklich weiss, was ein Pferd nun an Muskulatur, Beweglichkeit usw. braucht. Ich kann mich da nur an dem orientieren, was ich so gehört habe, und das kommt im Wesentlichen aus der "FN-Ecke", berücksichtigt also v.a. die Eignung des Pferdes als Reittier.

Wie ich schon schrieb: ein schwieriges Thema, zu dem zumindest ich für mich wohl nicht so schnell auch nur halb so viele Antworten finde, wie ich gerne hätte...
Viele Grüße,
Esther
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #20 am: 15. Dezember 2009, 16:30:04 »
Zitat von: kleinpony
Aber jetzt wirft sich mir noch eine Frage auf:

Wie geht es weiter, wenn ein Pferd dem Druck nachgibt und verstärkt wird.
Bietet es dann dieses Verhalten tatsächlich freiwillig immer wieder an? Oder erfolgt der Druck immer wieder auf's Neue, bis Pferd kapiert: Ich muss das machen um Druck zu vermeiden.

LG, Inge
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #21 am: 15. Dezember 2009, 16:30:29 »
So wie ihr das alle schreibt klingt es nach furchtbar viel Einsatz von Druck, was es aber gar nicht ist.
Ich sehe es immer noch als eine Physische Präsenz an, zu der das Pferd eine Antwort finden kann.

Wenn ich ein Verhalten über freies Formen erarbeiten möchte, werde ich auch die Trainingssituation so gestalten, dass es ihm leicht fällt, die gewünschte Antwort zu finden.
Bsp: Wenn ich möchte, dass mein Pferd einen Pylon umschubst, werde ich nicht noch ein Dutzend anderer interessanter untersuchungswerter Dinge in Reichweite legen. Ich werde den Pylon vor das Pferd stellen und versuchen seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken.
Natürlich kann ich auch wie im Delfintraining vorgehen, einen Pylon in die Halle stellen, das Pferd herumlaufen lassen und jede Zuwendung verstärken.

Wenn ich ein Pferd reiten möchte, gehe ich für mich (und für viele andere Menschen) davon aus, dass sie mit Zügeln reiten möchten.
Die Stricktechnik, die aus meiner derzeitigen Sicht das "Herz" der ganzen "Techniken" von A. Kurland bildet, ist eine Möglichkeit, den Weg zu einer Verbindungsqualität zu bekommen, die nicht mehr ist als das blosse Zügelgewicht.
Diesen Weg beginne ich mit physischer Präsenz am Strick, auf die das Pferd eine Antwort finden kann.
Ich habe das ja schon mehrfach mit Menschen geübt, um ihnen zu verdeutlichen was ihr Pferd da eigentlich tut oder fühlt. Jeder hat mir bestätigt, dass es sich nicht unangenehm anfühlt, sondern wunderbar aushaltbar ist. Aber irgendwann beginnt diese Präsenz zu stören, da man aktiv Muskeln anspannen muss, um dieser Präsenz zu begegnen. Und dann überlegt man, wie man das Ganze etwas angenehmer gestalten kann.
Wenn ich jemandem eine Hand auf die Schulter lege, stört ihn das nicht sehr. Aber möglicherweise ist er in der Balance irritiert und möchte diese Irritation loswerden.

Wenn man dazu eine Lösung findet, und sich die Situation wiederholt, wird man immer früher die Lösung anstreben, und die Irritation wird immer kürzer ausfallen.
In dem Sinne ist das für mich keine negative Verstärkung, sondern eine sehr gute Möglichkeit, innerhalb von sehr kurzer Zeit zu einem sehr feinen Kontakt zu kommen.
Da mit vielen Wiederholungen gearbeitet wird, reicht bald nur ein Anheben des Stricks, dann eine Handbewegung zum Strick, und das Pferd reagiert, nicht weil es das Kommende fürchtet und dem entgehen will, sondern weil es gelernt hat dass seine aktive Antwort ihm einen Click und eine Belohnung einbringen.

die meisten Menschen sind völlig verblüfft, wenn sie diese Erkenntnis am eigenen Leib erfühlen.
Für mich  bedeutet es außerdem auch eine hohe Effektivität.
Freies Formen ist gut und schön und wichtig, aber wenn ich bestimmte Sachen erheblich schneller erarbeiten kann, weil ich eben die Trainingssituation so kanalisieren kann, warum nicht?
Solange ich darauf achte, dass die Situation für das Pferd annehmbar bleibt, Verständnis für eine etwaige Verwirrung habe und adäquat drauf eingehen kann, finde ich das Vorgehen in Ordnung.

