Clickerforum

Clickertraining im Alltag => Clickertraining allgemein => Thema gestartet von: cinnamon am 21. September 2011, 09:16:09

Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 21. September 2011, 09:16:09
http://www.theequineindependent.com/home/?p=234
Can I combine positive reinforcement with negative reinforcement? By Catherine Bell
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 21. September 2011, 09:36:14
Heißt das, dass positive und negative Verstärkung kombiniert werden können? ???
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Sisu am 21. September 2011, 09:43:49
Sehr interessanter Artikel!  :danke2:
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 21. September 2011, 09:57:40
http://www.theequineindependent.com/home/?p=234
Can I combine positive reinforcement with negative reinforcement? By Catherine Bell
Sehr interessanter Artikel, danke dafür! :danke:

Er bestätigt das, was ich schon länger dachte (oder vielleicht auch einfach schon mal wo gelesen/gehört habe). Und er macht es für mich gleich wieder schwieriger, wie ich mit Capitan weiter vorgehe. Die Kurland-Arbeit finde ich immer besser, sie gefällt mir mehr und mehr. Aber sie verwendet halt durchaus "pressure and release of pressure" (Druck und Nachlassen des Drucks), wenn auch auf einem seeeeehr niedrigen Level, bei dem der Druck eher aus einem Gedanken-Vorschlag besteht. Schwer zu erklären, wenn man es nicht mal gefühlt hat. Trotzdem: kein reines Free-Shaping, sondern Druck in einer gewissen Form. Ist dieser Druck schon zu viel? Oder kann man diesen Druck rein als Hinweis annehmen? Wie nimmt das Pferd das wahr? :nixweiss:

Regt jedenfalls mal wieder sehr zum Nachdenken an! :thup:

Heißt das, dass positive und negative Verstärkung kombiniert werden können? ???
Jein. Es heisst, dass man positive und negative Verstärkung nicht gleichzeitig verwenden soll. Also nicht erst Zug am Strick machen, wenn das Pferd vorgeht, den Zug nachlassen und Clicken. Im Artikel steht aber auch, dass es wohl niemand schaffen wird, durchgängig komplett ohne negative Verstärkung auszukommen. Insofern wird empfohlen, dann die Übungseinheiten mit positiver Verstärkung von denen mit negativer Verstärkung zu trennen.
Ausserdem sei es wichtig, mehr mit positiver Verstärkung zu arbeiten, als mit negativer, weil sonst die "Grunderfahrung" mit negativer V. die (biochemischen) angenehmen Auswirkungen (für das Tier) der positiven V. überlagert.
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 21. September 2011, 10:10:39
:danke2:
ist ein eigenes Thema wert, denke ich, oder?
Ich erlebe Alexandras Arbeit ja schon seit einigen Jahren und besonders seit der Poisened-Cue-Definition geht sie immer kleinschrittiger vor um von diesem Druck wegzukommen. ich denke das ist alles im Prozess und ich find es toll dass solche Effekte wie die Dopaminausschüttung usw erforscht werden, so dass man immer mehr versteht was da eigentlich passiert.
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 21. September 2011, 10:48:07
im artikel geht es darum, dass +/- v bzw. strafe oft gemixt werden, um unsere absichten zu verdeutlichen oder das training voranzutreiben.
weil es zb. oft nicht möglich ist, aversive reize komplett aus dem umgang auszublenden.
der hauptfokus sollte auf freien, rein positiven shaping einheiten liegen.
ein gelegentlicher impuls am strick, um das pferd beispielsweise vom gras wegzuholen,  wird aber kein sorgsam ausgebildetes tier aus seinem seelischen gleichgewicht bringen.

wenn man + und - reize mixt, um ein verhalten zu erzeugen, werden mehrere sachen passieren. zum einen wird immer einer der beiden verstärker überwiegen - dh. der hauptverstärker wird entweder das entfernen des aversiven reizes oder das hinzufügen der belohnung sein. das wird nie gleichwertig sein.
die anwesenheit einer belohnung alleine wird das training nicht positiv machen - es hängt immer vom pferd ab, was das verhalten in dem fall am leben erhält bzw. vorantreibt.
das zweite, was passiert, ist, dass das signal bzw. die übung sich mit der zeit vergiften - siehe karen pryor: the poisoned cue (das vergiftete signal).
wenn man druck bzw. aversive reize im training verwendet, werden diese automatisch mit dem training bzw. mit der trainingsausrüstung, der trainingsumgebung und dem trainer selbst assoziiert.

wenn man authentisches positives training einsetzt, wird ein gewisses gehirnareal stimuliert und dopamin freigesetzt. über die zeit wird diese dopaminausschüttung auch in abwesenheit der belohnung stattfinden, wenn wir zb. die trainingsumgebung aufsuchen.

bei auf druckstufen basierendem training wird kein dopamin freigesetzt, auch das nachlassen des drucks setzt kein d. frei. es wird maximal adrenalin ausgeschüttet in abhängigkeit von der stärke des drucks bzw. des stresszustandes beim pferd.

wenn man diese beiden methoden nun mixt, wird die dopaminfreisetzung überschrieben durch die ausschüttung von adrenalin. dh. obwohl man belohnungen verteilt, findet im neurobiologischen sinne kein belohnungslernen statt.

das anbieten einer belohnung kann das pferd dazu anregen, verhalten anzubieten, was es in eine emotional verwundbare position bringt. wenn man nun auch -v einsetzt, um das pferd bei bedarf zu korrigieren, kann das einen konflikt auslösen, der den stress ansteigen lässt. dabei reichen schon geringe maße an druck/korrektur.
das pferd unterliegt dabei einer kosten/nutzen - rechnung: es weiß, dass die kosten für eine falsche antwort die korrektur ist, fährt aber fort, das verhalten anzubieten auf grund der möglichen belohnung.
oder bietet das verhalten gar nicht mehr an, weil das signal nicht nur ein versprechen ist für eine belohnung, sondern auch eine drohung (du bekommst eine korrektur) - das verhalten bricht zusammen.

am ende stehen noch ein paar persönliche ansichten der autorin, die ich jetzt so nicht unterschreiben möchte. zb. dass man druck als einstiegshilfe in eine shapingsession einbaut, um danach komplett zu +v zu switchen.
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 21. September 2011, 10:49:28
okay, wieder mal zu langsam ;-)
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 21. September 2011, 10:53:26
Und er macht es für mich gleich wieder schwieriger, wie ich mit Capitan weiter vorgehe. Die Kurland-Arbeit finde ich immer besser, sie gefällt mir mehr und mehr. Aber sie verwendet halt durchaus "pressure and release of pressure" (Druck und Nachlassen des Drucks), wenn auch auf einem seeeeehr niedrigen Level, bei dem der Druck eher aus einem Gedanken-Vorschlag besteht. Schwer zu erklären, wenn man es nicht mal gefühlt hat. Trotzdem: kein reines Free-Shaping, sondern Druck in einer gewissen Form. Ist dieser Druck schon zu viel? Oder kann man diesen Druck rein als Hinweis annehmen? Wie nimmt das Pferd das wahr? :

die frage ist vor allem: brauche ich den druck als hinweis überhaupt? auf der clickerliste bei fb gibt`s gerade eine interessante diskussion zum thema mit sehr inspirierenden und qualifizierten ansichten von peggy hogan. die ihre ansichten da aber durchaus wertfrei einbringt und sagt, dass jeder ansatz seine berechtigung hat, auch der von kurland oder shawna karrasch zb., die viel mit sek.v. arbeitet und beispielsweise nicht jeden click belohnt.
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 21. September 2011, 10:54:01
Fieso? :keks: fürs Zusammenfassen
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Sisu am 21. September 2011, 11:02:44
auf der clickerliste bei fb gibt`s gerade eine interessante diskussion zum thema mit sehr inspirierenden und qualifizierten ansichten von peggy hogan.
Hast du da einen Link für mich?  :bittebitte:
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 21. September 2011, 11:03:40
https://www.facebook.com/ClickerTrainingHorses (diskussionen)
https://www.facebook.com/groups/ClickerTrainingHorses/
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Sisu am 21. September 2011, 11:05:50
Merci  :keks:
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 21. September 2011, 11:10:13
WOW, dass scheint ja wirklich ein prima Artikel zu sein. 8)

Herzlichen Dank für die Zusammenfassung Chinni. :-*
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 19 am 21. September 2011, 11:37:37
Herzlichen Dank für die Zusammenfassung Chinni. :-*

*unterschreib*
ich bin immer zu faul, mich durch die engl. Texte zu kämpfen *seufz*
Titel: Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 21. September 2011, 13:55:40
Vielen Dank für die tolle Zusammenfassung! :keks: :thup:

die frage ist vor allem: brauche ich den druck als hinweis überhaupt?
Gute Frage. Vor dem geistigen Auge habe ich dabei den "Druck", den Alexandra am Strick ausübt (und der kaum spürbar ist, teilweise sogar garnicht "mechanisch" spürbar ist). Wenn ich das ganze rope handling als Vorstufe der Zügelhilfen beim Reiten sehen, dann macht es für mich durchaus Sinn, das dem Pferd erstmal in Ruhe am Boden zu "erklären". Die Frage ist halt nur, wie.
Eine Möglichkeit ist es, eine ganz winzige Hilfe am Strick zu geben (= Druck auszuüben) und zu warten, bis das Pferd in einer Annäherung an das gewünschte Verhalten reagiert. Dann gibt es Click, Keks und das Loslassen des Stricks.
Eine andere Möglichkeit wäre es, das, was ich anschließend am Strick abrufen will, also z.B. eine leichte Innenstellung, erst frei zu shapen, und erst, wenn ich mir sicher bin, dass das Pferd im nächsten Augenblick den Kopf dieses winzige Stück nach innen nehmen wird, meine Hilfe am Strick hinzuzufügen. Das ist sicher möglich, aber ich stelle es mir recht schwierig vor. Zum Einen, wirklich das Richtige zu shapen, zum Anderen aber auch, die Strickhilfe geben zu können, bevor das Pferd die Stellung anbietet, also rein als Schwierigkeit in den "mechanical skills" (mechanischen Fähigkeiten).

Von der Hundeseite kommend, kannte ich ja vor allem die Arbeit über freies Shapen. Alles, was hund an der Leine können soll, hat er bei uns vorher ohne Leine gelernt (okay, das Nicht-Ziehen nicht, dafür "braucht" es eine Leine, damit er daran nicht ziehen kann ;) ). Die Leine wurde dann einfach später dran gehängt und fertig. Weil man halt an der Leine auch nicht wirklich irgendwelche Signale gibt, und auch sonst körperliche Einwirkung als Signal eher unüblich ist.

Beim Reiten kommt man aber notgedrungen über die körperliche Einwirkung nicht weg. Gut, man könnte sicher alles mögliche auf Wortkommando setzen, und als einzige körperliche Einwirkung "oben drauf rum sitzen". Aber selbst damit würde man ja einwirken, und in vielen Fällen das Pferd sicher noch in der Bewegung stören (wenn man komplett passiv als "nasser Sack" drauf säße). Insofern stoße ich da ständig an irgendwelche "Mauern", bei denen ich nicht 1 zu 1 umsetzen kann, was ich beim Hundeclickern "gelernt" habe. Und es wird sicher (bei mir) auch noch ein längerer Denkprozess sein, bis ich irgendwann mal eine Form des Pferdeclickerns gefunden habe, die für mich durch und durch stimmig ist.

Ende wahlloser Bla-Sermon ;).
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 21. September 2011, 14:03:34
mhm. Aber Druck muss doch nicht immer unangenehm sein. Also jetzt mal in der Form beim reiten gesprochen.

