Clickerforum

Clickertraining im Alltag => Reiten => Thema gestartet von: Origanum am 01. Januar 2021, 14:05:25

Titel: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Origanum am 01. Januar 2021, 14:05:25
Welche Übungen fragt ihr unter dem Sattel ab, wenn euer Pferd nervös wird oder etwas Aufregendes passiert?

Vom Boden kann man ja zum Beispiel Kopf tief in Kombination mit tiefem Füttern verwenden, um wieder ein bisschen zu entspannen. Das geht vom Sattel aus ja weniger (oder doch?) :juck:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: noothe am 01. Januar 2021, 15:25:14
Man könnte zumindest schonmal Kopftief abfragen - ggf. auch ein sehr tiefes Kopftief mit Dauer bis zum Click :juck: Mit der Krümeline bin ich leider mit dem Reiten ja nicht allzuweit gekommen, aber Kopftief als "Geht immer" Verhalten ist ganz tief im Repertoire verankert.

In einer DVD erarbeitet Alexandra Kurland, wenn ich mich nicht ganz falsch erinnere, das Kopfsenken auf Zug am Strick in Richtung Widerist, um es eben auch vom Sattel aus Abrufen zu können. Also Zügel annehmen - Pferd dehnt sich dagegen nach vorne - nachgeben und Pferd dehnen lassen. Sowas in der Art habe ich mit der Krümeline vom Boden aus trainiert und das geht echt gut, selbst wenn sie mega angespannt ist.

Ich bin gespannt was ihr so nutzt, weiter als bis zur Theorie bin ich leider nicht gekommen :roll:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 01. Januar 2021, 15:34:38
Doch, das geht  :nick:  wenn man ein gutes Signal einsetzt, das vom Sattel aus auch zuverlässig abrufbar ist und bei Aufregung wahrgenommen wird.
Viele verwenden ja gerne die Berührung am Widerrist als Signal für Kopfsenken. Allerdings ist diese taktile Berührung bei Stress für das Pferd oft nicht mehr wahrzunehmen, weil die muskuläre Anspannung das Hautsignal überlagert.

Ich erarbeite das deshalb gerne über den Zügel.
Dazu brauche ich ein schon bereits sehr zuverlässig gezeigtes Kopfsenken vom Pferd aus (ohne Signal). Das Pferd senkt also den Kopf, weil es ganz sicher ist, dass dies das gefragte Verhalten ist. Es tut das ohne Signal und ohne Futter (locken).
Wenn das Pferd in dem Stadium ist, in dem es das KS zuverlässig anbietet, hebe ich den Strick (am Halfter ganz normal eingehakt) ein klein wenig an, clicke sofort und belohne das KS. Im Idealfall bleibt der Durchhang vom Strick erhalten, ich hebe also den durchhängenden Strick gerade nur ein wenig.
Sobald der Kopf unten ist, muss der Strick sofort wieder gesenkt werden, im Idealfall in dem Moment, in dem ich clicke.
Das Pferd wird nun weiterhin für Kopfsenken belohnt und jedesmal hebe ich den Strick ein wenig an. Nach einigen oder etlichen Wiederholungen (dabei Pausen, evtl eine Runde Schritt gehen am durchhängenden Strick oder frei mit Strick über den Hals gelegt, wenn das für das Pferd eine echte Pause darstellt), positioniere ich das Pferd wieder und nun, bevor es mir Kopfsenken anbietet, hebe ich den Strick ein wenig an. In der Regel wird das Pferd den Kopf senken, weil es das schon 100 mal getan hat. C+B.
Das mache ich nun an unterschiedlichen Stellen, wenn es hier gut funktioniert, so dass sich der Zusammenhang "Strick heben = Kopf senken" verfestigt.

Dann beginne ich meine Position zu verändern, und verändere ebenfalls die Position/Art des stricks, zu Zügeln seitlich angehängt. Jedesmal kleinschrittig üben, bis ich die Verknüpfung Strick/Zügel heben= Kopf senken sehr stark habe. Immer sofort mit dem Click den Strick/Zügel wieder senken.

Das gibt mir dann vom Sattel aus nicht nur eine Möglichkeit, das Kopfsenken abzurufen (und es wiederum in Bewegung in Abstufungen zum Entspannen, Erarbeiten der Dehnung usw einzusetzen), sondern ich kann es dann auch als Verlaufslob einsetzen, weil es durch die Wiederholung sehr zuverlässig mit dem Click als Verstärker verbunden wird.

Ist mein Pferd nun sehr aufgeregt, kann ich den strick auch bis zum Anschlag heben (ohne Durchhang) und diese Bewegung nach oben wird immer noch das Kopfsenken initieren. Auch das übe ich vorher. Ich kann durch mein konsequentes Handeln (wie hoch hebe ich den Strick, wieviel Kontakt stelle ich her, wann clicke ich) hier ganz genau definieren, wie ich meine Hilfe zum Kopfsenken erarbeiten will.
Der Vorteil gegenüber allen anderen Signalen zur Entspannung ist, dass dieses Signal auch bei Aufregung wahrgenommen wird.  :nick:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 01. Januar 2021, 15:35:15
Tine :five:  :cheer:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Origanum am 01. Januar 2021, 16:08:42
Okay, Kopfsenken auf Strick-/Zügelsignal ist notiert.   :keks:

Was gibt es denn noch?  :les: Anna hat in einem Chat geschrieben, dass sie Sandero beschäftigt, damit er mit dem Kopf bei ihr bleibt. Sie fragt also viele Bekannte Dinge in kurzer Zeit ab, wenn ich das richtig verstanden habe.  :lupe:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Samtnase am 01. Januar 2021, 18:18:56
Ich streiche bei Nelli die Schulterlinie/ die Schulter von oben nach unten aus.
Das geht auch gut vom Sattel aus.

Meine Tellingtontrainerin hatte mir das vor vielen Jahren mit dem Hinweis gezeigt, dass einige Pferde darauf quasi automatisch mit einem Senken des Kopfes reagieren würden.

Wir mussten ein wenig mit der Intensität und Art und Weise experimentieren, aber tatsächlich ist dieses Ausstreichen das einzige Mittel, welches Nelli zuverlässig auch aus extremem Festfrieren rausholt. Das ist unser Notknopf.

Lange Zeit hat er mir am Boden sehr gute Dienste geleistet, nun streiche ich die Schulterlinie hie und da auch vom Sattel aus ab, wenn Nelli wieder stark festwachsen sollte. Meist reicht ein Ansatz davon und sie ist wieder bei mir.

