Clickerforum

Clickertraining im Alltag => Clickertraining allgemein => Thema gestartet von: Muriel am 15. Januar 2011, 23:29:13

Titel: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Muriel am 15. Januar 2011, 23:29:13
So. Nun habt Ihr also Euren ersten Clicker gekauft. Und verlegt, und gleich den nächsten gekauft.  ;)

Und die Konditionierung hinter Euch gebracht, und das Pferd weiß was der Click bedeutet.
Und nun fangt Ihr ernsthaft an, mit dem Pferd zu clickern.

Und - schockschwerenot - das Tier macht Sachen, ohne dass es dafür ein Signal bekommt!! :shock:
Das ist doch nicht gut! Das kann nicht gut sein! In jeder Zeitschrift kann man lesen, dass das der erste Weg zum Ungehorsam und damit zum Problempferd ist, wenn das Pferd selbständig agiert!
ich muss doch sagen was es machen soll, und das dann positiv verstärken......


oooooder? :juck:

doch. Das ist gut, und sinnvoll, und notwendig.
Denn Clickertraining bedeutet, das anzunehmen was das  Pferd anbietet. Und damit das Pferd überhaupt auf die Idee kommt, dass es jetzt erlaubt ist, selbständig tätig zu werden, muss man es darin bestätigen.
Die Kontrolle kann man später wieder übernehmen, und das wird einfacher sein als man sich das denkt.  Denn das Pferd ist nicht nur hochmotiviert, Verhalten anzubieten, sondern es beginnt auf Zeichen zu warten, die ihm sagen:
DAS ist das Verhalten, das Dir den nächsten Click einbringt.
DAS ist das Verhalten, dass Dich zum Ziel führt.

Wenn man sich selbst in die Situation versetzt, wird man verstehen was da abläuft und warum das genauso ablaufen muss.
Das Pferd bekommt für ein Verhalten einen Click und Futter. Tolle Sache.
Das passiert auf einmal öfters. Also wird das Pferd versuchen herauszufinden, wie, warum und wann das passiert.
Es wird kreativ.

Wenn nun der Mensch kommt, und Angst bekommt, und sagt:
Du Pferd, du darfst ganz eigenständig handeln und das ist alles ganz toll, aber mach bitte keine Bewegung ohne Ansage -
führt das tatsächlich zu echter Kreativität?
Nicht wirklich.

Wir müssen also lernen, ein Stück loszulassen. Die Kontrolle abgeben. Dem Pferd vertrauen. Dem Prozeß vertrauen.

Und dann werden wir feststellen, dass Kreativität toll ist. Auch wenn es heißt, mit unerwarteten Zwischenergebnissen klarzukommen.

In dem Sinne: Bühne frei für das Chaos!  :cheer:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Bettina am 15. Januar 2011, 23:37:30
Ein toller Beitrag und schön, dass du das nochmal ins Gedächtnis rufst...  :keks:
Sollt ich mir vielleicht ausdrucken und in den Schrank hängen... :rotw:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: juki am 16. Januar 2011, 09:39:11
Ein toller Beitrag und schön, dass du das nochmal ins Gedächtnis rufst...  :keks:
Sollt ich mir vielleicht ausdrucken und in den Schrank hängen... :rotw:
dito
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 160 am 16. Januar 2011, 14:45:13
Jaaa Toller Beitrag...
DAs mit dem "loslassen" war schon immer mein größtes Problem. :rotw: :roll:
Kontrolle ist so viel einfacher...
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Faboula am 02. Februar 2011, 08:49:25
 :cheer: Habe den Beitag erst eben gelesen  :cheer: irgendwie berühigend...finde mein Pferd-Mensch Team nämlich auch immer etwas chaotisch...besonder chaotisch finde ich die Art und Weise was ich mit ihr erarbeite  :confused: Wir könnenen vieles noch gar nicht, einiges etwas und sehr wenig ganz gut...wir haben viel angefangen und es irgendwann - wenn es nicht weiter gegangen ist- wieder in die Schublade gelegt...dort wartet es darauf wieder heraus geholt zu werden...und erstaunlicherweise wird wenig vergessen und oft klappt es nach einer Weile sogar besser...aber eine Struktur oder gar einen Plan hat das Ganze nicht  :rotw: :rotw: :rotw:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Nina und Uno am 02. Februar 2011, 19:29:38
So. Nun habt Ihr also Euren ersten Clicker gekauft. Und verlegt, und gleich den nächsten gekauft.  ;)

Und die Konditionierung hinter Euch gebracht, und das Pferd weiß was der Click bedeutet.
Und nun fangt Ihr ernsthaft an, mit dem Pferd zu clickern.

Und - schockschwerenot - das Tier macht Sachen, ohne dass es dafür ein Signal bekommt!! :shock:
Das ist doch nicht gut! Das kann nicht gut sein! In jeder Zeitschrift kann man lesen, dass das der erste Weg zum Ungehorsam und damit zum Problempferd ist, wenn das Pferd selbständig agiert!
ich muss doch sagen was es machen soll, und das dann positiv verstärken......


oooooder? :juck:

doch. Das ist gut, und sinnvoll, und notwendig.
Denn Clickertraining bedeutet, das anzunehmen was das  Pferd anbietet. Und damit das Pferd überhaupt auf die Idee kommt, dass es jetzt erlaubt ist, selbständig tätig zu werden, muss man es darin bestätigen.
Die Kontrolle kann man später wieder übernehmen, und das wird einfacher sein als man sich das denkt.  Denn das Pferd ist nicht nur hochmotiviert, Verhalten anzubieten, sondern es beginnt auf Zeichen zu warten, die ihm sagen:
DAS ist das Verhalten, das Dir den nächsten Click einbringt.
DAS ist das Verhalten, dass Dich zum Ziel führt.