Eine reiterliche Hilfe, ist doch nichts anderes als ein Angebot und eine wie das Wort ja schon ausdrückt "hilfe" für das Pferd. Es wäre doch auch sehr komisch einen Paartanz zu machen, in dem keiner den anderen berüht oder "führt". Und das ist doch nichts unangenehmes, eher im Gegenteil würd ich behaupten.

Ich erlebe es im Gegenteil bei Skessa manchmal, dass sie sehr schnell frustriert ist, wenn sie merkt ich erwarte was beim free shapen und sie findet nicht raus was, weil von mir keinerlei Hilfe kommt... (Beispiel "Ohren vor", noch nie so ein frustiges beleidigtes ärgerliches Pferd gehabt).
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 21. September 2011, 14:03:45
 :keks: fürs Abtrennen!

Ich versuche auch immer mehr Wege zu finden, dass es ohne den "erklärenden" Druck geht. zb beim Kopfsenken - wenn man das via Target erarbeitet, kann man anschliessend das Stricksignal in einer sehr großen Leichtigkeit hinzufügen und hat fast denselben "Effekt".

sowie ich das in dem Artikel verstanden habe, ist das Hauptproblem am kombinieren die Konkurrenz von Adrenalin und Dopamin. Wenn ich also mit meinem "Druck" in einer Stärke bleibe, der absolut kein Adrenalin ausschüttet, spricht für mich  nichts dagegen eine physische Einwirkung zu addieren, um zb etwas am Zügel zu erklären. Diejenigen die die Stricktechnik schon kennengelernt haben wissen wie wenig das dann werden kann.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 21. September 2011, 14:07:04
aber wenn ich Adrenalin produzieren mit meinem Druck, also Stress, dann ist das doch schon ne Menge an Druck, oder?
Wenn doch aber ein Pferd gelernt hat sich um den inneren Schenkel zu biegen, dann löst der angelegte innere Schenkel doch keinen Stress und damit Adrenalinausschüttung aus, oder?
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 21. September 2011, 14:20:10
Ich denke, das unterscheidet sich von Pferd zu Pferd. Und genau das ist die große Frage, die sich mir stellt: was nimmt mein Pferd als Druck wahr?

Ich denke, es gibt Pferde, die empfinden es schon als unangenehm (und damit als Druck), wenn man sie nur ansieht, selbst, wenn man ganz "weich" hinguckt und überhaupt nichts von ihnen will. Oder die es als unangenehm empfinden, wenn man näher als Abstand x auf sie zu geht. Auch, wenn das ein ganz "friedliches" Zugehen ist, ohne irgendein Wollen.

Bei Capitan merke ich ja, dass es große Unterschiede macht, ob ich Übungen abrufe, die er rein über Freeshaping gelernt hat (z.B. Schultertarget) oder Übungen, die er auch mit "Druck" (auch, wenn er noch so leicht ist) gelernt hat. Deshalb ist es mir wichtig, herauszufinden, was er als unangenehm empfindet und was nicht. Unangenehm muss dabei ja auch noch garnicht schlimm sein. Eine Fliege, die hier im Raum rumfliegt, tut mir nicht wirklich was. Aber trotzdem nervt mich das summende Geräusch, die Fliege ist mir also unangenehm.

Wieviel "Druck" es braucht, um Adrenalin auszustoßen, weiss ich nicht. Wäre dann gleich schon die nächste spannende Frage! ;)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 21. September 2011, 14:23:40
ich glaub da hast du recht, da muss man schon sehr individuell beobachten.
Ich könnt mir jetzt aber bei Skessa sehr gut vorstellen, dass sie bei der Freeshaping Ohrtarget Nummer - wo sie sehr im Stress war - auch Adrenalin ausgeschüttet hat, weil sie so genervt war. Aber das würd ja nun wieder komplett gegen die Theorie sprechen...

Spannendes Thema!!
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: hyxc am 21. September 2011, 14:24:47
Und genau das ist die große Frage, die sich mir stellt: was nimmt mein Pferd als Druck wahr?

Das ist irgendwie eine der Fragen, auf die man immer wieder zurückkommt... Und ich weiß immer noch keine Antwort, und ich befürchte, dass es auch keine allgemeingültige Antwort gibt.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Sisu am 21. September 2011, 16:02:39
Ich erlebe es im Gegenteil bei Skessa manchmal, dass sie sehr schnell frustriert ist, wenn sie merkt ich erwarte was beim free shapen und sie findet nicht raus was, weil von mir keinerlei Hilfe kommt... (Beispiel "Ohren vor", noch nie so ein frustiges beleidigtes ärgerliches Pferd gehabt).

Ich finde ja, gerade beim free shaping sind gute Trainerskills ganz besonders gefragt: vor allem "set up for success", das Erkennen kleinster Muskelbewegungen und dadurch natürlich auch super Timing. Damit eben erst kein Frust beim Pferd aufkommt.

So bin ich auch ganz bei euch: wieviel Druck ist für mein Tier schon Druck? Reicht alleine meine Erwartungshaltung, um Stress auszulösen? Und dann auch die Frage, wie geht mein Pferd damit um?
Ich merke bei Filipp bei einer Sache ganz stark, dass sich, seit wir clickern, sein Umgang mit dieser Art von Druck stark geändert hat: das Ziehen am Strick. Er bleibt nämlich gerne mal stehen und starrt, wo ich dann auch mal ins Ziehen komme :rotw:. Früher hat man ihm angesehen, wie unangenehm es ihm war, hat mit dem Schweif geschlagen, grantig dreingeschaut und war eben sichtlich gestresst. Jetzt aber bleibt er einfach ruhig stehen, ohne Anzeichen von Stress, wartet, bis ich wieder in Fühposition neben ihm stehe, und geht dann entspannt mit mir wieder los.

Mir gibt diese kleine Änderung im Verhalten stark zu denken... Filipp hat selbst gelernt, mit diesem Druck auf ruhige Art und Weise umzugehen - kann ich (soll ich?) diese Erkenntnis nutzen und ihm beibringen, auch auf andere Arten von Druck so entspannt zu reagieren? Und vor allem auch: wie geht man sowas an? Schließlich hat er sich das alleine angeeignet...  :juck:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cännsi am 21. September 2011, 16:11:28
danke für die zusammenfassung. sehr interessant das mal von der neurologischen seite zu betrachten, damit man versteht, was was bewirkt. dennoch sehe ich mich nun mit der tatsache konfrontiert, dass ich wohl 130 jahre alt bin ehe ich all die theorie mit der praxis unter einen hut bekomme. völlig ohne druck in gewissen belangen zu arbeiten stellt für mich wohl eine lebensaufgabe dar und würde mich in bestimmten bereichen sicher auch überfordern. genausowenig gelingt es mir immer unter der "stress-grenze" fürs pferd zu bleiben egal bei welcher form des drucks, weil das ja auch von der tagesverfassung abhängig ist. in der zwischenzeit wird pferd wohl mit meinen unzulänglichkeiten leben müssen...nichtsdestotrotz bemüht man sich natürlich ständig besser zu werden um auf "überflüssiges" verzichten zu können.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 21. September 2011, 16:17:58
super interessantes Thema mit dem ich mich früher ziemlich intensiv beschäftigt habe und meine Antwort in der Poisoned cue DVD von A. Kurland (allerdings spricht da nicht sie sondern ein Verhaltensbiologe dessen Namen mir entfallen ist- Rosalez?? ). Da fand ich die Antworten auf meine Fragen die ich immer suchte. Hab grad keine Zeit darüber zu schreiben, später!
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Anke am 21. September 2011, 16:57:50
Hi,

spannendes Thema, über das ich auch regelmässig sinniere. Im Bereich Hunde ist auf fast alle Fragen die nahezu immer gültige Antwort "Es kommt drauf an...". Ich schätze, das gilt für alle Tiere (inkl. Mensch). Ich halte es für sehr individuell, wann Druck, welcher Form auch immer (psychisch, physisch) als so unangenehm empfunden wird, dass er tatsächlich beim Lernen stört. Ich meine, ein gewisser Stress gehört zum Leben dazu, Lernen-können ist doch die Reaktion auf den Stress der sich ändernden Umwelt.

ciao
Anke
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 21. September 2011, 17:02:21
biegesachen kann man zb. gut über targets erarbeiten wie in vivianes krupphereinfilmchen. quasi als hilfestellung für komplexe bewegungsabläufe, wo reines shaping zu umfangreich wäre.
davon abgesehen würde ich nicht jede aktion am strick als aversiv bezeichnen - ebensowenig den reiter am pferd. sonst wäre ja jedes anfassen, satteln, wagerl ziehen, spritze setzen lassen aversiv und negativ trainiert.
am besten ist einem wahrscheinlich geholfen, wenn man sich ganz nüchtern überlegt, was das verhalten am leben hält bzw. dafür sorgt, dass es weiter aufgebaut wird.

@ stefanie: auch falsch durchgeführtes shaping kann stress sein für`s pferd, klar. davon abgesehen ist es einfach ein unterschied von 100:1, ob ich das pferd machen lasse (to make the horse sth to do) oder ob ich mich selber zurücknehme und es in einer freien trainingssituation ohne korrektur experimentieren und herausfinden lasse, was die aufgabe ist (let the horse figure out what to do).

Ich denke, das unterscheidet sich von Pferd zu Pferd. Und genau das ist die große Frage, die sich mir stellt: was nimmt mein Pferd als Druck wahr?

Ich denke, es gibt Pferde, die empfinden es schon als unangenehm (und damit als Druck), wenn man sie nur ansieht, selbst, wenn man ganz "weich" hinguckt und überhaupt nichts von ihnen will. Oder die es als unangenehm empfinden, wenn man näher als Abstand x auf sie zu geht. Auch, wenn das ein ganz "friedliches" Zugehen ist, ohne irgendein Wollen.

 :thup:

@ sisu: natürlich kann man das pferd systematisch auf druck/aversive reize "abstumpfen" lassen - ist halt die frage, ob man das wirklich will. nichts anderes geschieht zb. beim gewöhnen ans reitergewicht oder beim scheutraining.

allerdings spricht da nicht sie sondern ein Verhaltensbiologe dessen Namen mir entfallen ist- Rosalez??  

jesús rosales-ruiz, war`s ;-)
von dem gibt's aber auch ernüchternde geschichten.
btw: gibt`s die dvd eventuell zum verborgen?  :keks:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 21. September 2011, 17:39:24
noch was zum thema:
http://rogerabrantes.wordpress.com/2011/09/21/unveiling-the-myth-of-reinforcers-and-punishers/
Unveiling the Myth of Reinforcers and Punishers
by Roger Abrantes
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 21. September 2011, 21:04:17
Heute habe ich (mal wieder) festgestellt, dass für mein Pferd offensichtlich schon das Von-der-Koppel-Holen so viel "Druck" (negative Strafe) ist, dass er anschließend nicht mehr clickermässig arbeiten kann/mag  :roll:. Da schaltet er sich weg und lässt mich am langen Arm verhungern.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 22 am 21. September 2011, 21:28:28
Hallo Esther,

Du hast es weiter oben schon 'mal beschrieben, glaube ich, dass es tatsächlich von Pferd zu Pferd unterschiedlich sein kann, was als "Druck" empfunden wird. Ich glaube, dass es sogar noch tückischer ist, da es sicherlich auch in Abhängigkeit von faktoren, wie Müdigkeit, Fitness, Hunger z.b. abhängen kann. Am Beispiel deines Pferdes, scheint Fressen die Priorität zu haben. Ihn von der Weide zu holen "bedroht" scheinbar sein Wohlbefinden und die damit verbundene Sicherung seiner Fitness. Das mag weit hergeholt klingen, aber ich galube, dass es wichtig ist, zu versuchen die Motivationslage des Pferdes ein bißchen einzuschätzen. da irrt man sicherlich oft genug oder es ist nur eine Annäherung, aber je nach Motivation wird eben auch Druck unterschiedlich empfunden werden.

