Ja, viele Pferde zeigen Abwehrreaktionen. Warum tun sie das? Weil der Rücken fest, in der Faszie verklebt ist und die mannigfaltigen kleinen Stellmuskeln, die alle um die Wirbel direkt von Gelenk zu Gelenk, von Gelenk zur Rippe, von Dornfortsatz zu Dornfortsatz führen, ALLE fest sind, um das Empfindlichste, nämlich die Wirbelsäule und den Nervenkanal, zu schützen.
Wenn ein Pferd sagt "Rückenaufwölben ist DOOF", dann empfindet es ungefähr den Schmerz, denn Du als Mensch empfindest, wenn ich sage "mach mal schnell Spagat", bitte bis zum Boden. Das schaffen die wenigsten, würde ich mal sagen, und es tut heftig weh.
1. Jeder bemuskelte Organismus mit Gelenken hat auch Mechanismen, die dem Körper signalisieren:
Achtung, drohender Schaden! Und dann werden Muskeln fest angespannt und bleiben so, um die Gelenke zu schützen. Das nennt man eine Blockade.
2. Rücken- und Bauchmuskeln sind zusammengeschaltet. Wölbt sich der Rücken auf (z.B. zum Pinkeln), tut er das, weil sich die Bauchmuskeln anspannen. Dann bekommen die Rückenmuskeln den Befehl, los zu lassen (sie verlängern sich und ermöglichen das Aufwölben).
Ebenso, wenn sich der Rücken durchdrückt (weil sich die Rückenmuskeln zusammenziehen) bekommen die Bauchmuskeln den Befehl, loszulassen.
Spannen sich beide gegenseitig an, bekommen wir einen komplett festen Rumpf, der in alle Richtungen unbeweglich wird (das kommt beim Pilates heraus, wenn man nicht aufpasst und mit etwas Zurück-Tendenz arbeitet in die fest stehende Hinterhand)
Ist beim Menschen genauso. Wenn ich mit dem Finger die Wirbelsäule entlang fahre, wird sich der Rücken durchdrücken und der Bauch wird vorgestreckt. Wenn ich in den Bauch piekse, krümmt sich der Rücken und der Bauch wird eingezogen.
Beim Reitpferd haben wir im Grunde genommen den Dauerzustand der Rückenüberlastung, weil die meisten Pferde nicht genügend vorbereitet sind, wenn ein Mensch obendrauf Platz nimmt. Deshalb bekommen die Bauchmuskeln den Dauerbefehl "lass los". Dadurch fehlt dem Rumpf zum Einen die Unterstützung von unten, die Bauchmuskel werden in ihrer Haltespannung beeinträchtigt und dann in Folge in der "Losgelassenheit" (die keine echte ist) überlastet. Die einzelnen Schichten verkleben, werden unbeweglich und überlastet, weil sie in dem Zustand nicht mehr arbeiten können.
Der Bauch liegt in den Bauchmuskelschichten (es sind ca 5 große Muskelsysteme, die die inneren Organe, die mehrere hundert Kilo wiegen, stabilisieren und halten müssen) wie in einer Hängematte. Ostheopathisch betrachtet haben auch die Organe eine ständige Bewegung. Geht jetzt von den Faszien der Bauchmuskeln eine Verklebung und Versteifung aus, kann das auch zu Verdauungs- und anderen Problematiken führen.
Die Rückenmuskulatur besteht aus hunderten von kleinen Muskel-querverstrebungen (also zigtausenden von Fasern), die im M. Multifidus zusammengefasst werden. Alle diese Muskeln sind für die Seit-, Diagonal- und Neigungsbewegungen der einzelnen Wirbel sowie für die Unterstützung der Atmung zuständig.
Wir stellen uns oft "DEN Rückenmuskel" vor, der so als STrang neben der Wirbelsäule herumliegt und wie ein Gummiband die Bewegung von hinten nach vorn durchgibt *doing*
Das ist aber eben eine super vereinfachte Sichtweise, um überhaupt ein wenig Verständnis vom Rücken zu bekommen.
Fakt ist, der Rücken ist nicht zum Tragen gemacht. Wenn die Gesamtheit der Muskelfasern um die Wirbelsäule angespannt ist, kann der Rücken weder aufwölben, noch sich biegen oder sich funktional bewegen. Eigentlich kann ein Pferd im Galopp den Berg runter dem Puma entkommen, die Vorderbeine in die eine, die Hinterbein in die andere Richtung. Dafür braucht es maximale Beweglichkeit, und diese haben unsere Pferde nicht (mehr).
Wenn jetzt also ein Pferd sagt "du ärgerst mich, indem du den Rücken aufwölbst" - ja, dann zeigt es eben, dass es dringendst eine Lösung der Rückenmuskulatur nötig hat, und ehrlich gesagt, finde ich es erheblich effektiver, es über die direkte reflektorische Ansprache zu ereichen, als über monate- und jahrelanges Traben auf dem Zirkel.
Und ja, das kann lange dauern und es ist möglicherweise ein ziemlich langsamer Prozeß. Ich habe bei Jack 6 Monate gebraucht bei täglich 5-10 Minuten jeweils VOR UND NACH der Arbeit, bis der Rücken anfing wirklich wieder in Bewegung zu kommen. Und seitdem läuft er anders als sein ganzes Leben (bei mir) vorher.
Ich lasse diese Übung seit *überleg* 8 Jahren alle meine Kunden machen. Nicht jeder ist sehr engagiert dabei, weil es ihnen nicht unbedingt in der Wichtigkeit einleuchtet, aber bei denen, die dran bleiben, sehe ich seit so vielen Jahren wirklich große Veränderungen und Verbesserungen in der Bewegung und Rückengesundheit.
Natürlich muss man das nicht machen, das ist immer Ansichtssache. Aber wenn mich, nach meinem heutigen Kenntnisstand, jemand nach zwei Übungen zur Pferdegesundheit fragt, die mir die wichtigsten sind, dann sage ich:
Rückenaufwölben und Zurückfüttern.
weil das eben die Übungen sind, die die Bauch- und Rumpfmuskeln am effektivsten ansprechen und mit denen ich große Veränderungen in kurzer Zeit erreichen kann.