Wenn man sich selbst in die Situation versetzt, wird man verstehen was da abläuft und warum das genauso ablaufen muss.
Das Pferd bekommt für ein Verhalten einen Click und Futter. Tolle Sache.
Das passiert auf einmal öfters. Also wird das Pferd versuchen herauszufinden, wie, warum und wann das passiert.
Es wird kreativ.

Wenn nun der Mensch kommt, und Angst bekommt, und sagt:
Du Pferd, du darfst ganz eigenständig handeln und das ist alles ganz toll, aber mach bitte keine Bewegung ohne Ansage -
führt das tatsächlich zu echter Kreativität?
Nicht wirklich.

Wir müssen also lernen, ein Stück loszulassen. Die Kontrolle abgeben. Dem Pferd vertrauen. Dem Prozeß vertrauen.

Und dann werden wir feststellen, dass Kreativität toll ist. Auch wenn es heißt, mit unerwarteten Zwischenergebnissen klarzukommen.

In dem Sinne: Bühne frei für das Chaos!  :cheer:

Da bin ich dann mal sehr gespannt welche Kreativität und Chaos in unserem Team steckt. Das wird schwer sein los zu lassen, aber den ersten Schritt muss man schließlich mal machen.
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: anouk am 21. Februar 2012, 13:10:06
Ich zerr das Thema nochmal hoch, eigentlich find ich hat Heikes Ausgangsbeitrag verdient angepint zu werden! Grad alle Beginner sollten sich das zu Gemüte führen!

Für mich kam es jetzt gerade zum richtigen Zeitpunkt!!!  :keks:

Ich denke das es fast ausnahmslos allen schwerfällt Kontrolle abzugeben! Grad im Bereich Pferd = groß = gefährlich. Dafür find ich dann wieder A. Kurland toll - Safety always comes first!!!

Ehrlich? Mir fällt das loslassen der Kontrolle unheimlich schwer! Aber es wird u dein Text Heike bestärkt mich im Glauben das es auch dadurch dann später einfacher wird! DANKE!
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: schmusekatze am 21. Februar 2012, 16:06:15
oh, ja...das ist echt super, was du so geschrieben hast Heike.   :keks:

Und es bestärkt einen nochmal etwas mehr loszulassen und auch dem Pferd mehr Vertrauen entgegenzubringen.

Aber da kann ich nur beipflichten  :nick:  es ist echt schwer kontrolle los zu lassen, aber mit der Zeit klappt es immer besser  :omm: man muss nur Gedult auch mit sich haben.
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Hope am 22. Februar 2012, 02:04:55
Da mich viele C****-Chaos nennen, was sollte mir da beim Clickern passieren :cheese: . Ich find es sooo herrlich mal den Mund zu halten und abzuwarten. Ob Hund oder Pferde, die Kommunikation fühlt sich anders an, wenn man als Neulich beginnt...und das "Aha-Erlebniss" hat mir soo ein großes Grinsen ins Gesicht gezaubert. :lol: das ich es jetzt nicht mehr missen möchte. Jeder meiner 3 Banausen reagiert anders, und ja...ich stand auch schon einen Morgen ohne Pferd zur Weide da...und mußte lachen...sie haben halt die freie Wahl :cheese:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Mannimen am 22. Februar 2012, 08:47:16
Das vermeintliche Chaos beginnt ja meist erst dann, wenn das Tier seinen Freiraum und seine Kreativität entdeckt. Drum wird es von den meisten Menschen viel lieber ständig unter Kontrolle gehalten, statt es auch mal loszulassen. ;)

Wir haben ja das Glück, dass wir unsere Pferde in der Halle frei laufen lassen dürfen auch wenn das von vielen Leuten nicht so gerne gesehen wird. Selbst unsere Trainerin vertritt die Ansicht, dass dies ein Arbeitsraum und kein Spielzimmer sei. In der Schule dürften wir ja auch nicht frei über Tische und Stühle umherspringen aber auf dem Schulhof. Dieser sei für die Pferde dann die Weide. :roll:

OK, dann spielen wir eben auf der Weide. Doch das wird wieder von den anderen Pferdebesitzern nicht so gerne gesehen, weil das so viel Unruhe in die Herde bringt. Na wo können wir denn nun spielen? Auf die Straße gehen und dort frei umher laufen geht ja auch nicht, weil das wieder andere Verkehrsteilnehmer und natürlich uns selbst ja auch gefährdet. ???

Es ist ja gar nicht so leicht, dem Chaos überhaupt freien Lauf zu lassen! :schwitz2:

Aber ich möchte auch gerne ein Pferd haben, welches von sich aus Vorschläge macht und mir etwas anbietet. Das geht nur, wenn ich das auch zulasse, belohne und weiter fördere. Dazu brauche ich dann einen freien Raum. :stampf:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Chibi am 08. März 2012, 20:36:02
Ganz toller Beitrag, gefällt mir seeeeeeehr gut
 :danke2: :verneig:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Luke am 15. Juli 2012, 23:48:32
Mannimen  das Problem kenn ich auch. Wir hatten den Stall gewechselt in einem wo man die Pferde in der Halle frei laufen lassen durfte. Dann hieß es auf einmal die Pferde dürfen nicht mehr frei laufen, weil sie den Boden ruinieren würden. Hab ich erst nicht verstanden weil auch einmal in der Woche dort Bodenarbeitskurse abgehalten wurden. Ich hatte mir so einen Kurs vorher nie angeschaut, und irgendwie wollte mich keiner verstehen (ich verstand sie ja auch nicht)

Nach einigem hin und her und einigen Gesprächen durfte ich dann die Pferde in der Halle wieder laufen lassen.

Die mißverständnisse lagen darin das die anderen im Stall nicht verstehen /glauben konnten das unsere Pferde beim Freilauf gesittet ihre Runden gehen und es nichts anderes war als wenn jemand draufsitzen würde, nur das sie  ihre Bahnfiguren  auf Komandos laufen. Es gab wohl einige am Stall die ihre Pferde in die Halle brachten,und sie dort toben ließen und die Besitzer dabei weggingen (auf die Idee währe ich gar nicht gekommen also wegzugen... unsere toben auch zwischendurch klar aber wir beseitigen danach die Löcher und wenn wir merken das sie dolle drauf sind lassen wir sie auch auf den Platz laufen der viel größer ist) Auch konnten sie nicht glauben das  man Bodenarbeit und Zirkuslektionen mit einem freien Pferd macht und das Pferd  dann auch wirklich überall mit hinkommt.