Alex, Du hast es ja schon beschrieben, dass z.b. eine Dopaminausschüttung von statten gehen kann, alleine beim Betreten der positiv besetzten Trainingsumgebung. Ich glaube schon, dass das z.b. unmittelbare Auswirkungen auf die Frustrationstoleranz haben kann.
Außerdem finde ich den Aspekt des selbstverstärkenden Verhaltens zu wenig beachtet. Esther, Du beschreibst, dass Dein Pferd das Schultertarget frei geformt erlernt hat. Damit ist ja noch keine Aussage darüber getroffen, welche Auswirkung die Übung selber auf Capitan hat. Könnte ja sein, dass er die Übung besonders schätzt, weil er mit wenig "Aufwand" ein positives Feedback von Dir erhält. Ich nenn jetzt 'mal ein Beispiel aus der Dressur: für fliegende Galoppwechsel müsste er ungleich mehr Anstrengung und Konzentration erbringen, egal auf welchem Wege er die Übung erlernt hätte. Ich denke, dass dann auch die Ausführung anders anmutet.

Es ist also nicht einfach die An- oder Abwesenheit von Druck, sondern die gesamte hormonelle und psychische Motivationslage miteinzubeziehen, die wir von außen oft genug nicht ausreichend abschätzen können. Lernerfahrungen, Intelligenz, körperliche Kompetenzen 'mal gar nicht mitgerechnet...

Meine Stute z.b. reagiert auf manche Form körperlicher Beeinflussung, z.b. Treiben meinerseits beim Reiten mitnichten so gestresst, wie auf bestimmte Umgebungsfaktoren, z.b. Geritten werden ohne die Herde in der Nähe zu wissen.
Außerdem glaube ich, dass es Unterschiede gibt, ob ein Pferd eine Übung neu erlernt oder ob sie abgerufen wird. Die jeweils eingesetzte Energie des Menschen wird sich unterschiedlich auswirken.

Da das alles so derartig komplex ist, glaube ich, dass es letztlich einfacher ist, sich fürs Training mit positiver Verstärkung zu entscheiden. Oder eben in Kauf zu nehmen, dass ein Pferd mit einer bestimmten Art von Druck auskommen kann/muss. Da gibt es sicherlich auch Unterschiede zwischen Cross-Over Pferden und rein durchs CT ausgebildete.

Spannende Diskussion!

Grüße
Steffi
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 21. September 2011, 21:41:33
Hallo Steffi,

Du hast natürlich recht, das hängt von noch viel mehr Faktoren ab. Ganz platt: selbst, wenn meinem Pferd normalerweise der Druck des Halfters auf der Nase "egal" ist, es sich dadurch also nicht gestresst fühlt, sieht die Sache doch gleich ganz anders aus, wenn es sich die Nase angehauen hat und diese daher empfindlicher ist. Und das ist selbstverständlich nur ein sehr offensichtliches Beispiel dafür, dass das Empfinden von Druck von vielen Faktoren abhängig ist und sich auch ständig ändern kann.

Ich sehe es nur als meine Aufgabe, zu versuchen (!), für mein (!) Pferd herauszufinden, was es (wann) als Druck empfindet, und was es als Signal / Hilfe wahrnehmen kann.

Und genauso trifft das natürlich auf Belohnungen zu. Vielleicht gibt ihm das Schultertarget (bzw. die Bewegung, die er dabei macht) ja einfach ein gutes Körpergefühl und das Futterkrümelchen könnte ich mir eigentlich auch in die Haare schmieren?
Die damit verbundene Anstrengung dürfte es in dem Fall allerdings nicht sein, da sie höher ist, als beim Nasentarget mit meiner Faust direkt vor seine Nase. Trotzdem liegt das Schultertarget ungleich höher im Kurs, als das Nasentarget ;) (und ja, ich weiss, dass Du das auch nicht hattest behaupten wollen, sondern einfach nur eine weitere Ebene darlegen wolltest).

Was die Koppel angeht, sehe ich eine ähnliche Motivationslage, wie Du. Er scheint wirklich manchmal zu befürchten, nicht genug zu essen zu bekommen, obwohl er, seit ich ihn kenne, wohlgenährt ist und er, (fast) seit er bei mir ist, 24 Stunden Heu zur Verfügung hat :nixweiss:. Entsprechend will ich auch versuchen, da seine Motivation zu verschieben, bzw. ihm zu zeigen, dass er mit mir arbeiten kann und trotzdem noch genug Gras fressen kann. Wie genau ich das machen will, weiss ich nicht. Aber irgendwas wird mir schon noch einfallen (gehört aber eh nicht mehr hier her).
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 22 am 21. September 2011, 21:57:53
Hallo Esther,

ja, das Herausfinden, was als Druck vom Pferd empfunden wird, was als Hilfe und wann was wichtig/unwichtig/motivierend/belastend ist, ist wahscheinlich eine Lebensaufgabe. Ich habe Mána ja jetzt schon seit 11 Jahren und wundere mich manchmal immer noch. Aber vieles habe ich inzwischen tatsächlich feststellen können bei ihr, das sich auch nicht mehr wirklich verändert. Insofern kann ich mein Training jetzt auch leichter auf sie einstellen. Ich bin sicher, dass Dir das mit Deinem Capitan auch gelingen wird!

Nur so als Tipp am Rande, der eigentl. nicht hier her gehört: Grasen als Belohnung nach dem Click kann Wunder wirken, aber wird natürlich wegen der "Nebenwirkungen" extrem kritisch diskutiert. Ich habe das 'mal mit Mána systematisch betrieben, als wir auf einem Grasplatz geritten sind. Ich bin da aber von ab, da Mána zur Zeit keine Bedarfe nach Gras während des Trainings anmeldet.

Grüße
Steffi
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 21. September 2011, 22:00:56
Dann antworte ich auch nochmal schnell off-topic: ich hatte das bei Spaziergängen mal angefangen, fand die "Kosten" (für mich) aber zu hoch für den Nutzen. Denn auch da hatte ich dann ein "weggebeamtes" Pferd, dass ich anschließend hart strafen (negative Strafe) musste, um weiter zu gehen (weil ich ihn eben doch irgendwann wieder vom Gras wegziehen musste, wenn ich nicht an Ort und Stelle übernachten wollte).
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 21. September 2011, 22:11:04
Es ist also nicht einfach die An- oder Abwesenheit von Druck, sondern die gesamte hormonelle und psychische Motivationslage miteinzubeziehen, die wir von außen oft genug nicht ausreichend abschätzen können. Lernerfahrungen, Intelligenz, körperliche Kompetenzen 'mal gar nicht mitgerechnet...

Je länger ich nun immer mehr mit "rein positiver" Verstärkung arbeite, desto genauer sagt mir Mirko, was für ihn ok ist und was nicht. Ich habe ihn ja früher immer mit Gerte (als verlängerter Arm) gearbeitet. Dabei war er recht unsensibel gegenüber einer Druckeinwirkung, um nicht zu sagen völlig ignorant. Aus heutiger Sicht würde ich ein Pferd genau anschauen ob es aus Stress abschaltet oder ob es ihm wirklich egal ist. Aber soweit war ich damals noch nicht. Ich habe Mirko dann auf die Gerte sensibilisiert (durch stete Wiederholung und sofortiges Nachlassen, also klassisch negativ verstärkt).
Gelegentlich ist mir der Kragen geplatzt und ich wurde auch deutlicher, was auch zu Stress bei Mirko geführt hat.

Als ich mit CT angefangen habe, habe ich selbstverständlich auch die Gerte eingesetzt und sie mit CT gemischt. Zum Beispiel als ich eine promptere Reaktion zum Antreten haben wollte. *pitsch* und bei der kleinsten Reaktion C+B.
Was ich dabei gemerkt habe ist, dass ich damit den Stresslevel sehr niedrig halten konnte (ich habe bewusst in Kauf genommen dass er milde gestresst ist) und dass er es insgesamt nicht als stressig empfand. Da hat wohl die Mischung Druck/Click/Pausen gestimmt.
Aber das war ein sensibles Gleichgewicht, das auch mal in die Stressrichtung kippen konnte (immer dann, wenn ich zuviel wollte). Da hat der Click dann nicht mehr ausgereicht, die Situation zu retten.

Seitdem ich vorwiegend mit der Stricktechnik arbeite, kann ich auf die Gerte weitgehend verzichten, einfach weil ich die Hinterhand ganz anders ansprechen kann.
Wenn wir wilde Sachen machen  :dops: gibt es einen Moment, bei dem ich Mirko durch einen Gertenklaps auf die Kruppe animiere noch wildere Sachen zu machen. Das geht aber nur in einer ganz bestimmten Stimmung von ihm. Nur genau dann kommt was raus, was uns beiden Spaß macht (wüldes kapriolenähnliches Gehüpfe) und es ist ganz deutlich, dass er das von mir total akzeptiert als die Animation, die dann das Folgende bewirkt.

Ist die Stimmung nicht genau passend und ich will ihn hüpfen machen, geht er sofort weg - da hat er dann Stress.
Auf diesem höher erregten Level kann er also damit umgehen und es bleibt bestärkend.

Je mehr wir aber in der letzten Zeit frei arbeiten, desto deutlicher zeigt er mir, wo ich ihm zuviel Druck mache (er geht dann). Also bemühe ich mich immer mehr, zu lernen, das Spiel oder auch die andern Übungen so auszuführen, dass der Spaß (=Dopamin) im Vordergrund steht und ich trotzdem das bekomme was ich möchte  ;)

Seitdem ich so genau hinhöre, ist sein Willen mit mir Unfug zu machen, nochmal immens gestiegen. Seitdem kommt er eigentlich immer von der Weide hergaloppiert.

Und momentan arbeiten wir wieder an dem ewigen Thema, dem Losgehen. Da ich mich ja entschieden habe, dazu nicht mehr die Gerte einzusetzen, fangen wir wieder mal von vorne an, aber ich merke wie auch das wieder einiges verändert...

Ich persönlich schaffe es nicht, ohne negative Verstärkung auszukommen, oder ohne physischen Druck. Aber ich lerne derzeit täglich dazu, wie ich es dem Pferd immer besser erklären kann, damit umzugehen, dass eben überhaupt kein Stress (Adrenalinausstoß) entsteht.

Und ich glaube keinesfalls, dass es der "einfachere" Weg ist, nur über positive Verstärkung zu arbeiten, denn da besteht die Hauptarbeit am Menschen selbst....
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 21. September 2011, 22:29:03
Und ich glaube keinesfalls, dass es der "einfachere" Weg ist, nur über positive Verstärkung zu arbeiten, denn da besteht die Hauptarbeit am Menschen selbst....
Hat das je jemand behauptet? ???

Ich halte die Verwendung von negativer Verstärkung eigentlich in den meisten Fällen als "aus der Not geboren", bzw. als Mittel, um einem das Training einfacher zu machen. Eben als "short cut" (Abkürzung).
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 21. September 2011, 22:42:41
Esther, da guck:
Da das alles so derartig komplex ist, glaube ich, dass es letztlich einfacher ist, sich fürs Training mit positiver Verstärkung zu entscheiden. Oder eben in Kauf zu nehmen, dass ein Pferd mit einer bestimmten Art von Druck auskommen kann/muss.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 28 am 21. September 2011, 22:46:06
Ich glaube, dass jeder von uns einfach negative Verstärkung in seiner Pferdelaufbahn gelernt hat. Dies umgesetzt hat bis er zum Clickertraining kam. Oder arbeitet hier jemand von Anfang an nur mit positiver Verstärkung?