Mit Übungen kann ich Nelli kaum aus längerer Anspannung rausholen, das würde sie nur mehr hochpuschen bzw. unwirsch werden lassen. Unser Weg ist es daher, die Anspannung per se zu händeln, schlimmstenfalls steige ich eben einfach ab. Und tatsächlich belohne ich jede Form der Entspannung und Kooperation in solchen Situationen hochfrequent (kauen beruhigt Nelli - sie neigt auch immer zum Stressfressen).
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Kess am 01. Januar 2021, 18:44:54
Danke, Heike, für die ausführliche Erklärung.

Aber das hier:
Zitat
Der Vorteil gegenüber allen anderen Signalen zur Entspannung ist, dass dieses Signal auch bei Aufregung wahrgenommen wird.  :nick:
ist mir nicht ganz klar.
Die muskuläre Anspannung kann das Hautsignal überlagern. Wieso wird das Annehmen des Zügels nicht überlagert?
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Aennekin am 01. Januar 2021, 19:15:38
Ich glaub es kommt immer auf die Situation an. Wenn Sandero innerlich angespannt ist, finde ich Ablenkung durch verschiedene Übungen sinnvoller als nur Kopf tief. Auf dem Platz z.b. vergisst er seine Anspannung viel schneller und entspannt wenn ich dann viele verschiedene Kringel und Übungen mache.
Anders wenn er Angst hat vor irgendetwas und einfriert:  dann finde ich beruhigend mit ihm zu sprechen, und ihn am Widerrist zu kraulen sinnvoller. Aber auch ihn aus seiner  Starre zu  lösen. Das geht z.b. in dem ich ihn am Ohr wackel, mit der Gerte wedele oder so.   
Wenn er sich dann traut an gruseligen Dingen vorbei zu gehen fütter ich bei fast jedem Schritt und lass danach kurz grasen.
Wenn es um  Gelassenheit im Sinn von "hier wird Schritt gegangen und nicht schneller" geht reicht meistens auch die Zügel  ganz lang zu lassen. Das ist glaub ich bereits als Signal für entspannten Schritt konditioniert .
 
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 02. Januar 2021, 08:29:19
Danke, Heike, für die ausführliche Erklärung.

Aber das hier:
Zitat
Der Vorteil gegenüber allen anderen Signalen zur Entspannung ist, dass dieses Signal auch bei Aufregung wahrgenommen wird.  :nick:
ist mir nicht ganz klar.
Die muskuläre Anspannung kann das Hautsignal überlagern. Wieso wird das Annehmen des Zügels nicht überlagert?

Weil du mit dem Zügel direkt am Kopf ansetzt und damit an einer andere Wahrnehmungszone.
Das entspringt übrigens meiner eigenen Erfahrung mit Mirko auf der Messe in Offenburg, wo er sehr aufgeregt war zeitweise, und ich ihn dann mit dem Stricksignal für kopfsenken gut beruhigen konnte. Ist also nicht einfach so dahergesagt. Mein Hauptproblem war dabei tatsächlich, überhaupt erst drauf zu kommen, dass wir das Signal haben, weil Mirko sonst ja so gut wie nie aufgeregt war  :confused: :lol:

Ich sage nicht, dass es unmöglich ist, ein taktiles Signal zu verwenden, ich sage nur, dass man sich evtl nicht wundern muss, dass es nicht "funktioniert" bei starker Anspannung. In jedem Fall ist es gut, wenn man es sehr oft verstärkt hat, also hunderte und hunderte Male.
Generell hab ich eh für Kopfsenken gerne mehrere Signale und nicht nur eins  :nick:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Mauna am 02. Januar 2021, 09:36:20
Was mir nicht klar ist an den Zügel-Signal für Kopfsenken: wie passt das mit Reiten zusammen?

Wenn man die Zügel aufnimmt um etwas Kontakt herzustellen zB beim Antreten lassen möchte man ja nicht unbedingt dass der Kopf dauern "am Boden hängt".

Ich meine mich auch zu erinnern dass Alexandra in der DVD über das Reiten mit einem Zügel immer den Zügel an den Mittelschnalle anhebt um dann an einem Zügel entlang zu streifen um Stellung/Biegung/Bewegung oder so anzufragen. Das ganze geht ohne Kopfsenken von statten.

Wo ist da der Unterschied zwischen anheben für Kopf tief und anheben als Achtung jetzt möchte ich eine Anfrage für xxx stellen.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: noothe am 02. Januar 2021, 11:10:44
Ich denke es ist wie mit den Übungen zur Stricktechnik, die Bewegungsrichtung und Stärke ergibt zusammen das Signal :juck:

Als ich vor ein paar Jahren mit der Krümeline Unterricht genommen habe (am Boden) war die Frage, ob sie den Kopf in der Bewegung auf Signal höher oder tiefer nehmen kann. Da habe ich das Stricksignal Richtung Widerist getestet und sie hat sich wirklich einfach nur vorwärts / abwärts gedehnt.

Vielleicht geht dieses sehr tiefe Kopfsenken eh nur im Stand und damit wäre das noch eine Unterscheidung :juck:

Also, meine reiterliche Ausbildung ist nicht besonders gut, aber ich hab das über die Jahre in der Theorie so verstanden, dass das Pferd bei Aufnehmen des Zügels sich schon nach "vorne" in den Kontakt rein orientieren soll quasi, statt sich vor dem Kontakt weg nach "hinten" Richtung Reiterhand zu flüchten.

Wenn ich das weiter denke, dann wäre das eigene Nachgeben auf den Kontakt des Pferdes die Antwort "Richtige Idee" und die Strecke, die man nachgibt, die Begrenzung für "wie viel". Also Zügel bis zum Maximum hergeben = Kopfsenken bis zum Boden; Zügel 10cm hergeben = Dehnen an den Zügel; Zügel nur mit dem kleinen Finger etwas herauslassen = auf Kontakt bleiben.

An alle die, die tatsächlich reiten, macht das Sinn?
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Aennekin am 02. Januar 2021, 12:04:15

Also, meine reiterliche Ausbildung ist nicht besonders gut, aber ich hab das über die Jahre in der Theorie so verstanden, dass das Pferd bei Aufnehmen des Zügels sich schon nach "vorne" in den Kontakt rein orientieren soll quasi, statt sich vor dem Kontakt weg nach "hinten" Richtung Reiterhand zu flüchten.