Zum Reiten: Ich für mich finde, dass ich eine Verantwortung habe, mein Pferd möglichst gesund zu erhalten. Wenn ich ihm nicht die entsprechenden Möglichkeiten bieten kann in der Haltung sich vollkommen pferdegemäß zu gymnastizieren, liegt es in meiner Hand, diesen Teil zu übernehmen.
Nur (sorry) "herumzutüddeln" und zuzusehen, wie er ohne Muskulatur im Rücken durchhängt, dafür einen dicken Bauch hat und Probleme in den Beinen bekommt, nur weil er nicht gymnastiziert wird, dafür aber möglichst entspannt auf der Koppel herumsteht und gelegentlich ein paar Spaßeinheiten mit mir einlegt -  das ist nicht meins. (das unterstelle ich keinem, bitte nicht falsch verstehen)
Meine Einstellung zum Thema Leistung hat sich in den letzten Jahren auch stark verändert. Mirko ist jedoch jemand, der 100% Aufmerksamkeit von mir fordert und der manchmal ein Workaholic sein kann (ohne sich dabei zu überarbeiten, versteht sich  :lol: )
Oder es ist ein Süchtigsein nach der Intensität der Gemeinsamkeit, ich weiss es nicht.

Auf meiner Stallsuche in der ganzen letzten Zeit hab ich auch einen Stall angeschaut, wo außer ausreiten gar nichts ging. Das wäre uns einfach viel zu wenig. Und ich sage ganz bewußt "uns", weil ich das von Mirko auch so empfinde.
Wir haben ja immer schon gerne viel unterschiedliche Sachen gemacht, aber seitdem wir uns an der Kurlandarbeit orientieren, hat alles eine andere, bessere Qualität bekommen.
Natürlich ist Eigenkreativität immer wichtig, aber für mich ist derzeit wichtig, mich auf diesen Weg einzulassen. Und ich merke was da alles Gute bei herauskommt.

Lustig, das erinnert mich gerade an die Anfangszeit, wo ich begonnen habe mich mit TREC zu beschäftigen (Techniken des Wanderreitens im Wettbewerb). Da gibt es ein sehr klares, strenges Reglement, und wenn man Prüfungen mitmachen will, ist es am besten, auch im Alltag die Handgriffe so zu erledigen oder Übungen so zu reiten wie sie auch in der Prüfung gefordert werden, damit es einfach "in Fleisch und Blut" übergeht.
Zuerst habe ich gedacht: Was ein Blödsinn, mich in meiner Freizeit jetzt so einem Reglement unterzuordnen, nur um irgendwann mal eine Prüfung zu reiten. 
Dann habe ich irgendwann festgestellt, dass es ausgesprochen nützliche Nebeneffekte hatte, wenn man in dieser Konsequenz mit seinem Pferd umgeht. Das da ein gut erzogenes, gut ausgebildetes, rittiges Pferd bei herauskommt. Nur weil man das klare Ziel ständig vor Augen hat.

Und nichts anderes ist das "Kurland-System" für mich momentan.

Und das Faszinierendste ist eben die Selbständigkeit, die das Pferd erlangt, den Reiter physiologisch korrekt zu tragen, die Verbesserung der Balance, das Geraderichten.
Natürlich muss nicht jeder piaffieren, oder Trabtraversalen anstreben.
Für mich gehört allerdings zu den für jedes Freizeitpferd erstrebenswerten Grundlagen ein ausbalanciertes, spannungsfreies, lockeres Laufen mit aktiver Rückenbeteiligung in allen Gangarten dazu.
Mit weniger würde ich mich nicht zufriedengeben, und das ist auch das Ziel meines Unterrichts.

*Roman Ende*  :D
*nochmalauferstensatzdersignaturverweist* :wink:
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #22 am: 15. Dezember 2009, 16:31:20 »
Hallo Ihr,

ja, das ist eine sehr spannende Diskussion, die es auf diesem Niveau auch  nur hier gibt!!!

Da ich nach der Gretchenfrage gefragt wurde: das ist schon die Frage "Wie halte ich es mit der Leistung?" (im Faust fragt das Gretchen "wie haltet ihr es mit der Religion" 'Klugschnackermodus aus).

Das wir mit CT die gesamte Reichweite spaßbetonter und lustbringender Übungen bis hin zu Zirkuslektionen frei formen können, darüber dürfte kein Zweifel bestehen (zumindestens dann, wenn das Pferd gesund ist). Schon bei der Bodenarbeit kann es aber passieren, dass wir bestimmten Leistungsansprüchen genügen möchten und das Pferd hier nicht so rasch mitkommt. Und damit komme ich auch schon zum Entscheidenden, es ist wie Marlitt schon schrieb erstmal meine Entscheidung, was ich überhaupt für wichtig erachte. Muss es immer der Tölt sein, die Seitengänge , die Trabverstärkungen? Die Entscheidung darüber, was und wieviel das Pferd lernt, treffen wir und da unterliegen wir unseren Ansprüchen.