Tja und ich dachte vorher immer Bodenarbeit macht man mit einem freien Pferd, bezw. wenn man viel Bodenarbeit mit einem Pferd gemacht hat läuft es irgendwann dabei frei(willig) mit.
Und auch bei Freispringen hatte ich vorher immer gedacht das man irgendwo Hindernisse aufstellt und das Springbegeisterte Pferd rennt freiwillig drauf zu und springt  :cheese:  So naive kann man sein.

Ich hatte mir dann so eine Bodenarbeitskurs Stunde angeschaut und war nicht grade begeistert. So wollte ich es jedenfalls nicht.

Ich frag mich auch oft ob die Leute nie mal ein Buch oder eine Zeitschrift über Pferde lesen.

Da kommen so sprüche wie: Ja meiner steht in der Box weil er sich auf dem Paddock nicht wohl fühlt.

  Oder ich wurde gefragt was für eine Winterdecke Herr Pony denn im Winter trägt. Ich: keine
Sie: Keine?
Ich nein der bekommt im Winter 10 cm langes Fell ich muß ihm vor dem WInter den Hals scheren damit er nicht zu dolle schwitzt.

Es wurd nur mit dem Kopf geschüttelt. Ich bin ganz schlimm mein Pony bekommt im Winter keine Decke und steht auch noch in einem Offenstall.

Die letzten Tage nur am regnen unsere natürlich trotzdem jeden Tag raus (die einzigen beiden) alle anderen auf den Paddocks oder in der Box... Keiner kommt auf die Idee das es vieleicht nicht gut für die Pferde ist wenn man Tagelang das Gras weglässt und dann von 0 auf 6 Stunden Gras verabreicht.

Und dann die Angst vor dem eigenen  Pferd, Pferd hat Spaß fordert einen auf mit rumzurennen setzt spielgesicht auf und alles zuckt zusammen. Ich finde es süß wenn meiner ausgelassen rumtobt (meist mit Kumpel) die beide sich aufstacheln und rumspringen wie Flummis zwischendurch dann angelaufen kommen, vor einem Stehen , mit erhobenen Schweif und trötend... Pony steht dann da und ich sehe ihm an wie toll er sich in dem Moment findet (habe ich ihm ja die ganze Zeit auch begeistert zugerufen wie toll er doch ist)... will ein stück Möhre ... bekommt es und brettert wieder ab. Das geht dann eine Weile bis sie nicht mehr können und die Power raus ist, dann kommt er angelaufen  und meint : komm wir gehen ich kann nicht mehr. Meistens gehen wir dann auch oder spielen noch ein bisschen.Das sind dann so tage wo er entschieden hat was wir machen, an Arbeit ist dann auch nicht zu denken, ist mir dann auch egal, er hat sich ordendlich bewegt und wir hatten Spaß ( ich alleine durchs zuschauen)

Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Mannimen am 16. Juli 2012, 01:50:16
Ich finde, das stärkt auch das gegenseitige Vertrauen, wenn mehr Interaktion zugelassen werden kann und weniger Kontrolliert wird. :cheer:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Luke am 16. Juli 2012, 09:54:41
Genau, vertrauen aber gegenseitig.

Meiner hatte am Anfang ziemlich lockere Hinterhufe und bekam regelmäßig Wutanfälle. Klar das ich da vorsichtig war 100 prozentig vertrauen mochte ich ihn nicht. Dann kam ein Winter der es änderte.

Sein Padoock war total verschneit und er ist ja ein tiefer gelegtes Pony, also dachte ich mir der Schnee muß weg, die hartgefroreren Haufen druter Stolperstellen. Mein Mann stand außerhalb des Paddocks, Luke war in seiner Box und mümmelte rum und ich war am Schneeschieben und abäppeln.
Ich stand  ziemlich dicht am Zaun und nah an der Tür zur Box. Auf einmal  ein lautes Geräusch, Luke kam aus der Box geschossen genau auf mich zu, ich habs nicht mitbekommen weil ich ja mit dem Rücken zu ihm stand und gebeugt war. Ging auch alles ziemlich schnell. Luke mußte genau hinter mir gestoppt sein und ist über mich weg gestiegen, ist dann mit den Vorderhufen neben mir auggekommen. Mein Mann sagte, er hätte mich shcon ins Krankenhaus fahren sehen. Hinten ist er ein bisschen weggerutscht weil er sich beim Steigen ja gedreht hat. Pony hatte dann riesige Augen und  guckte mich total änglstlich an. Er berührte mich bei der Aktion nur leicht an der Schulter.

Ein anderes mal als er sich erschrak und ich schon auf seinem Hals saß und mich fallen sah, setzte er alles dran mich wieder auf seinen Rücken zu befördern. Danach ging er auf die Knie und ließ mich langsam runterrutschen.