Wenn ich das weiter denke, dann wäre das eigene Nachgeben auf den Kontakt des Pferdes die Antwort "Richtige Idee" und die Strecke, die man nachgibt, die Begrenzung für "wie viel". Also Zügel bis zum Maximum hergeben = Kopfsenken bis zum Boden; Zügel 10cm hergeben = Dehnen an den Zügel; Zügel nur mit dem kleinen Finger etwas herauslassen = auf Kontakt bleiben.

An alle die, die tatsächlich reiten, macht das Sinn?
Tine, ja! Absolut sinnvoll, denn man will ja weichen Kontakt den das Pferd sucht. Also würde ich unterscheiden zwischen Zügel total hingegeben: Kopf tief,  Zügel in egal welcher Länge aufgenommen: Pferd dehnt sich dran.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 02. Januar 2021, 12:05:27
Ganz klares Jein von meiner Seite aus  :cheese:

Mehr Antwort kommt später, ich brauch dafür ein bisschen Zeit
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 02. Januar 2021, 12:19:58
Ich denke es ist wie mit den Übungen zur Stricktechnik, die Bewegungsrichtung und Stärke ergibt zusammen das Signal :juck:

Als ich vor ein paar Jahren mit der Krümeline Unterricht genommen habe (am Boden) war die Frage, ob sie den Kopf in der Bewegung auf Signal höher oder tiefer nehmen kann. Da habe ich das Stricksignal Richtung Widerist getestet und sie hat sich wirklich einfach nur vorwärts / abwärts gedehnt.

Da wäre für mich die erste Frage, war das ein bereits erarbeitets Signal, oder hast du einfach den Strick nach oben genommen?
Denn die meisten Pferde gehen erstmal gegen den Druck, sprich, nach unten.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 02. Januar 2021, 12:45:40
aber ich hab das über die Jahre in der Theorie so verstanden, dass das Pferd bei Aufnehmen des Zügels sich schon nach "vorne" in den Kontakt rein orientieren soll quasi, statt sich vor dem Kontakt weg nach "hinten" Richtung Reiterhand zu flüchten.

Was bedeutet "soll" hier für das Pferd? Das Pferd weiß das ja nicht. Wenn wir "Reiten" via CT aufbauen, könnte es sein, dass man gewohnte Pfade verlassen muss. Es könnte ja möglich sein, dass man mit einer ganz anderen Form von Kontakt arbeiten kann...

Und ich tue mich da wirklich schwer, darüber zu schreiben - weil man sich diese Kontaktform nur sehr schwer vorstellen kann. Und weil die, die es bisher mal gefühlt haben, anschließend das Reiten eingestellt haben, weil es sie so dermaßen frustriert hat, was möglich sein könnte.

Ich rede vom Anheben des durchhängenden Zügels nach oben, wobei kein Zug entstehen soll, und keine Verstärkung des Kontakts. Es ist die gleiche Qualität in der Verbindung, die ich habe, wenn ich den durchhängenden Strick mit der Intention einer Wendung anfasse. Man sieht dabei von außen nichts, aber ich kommuniziere mit meinem ganzen Körper, mit meinen Schultern, meiner Bauchmuskelspannung, meiner Balance, meinen Zehen. Daraus denke ich eine Bewegung und sie wird dem Pferd mitgeteilt, und es kann damit aus dem Stand heraus einen Schritt seitwärts untertreten.

Genauso kann ich den Zügel durchhängend anheben (im Sattel sitzend). Die Hand ist dabei etwa über den Widerrist.  Die Bewegung nach oben wird das Pferd auch von dort aus verstehen. Sobald es eine Idee nach vorne unten  zeigt, C + B. (Dehnungshaltung). Das ist übrigens auch das Zügeltarget von Marlitt.
Wenn ich das Ein-Zügel-Reiten von Alexandra mache, hebe ich den Zügel an der Schnalle an, aber vor meinem Körper. Das ist ein für das Pferd fühlbarer Unterschied.


Zitat
Wenn ich das weiter denke, dann wäre das eigene Nachgeben auf den Kontakt des Pferdes die Antwort "Richtige Idee" und die Strecke, die man nachgibt, die Begrenzung für "wie viel". Also Zügel bis zum Maximum hergeben = Kopfsenken bis zum Boden; Zügel 10cm hergeben = Dehnen an den Zügel; Zügel nur mit dem kleinen Finger etwas herauslassen = auf Kontakt bleiben.
Das ist halt "Normal" gedacht, also mit dem Prinzip "nachgeben auf Druck, Herantreten an Druck". Kann man machen, kann man clicken ("Du bekommst was du clickst"), ist aber noch mal anders.


Ich überlege, ob ich das mit Jack mal filme. Ich kann mich tatsächlich nicht mehr so genau erinnern, ob wir das mal "ernsthaft" erabeitet haben, aber unsere Reitzeit ist ja auch schon ein paar Jahre her :tuete: Und jetzt hat er auf jeden Fall die Voraussetzungen, das unter dem Sattel auch ausführen zu können (was er früher nicht hatte, weil er nicht locker genug war).
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: noothe am 02. Januar 2021, 12:49:36
Ich denke es ist wie mit den Übungen zur Stricktechnik, die Bewegungsrichtung und Stärke ergibt zusammen das Signal :juck:

Als ich vor ein paar Jahren mit der Krümeline Unterricht genommen habe (am Boden) war die Frage, ob sie den Kopf in der Bewegung auf Signal höher oder tiefer nehmen kann. Da habe ich das Stricksignal Richtung Widerist getestet und sie hat sich wirklich einfach nur vorwärts / abwärts gedehnt.

Da wäre für mich die erste Frage, war das ein bereits erarbeitets Signal, oder hast du einfach den Strick nach oben genommen?
Denn die meisten Pferde gehen erstmal gegen den Druck, sprich, nach unten.