Ich habe schon öfters geschrieben, dass ich leider Mána in der ersten Ausbildungszeit, weil ich es nicht besser konnte, immer auch mal wieder mit Druck ausgebildet habe. Natürlich trotzdem mit CT, aber eben erst, wenn Mána auf den Druck hin nachgegeben hat. Das Ergebnis ist bis heute, dass es zu Machtkämpfen kommen kann und sich Mána dann total in sich zurückzieht (introvertierter Streßtyp), wenn sie sich von mir nicht verstanden fühlt. Und ich verstehe zum Beispiel nicht genau, warum sie sich seit Jahren kaum noch alleine ausreiten lässt. Inzwischen denke ich, dass sie zu empfindliche Sohlen hat und sich als Barhufpferd nicht wohl genug draußen fühlte. Glauben tut mir das so recht niemand. Ich selber bin da auch immer wieder unsicher. In dem Moment eines sich entwickelnden Machtkampfes dringe ich natürlich auch mit CT nicht mehr zu ihr durch. Diese Momente kommen, Göttin sei Dank, kaum noch vor, aber ich kenne es durchaus.
Warum ich das so ausführlich beschreibe, ich denke, dass es hier vielleicht auch einen CT Weg gäbe, aber ich möchte mein Pferd damit nicht grundsätzlich stressen und das täte ich, wenn ich das Ausreiten immer wieder alleine versuchen würde. Ich musste also von meinem Anspruch und Wunsch alleine auszureiten erstmal Abstand nehmen. Ohne die CT Philosophie im Hintergrund wäre ich zu dieser Haltung nicht gekommen, da bin ich sicher.

Es geht also nicht nur um die Frage, wieviel Druck übe ich beim Reiten aus, sondern auch, wie viel Streß und Unlust nehme ich beim Pferd in der Übungssituation in Kauf.
Ich finde es spricht z.b. nichts dagegen herkömmliche Schenkelhilfen einzusetzen, wenn das Pferd gelernt hat, das Schenkeldruck "Losgehen" bedeutet und dabei keinerlei Stressreaktionen erkennen lässt. Sollte es sich dabei unwohl fühlen (manche Islandpferde werden sehr gestresst, wenn die Schenkel rangenommen werden), würde ich eher das Losgehen auf Stimmhilfe trainieren. Das ist ein einfaches Beispiel. Natürlich könnte man diese Schenkeldruck-Geschichte sonstwie modifiziert üben und irgendwann wäre das Pferd vielleicht nicht mehr genervt, aber da steht die CT-Philosophie meines Erachtens dagegen. Was heißt eigentlich CT Philosophie, das kann man viel genereller sagen, es ist die Entscheidung, ob und wieviel ich dem Pferd zumute.

Faszinierend finde ich z.b. die Erkenntnis, das es sich selbst verstärkende Verhaltensweisen gibt. Wir nehmen das so einfach als Gegeben hin, aber diese Möglichkeit eröffnet dem Pferd eine neue Welt. Mána scheint z.b. aus unerfindlichen Gründen zu spüren, dass die stärkere Hüftverschiebung und damit eine weitaus stärkere Dehnung der Muskeln beim Schulterherein, als ich das früher geübt habe, ihr gut tut. Das muss so sau anstrengend sein. Aber in der Unterrichtsstunde hat sie wütend mehrmals mit dem Fuß aufgestampft, wenn ich die Übung wie früher geritten bin. Meine Rl war völlig von den Socken. Wisst ihr, ich verstehe manchmal meine Mána wirklich kaum, aber ich billige ihr eben ihre eigene Meinung zu. Das kommt vom CT, um es mal platt zu sagen.

@Marlitt,

tja, 10 jahre sind echt viel, das stimmt. Leider sehen und hören wir uns nur so selten, aber immerhin geht es ja auch so übers forum. Ein Glück, dass wir damals im selben Stall standen!