Nach diesen Aktionen war mir klar er will mir nichts tun . Ich vertraue ihm seitdem.
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: schmusekatze am 16. Juli 2012, 10:13:29
Ach, das hört sich schön an  :cheer:  Ja, bei solchen Situationen weiß man, dass man seinem Pferd vertrauen kann...hoffentlich kann ich das auch mal erleben  :jaso:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Merle am 16. Juli 2012, 10:57:30
Ich finde es einfach nur spannend was dabei rauskommt, wenn man Herrn Pony einfach mal machen lässt :lol: das ist auch genau der Grund dafür, dass ich überhaupt mit dem Clickern begonnen habe
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Luke am 16. Juli 2012, 23:54:23
 :cheese:
Ja aber er kann auch richtig rüpelig sein  heute noch wollte er meine Freundin nicht aus dem Paddock lassen nachdem sie sich von ihrem Pferd verabschiedet hatte. Sie ist ein Keks Mensch ohne Click ( heißt nicht das ich non stop Clicker aber Pony bekommt nur was wenn ich es für richtig halte und wenn ich vorher eine gegenleistung bekommen hatte, für nix gibt es nix außer den ersten Hallo Keks und den Schlaf schön bis morgen Keks.. bei mir gibts aber fast nur Möhrchen... Freundin hat richtige Leckerlis) und er muß den Kopf wegnehmen wenn ich ihm was reiche (also von mir weg)

Ich habe ihr verboten dem Pony Kekse zu geben wenn ich dabei bin und er nichts dafür gemacht hat (er hat EMS und man muß schon gucken was er bekommt) tja und da baut der sich doch glatt  vor ihr auf wächst um 10 cm an, legt die Ohren an und ruppt an iherer Jacke: Her mit den Keksen , sofort sonst kommste nicht raus.

Ich habe ihn dann scharf seinen Namen gerufen. Pony nimmt die Ohren sofort auf halbmast und lässt sie vorbei. Nase aber total kraus gezogen, man hat ihm richtig angesehen das er das total sch... fand.

Manchmal denke ich er war im letzten Leben ein total verzogener Hund.  Durchs Clickern und spielen wird er aber Kopfmäßg ausgelastet  auch wenn ich merke um so mehr man mit ihm macht um so mehr kommt er auch selbst auf Ideen und wird mutiger (auch wenn das nicht immer gut ist, man muß ja ständig aufpassen das er nicht irgendwelchen Mist baut.)

Geht euch das auch so?
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Mannimen am 17. Juli 2012, 07:33:21
Antares wurde auch immer kreativer mit dem was er von sich aus anbot und natürlich war das nicht immer das, was ich mir vorgestellt hatte. Es war für mich jedoch total spannend zu sehen, was er eigentlich so für Ideen hat und wie er was interpretiert. Da wurden auch meine grauen Zellen mächtig aktiviert. Ganz besonders erstaunt war ich darüber, wie wenig er sich am Stück auf eine Sache konzentrieren kann, hatte ich doch im Hinterkopf ein Training für eine ganze Stunde mit ihm zu absolvieren. Schon nach ein paar Minuten konnte ich diesen Gedanken völlig aufgeben, denn er zeigte Übersprungshandlungen und lief auch gerne weg. So gab es mehr Pausen, als das wirklich an was gearbeitet werden konnte und ich begriff, wie sehr ich mich zurücknehmen musste, damit überhaupt etwas sinnvolles daraus entstehen konnte und wie viel freien Raum mein Pferd dazu benötigte.

Was die Situation auf der Weide angeht, so habe ich leider sehr viele negative Erfahrungen damit machen müssen. Ich musste auch erkennen, dass Neid und Missgunst diesen Tieren eben nicht fremd sind. Hier war ich also noch mehr gefragt darauf zu achten, dass kein Pferd in irgend einer Weise von mir ungerecht behandelt wird. Antares steht im Rang sehr weit unten und so darf ich ihn dort einfach auch nicht bevorzugt behandeln. Das führt unweigerlich dazu, dass er Stress mit den rang höheren Tieren bekommt. Und wenn dann auch noch unterschiedliche Umgangsformen mit den Pferden praktiziert werden, geht das gar nicht. Insofern rufe ich ihn immer erst aus der Herde raus und beginne außerhalb der Weide und Sichtweite der anderen Pferde mit ihm so zu arbeiten. Doch selbst das blieb den anderen Tieren nicht verborgen und so bekam Antares sein Fett, sobald er wieder zu ihnen kam. Auch wollten sie ihn dann nicht mehr zu mir gehen lassen, wenn ich kam und versperrten ihm regelrecht den Weg, sodass er sich immer erst frei laufen musste. All das führte dann dazu, dass er auch nicht mehr zurück auf die Weide zu den anderen gehen wollte oder von der Weide ausbrach. Das war eine sehr schwere Zeit und ich konnte ihn nur noch in kleinen Gruppen oder gar nur zu zweit noch unterbringen.

Zum Glück wechseln wir jetzt den Stall und er kommt zu Pferden, die den Umgang mit positiver Verstärkung kennen und kaum noch von Druck geprägt sind. Da erhoffe ich mir ein friedvolleres Miteinander. Dort ist es ja sogar auch möglich direkt auf der Weide ein Pferd alleine zu clickern ohne dass sich die anderen dazwischen drängen etc. Dann wird es auch keinen Neid und Missgunst mehr geben. Und Antares braucht nicht mehr durch die Zäune entfliehen. Futter und Bewegungsmöglichkeiten gibt es dort auch reichlich. Das sind alles Dinge, die da mit rein spielen können. Die Tiere müssen in ihren Grundbedürfnissen erst einmal völlig zufrieden sein, bevor so spezielle Sachen hinzu kommen, denke ich. :nick:
Titel: Re:Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Engelskind am 14. Dezember 2012, 17:46:17
Toller Beitrag  :les:!
Ich clicker nun schön länger und mache eigentlich nicht wirklich spektakuläre Dinge - finde ich.
Am besten finde ich eigentlich, dass ich deutlich weniger aktiv werden muss, je mehr Übung er hat. Wenn ich überlege wie wir das Ballspielen angefangen habe, bin ich erst mal engmaschig dran gewesen. Gestern hab ich Herrn Pony dann mit Ball auf die Weide gestellt und dann mal beobachtet und festgestellt, Pony bwegt sich alleine und holt sich ggf. mal einen Click+Keks ab  :cheese:. Fein!
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Cajus2004 am 15. November 2013, 08:42:33
Hahahahahaha ,das ist mir fast aus der Seele gesprochen,was hier mache an den Tag legen.
Ich hab einen 9 jährigen,putzigen und ichmachefürfutteralles Friesenmix. Er wird nicht böse oder so,aber spult auf dem Paddock gern alles ab was er schon so gelernt hat...und bei Futtergabe ist er seeeeeehr Aufnahmefähig :cheese:
Ich clicker ihn seit DREI!!!!!!! Tagen.In der Zeit kann er rückwärts übers Paddock rasen,sich drehen,wie ein Brummkreisel und nicken bis der Arzt kommt. Man sieht richtig,wie er überlegt,was er denn noch machen könnte,damit er zu seinem Click und damit zum Fresschen kommt. Schon witzig manchmal,wenn man am anderen Ende des Paddocks abäpfelt und er am Stall steht und sich wie ein Propeller um sich selbst dreht und dann erwartungsvoll in meine Richtung schaut....