Das war ein im Stand erarbeitetes Signal für das oben beschriebene Kopfsenken :juck: Also die Krümeline senkt auf Anheben des durchängenden Stricks auch in angespannten Situationen den Kopf und entspannt dabei auch den Hals, also drückt nicht einfach nur gegen den Zug nach unten. Ich muss mal suchen, ob ich das auf Video habe oder nur auf Fotos.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: noothe am 02. Januar 2021, 13:42:29
Hier hab ich ein Video von dem gefunden, was ich meine: https://youtu.be/qq8O2dCs0lo (45sec) - das Video war vom allerersten Versuch, inzwischen ist das Feintuning etwas ausgereifter :rotw:

Ich rede vom Anheben des durchhängenden Zügels nach oben, wobei kein Zug entstehen soll, und keine Verstärkung des Kontakts. Es ist die gleiche Qualität in der Verbindung, die ich habe, wenn ich den durchhängenden Strick mit der Intention einer Wendung anfasse. Man sieht dabei von außen nichts, aber ich kommuniziere mit meinem ganzen Körper, mit meinen Schultern, meiner Bauchmuskelspannung, meiner Balance, meinen Zehen. Daraus denke ich eine Bewegung und sie wird dem Pferd mitgeteilt, und es kann damit aus dem Stand heraus einen Schritt seitwärts untertreten.

Genauso kann ich den Zügel durchhängend anheben (im Sattel sitzend). Die Hand ist dabei etwa über den Widerrist.  Die Bewegung nach oben wird das Pferd auch von dort aus verstehen. Sobald es eine Idee nach vorne unten  zeigt, C + B. (Dehnungshaltung). Das ist übrigens auch das Zügeltarget von Marlitt.
Wenn ich das Ein-Zügel-Reiten von Alexandra mache, hebe ich den Zügel an der Schnalle an, aber vor meinem Körper. Das ist ein für das Pferd fühlbarer Unterschied.

Ich denke ich ahne schon, was du meinst. Es ist im Grunde wie beim (feineren) Target mit dauerhaftem Kontakt. Das Zielbild (ich denke immer an Zielbilder, wenn ich "soll" schreibe, nicht an "das Pferd muss" - ich versuche beim Posten dran zu denken) ist, dass das Pferd einen bestimmten Kontakt aufrecht erhält und diesem folgt, egal in welche Richtung. Also wenn die Hand am Genick liegen würde z.B., dann wäre ein bisschen mehr Kontakt das Signal für etwas Bewegung von der Hand weg nach unten und etwas weniger Kontakt das Signal dafür, den Kopf etwas zur Hand hin zu heben.

Und beim Zügel wäre es so, wie auch mit der Arbeit mit dem Führstrick. Hängt er gerade nach unten (also der Karabiner vom Strick), dann ist es die Nullposition, bewegt er sich aus dieser Balance folgt der Kopf / das Pferd, sodass diese Nullposition wieder hergestellt wird. Beim Zügel gibt es dann eben auch eine Nullposition, egal ob er komplett durchhängt oder einen konstanten "geraden" Kontakt bis zum Maul hat. Verschiebt sich diese Balance nach oben / unten / seitlich ist es wieder das Signal ans Pferd, diese Nullposition wieder herzustellen - und beim Erreichen gibt es C/B bzw. auch der Mensch muss natürlich die Nullposition selbst wieder herstellen, sobald die Bewegung des Pferdes gestartet ist.

Wenn es also wieder zurück um die Frage des Kopfsenkens geht zur Entspannung, hätten wir 2 Möglichkeiten.
1) Das Pferd folgt einem Nachgeben des Zügels in die Entspannung nach vorn unten - C/B an beliebigem Punkt, Kontakt wird gehalten.
2) Das Pferd hat gelernt, dass ein Annehmen des Zügels mit Stärke X ein Signal dafür ist, den Kopf zu senken. Nachlassen des "Zugs" sobald das Pferd die Bewegung zum Kopfsenken startet, C/B für gesenkten Kopf.

Punkt 2 wäre das von meinem Video. Punkt 1 wäre das, was mir so aus Bildern vom Reiten mit Bosal etc. im Kopf herum schwirrt - wenn auch sicherlich anders trainiert und verstärkt.

Hab ich das so halbwegs richtig verstanden?

Edit: Ich mag noch hinzufügen, dass Kopfsenken ganz sicher nur eine von vielen Möglichkeiten zur Entspannung ist! Nicht, dass das Thema jetzt hier direkt auf diesen einen kleinen Ansatz festgefahren ist am Ende :shy:

Ich freu mich auf andere Ideen  :cheer:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 878 am 02. Januar 2021, 18:25:14
Ich habe zugegebener Weise nicht alle Kommentare hier gelesen :pfeif: Daher tut es mir Leid, wenn's schon geschrieben wurde.... Ich könnte mir Kopftief auch auf Stimmsignal gut vorstellen. Sissi kann's auf "runter"  (wobei ich das irgendwann gelassen habe, weil "runter" so bestimmerisch klingt  :confused: ) und an der Longe, also auf Distanz, funktioniert auch ein ruhiges "und tiiiiiieeeeef", damit sie den Kopf senkt. Sie kannte vorher schon das Kopftief auf Ablegen der Hand auf dem Wiederrist, da haben wir dann die Stimmsignale mit eingebaut und die Distanz weiter vergrößert.

Meiner RB hilft bei Aufregung tatsächlich einfach Ablenkung. Er ist oft nervös, wenn neben dem Platz die Schafe herumtollen oder der Eigentümer mit Werkzeug herumläuft. In dem Moment hole ich ihn mit einer halben Parade zu mir und fordere seine Aufmerksamkeit, in dem ich irgendwas abfrage. Ob mehr Vorwärts, eine Volte, etwas Versammlung, ein Richtungswechsel oder eine bestimmte Übung - das kommt auf den Grad der Aufregung an. Diese schwindet dann eigentlich immer gleich, sobald er sich auf etwas anderes Konzentriert.

Es gibt Situationen, in denen wäre mir, je nach Pferd, auch nicht ganz wohl dabei Kopftief abzufragen. Manche Pferde können daraus einen wunderbaren Satz nach vorne oder zur Seite machen. Vielleicht ist es unsinn, aber ich fühle mich manchmal sicherer, wenn ich den Kopf bei mir sehe :kicher:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Origanum am 02. Januar 2021, 18:52:32
Ich streiche bei Nelli die Schulterlinie/ die Schulter von oben nach unten aus.
Das geht auch gut vom Sattel aus.

Meine Tellingtontrainerin hatte mir das vor vielen Jahren mit dem Hinweis gezeigt, dass einige Pferde darauf quasi automatisch mit einem Senken des Kopfes reagieren würden.

Wir mussten ein wenig mit der Intensität und Art und Weise experimentieren, aber tatsächlich ist dieses Ausstreichen das einzige Mittel, welches Nelli zuverlässig auch aus extremem Festfrieren rausholt. Das ist unser Notknopf.