@Inge,

hört sich sehr nett an, wie Du Deinen Anspruch an die Pferde beschreibst. Vielleicht führt Dich ja mal Dein Weg nach HH, dann würde ich mich über einen Besuch freuen. Vielleicht schaffe ich es in 2010 mal wieder einen ClickerTag in HH zu organisieren. Die letzten beiden waren richtig klasse und jetzt habe ich einen Stall mit den nötigen organisatorischen Rahmenbedingungen. Leider aber nur ein Demo-Pferd. Mal sehen, was geht und ob überhaupt Interesse bestünde.
Die Idee dieser Treffen ist es, dass sich Leute austauschen, die allgemein formuliert irgendwie "alternativ" mit Pferden umgehen und sich für positive Verstärkung interessieren. Beim letzten Treffen hatten wir eine Frau dabei, die zeigte uns das Longieren nach Solinski und Manfred machte Tellington-Touch. So ein Austausch ist meines Erachtens der beste Weg, dass wir die Kräfte bündeln und uns gegenseitig unterstützen, voneinander lernen.

Grüße
Steffi
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #23 am: 15. Dezember 2009, 16:32:00 »
Zitat von: Steffi
In dem Moment eines sich entwickelnden Machtkampfes dringe ich natürlich auch mit CT nicht mehr zu ihr durch.

Erstaunlich, dass Du das hier so als "gegeben" betrachten kannst. Zum einen dass es ein Machtkampf ist, und zum anderen dass da "natürlich" das CT versagt.
Genau das ist ein Punkt, den ich durch die Kurlandarbeit besser umsetzen kann. Denn durch die Arbeit mit der STricktechnik nehme ich den ganzen Bereich der "Machtkämpfe" heraus und schaffe Gewohnheiten.
Wenn Mirko zb so wie früher am Gras hängenbleibt und mit aller Kraft dagegenzieht, habe ich früher nie eine Handhabe gehabt ausser zu ziehen oder zu treiben, und das hatte nie einen nachhaltigen Effekt.
Durch die Stricktechnik habe ich nun ein Pferd, das zwar gelegentlich immer noch zum Gras zieht, aber innerhalb einer Sekunde mit einem Bruchteil an Aufwand wieder fröhlich bei mir ist.
Gerade für solche Situationen werden viele Übungen gemacht - eben für das "echte" Leben da draussen, nicht für Tricks und Spaßkram, den ich bis in alle Ewigkeiten mit meinem Pferd in sicherer Umgebung machen kann.
Sondern für diese Situationen, wo mein Pferd anderer Meinung ist, sich erschreckt, abgelenkt ist, scheut, Angst hat usw usw.
Diese Situationen werden im Kleinen in der Arbeit geübt (ohne Stress) und wenn dann eine bedrohliche Situation kommt, haben Pferd und Mensch schon eine mögliche Antwort parat.

Wenn Clickertraining nur bedeuten würde, immer nur auf der sicheren Seite zu bleiben und nichts von meinem Tier zu erwarten, hätte es für mich als gute Trainingsmethode seinen Sinn verfehlt. Nur dann kann ich von Training reden. Vorher ist es nur Kommunikation (und dafür ist CT natürlich sehr gut, aber das ist eben nicht alles)

liebe Grüsse Heike

ps es ist wirklich außerordentlich schade, dass es mit unserem Treffen nicht geklappt hat...  :cry:
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #24 am: 15. Dezember 2009, 16:32:42 »
Zitat von: nanolino
Zitat von: Muriel
So wie ihr das alle schreibt klingt es nach furchtbar viel Einsatz von Druck, was es aber gar nicht ist.
Ich sehe es immer noch als eine Physische Präsenz an, zu der das Pferd eine Antwort finden kann.

Genau so seh'ich das auf Kurland bezogen auch, das ist natürlich nicht "furchtbar viel Druck" was da aufgebaut wird (und ich glaube auch nicht, dass das so rüberkommen sollte bei den anderen, bei mir jedenfalls nicht), aber ich glaube für mich ist eben die Richtung, das Ziel, die Leistung, die am Ende das Ziel darstellt nicht "mein" Ziel. Und der Weg eben auch nicht mein Weg. Ich persönlich empfinde ihn als etwas statisch, finde aber genauso, dass sie sich natürlich großartige Übungen überlegt hat, die eben Bausteine eines Weges sein können.