Und ich glaube auch, dass es einfach sehr sehr schwierig ist, diese Aktionen vom Menschen, die er vielleicht völlig unbewusst macht und erst im Nachhinein draufkommt, zu steuern.
Bei mir ist es halt so, ich arbeite tatsächlich auch mit negativer Verstärkung, sogar viel öfter als mir lieb ist. Aber mittlerweile bin ich soweit, dass ich zumindest danach registriere wenn nicht gleich draufkomme, dass das nicht sein muss und das ist viel zu schnell die Intensität der negativen Verstärkung steigere. Was einfach mit mir selbst zusammenhängt, da ich sehr lange ruhig bleiben kann, aber dann "explodiere".

Bei meinem Pferd ist es so, dass sie negative Vestärkung sprich Druck mittlerweile akzeptiert, allerdings wenn ich ihn zu schnell steigere, dann artet es auch in Stress auch, wenn auch nicht gleich sichtbar.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 21. September 2011, 22:51:24
btw: gibt`s die dvd eventuell zum verborgen?  :keks:
Als mir der Name entfallen ist, hab ich sie gesucht- nicht gefunden :rotw:- sonst gäbe es sie schon zum Verboren. Somit sind alle in meiner näheren Umgebung gefragt: hat sie vielleicht wer? kann mich zwar nicht erinnern sie hergeborgt zu haben, aber wer weiß :cheese:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 22. September 2011, 08:37:02
Ich glaube, dass jeder von uns einfach negative Verstärkung in seiner Pferdelaufbahn gelernt hat.

Das denke ich auch, denn es ist so ziemlich das Erste was wir im Umgang mit Pferden lernen mussten und ich betone lernen. Von Natur aus sind wir nämlich nicht so gestickt und die Pferde eigentlich auch nicht. Dennoch hat sich diese Methode irgendwie extrem breit gemacht und das aus falsch verstandener Pferdebeobachtung, wie ich meine.

Marc Rashid hat in seinem Buch "Pferde lügen nicht" dazu einen wunderbaren Vergleich angeführt, als er zwei verschiedenen Führungsmethoden verglich. Bei der einen musste der Führungsanspruch ständig unter Beweis gestellt und durchgesetzt werden. Doch dieser Druck war auf Dauer sehr anstrengend für den Boss, was letztlich auch bei ihm zur Aufgabe führen musste. Der andere Chef hingegen verschwendete darauf keine Energie und führte nur durch seine Vorbildfunktion. Er ging also nur mit gutem Beispiel voran, welchen die anderen entweder folgen und es auch lassen konnten. So teilte sich die Gruppe dann auf in einem die dem Druck nachgab und eine die freiwillig mitging.

Schaut man sich dann mal die Herden heute an, wo die Tiere genügend Freiraum haben, wird man beobachten, dass es weniger Stress gibt, weil sie sich aus dem Weg gehen oder freiwillig mitgehen können. Sind die Platzverhältnisse mehr eingeschränkt, wird es sehr viel öfter Zurechtweisungen geben. Auch ständige Veränderungen in den Herden durch Neuzugänge bringe da sehr viel mehr Unruhe rein. Bei mehr Raum würde das neue Tier mehr Abstand halten können und sich erst anschließen, wenn es angenommen wird. Hat es jedoch keine Wahl, weil es Hunger hat und somit auch an den Futterplatz kommen muss, sind Auseinandersetzungen schon vorprogrammiert.

Wir Menschen gehen ja einer Auseinandersetzung auch lieber aus dem Weg, sofern dies möglich ist, als uns ständig mit anderen Mitmenschen zu fetzen. Und wir freuen uns auch mehr darüber, wenn uns Freiraum gegeben wird und wir selbst entscheiden dürfen, was wir gerne tun möchten. Werden wir jedoch gezwungen uns so und nicht anders zu verhalten, dieses oder jenes zu tun, dann gehen wir entweder in Opposition oder fügen uns. Insofern sind wir eigentlich nicht so viel anders als diese Tiere von Natur aus in unserem sozialen Verhalten.

Hinzu kommt, dass wir gerne auch etwas erreichen möchten und darin unterscheiden wir uns von diesen Tieren. Sie folgen nur ihren Grundinstinkten und haben nicht den Anspruch immer mehr zu erreichen. Haben sie alles was sie zum Leben brauchen, sind sie schon zufrieden. Wir jedoch nicht. Und so fordern wir halt immer mehr auch von ihnen. Um dies dann auch zu erreichen und durchzusetzen, haben wir auch zwei Möglichkeiten. Entweder üben wir Druck auf andere aus oder gehen mit gutem Beispiel selbst voran. Die erste Variante erfordert zwingend, dass andere auch tun, was wir verlangen und somit müssen wir den Druck notfalls steigern, bis sie es tun. Bei der anderen Variante ist dies so nicht möglich und wir können nur hoffen, dass unserem Beispiel gefolgt wird, dieses dann belohnen und damit weiter fördern.

Der Aufwand bei der positiven Verstärkung ist somit deutlich geringer und damit auch leichter als bei der negativen Verstärkung. Aber das gewünschte Verhalten auf diesem Wege dann auch zu erreichen ist wieder schwieriger, denn  es erfordert sehr viel mehr Geduld und Kreativität. Ich muss mich mit meinem Tier auch deutlich mehr beschäftigen, vor allem mit dem was es selbst bewegt und weniger nur mit dem was ich gerne von ihm möchte. Die Anstrengung liegt also mehr in der psychischen Ebene als in der physischen.

Leider nehmen sich die Leute eben nicht diese Zeit, die das dann auch dauert und möchten möglichst schnelle Erfolge erzielen. Ein Fohlen wird also an bestimmte Dinge gewöhnt, in dem es sie im täglichen Umgang ständig erfährt. Da wartet keiner, bis es diese freiwillig tut. Auch der Schmied hat nicht die Zeit zu warten usw. Ich habe Stunden mit Antares zugebracht, bis der mir freiwillig sein Bein gab und mir vertraute. Zu tief saßen seine Erfahrungen mit der negativen Verstärkung an dieser Stelle. Worauf durfte er denn vertrauen, das der Druck zunimmt oder dass er seinen Fuß jeder Zeit wieder wegnehmen darf? Und beim Anbinden durfte er darauf vertrauen, dass er eben nicht wieder frei kommt, wenn er es nicht selbst schafft. Inzwischen kann er schon mehr darauf vertrauen, dass dies nur für eine bestimmte Zeit so sein wird. Klar hätte man ihn am Anbinder auch kämpfen lassen können, bis er selbst merkt, dass er da nicht frei kommt, wenn das Material fest genug ist. Der Lernerfolg würde sich wesentlich schneller einstellen, als wenn er alle Zeit der Welt bekommt sich in Ruhe daran zu gewöhnen. Aber das Resultat ist ein gänzlich Anderes. Ob er dies einfach nur geduldig mit sich machen lässt oder dort voller Erwartung freiwillig abwartet was nun mit ihm gemacht wird. Ich darf ihn dann aber auch nicht links stehen lassen und erst mal ein Schwätzchen mit anderen Leuten führen. Meine Aufmerksamkeit sollte schon bei ihm bleiben, damit diese Vorfreude auch nicht getrübt wird und er sich nunmehr langweilt. Dazu hat er sich schließlich nicht anbinden lassen. ;)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 22. September 2011, 09:09:07
man darf nicht vergessen, dass es auch in der natur nicht unbedingt DIE herdenstruktur gibt - in den meisten fällen sind die "alphatiere" einfach nur die eltern. ich seh das bei meiner mutter-tochter-konstellation hier zb. - die haben in dem sinn kein rangverhältnis zueinander.
unsere wild zusammengewürfelten, ständig wechselnden herden auf zu kleiner fläche (und klein kann auch ein hektar sein) haben mit echter herdendynamik und den dort vorkommenden beziehungsgeflechten nur mehr wenig zu tun.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 22. September 2011, 09:17:42
Ja, das stimmt, denn sie sind nicht natürlich zusammengewachsen sondern wurden willkürlich zusammengewürfelt. :nick:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 22. September 2011, 09:30:20
Beim Reiten kommt man aber notgedrungen über die körperliche Einwirkung nicht weg. Gut, man könnte sicher alles mögliche auf Wortkommando setzen, und als einzige körperliche Einwirkung "oben drauf rum sitzen". Aber selbst damit würde man ja einwirken, und in vielen Fällen das Pferd sicher noch in der Bewegung stören (wenn man komplett passiv als "nasser Sack" drauf säße). Insofern stoße ich da ständig an irgendwelche "Mauern", bei denen ich nicht 1 zu 1 umsetzen kann, was ich beim Hundeclickern "gelernt" habe. Und es wird sicher (bei mir) auch noch ein längerer Denkprozess sein, bis ich irgendwann mal eine Form des Pferdeclickerns gefunden habe, die für mich durch und durch stimmig ist.

Das sehe ich auch so, denn allein unser Gewicht auf dem Rücken des Pferdes ist schon ein ständig anhaltender Druck, den wir ihm so ja auch nicht nehmen können und wir kommunizieren beim Reiten sogar darüber mit dem Pferd.

Daher denke ich, dass eine gewisse Form von Druck auch immer gegeben sein wird, wenn wir etwas von diesen Tieren wollen. Sie spüren das ja auch und versuchen uns zu verstehen, ja sie möchten uns sogar alles Recht machen. Das finde ich schon sehr bemerkenswert.

Insofern wird es wohl ein Weg sein, den sie auch bereit sind mit uns gemeinsam zu gehen. Wenn sie uns z. B. gerne tragen, werden sie wohl kaum diesen Druck als negativ empfinden. Und wenn sie dazu unsere Hilfen auch verstehen, diese als solche annehmen und so mit uns kommunizieren, würde ich schon nicht mehr von Druck im Sinne einer negativen Verstärkung sprechen wollen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 22. September 2011, 09:35:14
druck im physikalischen sinne, ja, aber nicht im sinne eines verstärkers. sonst dürfte man das pferd ja auch nicht mehr feste kratzen, es auf ein podest steigen oder hinlegen lassen, weil da jeweils der bodendruck bzw. der druck vom eigenen gewicht wirkt oder es vor ein wagerl spannen, einen reifen ziehen lassen oder blut abnehmen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 22 am 22. September 2011, 09:35:52
Hallo Heike,

ich glaube, dass ich statt "einfacher" "klarer" hätte schreiben sollen. Einfacher ist es tatsächlich oft nicht, aber die Haltung zum Pferd und zum Training ist für mich klarer, wenn ich auf positive Verstärkung setze. Negative verstärkung und positive Verstärkung systematisch miteinander zu kombinieren halte ich für sehr schwierig. Zumindestens bleibt dann in Situationen in denen das Pferd Widerstand zeigt oft nur der Weg den Druck zu erhöhen, da, wie Alex schön beschrieb, die Hormonlage ein positives Verstärkungslernen nicht mehr möglich ist. Starken Druck auf Pferde auszuüben macht aber widerum vielen Pferdeleuten (Gott sei dank) Angst und Unbehagen. So kommen dann viele doch wieder ins Nachdenken.

Für mich ist positive Verstärkung daher der klarere Weg. Hilfengebung versuche ich so einzusetzen, dass kein unangenehmer Druck entsteht und Mána zeigt ja sehr deutlich, was ihr gut tut.