Sehr spannend  :vodoo:  :lol:


Anna, Isa und alle anderen, die ihre Pferde in solchen Fällen "beschäftigen": Was fragt ihr in solchen Situationen besonders an? Biegung/Tempowechsel? Etwas körperlich anstrengendes oder eher etwas, um den Kopf abzulenken?
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Buschpony am 02. Januar 2021, 19:29:16
Schulterabstreichen bzw Mähnenansatz abstreichen finden auch hier viele Pferde entspannend. Manchmal auch mit Kneten.

Ich nutze gerne als Signal für Kopfsenken den Schenkelkontakt. Je nach Pferd und Situation ein- oder beidseitig; Dancer zum Beispiel schätzt es sehr, wenn er eine fest umrissene Aufgabe bei Aufregung erhält, gerne eingerahmt durch beide Schenkel. Für ihn ist es anschließend eine sinnvolle Aufgabenstellung, im Schritt rhythmisch weiterzugehen (statt angespannt rumzuzackeln), auch dabei hilft der Schenkel.

Für Luri hingegen ist Kopfsenken oder überhaupt Aufgabenstellung bei Aufregung (die sich bei ihm in Einfrieren und Feststarren äußert)  unsinnig, er nimmt kaum etwas wahr. Er braucht einfach Zeit zum Fertiggucken, dann kann man KS oder Schritt anfragen.

Bei etlichen Pferden lasse ich gerne als Aufgabe den Kopf zur Seite nehmen. Das nimmt den Fokus vom Gruselobjekt, dehnt einseitig die Muskulatur, das anschließende Kekskauen beruhigt auch noch. Das geht natürlich nur im Halten oder Schritt.
In flotterer Gangart hängt die Aufgabe wieder von Pferd und Situation ab. Tempowechsel können zu mehr Konzentration auf den Reiter verhelfen, können aber auch für noch mehr Spannung sorgen. Ich hab das früher mal mit Alessa probiert, die war danach erst recht auf Zinne... Sie brauchte immer große Gleichmäßigkeit. Missy dagegen profitierte davon. Biegungen kommen fast immer gut an, am besten mit regelmäßigen Handwechseln.

Die ganzen Aufgaben helfen umso besser, je mehr ich meine eigene Stimmung leicht erhalten kann: mit Lächeln klappt es fix, mit verkniffener Konzentration dauert es ne Weile...

Beste Grüße,
Dörte.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Monika am 02. Januar 2021, 19:33:02
Ich mache mit Davy auch eher ablenkende Sachen. Sie ist nicht der Typ zum Festfrieren, sondern wird mirdsmäßig eilig.

Tempowechsel mache ich keine, da ich sie nicht noch mehr Tempo will und sie in dem Moment nicht langsamer kann. Gut funktionieren bei uns Volten und Schlangenlinien. Im Gelände kann das auch mal einen kleinen Hang rauf und runter gehen oder durch einen Graben.

Den Vorteil von Volren und Schlangenlinien sehe ich auch darin, dass ein potentiell gruseliges Objekt nicht mehr die ganze Zeit angestarrt werden kann.

Was wir durch die Habdarbeit ein wenig etabliert haben ist Kopfsenken auf Schenkedruck. Wie Dörte es auch schon beschreibt. Das hat bei meiner Reitgiraffe auch viel gebracht.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 878 am 02. Januar 2021, 19:41:50
Bei uns ist auch meist Biegung, mindestens aber Stellung involviert  :nick: Und das "Einrahmen" trifft es auch gut - ich versuche meine Schenkel beide am Pferd zu haben und auch den Kontakt mit den Zügeln aufrecht zu erhalten. Beides nicht doll oder mit viel Druck.. Aber halt so als eine Art "ich bin da, du bist nicht alleine!".

Allerdings habe ich zum Beispiel noch nicht herausgefunden, was ich im Gelände machen kann. Im Straßenverkehr ist er das ruhigste Pferd überhaupt, aber das erste und einzige Mal im Wald hat es sich angefühlt wie auf einem Pulverfass zu sitzen. Ablenken, beruhigen, machen lassen, kurz halten.. Ich habe alles versucht. Er hat nur noch mit dem Kopf geschlagen (Headshaker), ist herumgetänzelt und wollte an jeder Abzweigung einen anderen Weg einschlagen als ich. Am Ende ist er mir durchgegangen  :P Aber da war die Begleitung auch echt nicht passend.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Bettina am 02. Januar 2021, 20:38:21
Ich glaube, um die Ausgangsfrage für sich individuell zu beantworten, ist auch nochmal wichtig, woher die "Nicht-Entspannung" im jeweiligen Fall kommt.
Dank Kind in der Autonomiephase :happy: :umfall: :lol: bin ich aktuell auf den Trichter gekommen, "Ablenken" in Krisensituationen als Maßnahme nur noch einzusetzen, wo es gerade nicht anders geht. Und zwar, weil es das zugrundeliegende Problem ja nicht nachhaltig löst.

Aufs Pferd zurück gedacht könnte das heißen, dass "viele andere, gut sitzende Dinge mit entsprechender Verstärkerhistorie tun lassen" (also Ablenken im Positiven) eine Lösung sein kann. Aber je nachdem, wo die jeweilige Unentspanntheit her kommt, ist es vielleicht nachhaltiger, dort anzusetzen.

:juck: Das sind jetzt reichlich theoretische Gedanken meinerseits, weil ich ja seit ein paar Jahren :heul: quasi nicht reite, aber vielleicht kann man ja mit dem Gedankenimpuls was anfangen. :rotw:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: AbbeyWood am 02. Januar 2021, 20:57:45
Also erstmal wäre meine Antwort "genauso wie man es ohne Reiter auch macht"  :cheese:
Ich erarbeite mit mit dem Krabbs gerade "wenn ich rumstehe und rede, das Handy in der Hand habe etc., dann wird gechillt." Das nimmt er wirklich gut an und am Putzplatz funktioniert das toll. der Plan ist, dass auch im Gelände, am Reitplatz zu üben und das als "Null-Verhalten" zu generalisieren.
Dazu gehört dann aber auch das was Bettina angesprochen hat: Warum ist mein Pferd gerade angespannt? Hat es sich erschrocken? Toben gerade alle Pferde auf der Weide? Fährt ein LKW an uns vorbei?
Je nach Stituation bin ich glaub ich auch Team Ablenken durch Volten, alle Arten von Seitengängen, Tempowechsel innerhalb der Gangart, Zeitlupenschritt und daraus Schulterherein, Kruppherein etc jeweils nur wenige Schritte.
oder aber Team Training: Schrecktraining etc