Zitat von: Muriel
Wenn ich ein Pferd reiten möchte, gehe ich für mich (und für viele andere Menschen) davon aus, dass sie mit Zügeln reiten möchten.
Die Stricktechnik, die aus meiner derzeitigen Sicht das "Herz" der ganzen "Techniken" von A. Kurland bildet, ist eine Möglichkeit, den Weg zu einer Verbindungsqualität zu bekommen, die nicht mehr ist als das blosse Zügelgewicht.
Da gebe ich Dir vollkommen recht, die meisten Menschen reiten mit Zügeln, aber dennoch ist vermutlich gerade auch die Präsenz der Stricktechnik etwas was mich "stört", also mir nicht schlüssig genug ist und eben dadurch nicht erstrebenswert genug ist. Ich störe mich gar nicht an dem entstehenden Druck, der auch aus meiner Sicht sicher nicht mehr als das Zügelgewicht ist. Vielmehr hat der Zügel bei mir eine andere Grundbedeutung: Der Ausgangspunkt meiner Arbeit liegt am durchhängenden Zügel und die Veränderung der Körperhaltung wird für mich sinnvoller durch das Gleichgewichtsgefühl des Reiters initiiert. Die Kurland-Technik ist mir in diesem Punkt ebenso wie die Karl'sche Technik oder die Parelli-Technik zu Hand-lastig. Ich empfinde diesen Arbeitsvorgang nicht immer als harmonisch und das Endergebnis nur selten. Irgendetwas daran passt einfach nicht in meine Vorstellung vom Reiten. Daher würde ich alles was Strick-Techniken angeht eher wenig in die eigene Arbeit einfliessen lassen.

Zitat von: Muriel
Diesen Weg beginne ich mit physischer Präsenz am Strick, auf die das Pferd eine Antwort finden kann.
Genau dort unterscheidet sich vielleicht dann die Vorgehensweise: Ich nehme den Zügel erst später als Signalgeber hinzu, wenn das Verhalten möglichst schon geformt ist. Er läuft sozusagen eher beiläufig mit ein.

Zitat von: Muriel
Freies Formen ist gut und schön und wichtig, aber wenn ich bestimmte Sachen erheblich schneller erarbeiten kann, weil ich eben die Trainingssituation so kanalisieren kann, warum nicht?
Kanalisieren tun wir vermutlich auch alle, weil es ja so ist, wie Du weiter oben geschrieben hast, dass wir uns als Reiter ja nicht in Luft auflösen können. Und reiten bleibt ja auch ein physikalischer Prozess, wenn das Pferd sein Gleichgewicht ausrichtet. Aber vermutlich ist mir es nicht wirklich in jedem Punkt einleuchtend, dass man mit den Seiltechniken schneller ist-mir erscheint eher im Gegenteil das Formen oft schneller. Aber auch da sind wir wieder an dem Punkt, ob es überhaupt schnell gehen muss, damit dann die nächste Übung in Angriff genommen werden kann. Da sind wir wieder beim Anspruch.

Zitat von: Muriel
Zum Reiten: Ich für mich finde, dass ich eine Verantwortung habe, mein Pferd möglichst gesund zu erhalten. Wenn ich ihm nicht die entsprechenden Möglichkeiten bieten kann in der Haltung sich vollkommen pferdegemäß zu gymnastizieren, liegt es in meiner Hand, diesen Teil zu übernehmen.
Nur (sorry) "herumzutüddeln" und zuzusehen, wie er ohne Muskulatur im Rücken durchhängt, dafür einen dicken Bauch hat und Probleme in den Beinen bekommt, nur weil er nicht gymnastiziert wird, dafür aber möglichst entspannt auf der Koppel herumsteht und gelegentlich ein paar Spaßeinheiten mit mir einlegt -  das ist nicht meins. (das unterstelle ich keinem, bitte nicht falsch verstehen)

Und auch da decken sich doch bestimmt die Ansichten der meisten: Das halte ich auch für meine Pflicht, wenn ich denn schon reite. Aber es bleibt eben die Frage, wann ein Pferd denn tatsächlich "gut gymnastiziert" und gleichzeitig glücklich ist. Es hat ja niemand bewiesen, was gut und schlecht für das Pferd ist, es sind ja mehr Glaubensfragen. Ich glaube eben, dass für mich ein Weg niemals ein Weg "nach XY" sein kann, weder "Clickern nach Kurland", noch "Gentle-Dings nach Kreinberg" oder "Akademisch nach Branderup". Ich glaube es tut keiner Sache gut, sich starr auf die Erfahrungen einer Person auszurichten.

Zitat von: Muriel
Auf meiner Stallsuche in der ganzen letzten Zeit hab ich auch einen Stall angeschaut, wo außer ausreiten gar nichts ging.
Das wäre mir auch zu wenig, allerdings würde ich es wahrscheinlich zu Gunsten einer für mich perfekten Haltungsform schon aufgeben. Für mich gibt es z.B. keinen Kompromiss zum Offenstall.