Ich bin so begeistert von der Art und Weise des Clickerlernens. Meine beiden Wallache sind mit vollstem Elan dabei.Der Jungspund noch etwas zu energisch :willwill:...aber das bekommen wir sicher auch in den Griff.
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: ClaudiStella am 08. Januar 2015, 18:05:03
Ein ganz toller Beitrag der meiner schon länger unbewusst sitzenden Frage eine Plattform gibt.  ;)

Seitdem ich also meine 2,5 jährige clickere, hab ich mir auch genau sowas versucht zu Herzen zu nehmen- auch macht es mir total viel Spaß zu sehen wie sie alles mögliche untersucht und dran rumrüsselt . Nur oft frage ich mich, wie ich ihr am besten den oft genannten Rahmen bieten soll, in dem sie sich bewegen kann, um sich nicht zu einem unerzogenem Pferd mit Anhängsel am anderen Ende des Stricks zu entwickeln.
Beispielsweise fing sie wie verrückt an das Holz anzunagen welches zum Anbinden gedacht ist. Ok, ignorieren und loben wenn sie ruhig steht. Das mach ich sowieso regelmäßig beim putzen auch an anderen Anbindestellen ohne Holz. Aber ganz lassen tut sie es nicht. Kann ja auch sein, dass sie einfach dieses Bedürfnis hat- aber ich kann das leider im Aufzuchtsstall nicht durchsetzen, dass die da Holz zum knabbern bekommen. Jetzt komm ich natürlich nur oft in Bedrängnis, wenn die Stallbesitzer bspw sehen dass sie knabbert und ich offensichtlich nichts tu.
Dann ist es auch so, dass ich ihre Neugierde versuche nie auszubremsen und sie alles untersuchen lasse. Das hat dann zur Folge, dass wir bspw fast nicht durch die Stallgasse des anderen Stalltraktes kommen  :tap: :D
Sie rüsselt alles an, die Pinnwand mit allen Blättern (die fliegen dann schon mal), alle Boxen mit ihren Utensilien davor - die bleiben oft auch nicht liegen- WENN ich sie dann nicht doch etwas am Strick zu mir ziehe oder alles mögliche andere.
Vielleicht hört sich die Frage ja komisch an, aber wie ich damit clickertechnisch am besten umgehen soll weiß ich nicht so recht. Früher hätte ich sie ja einfach am Strick festgehalten und garnicht hingelassen.
Wie kann ich meinem Jungpferd mit clickern einen Rahmen vorgeben, der aber nichts mit Zwang/Druck zu tun hat und ich ihr trotzdem das Chaos zugänglich machen kann
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Never Mind am 14. März 2015, 19:18:31
Interessanter Gedanke  :)
.. mir ging es längere Zeit ähnlich wie ClaudiStella und der Annagerei .. weiter hat das "selbstständigwerden" dann dazu geführt, dass beim äußert anstrengenden Aufbauen von Sachen am Reitplatz schon alles verwendet vorverwendet und liebevoll wieder "destroyed" wurde, dass beim Aufsteigen plötzlich ein Kompliment oder ein Plié auftauchte oder oder oder.
Prinzipiell finde ich die Entwicklung zur Selbstständigkeit total super - unsere Beziehung ist viel mehr auf eine Ebene gerückt und alleine durch diese Verschiebung hat sich in anderen Bereichen - zB Vertrauen - so viel weiterbewegt! Zum Guten!

Andererseits war dann dieser Rahmen, der erstellt werden musste.  :roll:
Zunächst ging es über in ein "lass das" und daraus resultierte ein hin und her und der ich-versuche-schneller-zu-sein-wie-du Verhaltensablauf - Tiroler halt  :cheese:
Irgendwann hab ich dann angefangen zu pfeifen bzw. einen konkreten Pfiff loszulassen und sobald er das was er grade getan hat gelassen hat gelobt - es war zwar nicht meine Absicht genau das dafür zu verwenden - aber es funktioniert. Der Pfiff ist für uns etwas das ihm (meiner Meinung nach) sagt: Hey, cool was du machst aber bitte nicht grade genau das genau jetzt. Darauffolgend hab ich was eingebaut, dass ihm mit Leichtigkeit eine Belohnung bringt.

Seitdem ist unerwünscht eingebautes Verhallten viel seltener geworden  :cheer: und wenn viel leichter auflösbar.
Außerdem mag ich diese Art der Freitheit irgendwie - wenn mein Partner ne Macke hat dann gehört es doch auch zur Beziehung dazu, dass man den, auch wenn er sich sonst anstrengt, wieder mal zu sagen "hemhem, duuuhuuu.."

So seh ich das jedenfalls  :cheer:

 
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Avaris am 25. Januar 2016, 20:20:42
Ich frag mich grad - und vielleicht hat sich das ja jemand anders vor mir auch schon gefragt und eine Antwort für sich darauf gefunden...wie man beim Clickern die Kreativität und die Ausdrucksstärke des Pferdes mit so Sachen wie der Signalkontrolle vereint? Soll heißen, mache ich mir mit der Signalkontrolle nicht den freien Ausdruck und die Kreativität meines Pferdes und deren Auslebung "kaputt"  ???
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: noothe am 25. Januar 2016, 21:45:31
Hast du mal die Bücher von Karen Pryor gelesen oder vom 100 Dinge mit einer Box gehört? Man kann das Clickertraining ganz wunderbar mit "100% kreativ" Einheiten verbinden und im Training jederzeit intelligente Entscheidungen verstärken, auch ohne Signal.