Grüße
Steffi
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 22. September 2011, 09:42:32
ich hab mir erst gestern wieder anhören dürfen, wie wichtig es ist, jedes fehlverhalten konsequent abzustrafen (wobei das abstreifen in dem fall ein einfaches nein war, was dem pferd weder information gegeben, noch irgendeine änderung im verhalten bewirkt hat, sondern am ehesten noch eine zunahme an aufmerksamkeit)  :confused:
wenn die leute doch nur mal halb soviel energie dafür investieren würden, auf die erwünschten dinge zu achten stattdessen  :roll:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 22. September 2011, 11:43:25
Wie wahr Cinni!
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 22. September 2011, 21:34:24
Alex, gibt es eine Literaturangabe zu der Dopamin/Adrenalingeschichte? Da wurde doch sicher eine Studie dazu gemacht?!
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 22. September 2011, 21:52:24
Ich habe die für mich plausible Antwort in der DVD mit Jose Rosalez gefunden . Ich denke , daß es sehr schwer bis fast unmöglich ist, ein Pferd rein ohne -R auszubilden. Im Grunde stellt für ein sensibles Pferd alleine das intensive Anschauen eines Körperteils, ohne daß ich es berühren muß, schon eine leichte Form von Druck dar. Rosalez sagt, daß man durchaus -R einsetzen kann, aber unbedingt unter der emotionalen (Streß)-schwelle damit bleiben muß. Die ist natürlich von Pferd zu Pferd unterschiedlich . Man setzt also eine minimale Form von -R ein, die das Pferd emotional in keinster Weise als unangenehm erlebt, vielleicht als ein wenig irritierend, so aber daß dabei kein Adrenalin ausgeschüttet wird. Dann geht man in den Shapingprozeß (läßt Pferd ausprobieren) und bestärkt die erwünschte Reaktion mittels +R. Er spricht davon, die -R sozusagen 'unterschwellig' zu benützen. Damit ich unter der emotionalen Schwelle bleiben kann, muß ich natürlich während des ganzen Trainings sehr sensibel und aufmerksam mein Pferd mit all seiner Mikro- und Makromimik beobachten, und darauf reagieren.
Auch rein pos Training mit völliger Abwesenheit von -R kann zu Streß führen wenn ich im freien Shapingprozeß zu großschrittig vorgehe, zu wenig oft bestärke oder ein Pferd habe, daß einfach noch nicht so weit ist (evtl. Cross-over- Pferd) , sich Dinge anbieten zu trauen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 22. September 2011, 22:21:23
Alex, gibt es eine Literaturangabe zu der Dopamin/Adrenalingeschichte? Da wurde doch sicher eine Studie dazu gemacht?!
ich werd mich mal schlau machen ;-)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 22. September 2011, 22:27:51
 :-*
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 00:13:50
http://smartdog.typepad.com/smart_dog/2010/04/a-surprising-look-at-balanced-training.html
A Surprising Look at Balanced Training
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 23. September 2011, 08:16:01
Ich denke der wichtige Punkt ist, dass man nicht in EINER Übung beide Formen der Verstärkung mischen soll. Aufgrund der Dopamin/Adrenalin Geschichte sollte es kein Problem sein, eine Übung positiv zu verstärken und eine andere (zeitlich getrennt) über negative Verstärkung aufzubauen (wenn man denn meint das machen zu wollen)

Bei unserem Hund habe ich genau eine Übung, bei der ich mit negativer Verstärkung arbeite. Und der 'Mindset' beim Trainieren dieser Übung ist beim Hund ein völlig anderer als bei den anderen Übungen.

Joerg
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 08:20:35
beim reiten bleibt dir nun aber nicht arg viel anders übrig als mit negativer Verstärkung zu arbeiten.
Ich find das nicht schlimm, ehrlich gesagt.
Weil wie vorher schon geschrieben, ist das von Tier zu Tier auch ganz individuell unterschiedlich auf was mit Stress reagiert wird.

Wir haben beispielsweise mit Skessa geübt auf Gerte antippen einen Schritt vorwärts zu fordern. Da kannst tippen und stärker tippen und tippen und tippen und tippen... und sie langweilt sich zu tode und sitzt das aus und hat augenscheinlich überhaupt keine Stress.
Auf der anderen Seite üb ich mit ihr Ohrtarget und sie findet nicht gleich raus (gleich bedeutet bei ihr, entweder ich weiß in zwei min. was gefordert ist oder ich finde es blöd) und stresst sich darüber total schnell.

Negative Verstärkung finde ich - wenn es wie Eni schreibt unter dem Pferd individuellen Stresslevel bleibt - nicht schlimm. Es heißt ja nur negativ, ich kann es ja aber auch positiv aufbauen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: carry87 am 23. September 2011, 09:27:39
Ich habe jetzt nicht den ganzen Beitrag gelesen (ja ich schäme mich dafür, dass ich trotzdem meinen Senf dazugebe  :rotw:), aber ich selbst arbeite auch mit einer Mischung aus positiver und negativer Verstärkung.
Bevor ich zum clickern gekommen bin, habe ich nur nach Horsemanship gearbeitet, was ja großteils auf negativer Verstärkung beruht, und da ich mich in dieser Ausbildungsform recht gut auskenne und mein pferd auch einiges davon schon kannte, habe ich das Ganze nur mit dem Clickern ergänzt und das klappt sehr sehr gut. :-)

Ich habe, bevor ich mit clickern begonnen habe, einige Bücher und Artikel darüber gelesen und fast überall wurde auch mit negativer Verstärkung gearbeitet, denn das ist schließlich die Sprache, die das Pferd versteht (negative Verstärkung ist von Bestrafung o.ä. natürlich komplett zu trennen), auch wenn es nicht überall so genannt wurde. Aber wenn man allein nimmt, dass das Pferd weichen soll, wenn man sich z. Bsp. groß macht, ist das ja schon ein zeichen von negativer Verstärkung, ähnlich dem ranghohen Pferd, dass die Ohren anlegt. Also, warum nicht?
Ich denke eine Ausbildung komplett über positives aufzubauen ist kaum bzw. nur schwer machbar, denn dafür wollen wir zu viel von unseren Pferden. :-) ( und das meistens auch noch in zu kurzer Zeit )

Am meisten interessiere ich mich für die Arbeit von A. Kurland, wie wohl die meisten hier, und auch sie arbeitet oft mit negativer Verstärkung. :-)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 43 am 23. September 2011, 09:59:30
Huhu!
Die der Diskussion zugrunde liegenden Texte hast du aber gelesen, oder?

Das sind wirklich interessante Gedankenansätze, die gerade uns erfahrene Pferdeleute evtl. neu zum Denken bringen können.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 10:12:39
@ jörg: welche übung war das denn und warum hast du sie explizit durch -v trainiert?

beim reiten bleibt dir nun aber nicht arg viel anders übrig als mit negativer Verstärkung zu arbeiten. 
warum?

Aber wenn man allein nimmt, dass das Pferd weichen soll, wenn man sich z. Bsp. groß macht, ist das ja schon ein zeichen von negativer Verstärkung, ähnlich dem ranghohen Pferd, dass die Ohren anlegt. Also, warum nicht?
Ich denke eine Ausbildung komplett über positives aufzubauen ist kaum bzw. nur schwer machbar, denn dafür wollen wir zu viel von unseren Pferden. :
genau, das wäre ein beispiel von -v. da es aber noch ungefähr tausend andere wege gibt, wie man das weichen installieren kann, ist man glücklicherweise nicht zwingend an -v gebunden :-)
speziell bei meinem zwangsneurosenponinger hier(und natürlich auch bei allen anderen) habe ich das weichen positiv aufgebaut und in dem fall geformt. das schon mal allein aus dem grund, da berührungen nach wie vor ein thema sind, das es positiv zu belegen gilt. wenn ich meinen körper nun als druckmittel einsetzen würde, würde uns das lichtjahre zurück befördern.

zudem ist der mindset einfach ganz ein anderer. es ist nicht dieses kaugummiartige *mussichwirklichokayichmachdieminimalanforderung* oder vielleicht ein schnelles *huilieberschnellweg*, sondern ein *ohduwillstdassichweicheichkanndasichkanndas*.
wenn man dazu die gespitzen öhrchen und den fröhlichen gesichtsausdruck sieht, ist es immer wieder eine bestätigung, gerade und vor allem höflichkeitsübungen wie weichen (vorhand, hinterhand, ganzes pferd), rückwärts schicken, vorwärts schicken, etc... positiv aufzubauen.

das warum steht in den beiden artikeln (erste und diese seite hier) bzw. der übersetzung dazu.
@ komplexe verhalten: schon mal einen delphin oder einen orca im training gesehen? und da funktioniert nun mal kein join up ;-)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 10:18:14
weil ich doch beim reiten einfach schon mit Druck -V arbeite, wenn ich drauf sitze, weil ich körperlich ja nun schon eine gewisse Druckstufe abgebe. Oder nicht?
Wie will ich Biegung und Stellung erarbeiten? zufällig warten ob sich was ergibt ohne Anleitung?

Ich finde das mit dem Dopamin und Adrenalin sehr interessant, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit -V immer Adrenalin auslöse bzw. lernen mit -V nicht möglich ist. Genauso kann ich mir vorstellen das die Erwartungshaltung von +V schon zu einer Adrenalinausschüttung führen kann und dann ja auch die Lernbereitschaft runter sinkt.

Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 23. September 2011, 10:24:02
Physikalischer Druck (beim Draufsitzen) und Druck im Sinne einer negativen Verstärkung sind ja nicht unbedingt das Gleiche. Wenn Pferd gelernt hat (über positive Verstärkung), dass ein gewisser physikalischer Druck ein Hinweis von mir ist, was ich von ihm will (also wirklich reinen Signal-Charakter bekommen hat), dann hat das nichts mehr mit dem Druck bei negativer Verstärkung zu tun.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 10:25:42
Dann noch ein gedanke zum Delfin und Orca Training.
Diese Tiere sind doch haltungstechnisch so eingeschränkt, dass die um jede Abwechslung dankbar sind. In Zeiten in denen Skessa krankheitstechnisch mal in ein Box muss, kann ich extrem viel und sehr gut frei shapen, einfach weil sie halt furchtbar gelangweilt ist und von sich aus pro Aktiv viel anbietet.
Steht sie in der Herde mit viel Auslauf und Koppel und Treibgang ist der "Antrieb" mir jetzt möglichst viel recht machen zu wollen, geringer.
Ich glaub da liegt dann auch wieder ein bißchen der Unterschied zum Hund, der einem ja auch eher immer gefallen will.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 10:27:12
Physikalischer Druck (beim Draufsitzen) und Druck im Sinne einer negativen Verstärkung sind ja nicht unbedingt das Gleiche. Wenn Pferd gelernt hat (über positive Verstärkung), dass ein gewisser physikalischer Druck ein Hinweis von mir ist, was ich von ihm will (also wirklich reinen Signal-Charakter bekommen hat), dann hat das nichts mehr mit dem Druck bei negativer Verstärkung zu tun.
Ja aber wie will ich denn zum beispiel ein korrektes Schulterherein reiten ohne -V, ich muss ne körperliche Drehung machen, lasse mein Hand steigen etc. Das ist doch ein klarer Hinweis "ich will das du dich jetzt da in den Seitengang drehst", das ist doch -V, oder hab ich da ein Knoten im Hirn?
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 23. September 2011, 10:30:07
Die Argumentation, dass man sich genau so wie Pferde verhalten sollte, dann würde man auch viel besser verstanden werden, hat mich nicht wirklich überzeugt, denn ich sehe schon mal anders aus und kann meine Ohren auch nicht so anlegen etc. Ich bin ein Mensch und möchte auch als solcher verstanden werden! Warum soll ich auch auf den großen Vorteil verzichten, dass ich Köpfchen habe?

Außerdem hinkt dieser Vergleich, denn die Menschen verhalten sich eben nicht wie Pferd, denn sie wollen etwas mit ihnen tun und genau das liegt diesen Tieren eben fern. Sie verlangen nicht, dass andere ihnen folgen oder Aufgaben für sie erledigen etc. Jeder darf sich bis zu bestimmten Grenzen frei bewegen. Überschreitet er diese Grenzen wird er zurückgewiesen. Weicht er zurück und hält Abstand, hat sich das damit schon erledigt. Doch das reicht uns ja nicht, denn wir wollen mehr. Also können wir das so auch nicht vergleichen, meine ich. :roll:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 23. September 2011, 10:31:57
Ja aber wie will ich denn zum beispiel ein korrektes Schulterherein reiten ohne -V, ich muss ne körperliche Drehung machen, lasse mein Hand steigen etc. Das ist doch ein klarer Hinweis "ich will das du dich jetzt da in den Seitengang drehst", das ist doch -V, oder hab ich da ein Knoten im Hirn?