Wenn ich das alles so lese, würde ich schon gerne zusätzlich ein Kopfsenk- Signal haben, das wäre aber nach meinem aktuellen Wunsch ein Stimmsignal oder eine Berührung wie von Samtnase.
Durch Zügel anheben gibt man ja doch dann auch irgendwie eine Parade. Und wenn das Pferd sich erschreckt die Zügrl wegschmeißen um am durchhängenden Zügel einen Impuls zu geben: Keine Ahnung ob ich mein Hirn dazu noch umpolen kann  :cheese:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: noothe am 03. Januar 2021, 01:10:26
Ich glaube, um die Ausgangsfrage für sich individuell zu beantworten, ist auch nochmal wichtig, woher die "Nicht-Entspannung" im jeweiligen Fall kommt.

Was mir beim drüber Sinnieren passend dazu noch eingefallen ist, ist die Frage, was denn überhaupt das Ziel ist. Also, hier wurde schon einiges dazu geschrieben, was man "tun" kann, aber nicht, welches das Zielbild eines entspannten Pferdes ist.

Ich selbst hatte das Bild eines stehenden Pferdes im Kopf, das mit voller Körperspannung in die Ferne starrt und ggf. auch gar nicht mehr ansprechbar ist. So habe ich auch auf diesen Thread geantwortet. Da wäre für mich erstmal das Reduzieren der Muskelspannung das Zielbild. Kopfsenken hätte da einerseits körperliche Auswirkung, denn das geht nicht unter Maximalspannung und bei entsprechender Verstärkungshistorie auch eine mentale, da bereits die Bewegung des Kopfsenkens die Erwartung der Belohnung triggert, entsprechende Hormone ausgeschüttet werden etc. Außerdem gehört Kopfsenken & Fressen auch zu den natürlichen Stressbewältigungsmechanismen.

Einen ähnlichen Effekt hat vermutlich das Abrufen von Übungen, die eine hohe Verstärkungshistorie haben. Vorausgesetzt, sie wurden über positive Verstärkung trainiert. Zusätzlich baut Bewegung wiederum auch Adrenalin ab, was ebenfalls ein Stressbewältigungsmechanismus ist.

Was bedeutet für euch Entspannung? Also nur weil ein Pferd steht oder gleichmäßig läuft ist es sicher nicht automatisch entspannt, genausowenig wie ein Pferd mit hoher Muskelspannung automatisch aufgeregt ist :juck:

Die Krümeline ist ein Musterbeispiel von: "Steht nett rum, nimmt freundlich Kekse, kann auf alle Signale reagieren, sieht vollkommen gechillt aus, geht beim ersten Schritt komplett in die Luft". Der hilft Bewegung überhaupt nicht, runter zu kommen, sondern nur hochfrequent belohnte einfache Aufgaben im Stand wie Kopfsenken oder Handtarget. Auch der Halftergriff, der eine fast genauso hohe Verstärkerhistorie hat, hilft sehr gut, aber der wäre von oben jetzt nicht wirklich umsetzbar.

Ein "Einrahmen" mit den Hilfen könnte man aber unabhängig von Stress-Situationen auch mit positiver Verstärkung trainieren :juck: Also im Stand eine gewisse Körperspannung aufbauen etc. und bei jeglicher Form von "Entspannung" sofort clicken. Da wäre dann auch wieder die Frage, was das Zielbild ist. Alle Hufe am Boden, Kopf auf Buggelenkshöhe geradeaus? :lol: Idealerweise würde das Pferd die Haltung als Nullposition schon vom Boden kennen und es von selbst anbieten, wenn die Hilfen nix anderes vorschlagen.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 878 am 03. Januar 2021, 01:31:23
Meine Reitbeteiligung piaffiert halt bei Anspannung und Stress, feststarren hatten wir noch nie. Daher ist für mich Entspannung in unserem Fall „aufhören zu piaffieren, ruhig laufen“ und das ruhige Laufen auch gern im Trab. Den Kopf etwas runternehmen, wieder weich an den Hilfen gehen. Solange er immer wieder in den Piaffe-Modus geht, ist er nicht entspannt..
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: AbbeyWood am 03. Januar 2021, 14:19:55
Mir ist jetzt noch ein PUnkt eingefallen, der hier glaub ich noch nicht wirklich erwähnt wurde (oder ich habs überlesen).

Es macht auch einen Unterschied ob das Pferd IMMER unentspannt ist in bestimmten Situationen, oder ob grundsätzlich alles gut ist, nur manchmal ist es aufgeregt.

Wenn das Pferd immer stress hat beim satteln/aufsteigen/am Reitplatz etc. dann ist für mich Ablenkung nicht das Mittel der Wahl. Dann ist hilft vielleicht nur gaaaanz weit zurück zur Bodenarbeit, neues Sattel, Klinik, Rückenröntgen...

Abbey war so eine, die war im Gelände immer auf 180 - Piaffier-Modus trifft es gut. Ich bin ganze Ausritte piaffiert... Ablenkung hat geholfen, sie hat sich nicht mehr sooo reingesteigert. Aber entspannt war sie nicht. Erst das Problem an der Wurzel zu packen hat geholfen: neuer Sattel, Rücken checken und Ruhe Ruhe Ruhe hat geholfen. Dann konnte man sie am langen Zügel im Gelände reiten (nach ca 1,5 Jahren training)
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Aennekin am 03. Januar 2021, 14:37:23
Ich würde auch sehr unterscheiden nach Ursachen (ich glaub das hatte ich oben auch schon geschrieben).
Ablenkung hilft bei uns genau dann, wenn es einen inneren Auslöser hat oder der Grund diffus ist, z.b. Wind.
Und ich glaube es geht dann auch gar nicht nur um die genaue Art der Ablenkung. Ich reite dann schwierige Sachen,  bei denen sich beide konzentrieren müssen- Volten in Aussenstellung, Seitengänge, bei Ausritten Schlangenlinien, Schenkelweichen etc. Genauso könnte man aber sicher auch jede andere Übung machen.
Der Effekt ist glaub ich, dass das Pferd sich auf etwas anderes konzentriert , aber vor allem, dass ich mich auf etwas anderes konzentriere und dem Grusel so nicht zu viel Bedeutung beimesse. Sondern selbst vorlebe, dass es keinen Grund für Anspannung gibt. Das führt meist zu mehr Entspannung auch bei Sandero.