Signalkontrolle bedeutet nicht, dass das Tier sich ohne Signal nicht verhält, oder dass alles unter Kontrolle ist. Es bedeutet nur eine klare Kommunikation, welches Signal zu welchem verhalten gehört. Dass z.b. das Grasen am Reitplatz unter Signalkontrolle ist, wenn der Mensch gerade gemeinsam mit dem Pferd im Rahmen einer Übung läuft bedeutet nicht, dass das Pferd nicht anfragen kann, dass es eine Graspause möchte, und man dann gemeinsam grasend über den Platz wandert... Verstehst du wie ich es meine?
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Avaris am 26. Januar 2016, 06:30:03
Noch nicht ganz, aber ich bekomme eine ungefähre Idee, glaube ich.
Ich glaube, bei uns war vielleicht das "Problem", dass es jetzt eine Weile lang NUR noch C+B für Dinge gab, die ICH IHN gefragt habe. Dinge, die er angeboten hat, hab ich wohl irgendwie total ignoriert  :-[
Aber jetzt haben wir ja letztens auf der Weide endlich wieder zusammen gespielt, und er hatte lustige Ideen, die ich auch gleich geclickt habe, denn ich will nicht die einzige sein, die hier was vorschlagen darf. Und er hat ECHT lustige Idee  :cheese: Nur kam mir dann das Grübeln: Müsste man an sich nach "ordentlicher Clickermanier" dieses neue Verhalten nicht auch unter Signalkontrolle stellen? Das fühlt sich alles irgendwie arg doll kontrolliert an, im Moment ein bisschen wie eine sehr einseitige Kommunikation...ich glaube ich hab es doch noch nicht ganz gut verstanden, magst du es vielleicht noch ein bisschen weiter ausführen?  :rotw:
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: noothe am 26. Januar 2016, 10:26:16
Ok, ich versuche es nochmal. Es sind ja mehrere Faktoren in diesem Zusammenhang interessant.

1) Die Signalkontrolle

Die Signalkontrolle bedeutet, [v.] das Verhalten wird ( [a.] in einem gegebenen Kontext) [b.] auf dieses Signal hin zuverlässig gezeigt, [c.] nur auf dieses Signal hin gezeigt, [d.] nicht ohne dieses Signal gezeigt, [e.] und auf das Signal hin wird kein anderes Verhalten gezeigt.

Nehmen wir mal... das Antraben, und zwar bei der Arbeit am Strick, rund um den Pylonenkreis, das Signal ist ein Doppelschnalzer. Dann haben wir:

[v.] Verhalten: Antraben, innerhalb von 3sec, in Laufrichtung
[a.] Kontext: Laufen um den Pylonenkreis, Halfter und Strick
[b.] Signal: Doppelschnalzer, das Pferd trabt an
[c.] anderes Signal: Pfeifen (Signal für Stehenbleiben), das Pferd trabt nicht an, sondern bleibt stehen
[d.] kein Signal: solange kein Doppelschnalzer kommt, bleibt das Pferd aufmerksam in [Steh/Schritt/Wendung/Galopp]
[e.] falsches Signal: bei einem Doppelschnalzer bleibt das Pferd weder stehen, noch galoppiert es an

Es geht eigentlich im Grunde genommen dabei nur um folgendes:

[v.] Das Pferd kennt & kann das Verhalten
[a.] Das Pferd kennt den Kontext
[b.] Das Pferd kennt das Signal
[c.] Das Pferd kann das Signal von einem anderen Signal unterscheiden
[d.] Das Pferd kann das Signal von den Umgebungsgeräuschen unterscheiden
[e.] Das Pferd kann andere Verhalten von diesem Verhalten unterscheiden

Für den Kontext vielleicht noch ein schönes Beispiel: Jeder von uns hat bedeutet, dass eine rote Ampel anhalten/stehenbleiben bedeutet. Manchmal wird dieses Gebot aber aufgehoben, wenn z.B. die Polizei den Verkehr regelt oder die Ampel offensichtlich ausgefallen ist. Das ändert nicht die Bedeutung des Signals, aber es zeigt, dass dsa Signal nicht im luftleeren Raum existiert, und immer auch die Umgebungsfaktoren berücksichtigt werden müssen.

2) Eigene Vorschläge

Um jetzt beim Beispiel des Antrabens zu bleiben, was mache ich jetzt, wenn das Pferd im Schritt ohne Signal mehrfach antrabt. Ich könnte

a) darauf bestehen, dass wir weiter Schritt gehen (weil es z.B. aufgeregt ist, und sich nur weiter reinsteigern würde)
b) nach dem nächsten Durchparieren das Signal für den Trab geben und weiter am Antraben arbeiten
c) den Pylonenkreis abbauen, das Pferd an die Longe hängen, und es eine Weile im Trab longieren (anderer Kontext, anderes Verhalten)
d) den Strick abmachen, die Pylonen abbauen, und mit dem Pferd gemeinsam im Trab herumflitzen (ohne Doppelschnalzer, weil es trabt eh, und der Kontext ist ein anderer)
e) das Pferd zurück auf den Paddock stellen und dabei bewundern, wie es mit den anderen ein wildes Rennspiel beginnt
f) einen Fußball rausholen, und die Trabmotivation nutzen, dort ein wenig mehr Tempo zu bekommen

Ich kann also, wenn das Pferd das Signal "missachtet" oder "vorwegnimmt" ganz flexibel damit umgehen, je nach Bauchgefühl, eigener Motivation, Vorlieben des Pferdes etc.