Da frag mal Steffi, die hat dazu ein "Schnucken" bei Mána installiert.  :cheer:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 10:34:50
genau, ich würde auch deutlich zwischen druck im physikalischen sinne und druck im sinne eines verstärkers unterscheiden.
wenn ich mich so ausbalanciere (zb. leicht in bewegungsrichtung setze oder generell im schwerpunkt bleibe), dass es dem pferd einfacher gemacht wird, ist das in meinen augen kein verstärker, sondern im gegenteil, eher eine erleichterung für`s pferd.

wenn das gewicht ein verstärker wäre, müsste ich mich zwischendurch ja immer mal wieder in luft auflösen ;-) (druck entfernen), sonst wäre das ja kein verstärker.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 10:37:19
genau, ich würde auch deutlich zwischen druck im physikalischen sinne und druck im sinne eines verstärkers unterscheiden.
wenn ich mich so ausbalanciere (zb. leicht in bewegungsrichtung setze oder generell im schwerpunkt bleibe), dass es dem pferd einfacher gemacht wird, ist das in meinen augen kein verstärker, sondern im gegenteil, eher eine erleichterung für`s pferd.

wenn das gewicht ein verstärker wäre, müsste ich mich zwischendurch ja immer mal wieder in luft auflösen ;-) (druck entfernen), sonst wäre das ja kein verstärker.

ok, dann komm ich der Sache glaub ich langsam näher  :cheer:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 23. September 2011, 10:38:20
Wir haben beispielsweise mit Skessa geübt auf Gerte antippen einen Schritt vorwärts zu fordern. Da kannst tippen und stärker tippen und tippen und tippen und tippen... und sie langweilt sich zu tode und sitzt das aus und hat augenscheinlich überhaupt keine Stress.
Jo, aber zeigt auch keine Reaktion, damit ist es zur negativen Verstärkung nicht geeignet und du musst mit höherer Reizstärke arbeiten. Oder ein derart triviales Verhalten positiv aufbauen.

Zitat
Negative Verstärkung finde ich - wenn es wie Eni schreibt unter dem Pferd individuellen Stresslevel bleibt - nicht schlimm. Es heißt ja nur negativ, ich kann es ja aber auch positiv aufbauen.
Wie bitte willst du negative Verstärkung positiv aufbauen. Ich seh nix positives an: Ich nehme das unangenehme weg, wenn du das richtige machst.

Und mit dem 'unter dem Stresslevel' bleiben lügt ihr euch doch auch in die Tasche. Ich muss bei der negativen Verstärkung den Reiz so stark setzen, dass ich eine Reaktion bekomme. Punkt. Ob das Pferd nun gestresst ist oder nicht, ich muss mit ihm etwas machen, dass es hinreichend unangenehm findet, um eine Reaktion zu bekommen.

Und was ist die Stärke der negativen Verstärkung? (i) dass ich einfacher mit deutlich höheren Reizen arbeiten kann als bei positiver Bestärkung und (ii) eine höhere Löschungstoleranz (wenigstens bei Hunden experimentell gezeigt).

Joerg
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 10:42:33
Und mit dem 'unter dem Stresslevel' bleiben lügt ihr euch doch auch in die Tasche. Ich muss bei der negativen Verstärkung den Reiz so stark setzen, dass ich eine Reaktion bekomme. Punkt. Ob das Pferd nun gestresst ist oder nicht, ich muss mit ihm etwas machen, dass es hinreichend unangenehm findet, um eine Reaktion zu bekommen.
:thup:

@ jörg: welche übung war das denn und warum hast du sie explizit durch -v trainiert?
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 10:48:54
oder ich setze den Reiz und warte ab, bis sich doch was tut (und wenn mir vom Gerte tippen, der Arm langsam abfault). Ich persönlich halt gar nix davon einfach irgendwann zuzuschlagen damit die Reaktion kommt.
wir haben einfach weiter getippt, bis sie irgendwann den Schritt gemacht hat. Wenn ich das weiter übe, kann ich das durch aus machen ohne den Reiz so lang zu erhöhen das es unangenehm ist...
Trotzdem bleib ich damit dann unter der Stressgrenze.

Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 23. September 2011, 10:56:33
@ jörg: welche übung war das denn und warum hast du sie explizit durch -v trainiert?
Bevor Cinni mich jetzt nochmal unauffällig negativ verstärkt antworte ich mal lieber auf die Frage  ;)

Ich habe das Down (von der Körperhaltung her Platz mit Kopf auf dem Boden) zuerst über postive Bestärkung aufgebaut. Habe dann aber nochmal mit negativer Verstärkung gearbeitet. Was heute auch so nicht mehr machen würde. Entweder oder.
Grund war zum einen, dass ich einen sicheren Stopp haben wollte und der Meinung war, dass rein positiv nicht hinzubekommen (bin ich mir inzwischen nicht mehr sicher). Zum anderen muss ich zugeben, dass ich für mich ein Verhalten über neg. Verstärkung erarbeiten wollte um zu lernen wie das geht und auch um die Reaktionen des Hundes zu sehen.

Joerg
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 10:56:45
hm, dann kann man aber genau so zum formen greifen, wenn der reiz gerte so keine informationen mit sich bringt.
denn da findet man auch gleich mal etwas, das man clickern kann. vom muskelzucken, gewichtsverlagern bis zum ersten schritt ist es kein wirklich weiter weg. danach kann man immer noch optional das signal gerte dazuaddieren, wenn man sich sicher ist, dass das pferd in der nächsten sekunde einen schritt weicht.
ist von der reaktivität und vom informationsgehalt ein unterschied von hundert zu eins als wenn die gerte  schon von beginn an mit dieser kaugummiartigen zähigkeit verknüpft ist (ewig warten bis sich etwas bewegt). da wäre es sinnvoller, mit druckstufen zu arbeiten oder eben zuerst das  verhalten zu generieren und dann das signal dazu zu addieren.
wann man das dazu gibt, ist natürlich auch trainerabhängig. manche warten da durchaus ein ganzes zeiterl, bis sie wirklich die perfekte, prompte reaktion haben, die sie bekommen möchten und arbeiten erst dann an der signalkontrolle.
macht sinn in  meinen augen und handhabe ich ähnlich.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 10:57:47
danke jörg  :keks:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 23. September 2011, 10:59:51
oder ich setze den Reiz und warte ab, bis sich doch was tut (und wenn mir vom Gerte tippen, der Arm langsam abfault). Ich persönlich halt gar nix davon einfach irgendwann zuzuschlagen damit die Reaktion kommt.
wir haben einfach weiter getippt, bis sie irgendwann den Schritt gemacht hat. Wenn ich das weiter übe, kann ich das durch aus machen ohne den Reiz so lang zu erhöhen das es unangenehm ist...
Trotzdem bleib ich damit dann unter der Stressgrenze.
(i) Das Pferd würde nicht reagieren, wenn die Gerte nicht nerven würde.
(ii) Soll das Antippen mit der Gerte mal ein Signal werden? Dann ist das so aufgebaut völlig unsinnig, weil das Signal n-mal ohne Reaktion gegeben wird.

Joerg

Edit: Doh, Cinni war schneller
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 23. September 2011, 11:00:23
danke jörg  :keks:
Huch, mein Dopaminspiegel!!  :cheese:

Joerg
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 11:05:10
Franzi hilf mir mal!!  :cheese:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 11:07:31
Huch, mein Dopaminspiegel!!  :cheese:

 :coffeepc:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 22 am 23. September 2011, 12:41:21
Hallo Steffi,

die negative Verstärkung ist schon von der Definition her als "unangenehmer Reiz" beschrieben. Deine Drehung, gewichtsverlagerung, hebung der hand fürs Schulterherein müsste also vom Pferd al unangenhem empfunden werden, damit das Weglassen bei entsprechender reaktion auch eine "Belohnung" wäre. denn deshalb funktioniert ja negative Verstärkung so effizient. Wer möchte schon ständig unangenehme Reize spüren. Also lernt das Pferd, diesen reizen von vorne herein auszuweichen, sie zu vermeiden und reagieren eben bei fortgeschrittener Ausbildung schon auf die "Idee" einer Hilfe.

Wenn aber, so wie Alex es ausdrückte eine gewichtsverlagerung etc. ein neutraler Reiz ist, bzw. so empfunden wird, dann ist die Reaktion des Pferdes darauf kein Effekt von negativer Verstärkung.

Grüße
Steffi
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: carry87 am 23. September 2011, 12:44:29
Zitat
Die Argumentation, dass man sich genau so wie Pferde verhalten sollte, dann würde man auch viel besser verstanden werden, hat mich nicht wirklich überzeugt, denn ich sehe schon mal anders aus und kann meine Ohren auch nicht so anlegen etc.


Aus sicht des Pferdes sind deine Ohren immer angelegt, deshalb zählen wir zu den gefährlichen Raubtieren... ;)

Zitat
Sie verlangen nicht, dass andere ihnen folgen oder Aufgaben für sie erledigen etc.

Doch, das passiert auch in der Pferdeherde...

Aber ich merke, dass ich hier mit NHS auf taube Ohren stoße.  :cheese:
Ich fahre damit sehr gut und mein Pferd versteht mich gut...  :cheer:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 12:52:02
Hallo Steffi,die negative Verstärkung ist schon von der Definition her als "unangenehmer Reiz" beschrieben. Deine Drehung, gewichtsverlagerung, hebung der hand fürs Schulterherein müsste also vom Pferd al unangenhem empfunden werden, damit das Weglassen bei entsprechender reaktion auch eine "Belohnung" wäre. denn deshalb funktioniert ja negative Verstärkung so effizient. Wer möchte schon ständig unangenehme Reize spüren. Also lernt das Pferd, diesen reizen von vorne herein auszuweichen, sie zu vermeiden und reagieren eben bei fortgeschrittener Ausbildung schon auf die "Idee" einer Hilfe.
Wenn aber, so wie Alex es ausdrückte eine gewichtsverlagerung etc. ein neutraler Reiz ist, bzw. so empfunden wird, dann ist die Reaktion des Pferdes darauf kein Effekt von negativer Verstärkung.
Grüße
Steffi

Ich glaub ich häng noch an der Definition. Aber positive Verstärkung ist das ja auch nicht. was ist es dann?

Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 12:53:25
Aus sicht des Pferdes sind deine Ohren immer angelegt, deshalb zählen wir zu den gefährlichen Raubtieren...
:coffeepc:
was machen dann leute mit segelohren?  :cheese:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 23. September 2011, 12:54:05
Ich glaub ich häng noch an der Definition. Aber positive Verstärkung ist das ja auch nicht. was ist es dann?
ein neutraler reiz.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 23 am 23. September 2011, 13:04:38
ok und neutrale reize kann ich clickern ... ahhhhhhhhhhhhhhh.  :zaun:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 22 am 23. September 2011, 14:14:15
Hallo Manfred,

das "Schnucken" habe ich als Signa etabliert, als Mána das Schulterherein als Verhalten schon zeigte. Erarbeitet habe ich es indem ich Mána zuerst am Strick habe große Volten laufen lassen und dann aus der Volte heraus 1-2 Schritte Schulterherein gehen lassen. dazu habe ich damals meine Hand in der Gurtlage angelegt. Nachdem das klappte und, ob nun durch C/B oder, wie ich vermute, weil das SH von Mána als selbstverstärkend erlebt wurde, habe ich dann das SH immer mit dem Schnuck-Signal verknüpft. Als "Reiz" wenn Du so willst, dienste damals die aus der Volte sich ergebende Biegung + der Hand in der Sattellage und mein gleichzeitiges Seitwärtsgehen neben Mána. Also quasi 3 neutrale Reize miteinander kombiniert. Entscheidend war wohl als Reiz die Biegung aus der Volte und mein Seitwärtsgehen, da sie sich daran orientieren konnte. Die Hand in der Gurtlage halte ich für weniger entscheidend.