Ansonsten unterschreibe ich bei Bettina und den anderen: besser Ursache beheben, wenn man sie kennt.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Lollo am 06. Januar 2021, 20:57:11
Die Frage ist entstanden als Anna (Origanum) und ich mit Toffee "spazieren" waren. Toffee ist draußen sehr ängstlich und gestresst. Es hilft ihr sehr, wenn ich ihr helfe den Kopf zu senken. Sie sieht das, glaub ich, wirklich als Hilfe, da sie ruhiger wird. Es funktioniert meist so, dass sie den Targetstick knapp beim Boden berührt, ich mich hinhocke und auch ganz bodennahe füttere. Das wiederholen wir einige Male bis wir aus dieser bodennahen Haltung weitergehen können. Ich hab dabei die Frage gestellt wie wir das jemals beim Reiten meistern können werden.  :nixweiss:
Soweit zur Situation, da von euch ja sehr unterschiedliche Ideen und Annahmen zu lesen waren.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: noothe am 06. Januar 2021, 21:05:24
In dem Fall sollte sich ja der positive Effekt vom Kopfsenken gut aufs Reiten übertragen lassen, auch wenn das bodennahe Füttern wegfällt :juck: Das könnte man sogar vom Boden aus schon "einschleichen" und auaprobieren denke ich.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Lollo am 06. Januar 2021, 21:11:32
Ja, das Kopfsenken wird sich sicher vom Sattel aus genauso machen lassen. Nur muss sie ja zum Fressen den Kopf nach oben nehmen. Und ich hab dann Sorge, dass sie eine "Jojo-Bewegung" macht, also Kopf tief, oben fressen, usw. und dadurch nicht in die Entspannung kommt wie beim tiefen Füttern.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: noothe am 06. Januar 2021, 22:03:16
Da kann ich dich vielleicht etwas beruhigen, bei der Krümeline mache ich beides (manchmal ist sie zu angespannt, als dass ich meinen sicheren Stand aufgeben würde), dann kann sie aber nach und nach auch immer länger den Kopf senken, ohne unten gefüttert zu werden :)

Allerdings sind das weiter rein hypothetische Überlegungen, da ich tatsächlich nicht sagen kann, wie es vom Sattel aus wäre  :)
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 878 am 06. Januar 2021, 22:13:42
Ihr könntet versuchen die Dauer entsprechend zu verlängern. Dann wäre es in einer doofen Situation vielleicht nicht zu oft Kopf-rauf und -runter  :)
Ich füttere beim Kopfsenken-Üben eigentlich immer oben.. Aber wir sind auch an einem Trainingspunkt, wo der Kopf vorher schon seeehr lange unten bleiben kann. Tatsächlich übe ich ein "lass den Kopf mindestens so lange unten, wie meine Hand auf dem Widerrist liegt".
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 07. Januar 2021, 08:23:00
Wenn sie allgemein sehr ängstlich ist, würde ich evtl. zuerst daran arbeiten, ohne draufzusitzen.
In Alexandras Blog hat jemand mal von ihrem sehr ängstlichen Vollblut Percy berichtet. Sie hat mit ihm Zonen rund um den Hof definiert und pro Zone 1 Woche Training verbracht. Dabei war Tag 1: Nur da bleiben, wo er entspannt war. Tag 2: Wenn er entspannt war, eine bekannte Übung abfragen. Tag 3: Eine neue Übung in entspanntem Gebiet. Tag 4: neue Übung in Zone 1 abfragen. Tag 5: Bekannte Übung und neue Übung abfragen in Zone 1 (Keine Gewähr, ich hab das jetzt aus dem Kopf).
in der nächsten Woche in die nächste Zone gehen und das selbe dort tun. So hat sie innerhalb von wenigen Wochen seinen "Ich bleibe entspannt und kann Dinge tun" Radius enorm erweitert.
Bei Amadeus war es im Wald jetzt auch so, dass er zuerst alles unheimlich fand - das war es aber auch tatsächlich mehr als normal, weil der gefrorene Schnee überall von den Bäumen fiel und das ein seltsames Geräusch war. Nach ca 1 km konnte er dann sich soweit entspannen, dass er mir sein aktuelles "Default"-Verhalten, Rückwärts gehen (schwer für ihn!) anbieten konnte. So habe ich gesehen, dass er wieder im "Denken" Modus angekommen ist. Wir haben den ganzen Spaziergang Kopfsenken verstärkt, bis er am Ende wieder entspannt am langen Strick laufen konnte.

Ihr seid ja auch zu zweit und könnt das auch mit Reiten tun, allerdings würde ich persönlich mich noch nicht auf ein Pferd setzen, das draußen wirklich ängstlich ist, sondern das soweit vom Boden aus vorbereiten. 
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Origanum am 07. Januar 2021, 09:33:14
Ihr könntet versuchen die Dauer entsprechend zu verlängern. Dann wäre es in einer doofen Situation vielleicht nicht zu oft Kopf-rauf und -runter  :)

Das ist auf jeden Fall ein guter Ansatz. Kommt auf die Zu-Trainieren-Liste. :nick:


Wenn sie allgemein sehr ängstlich ist, würde ich evtl. zuerst daran arbeiten, ohne draufzusitzen.
(...)
Ihr seid ja auch zu zweit und könnt das auch mit Reiten tun, allerdings würde ich persönlich mich noch nicht auf ein Pferd setzen, das draußen wirklich ängstlich ist, sondern das soweit vom Boden aus vorbereiten. 

Beim Spazieren gehen (inzwischen ist der Radius unserer Zone 1 so groß, dass man es auch so nennen kann  :lol: ) klappt es mit Kopfsenken und tiefem Füttern im Fall der Fälle ganz gut, dass das Pferdekind sich wieder entspannt.