3) Kreativität

Und was, wenn das Pferd jetzt ganz eigene Ideen hat? Und z.B. beginnt, Pylonen umzuschubsen, oder nach jeder Runde von sich aus einen Handwechsel einzubauen? Oder Galopp anbietet, ohne dass wir bisher daran gearbeitet haben? Also Dinge, die bisher nicht geübt wurden, die kein Signal haben, oder die evtl. ein Signal haben, und gerade überhaupt nicht gefragt waren? Auch hier können wir wieder vollkommen flexibel reagieren. Wir können:

a) nicht-reaktiv bleiben, sprich, das Verhalten notieren, nicht weiter darauf eingehen und mit dem weiter machen, was wir gerade tun (Langzeitbeobachtung: in welchen Situation tritt es auf, wird es seltener oder häufiger?)
b) das Verhalten aufgreifen und (vor allem wenn es ein Signal hat), daran weiter arbeiten
c) das Verhalten als Verstärker einsetzen (Premack), z.B. für jedes gelungene Antraben eine Pylone umschubsen
d) das Verhalten auch ohne Signal verstärken wenn es auftritt, und sonst weiter nicht drauf eingehen - und für die nächste Einheit die Arbeit an diesem Thema planen
e) den Kontext verändern (z.B. den Strick abmachen), beobachten was das Pferd anbietet, und dieses aufgreifen
f) die Einheit in eine 101 Dinge mit... Einheit umwandeln
g) ...

4) 101 Dinge mit...

Eine Übung aus dem Delphintraining, Karen Pryor. Dabei geht es darum, wie viele Verhalten sich ein Tier einfallen lassen kann, ohne sich zu wiederholen. Für jedes Verhalten gibt es einen Click, und den nächsten Click erst wieder, wenn ein bisher (in dieser Einheit) noch nicht gezeigtes Verhalten auftaucht. Also z.B.:

1. Pylone mit der Nase umstoßen
2. liegende Pylone mit der Nase anstupsen
3. liegende Pylone mit der Nase schieben
4. liegende Pylone anlecken
5. liegende Pylone mit den Zähnen untersuchen
6. in die Spitze der Pylone beißen
7. in den Fuß der Pylone beißen
8. die Pylone mit dem linken Vorderhuf berühren
9. die Pylone mit dem rechten Vorderhuf berühren
10. usw.

Das ist dann eine (im Rahmen) vollkommen freie und kreative Einheit, wo sich das Tier so richtig austoben kann. Aber Achtung, das erfordert wirklich Höchstleistungen von Pferd und Mensch, sich nämlich wirklich alles zu merken und auch drauf zu achten, was alles passiert. Für ein Tier, dass das Konzept nicht langsam gelernt hat, kann das eine ziemlich stressige Geschichte sein, wenn es nicht verstehen kann, wofür es gerade Clicks gibt.

5) Mach was du willst, es gibt für alles Kekse (oder auch nicht)

Auch diesen Ansatz kann man leben, und auf jede einzelne Idee des Pferdes einfach eingehen. Auch wenn es erstmal wiedersprüchlich klingt, wäre das für mich die absolute Königsklasse, was Konzentration, kristallklare Signale und das Wissen um Stresszeichen angeht. Denn wenn man keine "Signalkontrolle" haben möchte, und sich jedes Verhalten des Pferdes (manchmal) lohnt, wird einem das Pferd (ja nach charakter früher oder später) irgendein Verhalten um die Ohren werfen, mit dem man gerade nicht so klar kommt. Rempelhüfttarget oder Steigen bei einer TA-Untersuchung? Den herzhaften Biss in alle herumliegenden Gegenstände? Auf der Koppel verfolgen und von den anderen Pferden abdrängen? Wenn man nicht den Ansatz verfolgen möchte "naja, dann 'unterbinde' ich das halt - durch Anschreien, einen Ruck am Strick, einen Klaps, und all diese lustigen Geschichten" dann sollte man ein sehr genaues Auge dafür haben, welche Übungen in diese Richtung abdriften könnten, und diese entweder nie wieder verstärken, oder eben doch ein [bewusstes] Signal einführen.

Im Gegensatz zu Verhalten, die sich im Lauf von (einigermaßen) strukturierten Trainingseinheiten entwickelt haben, können wir bei diesem Ansatz nie so ganz sicher sein, welche Emotionen ursprünglich mal im Spiel waren, und was wir vllt. so alles mitbestärkt haben. War das Steigen z.B. immer eine Drohung an ein nahestehendes Pferd / uns, und wir haben somit diesen Ansatz der Konfliktlösung in Menschennähe aktiv verstärkt?

[unfassbarerweise ist der Beitrag zu lang, Fortsetzung folgt  :lol:]
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: noothe am 26. Januar 2016, 10:32:03
6) Zusammengefasst

Signale (und Signalkontrolle) sind hauptsächlich für eins gut - klare und verstädnliche Kommunikation, bei der sowohl Sender und Empfänger grob wissen, worum es geht. Das nimmt viel Unsicherheit und Stress aus dem Training, und verhindert damit wiederum Übersrpungshandlungen, Frusthandlungen etc.

Mit fortgeschrittener Kommunikation, wenn man sich gut lesen und interpretieren kann, wenn man weiß, wie man im Notfall auch wieder zur Entspannung zurück kommen kann... dann kann man so wild und chaotisch und ungeplant in den Tag hinein leben, wie man das möchte.

Wenn ein Signal in einem Kontext sicher sitzt, bedeutet es noch lange nicht, dass es das in allen anderen Situation auch zwingend muss. Wenn ich über die Koppel laufe brauchen nicht alle Pferde auf einen Doppelschnalzer hin Antraben, sondern sie können machen was sie wollen. Wenn ich mit der Schubkarre laufe möchte ich aber, das jedes einzelne davon mich durchlässt. Ein Signal wird also generalisiert, ein anderes nicht. Auf einen Click hin bekommt manchmal nur mein Pferd einen Keks, und manchmal auch die Umstehenden, je nach Kontext.