Grüße
Steffi
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Kess am 23. September 2011, 14:38:23
Vielen Dank für diese sehr interessante Diskussion.

Und hierbei:
was ist es dann?

ein neutraler reiz.

ok und neutrale reize kann ich clickern ... ahhhhhhhhhhhhhhh.  :zaun:
... ist bei mir auch ein Knoten geplatzt :zaun: Danke!
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Sisu am 23. September 2011, 18:09:26
Aus sicht des Pferdes sind deine Ohren immer angelegt, deshalb zählen wir zu den gefährlichen Raubtieren... ;)
Hmm, ich sollte Filipp wohl mal sagen, dass ich ein gefährliches Raubtier bin, vielleicht hört er dann damit auf, sich von hinten anzuschleichen und mich zu erschrecken  :cheese:

Ansonsten sag ich auch  :danke2: für die interessante Diskussion  :cookiesbig:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 23. September 2011, 23:01:34
ein neutraler reiz.
Das habe ich eigentlich gemeint mit meinem Post  :rotw:. Ich halte zB. meinen Strick vor die Schulter des pferdes, ohne sie zu berühren und warte und clicke beim kleinsten Muskelzucker in die Richtung die ich gerne hätte. Trotzdem lasse ich den Strick sinken, auch in der Annahme, daß er fürs Pferd nicht wirklich unangenehm war. Oder ich schaue in Richtung Hinterhand und clicke ebenfalls die kleinste Muskelbewegung. Ich hätte das jettz trotzdem unter -R eingeordnet, weil es rein positiv zu trainieren wäre meiner Meinung nach free-shaping und nachdem ich den gewünschten Bewegungsablauf habe, dann könnte ich ein Signal dazugeben. Dafür wäre aber ich persönlich als Trainer zu schlecht, um sämtliche Biegungen, Stellungsgehen, Seitengänge so zu entwickeln und würde mein Pferd (Gloa im Besonderen) damit sicher stressen. Oder hab ich jetzt einen Knoten im Hirn?
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 23. September 2011, 23:09:33
Und mit dem 'unter dem Stresslevel' bleiben lügt ihr euch doch auch in die Tasche. Ich muss bei der negativen Verstärkung den Reiz so stark setzen, dass ich eine Reaktion bekomme. Punkt. Ob das Pferd nun gestresst ist oder nicht, ich muss mit ihm etwas machen, dass es hinreichend unangenehm findet, um eine Reaktion zu bekommen.
Ja Jörg, aber doch nicht jeder Reiz muß zwangsläufig unangenehm sein. Von etwas irritierend (hab ich da was gespürt oder nicht, ist da eine Fliege?) bis lästig oder unangenehm gibt es doch Stufen und Adrenalin wird doch sicher nicht bei der Reizstufe Fliege schon ausgeschüttet. Vorausgesetzt ich erhöhe die Druckstufen nicht sondern warte einfach auf eine Reaktion. Aber wahrscheinlich ist das wieder ein Graubereich- wo ist neutraler Reiz, denn ich Shapen kann, wo fängt die 'echte' -R an. Ist wahrscheinlich auch von Pferd zu Pferd unterschiedlich. Ist ein neutraler Reiz auch schon -R? Dann dürfte ich , wenn ich ganz konsequent bin nur noch per Freeshaping trainieren (siehe Gedanken oberes Post). Tschuldigung wenn ich mich wiederhole, ich schreib einfach die Gedanken die gerade kommen :)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 23. September 2011, 23:28:37
Naja, wenn ein Reiz als negativer Verstärker fungieren soll, dann muss seine Wegnahme (nachdem das erwünschte Verhalten gezeigt wurde) angenehm für das Pferd sein. Sonst würde er nicht verstärken. Ergo muss er in irgendeiner Form unangenehm sein.

So, wie Du den Strick oben beschreibst, würde ich ihn nicht als negativen Verstärker sehen, sondern eher als eine Art, die Umgebung so zu gestalten, dass das Pferd die richtige Antwort leichter findet. So ähnlich, wie ich letzte Woche das Hinterntarget angefangen habe: Capitan hatte sich in einer Ecke gestellt (selbständig) und konnte weder weiter nach vorne gehen, noch weiter nach links. Ich habe meine Hand knapp hinter seine Schweifrübe gehalten und gewartet. Er hätte natürlich auch nach rechts gehen können, und wenn er das geschafft hätte, ohne vorher sein Gewicht ein wenig nach hinten zu schieben, hätte ich "alt ausgesehen" (wobei dann ja auch nichts passiert wäre, ich hätte das in dem Fall nicht erhoffte Verhalten einfach nicht geclickt). So hat er aber die einfachste Lösung gewählt und ist ein kleines Stück nach hinten gegangen, ist an meine Hand "gestossen", :click:, :keks:.

Das ist für mich dann kein "free shaping" mehr, aber trotzdem shaping (wobei, ich weiss garnicht... vielleicht fällt es weiterhin unter free shaping...). Halt unter Zuhilfenahme gewisser räumlicher Eingrenzungen. Wenn ich möchte, dass mein Pferd geradeaus läuft (ob vorwärts oder rückwärts), dann kann ich das erstmal an einer Mauer oder einem Zaun entlang üben, was es dem Pferd leichter macht, keine Schlangenlinien zu laufen. Mauer/Zaun bzw. die Ecke von oben bleiben natürlich da und verschwinden nicht (also ganz definitiv keine negative Verstärkung, ich nehme diese "Reize" ja nicht weg). Aber ich bin mir nicht so sicher, ob der Strick in Deinem Beispiel als negative Verstärkung dient.

Das könntest Du rausfinden, indem Du genau dieses Vorgehen wählst, aber nicht clickst. Wenn das Verhalten trotzdem häufiger gezeigt wird, dann wirkt der Strick in irgendeiner Form unangenehm und damit als negativer Verstärker. Wenn das Verhalten nicht häufiger gezeigt wird, dann hast Du es bisher nur wegen des Clicks, also der positiven Verstärkung, trainieren können und der Strick wirkt nicht als negativer Verstärker. Das gilt alles natürlich analog für den Blick zur Hinterhand.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 23. September 2011, 23:35:07
Und selbst wenn - ich kann es nicht ohne.

Ich frage jetzt mal ganz konkret, Jörg:

Was tust Du, wenn das Pferd Dir beim Führen zur Weide schier den Arm auskugelt, weil es zum Gras zieht?
Was tust Du, wenn das Pferd immer schon mal losgeht, wenn es stehen sollte (nach jedem Click) - und das seit einem Jahr - summiert sind das sicher mehrere tausend Anfragen loszugehen...
Was tust Du, wenn dieses Losgehen zu 100% bedeutet dass Du aus dem Weg geschubst wirst oder das Pferd (400 Kilo) auf deinem Fuss stehen?
Was tust du, wenn das Pferd zum Gras geht, völlig egal was Du da oben drauf tust? Oder einfach wohin es will, in dem Tempo in dem es will?

Ich kann damit nicht ohne negative Verstärkung umgehen.
Ich bin sehr sehr glücklich, dass es mittlerweile nicht mehr ist als ein ganz leichtes Fingerstipsen an der Schulter, und dass mein Fjordi sich nur daraufhin bequemt, sein ganzes Gewicht, seine Schultern und seine Füsse so zu verlagern, dass es von mir weg geht. Das belohne ich dann sehr gerne mit einem Click und einem Keks.

Wenn mein Pferd 200 x sachte gleichbleibendes Antippsen braucht, um seine Hüfte umzuschwenken - ist das dann ein neutraler Reiz oder ist das negative Verstärkung?
Wenn mein Pferd ansonsten auf jeden Druck (anlegen der Hand, mit dem Sinn das Pferd herumschwenken zu lassen, weil es mich sonst gerade an der Wand platt quetscht) mit Gegendruck reagiert - was tust du da?
Sicher kann ich mit dem letzten Atemzug noch bestärken, dass er sich irgendwann wieder von der Wand wegbewegt, weil ihm jetzt danach ist....

Nein, es gibt Situationen, wo ich nicht ohne negative Verstärkung auskomme.

Mein Fjordpferd zeigt mir den Weg, wie diese Kombination akzeptabel ist, indem er ausgesprochen bemüht ist, um sich Clicks zu verdienen - weil ich seit Monaten eben versuche, immer auf der Schwelle unterhalb des Stresslevels zu bleiben und trotzdem mich zu behaupten bzw überhaupt einen Effekt zu erzielen.

Nicht jedes Pferd ist so wie Euer Spanier, der immer schon mal weg ist.
Ich lade Dich allerherzlichst ein, meinen Jack kennenzulernen und mir zu zeigen, wie es geht, ihn ausschliesslich über positive Verstärkung auszubilden.
Ich bin mir sicher dass ich da viel von Dir lernen kann, aber vielleicht kannst Du auch von meinem Fjordpferd lernen....
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 23. September 2011, 23:37:14
Naja, wenn ein Reiz als negativer Verstärker fungieren soll, dann muss seine Wegnahme (nachdem das erwünschte Verhalten gezeigt wurde) angenehm für das Pferd sein. Sonst würde er nicht verstärken. Ergo muss er in irgendeiner Form unangenehm sein.
einverstanden!

So, wie Du den Strick oben beschreibst, würde ich ihn nicht als negativen Verstärker sehen, sondern eher als eine Art, die Umgebung so zu gestalten, dass das Pferd die richtige Antwort leichter findet.
ja, eigentlich würde ich das auch so empfinden. Mir ist auch nicht aufgefallen, daß Gloa dabei irgendwelche Streßzeigen zeigt. Was mir auch gerade durch den Kopf geht: die Stricktechnik von A. Kurland. Sie spricht doch auch davon, die richtige Reaktion nicht immer zu clicken, sondern fallweise das Pferd durch den Release zu belohnen. Dann wäre das aber klassische -R. Ich habe die Stricktechnik aber eher wie einen neutralen Reiz empfunden, wo das Pferd wie bei einem Puzzle selbst herausfindet welche Bewegung gefragt ist, die ich dann bestärke. Wie siehtst Du /oder andere 'Kurlandexperten' das? ???

Das könntest Du rausfinden, indem Du genau dieses Vorgehen wählst, aber nicht clickst. Wenn das Verhalten trotzdem häufiger gezeigt wird, dann wirkt der Strick in irgendeiner Form unangenehm und damit als negativer Verstärker. Wenn das Verhalten nicht häufiger gezeigt wird, dann hast Du es bisher nur wegen des Clicks, also der positiven Verstärkung, trainieren können und der Strick wirkt nicht als negativer Verstärker. Das gilt alles natürlich analog für den Blick zur Hinterhand.
Das ist eigentlich eine gute Idee!
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 24. September 2011, 09:33:38
Ich frage jetzt mal ganz konkret, Jörg:

Was tust Du, wenn das Pferd Dir beim Führen zur Weide schier den Arm auskugelt, weil es zum Gras zieht?
Was tust Du, wenn das Pferd immer schon mal losgeht, wenn es stehen sollte (nach jedem Click) - und das seit einem Jahr - summiert sind das sicher mehrere tausend Anfragen loszugehen...
Was tust Du, wenn dieses Losgehen zu 100% bedeutet dass Du aus dem Weg geschubst wirst oder das Pferd (400 Kilo) auf deinem Fuss stehen?
Was tust du, wenn das Pferd zum Gras geht, völlig egal was Du da oben drauf tust? Oder einfach wohin es will, in dem Tempo in dem es will?
Kenne dein Pferd nicht und sage ungern was zur Ausbildung ohne das ganze gesehen zu haben. Ausserdem habe ich keine Ahnung von Pferdeausbildung und bin noch nie geritten.
Also wenn mich mein Pferd regelmäßig  über den Haufen rennt, mir regelmässig auf dem Fuss steht usw. würde ich mit harter positiver Strafe arbeiten. Nicht mit negativer Verstärkung.
Wenn das Pferd ein Jahr lang ein Fehlverhalten zeigt (losgehen nach dem Click) würde ich jemand anderen bitten, da drauf zu schauen. 'mehrere tausend Anfragen' hört sich nach Ausbilderfehler an.