Zitat von: Muriel
Wir haben ja immer schon gerne viel unterschiedliche Sachen gemacht, aber seitdem wir uns an der Kurlandarbeit orientieren, hat alles eine andere, bessere Qualität bekommen.
Natürlich ist Eigenkreativität immer wichtig, aber für mich ist derzeit wichtig, mich auf diesen Weg einzulassen. Und ich merke was da alles Gute bei herauskommt.
Und das finde ich wieder großartig, dass Frau Kurland es schafft einen Weg zu eröffnen. Wenn sich dann auch noch alles "richtig" anfühlt, dann ist es doch super. Für mich hat sich noch nie ein vorgegebener Weg langfristig als "richtig" angefühlt. Und wirklich lustig, was Du vom Regelwerk des TREC schreibst. So was wäre gar nichts für mich, ich glaube ich kann wenig mit Regelwerken in Bezug auf Pferde anfangen, es stresst mich tatsächlich, daran zu denken mich selbst und ein Pferd dort einzuordnen. Ich glaube, dadurch dass reiten für mich so selbstverständlich ist wie laufen oder radfahren, habe ich mein "Ziel" immer in mir (es ist nur manchmal schwer es zu erreichen). Es gibt diese Momente der vollkommenen Harmonie mit den Bewegungen und die suche ich. Es ist für mich auch eher eine meditative Technik und weniger eine bewusste Sache, die ich in "Handgriffen" ausdrücken könnte.

Zitat von: Muriel
Für mich gehört allerdings zu den für jedes Freizeitpferd erstrebenswerten Grundlagen ein ausbalanciertes, spannungsfreies, lockeres Laufen mit aktiver Rückenbeteiligung in allen Gangarten dazu.
Mit weniger würde ich mich nicht zufriedengeben, und das ist auch das Ziel meines Unterrichts.
Genau das versuche ich auch zu vermitteln, mit der Ergänzung, dass ich immer noch denke, dass nicht jedes Pferd überhaupt geritten werden sollte.

LG,
Marlitt
Zitat von: Steffi
Die Entscheidung darüber, was und wieviel das Pferd lernt, treffen wir und da unterliegen wir unseren Ansprüchen.

Ich habe schon öfters geschrieben, dass ich leider Mána in der ersten Ausbildungszeit, weil ich es nicht besser konnte, immer auch mal wieder mit Druck ausgebildet habe. Natürlich trotzdem mit CT, aber eben erst, wenn Mána auf den Druck hin nachgegeben hat.

Genau das meinte ich auch, ich denke, wir haben ja fast alle "herkömmlich" reiten gelernt, also sind wir uns häufig auch dem Druck gar nicht bewusst.

Zitat von: Steffi
Ich musste also von meinem Anspruch und Wunsch alleine auszureiten erstmal Abstand nehmen.
Das können nicht viele und ich finde es schon toll, sich Gedanken darüber zu machen, was uns denn eigentlich wirklich wichtig ist. Ich glaube auch, dass ich ohne die CT-Philosophie viele Dinge gar nicht in Frage gestellt hätte.

LG,
Marlitt


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Archivar
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #25 am: 15. Dezember 2009, 16:33:57 »
Zitat von: nanolino
Zitat von: Muriel
Gerade für solche Situationen werden viele Übungen gemacht - eben für das "echte" Leben da draussen, nicht für Tricks und Spaßkram, den ich bis in alle Ewigkeiten mit meinem Pferd in sicherer Umgebung machen kann.
Sondern für diese Situationen, wo mein Pferd anderer Meinung ist, sich erschreckt, abgelenkt ist, scheut, Angst hat usw usw.
Gut, dass Du das ansprichst, auch hier ist wahrscheinlich sehr unterschiedlich, was wir  alle als "echtes" Leben empfinden. Nur die Situationen, die wir ganz subjektiv als wichtig (für was auch immer, unser Wohlbefinden, unsere Sicherheit, unser Ego...) wollen wir ja überhaupt üben. Für das Pferd ist ja die Welt, die wir ihm präsentieren das "echte" Leben. Wir sind ja diejenigen, die die Bedingungen schaffen.

Zitat von: Muriel
Nur dann kann ich von Training reden. Vorher ist es nur Kommunikation (und dafür ist CT natürlich sehr gut, aber das ist eben nicht alles)
Und auch das finde ich sehr weise zu erwähnen, dass CT eben eine Kombination aus Training und Kommunikation ist. Dabei bleibt es ja aber auch individuell sehr unterschiedlich, wo meine seine Prioritäten setzt. Ich für mich möchte wohl hauptsächlich kommunizieren, ich sehe den Tieren gerne "beim Denken" zu erfreue mich an der Verschiedenheit der Denkansätze. Und ich sehe gern die Freude, die die Pferde bei dieser Art Arbeit haben. Meine Ziele im Sinne von Training kommen erst in zweiter Linie.

LG,
Marlitt
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Ehemaliges Mitglied 22
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #26 am: 15. Dezember 2009, 16:34:52 »
Hallo Heike,

die Entstehung von Machtkämpfen habe ich in der Vergangenheit schon des Öfteren bei Mána und mir erlebt, daher wage ich in bestimmten Situationen so eine Entwicklung zu prognostizieren. Das ich dann mit CT bei Mána nicht mehr "durchkomme" ist ebenso eine Erfahrung. Das innere Erstarren und Festfrieren geht dann damit einher, dass sie mich quasi komplett ignoriert. Sie kann z.b. in diesen Situationen, die hoch stressend fürs das Pferd sind, scheinbar seelenruhig grasen. Ich denke aber, dass es wenig Sinn macht, diese Einzelfälle hier weitergehend zu besprechen, da es hier ja eher um Grundsätzliches geht.

Da finde ich z.b. Deine Haltung, dass Du vom Pferd auch etwas erwarten darfst schon mal sehr spannend. Könnte man ja hinterfragen.
Ich denke eigentlich eher, dass ich mein Pferd einladen kann, sich und seine Bewegungen zu vervollkommenen, ob ich das erwarten kann, wage ich zu bezweifeln. Übrigens glaube ich schlicht und ergreifend, dass die Pferde die meisten Übungen recht gut und schnell erlernen könnten. Meist reiten wir Menschen einfach viel zu schlecht, sind zu ungelenkig, zu steif, zu schwer oder zu groß/klein und stören damit schlicht das Pferd in seinen Möglichkeiten. Ebenso reiten ausgesprochen viele Leute mit schlecht sitzenden Sätteln und verunmöglichen daher wirkliche Fortschritte.

Ich gebe Marlitt recht, dass es ein Verdienst von Frau Kurland ist, vielen Reitern einen neuen Zugang zum Reiten mit Hilfe des CT zu ermöglichen. Ein schlüssiges Ausbildungskonzept, dass zum Ergebnis ein zufriedenes Pferd hat. CT dient ihr meines Erachtens als Methode, daran ist nichts Schlechtes. Es ist mir dabei nur etwas zu mechanistisch.

Marlitt brachte weiter oben das Beispiel, dass sie kein Pferd verladetauglich clickert, wenn es um Tunierfahrten geht. Darum geht es mir. Diese Entscheidung, was wir trainieren und mit welchen Mitteln, die kann halt unterschiedlich ausfallen.

Grüße
Steffi
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verena
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #27 am: 15. Dezember 2009, 16:35:35 »
Sehr viele gute intensive Gedanken- muß das erst mal auf mich wirken lassen. Ein Punkt ist sicher der Leistungsanspruch an sich selbst? an die Außenwelt?Wo kann ich als Laie entscheiden, wieviel Gymnastizierung gesundheitlich fürs Pferd einfach wirklich notwendig ist, um mich, mein Gewicht in meinem bestimmten Sattel ohne gröbere Schäden tragen zu können? Ein Manko auch das fehlende (ich spreche jetzt von mir persönlich) Nichtwissen, wie ich genau mit welchen (zB. Zirkus-) übungen, die ich mit Target oder frei formen kann, die selben Muskeln trainieren kann als übers Reiten? Ich persönlich würde mit Gloa gerne mehr in dieser Richtung frei machen, stosse aber da an meine wissentlichen Grenzen.
Ich habe (im Moment) für mich diese Lösung gefunden, daß ich ganz ganz gut auf meine Pferde achte. Sie sagen es schon recht deutlich, was ihnen gefällt und was nicht. So wie Bessi, der mir mitteilte, daß er eben nicht gerne geritten wird. Ich mache mit ihm entspannte Spaziergänge und viel Freiarbeit. Er ist sehr biegsam, locker und immer mit voller Motivation dabei. Also denke ich, es passt. Gloa reite ich schon. Bei ihr hatte ich immer das Gefühl sie stresst zu viel freies Formen . Ich hab das Gefühl, sie fühlt sich sicherer eher sozusagen an die Hand genommen und geführt zu werden. Mit ihr gehe ich den Zwischenweg zwischen Kurland und Branderup, ich denke, wir haben eine eigene Sprache entwickelt (wie wohl jeder von uns). Ob es ein optimales Training für sie ist weiß ich nicht, aber ich kann mich nur auf ihre Reaktionen verlassen. Sie bietet zB. Schulterherein auch als Bettelverhalten an, das ich aufgreife und belohne, auch wenn ich es nicht unbedingt abgefragt habe. Durchs Clickern werden doch unsere Hilfen (Druck) so leicht, daß ich sie als Signal bezeichne und nie den Eindruck habe sie stressen mein Pferd. Gloa wird ruhig beim Reiten, schnaubt ab und zwischendurch stellt sie sich (wenn vorhanden) in eine Lacke, das habe ich frei geshapt, da sie immer Angst davor hatte, und bekommt dort ihr C/T. Zum Schluß jagen wir dann noch Pylone. Manchmal denke ich schon, ich mach zu wenig mit ihr, vielleicht sollte ich aus gesundheitlichen Gründen mehr trainieren, keine Ahnung. Bei ihr hab ich viel gelernt früher, nämlich Druck zu machen, um mehr zu erreichen funktioniert gar nicht. Sie sagt sehr schnell und deutlich ob sie sich wohlfühlt.
Lange Rede , kurzer Sinn: ich denke, wenn wir sehr aufmerksam unsere Pferde beobachten, dann sagen sie uns doch selber ob's ihnen Spaß macht oder nicht , jetzt egal ob wir viel frei formen oder eher ein wenig mechanistisch vorgehen  oder beides kombinieren.
Liebe Grüße!
Verena
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Mira
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #28 am: 15. Dezember 2009, 16:41:33 »
erstellt am: 27 Nov 2009 19:58