7) Ganz persönlich

Die Krümeline hat fast vollkommene "Narrenfreiheit", manchmal grenzgeniale Ideen und manchmal (oft) absoluten Quark im Kopf. Die hat aber das Clickerprinzip so verinnerlicht, dass sie genau weiß, dass es regelmäßig was gibt, und beißt mir nicht den Kopf ab, wenn ich einfach mal eben nichts verstärke. Dann geht sie halt grasen oder durch die Gegend gucken. Mir sind nur einige wenige Sachen wichtig, wie das Aufhalftern können & Decke anziehen können, Führen/gemeinsam am Ziel ankommen, dass sie mir die Futterschüssel nicht aus den Händen reißt, und dass wir durch jedes Tor kommen, sie sich anschließend umdreht und wartet, bis es geschlossen ist. Selbst bei diesen Dingen gibt es Ausnahmen und nichts davon MUSS sie, aber bei denen lege ich grundlegend Wert drauf. Alles andere ist mir (persönlich) ziemlich Banane  :rotw: Trotzdem kennt sie das Prinzip Signalkontrolle und wir haben unendlich viele Signale, da es mir wichtig ist, jederzeit in der Lage sein zu können, ein Verhalten schnell und ohne Stress sauber mit einem Signal verknüpfen zu können. Wer weiß, wann wir es mal wirklich brauchen.

So, das war das Wort zum Dienstag  :cheese:
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Nepomuk am 26. Januar 2016, 11:04:24
Ein ganz großes :danke: , Tine! Du hast das für mich auch nochmal deutlich klarer gemacht :keks:
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: francelaura am 26. Januar 2016, 12:07:50
Super Tine, danke!  :keks: :keks: :keks:
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Avaris am 26. Januar 2016, 12:58:13
Wow, das ist wirkich eine tolle und ausführliche Erkärung!!!  :keks:
JETZT habe ich glaube ich auch verstanden, was du meinst - vielen vielen vielen lieben Dank für deine Mühe und deine tolle Erklärung!  :hug:
So langsam sortieren sich die Sachen in meinem Kopf und ich kriege eine echte Idee  :nick:

"Signale (und Signalkontrolle) sind hauptsächlich für eins gut - klare und verstädnliche Kommunikation, bei der sowohl Sender und Empfänger grob wissen, worum es geht. Das nimmt viel Unsicherheit und Stress aus dem Training, und verhindert damit wiederum Übersrpungshandlungen, Frusthandlungen etc.

Mit fortgeschrittener Kommunikation, wenn man sich gut lesen und interpretieren kann, wenn man weiß, wie man im Notfall auch wieder zur Entspannung zurück kommen kann... dann kann man so wild und chaotisch und ungeplant in den Tag hinein leben, wie man das möchte."


Diesen Teil finde ich total gut in Worte gefasst, eine sehr gute Zusammenfassung  :nick:
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: fritzipony am 26. Januar 2016, 19:18:00
So. Nun habt Ihr also Euren ersten Clicker gekauft. Und verlegt, und gleich den nächsten gekauft.  ;)


Hab am WE mal die Sattelkammer, das Auto, mein Zimmer, und sämtliche jacken durchsucht...
Habe insgesamt 14 clicker gefunden.  :cheese:

Und ganz tolle Zusammenfassung  :keks:
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 1007 am 04. Mai 2016, 13:03:59
Huhu, ich hole jetzt mal ein wirklich altes Thema hervor. Muss ja kein neues aufmachen... die Überschrift passt so gut  :rotw:

Allerdings: Das Chaos, und zwar das in reinster Form herrscht vor allem bei mir, in meinem Kopf...
Ich habe soooo viel im Kopf und dann eher wieder gar nichts. Fange mit einer Übung an, funktioniert auch toll und dann kommt das erste "wie soll ich ihm denn nun eigentlich sagen was ich gerade will? Beim "Kopf tief" stehe ich vor ihm,  bei "Kopf links / rechts" jeweils auf der anderen Seite auf Gurthöhe... Aber ist das für weitere / spätere Übungen überhaupt sinnvoll?!
Und ich möchte ihm und ihr soooooooooooooooooooo viel beibringen, und am liebsten alles auf einmal  :-[ Es ist gruselig :(
Ich habe jetzt noch neben dem Apportieren der Schlauchpyramide das Longieren mit dem Pylonenkreis begonnen. Dann finde ich aber das
Pre-WWYLM, die Mattenblume und auch den Longenkurs total klasse... aber.... hebeln die drei sich gegenseitig aus?!
Mein Faxe, mit dem ich die meiste Zeit arbeite (da meine RB sich um Maja kümmert  :cheer:), ist total entspannt. Er wartet freudig und bietet mir das schon geübte lieb an... Den Stress... den habe ich.... :(
Könnt ihr mir helfen das Chaos etwas aufzuräumen?
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Lucy am 04. Mai 2016, 13:25:01
Mir geht es ganz ähnlich, bin auch oft verwirrt :confused: :confused: :confused:

Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Mimmilein am 04. Mai 2016, 15:44:57
Das kenne ich auch ziemlich gut. Man kriegt ständig neue Ideen und denkt dann immer ach ja das könnte ich noch machen und das und das...
Wichtig finde ich da, sich die Dinge aufzuschreiben und dann eine Prioritätenliste zu erstellen: Was bringt mir in meiner momentanen Situation am meisten? Sind meine Trainerfähigkeiten und der Trainingszustand meines Pferdes ausreichend, um die neue Übung zu erlernen? Wie muss ich die Übung aufbauen, damit sie später am praktikabelsten ist.
Alles wird man wohl nie erreichen können, aber mit eigenen klaren und auf das Pferd angepassten Vorstellungen kommt man sicher schon recht weit.
Titel: Re: Ein Plädoyer für das Chaos....
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 1007 am 04. Mai 2016, 15:55:14
Oh, die Prioritätenliste ist eine tolle Idee, das setze ich mal um! Danke schön  :dops: