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Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"

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Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« am: 19. August 2016, 23:28:25 »
Mich beschäftigt eine Frage...und zwar, warum eigentlich (für mich) so oft bei meinem Frodur keinerlei Motivation zu sehen ist. Wir haben ja nun das Glück in einem Stall zu stehen, in dem nahezu alle Pferde (mehr oder weniger häufig) geclickert werden, und ich sehe da riesige Unterschiede in der Motivation der Pferde.

Nicht nur "anstrengendere" Übungen betreffend, sondern eigentlich fast alles...fast alles, was wir so machen (clickern), macht er zwar mit, aber wirkt dabei so lustlos...es gibt nur ganz wenige Ausnahmen - Dinge, bei denen ich vermute, dass sie für sich selbst genommen schon so belohnen sind, dass der Keks gar nicht mehr so unbedingt nötig wäre.

Ich habe nun vor kurzem einen Artikel über das Loben gelesen, und bin dort über die Aussage gestolpert, man solle darauf achten, nicht "alles gleichwertig zu loben". Niemand wird sich besonders anstrengen, wenn er weiß, für weitaus weniger Mühe gibt es genau dasselbe Lob. Und irgendwann wäre so ein Lob nur noch recht wenig wert, denn "die lobt doch sowieso immer alles". Womöglich kann man jemanden so jegliche Motivation sogar kaputt machen?

Ich weiß, dass ich bei Frodur nahezu alles clicke. Dinge, die er eigentlich schon lange kann, bei denen ich aber einfach immer dachte, es wäre irgendwie "unfair", sie nun nicht mehr zu bekeksen. Teilweise hat sich das Verhalten sogar wieder verschlechtert, im Laufe der Zeit. Dadurch, dass wir halt wirklich alles und immer clickern (damit meine ich, wirklich den gesamten Alltag zusammen, von meinem Erscheinen auf der Weide an bis ich wieder gehe), clicke ich halt wirklich viele Dinge mit, supereinfach für ihn sind, schon total gut sitzen (zu mir kommen beispielsweise) und somit aber trotzdem genau so hochwertig (oder niedrigwertig) belohnt werden, wie Dinge, die ihm wohl schwieriger oder sinnloser erscheinen...

Und ich verteile viele (sehr viele) "Mitleidsclicks"...sprich, ich clicke, obwohl er gar nicht unbedingt das zeigt, was ich mir gewünscht habe. Entweder zeigt er ein völlig anderes Verhalten (Beispiel von heute: Einen Schritt rückwärts, statt nur eine Gewichtsverlagerung -ich dachte spontan "na ja rückwärts ist ja auch nett", aber es ist halt eben NICHT das, was ich eigentlich mit ihm erarbeiten wollte...), oder ich clicke mit dem Gedanken "Och wenigstens hat er es versucht..." - wobei "versucht" nicht heißen muss, er gibt sich alle Mühe aber kann nicht besser...ich muss ehrlicherweise gestehen, dass "versucht" auch oft heißt, er könnte schon besser, sieht aber wohl gerade keinen Grund  :shy:


Was denkt ihr so darüber? Kennt jemand so eine Situation? Mache ich womöglich meinem Pferd die Motivation durch "falsches Clickern" kaputt?
Und wenn ja...wie komme ich aus der Nummer wieder raus???

Ich freue mich auf Tipps, Meinungen, Ratschläge....  :nick:
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #1 am: 20. August 2016, 06:09:24 »
hmm,

ich clicke auch sehr viel, was mir gefällt und oft noch sehr, sehr kleinschrittig, obwohl ich gerne schon etwas längere Clickintervalle hätte bei manchem Verhalten.

Meine Ponies zeigen mir jedoch, dass mehr Clicks für sie weiterhin nötig sind.

Wie sieht es denn bei Dir aus mit klaren Kriterien? Kann Frodur nachvollziehen, wofür er den Click bekommt? Vielleicht frustriert ihn nicht das Lob, sondern dass nicht klar ist, wofür er belohnt wurde?
Sabine
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #2 am: 20. August 2016, 07:58:26 »
Wenn du die Mitleidclicks nicht weglassen kannst/willst, könntest du sie niederwertiger belohnen als die "richtigen" Clicks, sodass ihm klar wird "Ist ja ganz nett, geht aber noch besser".
Aber auch dabei ist es wichtig, wie Sanhestar schon sagte, dass die Kriterien klar sind.
Liebe Grüße
Anett

Sternschnuppenteam
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #3 am: 20. August 2016, 09:19:57 »
Danke ihr beiden für eure Ideen. Ich denke eine Weile drüber nach.
Ich vermute, dass für Frodur NICHT immer klar ist, wofür es den C+B gab. Weil es für mich selber dann auch nicht immer klar ist. Das wäre ja was, woran ich arbeiten könnte an mir.
Differenziert zu belohnen ist auch eine gute Idee.