Aber zukünftig liegen zwischen entspanntem Ausreiten und Absteigen, weil etwas zu gruselig ist, im Idealfall ein paar Erregungsstufen. Da ist die Frage aufgetaucht, wie man in solchen Momenten Entspannung bestärken könnte ohne andauernd vom Pferd zu klettern, um tief füttern. (Auch wenn ich uns das zutrauen würde... :grinwech:)

Toll, dass ihr alle so viele Ideen dazu habt  :keks:   
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: AngelaZ. am 07. Januar 2021, 09:53:56
Mir stellt sich, nachdem ich hier (wieder) so viel von Kopfsenken zum entspannen lese, die Frage, wie lange oder wie oft oder wie ... muss ein Pferd denn den Kopf senken, damit eine wirkliche Entspannung eintritt?

Ich verfolge den Ansatz ja auch, erlebe aber immer wieder, dass mein Bub zwar brav? den Kopf senkt (er kann so auch mehrere Meter laufen), das aber keinen nennenswerten Entspannungseffekt zu haben scheint. Er kann auch da heraus - gefühlt aus dem Nix - geradezu explodieren, hopsen, lossprinten ...
Also für mich ist er quasi der Gegenbeweis für den Ansatz, dass ein gesenkter Kopf das Pferd auf jeden Fall entspannt, sodass das für mich aktuell kein Ansatz wäre unterm Sattel.
(Wir re-starten das Thema gerade an dem Punkt aufsitzen, oben sitzen,stehen, entspannen.)
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 07. Januar 2021, 10:08:35
Meiner Erfahrung nach kommt es ganz entscheidend drauf an, wie das Pferd den Kopf senkt. Die meisten "halten" den Kopf nur nach unten, das ist dann etwa ein 45 ° Winkel. Sobald der Click kommt, schnellt der Kopf dann wieder nach oben. Die Nase ist dabei selten unter Karpalgelenkshöhe. In dieser Haltung wird sich ein angespanntes Pferd selten entspannen.
Es gibt eine unsichtbare Linie, unter der die Nase gehen muss, damit das Pferd wirklich in den Entspannungs/Grasemodus geht. Dabei ist die Stirnlinie senkrecht, der Hals fällt vom Widerrist ab nach unten, die Nase ist kurz vorm Boden. Nach dem Click kommt der Kopf leicht verzögert hoch, daran merkt man, dass die körpereigene Entspannung einsetzt.
Beim Laufen wäre das quasi "staubsaugermodus", wobei  ich diese Haltung im Laufen nur sehr wenig bestärke, außer das Pferd bietet sie selbständig an, und kommt danach in eine entspannte Halshaltung mit Kopf auf Bughöhe. Es ist nicht wünschenswert, dass das Pferd in dieser Haltung längere Zeit läuft. Es reicht, wenn es das Kopfsenken immer wieder anbietet (so tief eben), bestärkt wird, steht, sich beruhigt, und dann weitergeht mit normaler, entspannterer Haltung.

Der letzte Spaziergang mit Amadeus wäre dafür ein perfektes Beispiel gewesen, leider hatte ich keine Möglichkeit zum Filmen.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 07. Januar 2021, 10:12:20
Hier in dem Video (https://youtu.be/7oG05dJJZqk) sieht man ganz gut, wie tief der Kopf sein muss (und wie nah an den Vorderbeinen), bis der Hals wirklich entspannt ist und das Gewicht nicht auf die Vorhand.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: AngelaZ. am 07. Januar 2021, 10:20:48
Genau so tief nimmt der Bub den Kopf   :nick:

Der kann wirklich hunderte Meter neben mir "staubsaugen", ich denk "Oh schön, Entspannung" und wumms ist irgendwas und er hopst ein paar Meter vor. Unterm Sattel möchte ich diesen Move eher nicht erleben.  :-\

Eine Freundin meinte neulich, es käme auf die Länge an. Aber wie lange dann?

Also ... der kann ja sogar aus dem tatsächlichen Grasen derart hochfahren. Der Losreißer im Sommer war aus dem Grasen heraus.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 07. Januar 2021, 10:29:44
Ja natürlich können sie das, müssen sie ja auch als Fluchttiere  :nick:  Ich halte es für keine gute Idee, in dieser Haltung lange zu laufen, weil sie dann die Umgebung kaum noch wahrnehmen können.
Ich setze das ein zum momentanen Entspannen, aber bevorzuge insgesamt einen lang getragenen waagerechten Hals.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Mauna am 07. Januar 2021, 10:58:03
Danke Heike für dieses schöne Video! Der Unterschied bezüglich des Stehens war mir so nicht wirklich bewußt und zu sehen wie es aufgebaut werden kann ist echt hilfreich  :keks:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 07. Januar 2021, 11:14:58
:kau: :freu:
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: elli_dimi am 07. Januar 2021, 14:38:53
In dem Fall sollte sich ja der positive Effekt vom Kopfsenken gut aufs Reiten übertragen lassen, auch wenn das bodennahe Füttern wegfällt :juck: Das könnte man sogar vom Boden aus schon "einschleichen" und auaprobieren denke ich.

Ich überlege gerade... Bei Monja (also Hund) "werfe" ich das Leckerli ggf. je nach Erregungsgrad auf den Boden/ins Gras o.ä. um abzulenken.

Könnte man die Kekse nicht beim Kopfsenken (wenn man geschickt ist jedenfalls) auch hinwerfen? Kann man ja erst vom Boden testen und dann beim Reiten reproduzieren. Kann auch eine ganz dumme Idee sein, war gerade nur ein (bisher nicht weiter durchdachter) Geistesblitz.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: Muriel am 07. Januar 2021, 15:15:33
Würde ich in dem Fall nicht empfehlen. Beim Hund ist ja "Suchverhalten" oft selbstbestärkend, dh das Suchen nach dem Futter kann das belohnte Verhalten mit bestärken.
Beim Pferd könnte aber Frust und Stress entstehen, weil es das Futter nicht findet, und den aktuellen Stress noch verstärken.
Titel: Re: Entspannung vom Sattel aus
Beitrag von: AngelaZ. am 07. Januar 2021, 15:25:12
Ich hab auch die Erfahrung gemacht, dass das Pferd das  hingeworfene Futter nicht sucht.

Und wenn ich den Reitplatz denke ... dann möchte ich auch nicht, dass es ggfs. Sand oder anderen Belag mit frisst.

Theoretisch könnte man auf Gras ein paar Bissen Gras nehmen lassen. Andererseits tut man ja häufig viel, dass Pferd nicht alle Nas lang grasen möchte, wenn man unterwegs ist ...
Also bei uns hat sich das bisher auch als eher unpraktisch dargestellt, weil der Bub dann oft nur noch Grün sieht.