Was für eine superspannende Diskussion.

Ich bin dabei ganz und gar bei Steffi und Marlitt.
Ich sehe Clickern hauptsächlich als Kommunikation und entscheide gerne gemeinsam mit dem Pferd, was wir heute machen wollen.
Ich persönlich empfinde jegliches Leistungsdenken als pures Gift für die Kommunikation, die Beziehung aber auch die Kreativität des Pferdes beim Shapen.

Wenn ich daran denke, was ich mir zu Beginn des Clickerns an Übungen vorgenommen hatte, die ich erarbeiten wollte.  :roll: Aber durch das Clickern hat sich meine Einstellung zu Leistung und auch Stress komplett gewandelt. Deswegen lasse ich Mira ihre Übungen gern selbst entwickeln (lustigerweise ist bei ihr das SH auch eine Bettelübung  :wink: ). Wenn ich mit einem ganz festen Ziel hingehe, wird für mein Empfinden das Stresslevel schon zu groß. Mira ist da unwahrscheinlich sensibel und ich möchte Stress möglichst komplett vermeiden.
Das ist auch der Grund, warum ich definitiv nicht auf unserer Weihnachtsfeier auftreten werde - obwohl die Umgebung ja vertraut ist. Aber ich würde sicher Ehrgeiz entwickeln und Ehrgeiz führt bei Mira zu Stress und schadet unserer Beziehung.
Ich sehe das ebenfalls ethisch. Mit welchem Recht sollte ich diesen Stress in Kauf nehmen, nur um mein eigenes Ego mit Applaus zu füttern oder dem SB einen Gefallen zu tun.

Und Stress ist es auch (wenn auch minimaler) den ich in Videos mit, nach Kurland trainierten, Pferden wahrnehme. Allerdings muss ich ehrlich sagen, dass es im Clickerbereich (unabhängig von A.Kurland) einige Videos gibt, die mir zu viel Stress zeigen. Ich bin da sicher sehr extrem in meinem Empfinden.

Umso schöner fand ich es daher, diesen Thread zu lesen und mich in Steffis und Marlitts Äußerungen so sehr wiederzufinden, da ich auch hier im Clickerforum meist die Empfindung hatte, mit meiner Position doch recht allein dazustehen.

Da es mir aber oft schwerfällt, mich richtig auszudrücken, möchte ich noch betonen, dass ich auch einen Weg mit Zielen, Leistungsdenken und Forderungen durchaus nachvollziehen kann (umso mehr, wenn er zumindest zum Großteil über +V führt). Es ist einfach nicht meiner.
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Re:Ich bin noch uneingeweiht...
« Antwort #29 am: 15. Dezember 2009, 16:41:59 »
Hallo,

ich will nur mal schnell zwischendurch die tolle und spannende Diskussion loben! Bitte macht weiter so! ;-)

Selbst werde ich mich vermutlich nicht mehr viel dazu zu Wort melden, weil ich für mich erstmal einiges "sortieren" muss. Momentan geht mir sehr viel im Kopf rum, aber alles noch unausgegoren und oft schon für mich selbst nicht zusammenhängend und verständlich...
Viele Grüße,
Esther
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