Was macht ihr mit "Standarddingen", die eigentlich schon sitzen? Weiter clicken? Ab und zu clicken? Niedrigwertiger belohnen?
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #4 am: 20. August 2016, 09:27:27 »
alternative verstärker wären eine weitere möglichkeit - oder man kettet mehrere sachen aneinander.
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #5 am: 20. August 2016, 09:31:50 »
Magst du das näher erklären? Das verstehe ich noch nicht so ganz  :shy:
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #6 am: 20. August 2016, 09:58:42 »
verhaltensketten: man fasst mehrere übungen in eine zusammen - wenn man also bisher zb. für jedes huf aufheben einzeln belohnt hat, ersetzt man den marker bzw. die belohnung für huf eins mit dem signal für huf zwei. wenn man bisher für`s anhalten belohnt hat und für`s erneute antreten nochmal, markert man das stehen mit dem signal für los gehen und belohnt anschließend. dadurch kann man beliebig viele übungen zusammenfassen - das signal für die nächste übungen dient dabei als marker/verstärker für die vorangegangene.
zum thema alternative verstärker und deren aufbau hatten wir schon ein paar threads hier, müsstest du mal suchen - vereinfacht gesagt baut man alternative lobformen auf bzw. macht sekundäre verstärker wie kraulen oder stimmlob  mächtiger, indem man sie an primäre verstärker koppelt und setzt diese dann (dosiert) im training als alternative für primäre verstärker (also futter zb.) ein.
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #7 am: 20. August 2016, 11:21:53 »
ich kann nur von meinem hund erzählen, aber da ist schon recht auffällig, wie viel motivierter und fokussierter er ist bei mir (keine mitleidsclicks *fiesbin* ) im vergleich zu meinem freund (eine menge davon  :lol: )

ein click trägt dann halt einfach nicht mehr die gleiche bedeutung als verstärker und er kommt nicht in den gleichen flow.

aber es ist schon auch sehr individuell. meinen hund z.b. clickere ich insgesamt häufiger als mein pferd, einfach weil der charakter da ganz verschieden ist. aber schon immer mit plan und struktur im hinterkopf.

apropos plan im hinterkopf: je nach aufgabe wird der click dann halt für ganz kleine dinge vergeben. beispielsweise für starren-aber-nicht-rennen, was jetzt von aussen leicht als mitleidsclick interpretiert werden könnte.
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #8 am: 21. August 2016, 07:36:40 »
Ich habe gestern etwas passendes zum Thema beobachten können.

Und zwar hat Frodur ja Angst vor unserem neuen Lederpad (gehabt), und ist vorgestern weggelaufen, als ich es ihm auflegen wollte. Das habe ich gestern meiner SB Okkie erzählt, und wir haben dann gleich eine Trainingseinheit an das gemeinsame Abäppeln dran gehängt.

Bei Okkie gibt es keine Mitleidsclicks, und es gibt (dank ihr) sehr klare Kriterien. Und viel Korrektur für mich vom Rand aus, wo sie sitzt  :cheese:

Wir wollten Frodur erklären, dass er keine Angst vor dem Pad haben braucht, und unser Ziel war es, dass er entspannt mit dem Pad auf dem Rücken ruhig stehen bleiben kann.

Das ist ja für ihn nun wirklich keine selbstbelohnende Sache gewesen - immerhin hatte er ja wirklich ein bisschen Angst davor.

Trotzdem war er super motiviert, mit zu machen! Er hat ganz toll mit gemacht, kam immer wieder von sich aus zu uns aus seinen kurzen Pausen, und fragte nach "weitermachen", und wir haben dann mit seiner tollen Mitarbeit unser (sehr hoch gestecktes) Ziel in dieser einen Übungseinheit auch erreicht - Frodur konnte entspannt (!) mit dem Pad auf dem Rücken stehen, während ich drauf herum geklopft habe, es hin und er geschoben habe und es an verschiedenen Stellen herunter gedrückt habe.  :cheer:


Woher nun diese Motivation bei dieser eigentlich so gar nicht selbstbelohnenden Aufgabe?

Meine Vermutung ist im Moment wirklich, dass es daran lag: Keine Mitleidsclicks, klarer roter Faden. Er wusste jederzeit genau, was wir von ihm wollten, wie er uns einschätzen kann, die Teilschritte waren immer so klein dass er sie gut und entspannt schaffen konnte, wurden aber genug gesteigert, dass er mit viel (Futter-)Lob an den richtigen Stellen (!) auch das stolze Gefühl hatte "Ich hab was Tolles gemacht!"

Darauf aufbauend glaube ich, ich muss wirklich an meinem roten Faden und meinen Mitleidsclicks arbeiten.
Für Frodur ist Klarheit ja ganz wichtig, er will wissen, woran er ist und wie er jemanden einzuschätzen hat. Ohne diesen roten Faden, und mit viele verwirrenden Mitleidsclicks scheint ihm das verständlicherweise schwerer zu fallen. Das kann ich schon verstehen, dass einem das dann ein bisschen den Spaß nimmt...

Jedenfalls war es ganz erstaunlich und auch schön zu sehen, mit wie viel Motivation er bei dieser für ihn doch eher schwierigen Aufgabe mitgemacht hat :hug:  :dops: Einfach durch einen guten Trainingsaufbau. Und vielleicht hat auch der Moment einfach gut gepasst  :cheer:
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Re: Motivation kaputt machen durch "Mitleidsclicks"
« Antwort #9 am: 21. August 2016, 08:52:35 »
super :) 
Ich geb Dir mal einen Tipp: Lass Dich mal selbst clicken von Okkie  :nick: einmal klar und einmal "du bekommst für egal was du tust etwas". Und dann merkst du wie sich das anfühlt. Das hilft Dir vielleicht besser Dich zu disziplinieren und klarere Kriterien zu finden.
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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