Zitat
Ich kann damit nicht ohne negative Verstärkung umgehen.
Hab ich überhaupt kein Problem mit. Mir ging es nur darum, dass man dann ehrlich sein sollte und sich klar machen, wann man mit negativer Verstärkung arbeitet und das das eben nicht positve Verstärkung ist. Ganz wenig von negativ ist immer noch nicht positiv.

Zitat
Wenn mein Pferd 200 x sachte gleichbleibendes Antippsen braucht, um seine Hüfte umzuschwenken - ist das dann ein neutraler Reiz oder ist das negative Verstärkung?
Wenn das Pferd 200* einen Reiz braucht ist das kein Reiz sondern Rauschen.

Insgesamt finde ich das Post für ein 'Clickerforum' sehr erstaunlich. Ein dickes Plädoyer für negative Verstärkung (anders kann man [mein] Pferd[e] halt nicht ausbilden) und ich muss mich dafür rechtfertigen, dass ich darauf hinweise, das nicht alles positiv ist, wie manche das verkaufen.

Joerg
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 24. September 2011, 09:56:39
Zitat
Insgesamt finde ich das Post für ein 'Clickerforum' sehr erstaunlich. Ein dickes Plädoyer für negative Verstärkung (anders kann man [mein] Pferd[e] halt nicht ausbilden) und ich muss mich dafür rechtfertigen, dass ich darauf hinweise, das nicht alles positiv ist, wie manche das verkaufen.
Ich weiss nicht genau was an unserer Kommunikation hier falsch läuft, aber ich erwarte von Dir keine Rechtfertigung.
Nur ist Theorie eine Sache und die Realität eine andere. Ich habe mit Jack über positive Verstärkung bis jetzt schon mehr erreicht als ich dachte zu erreichen.

Zitat
würde ich mit harter positiver Strafe arbeiten. Nicht mit negativer Verstärkung.
dh du würdest eher eine harte, schmerzhafte (?) körperliche Strafe  einsetzen als einen milden, unangenehmen Reiz plus die entsprechende Geduld?

Ich kann das tun, hab das auch schon getan, und meines Erachtens bringt das gar nichts, langfristig gesehen, außer dass es mir schlechte Gefühle macht und die Situation für den Moment stoppt. Lernen passiert da nicht. Langfristige Verhaltensänderungen bekomme ich dadurch nicht.

Zitat
Wenn das Pferd 200* einen Reiz braucht ist das kein Reiz sondern Rauschen.
Und was hilft mir dieser Satz? Wenn ich um mein Pferd herumrausche und es damit dann doch sein Verhalten ändert, habe ich wiede eine Chance mit positiver Verstärkung einzusetzen.

Ich bin im letzten Jahr mit Jack durch sehr viele Tiefen gegangen und er hat mich beinahe dazu gebracht, mit dem Clickern aufzuhören, weil es scheinbar über Monate keine sichtbare Verbesserung gab. Was tue ich mit so einem Pferd? Verkaufen? Jemand anderem geben? Ich kenne keinen Ausbilder hier, der so arbeiten würde wie ich es schätze.

Ich habe den Eindruck dass Du immer nur das absolute Optimum akzeptierst. Auch wenn das hier ein Clickerforum ist - diese Perfektion kann ich nicht erreichen. Dann schliesse ich das Forum lieber, weil niemand von uns kann wohl so 100%ig perfektes Training machen und alles hier ist nur eine Lüge.

Oder wir akzeptieren, das wir uns im Stadium des Lernens befinden und mit unperfekten Zwischenergebnissen leben müssen. Weil wir mit Clickertraining und mit positiver Verstärkung arbeiten wollen.

Nochmal, ich lade Dich gerne ein, mir zu zeigen wie ich mit so einem Pferd mit ausschliesslich positiver Verstärkung umgehen kann, damit ich lerne, keine weiteren Ausbildungsfehler mehr zu machen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 24. September 2011, 10:11:23
ja, eigentlich würde ich das auch so empfinden. Mir ist auch nicht aufgefallen, daß Gloa dabei irgendwelche Streßzeigen zeigt. Was mir auch gerade durch den Kopf geht: die Stricktechnik von A. Kurland. Sie spricht doch auch davon, die richtige Reaktion nicht immer zu clicken, sondern fallweise das Pferd durch den Release zu belohnen. Dann wäre das aber klassische -R. Ich habe die Stricktechnik aber eher wie einen neutralen Reiz empfunden, wo das Pferd wie bei einem Puzzle selbst herausfindet welche Bewegung gefragt ist, die ich dann bestärke. Wie siehtst Du /oder andere 'Kurlandexperten' das? ???
Ich bin mir da, ehrlich gesagt, auch nicht so sicher. Auf den alten DVDs und so, wie ich das alles verstanden hatte, bevor ich zum ersten Mal bei einem Kurs war, war es für mich eindeutig negative Verstärkung. Jetzt wissend, wie leicht die Anfragen sind, bin ich mir nicht mehr so sicher.

Hat das tatsächlich eine Auswirkung auf das Lernen beim Pferd? Oder nur die Clicks? Ich clicke übrigens aus Alexandras Sicht zu viel, nämlich alles, was mir gefällt. Aber ich steigere die Anforderungen (versuche es wenigstens), so dass ich nicht jedes angebotene Verhalten clicke. Dabei bleibe ich mit meinem Signal aber dran, bis ich das Verhalten habe, das ich möchte, und das dann clicke. Ich gebe also (während der Lernphase) nur seltenst releases, ohne zu clicken. Wenn ein Verhalten einigermaßen "fertig" ist, dann würde ich sicher oft auch einfach einen release geben ohne zu clicken. Das sehe ich dann aber trotzdem nicht unbedingt als negative Verstärkung, sondern als Beenden meines Signals. In der Phase wird nicht mehr jedes Verhalten belohnt, sondern die Belohnung wird nach und nach ausgeschlichen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 24. September 2011, 10:15:58
Und was hilft mir dieser Satz? Wenn ich um mein Pferd herumrausche und es damit dann doch sein Verhalten ändert, habe ich wiede eine Chance mit positiver Verstärkung einzusetzen.
Bist Du Dir sicher, dass sich das Verhalten durch die 200 mal Antippen verändert hat? Das kommt mir nämlich auch eher unwahrscheinlich vor. Wieso nach 200, nicht nach 150 oder nach 3 oder direkt nach dem ersten Mal? Was war am 200ten Antippen anders, als beim ersten? Ich würde eher annehmen, dass das Pferd das Verhalten aus irgendeinem Grund, der nichts mit dem Antippen zu tun hat, verändert hat. Insofern hättest Du wahrscheinlich auch einfach die Zeitspanne der 200 Antipper abwarten können, ohne irgendwas zu tun, und dann das frei angeboten veränderte Verhalten clicken können.

Klar, ist nur Spekulation. Aber so hohe "Signalzahlen" deuten auf Unbedeutsamkeit des Signals hin. Zumal das Pferd 199 mal ein anderes, unerwünschtes Verhalten auf den Reiz hin gezeigt hat, und  nur einmal das erwünschte Verhalten.

(ich bin jetzt genau bei den Zahlen geblieben, mir ist natürlich klar, dass Du nicht exakt mitgezählt hast)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Kess am 24. September 2011, 10:24:21

Also wenn mich mein Pferd regelmäßig  über den Haufen rennt, mir regelmässig auf dem Fuss steht usw. würde ich mit harter positiver Strafe arbeiten.
Das verstehe ich nun nicht. Warum würdest du mit harter positiver Strafe arbeiten? Wenn ein Pferd einfach nicht gelernt hat Abstand zu halten, würde ich daran arbeiten. Mit c&b. Warum strafen?

LG
Kess
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Kess am 24. September 2011, 10:27:34

Ich clicke übrigens aus Alexandras Sicht zu viel, nämlich alles, was mir gefällt.
Das ist zwar jetzt OT, aber könntest du dazu noch kurz was sagen?
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 24. September 2011, 10:42:45
Bist Du Dir sicher, dass sich das Verhalten durch die 200 mal Antippen verändert hat? Das kommt mir nämlich auch eher unwahrscheinlich vor. Wieso nach 200, nicht nach 150 oder nach 3 oder direkt nach dem ersten Mal? Was war am 200ten Antippen anders, als beim ersten? Ich würde eher annehmen, dass das Pferd das Verhalten aus irgendeinem Grund, der nichts mit dem Antippen zu tun hat, verändert hat. Insofern hättest Du wahrscheinlich auch einfach die Zeitspanne der 200 Antipper abwarten können, ohne irgendwas zu tun, und dann das frei angeboten veränderte Verhalten clicken können.

Klar, ist nur Spekulation. Aber so hohe "Signalzahlen" deuten auf Unbedeutsamkeit des Signals hin. Zumal das Pferd 199 mal ein anderes, unerwünschtes Verhalten auf den Reiz hin gezeigt hat, und  nur einmal das erwünschte Verhalten.

(ich bin jetzt genau bei den Zahlen geblieben, mir ist natürlich klar, dass Du nicht exakt mitgezählt hast)
ok, konkrete Situation:

Jack hat zu Beginn sich am Anbinder immer umgedreht. Er konnte nicht stillstehen. Dazu hat er sich auch scheinbar absichtsvoll so gedreht, wenn ich zb neben ihm stand (beim Putzen kann das durchaus vorkommen  ;) ) dass er einen einfach gegen die Wand gequetscht hat. Druck von mir, im Versuch mich nicht einquetschen zu lassen, wurde mit "mehr Druck" von Jack beantwortet, er hat umso mehr dagegengedrückt.
In dieser Situation habe ich mit einer Kombination von Technik : Ellbogen stabil machen und dagegenhalten, während ich mich hinten gegen die Wand gestemmt habe
und Strafe gearbeitet (um überhaupt wahrgenommen zu werden: Schlag auf die Kruppe bzw gegen die Seite, sofern ich noch Zeit dazu hatte bevor ich eingeklemmt wurde. Manchmal konte ich ihn auch "einfach" wieder rüberschieben weil er letztes Jahr nicht sonderlich stabil auf seinen Hinterbeinen war.   Sobald er mir wieder Luft gelassen hat, hab ich gelobt, und als ich dann begonnen hatte ihn zu clickern, habe ich unabhängig davon jedes momentane Stillstehen belohnt.
Mit der Zeit hat das Bestärken überhand genommen, bis er nach einigen Monaten wirklich am Anbinder auch längere Zeit stehen konnte ohne permanent rumzuschwenken.
Auf Anfrage von "geh bitte mit der Hinterhand herum, weg von mir" hat er aber immer noch nur mit Gegendrücken geantwortet.
Also hab ich irgendwann mich mit einer Gerte auf den Reitplatz gestellt und sachte auf die Hüfte getippt, und dann begonnen mitzuzählen. Ich bin jetzt zu faul das im TB zu suchen, aber irgendwo hab ich das genau beschrieben.
die ersten Male hat es 200 Mal gedauert (200 antippen), in denen er verschiedene Verhalten ausprobiert hat: Stillstehen, Kopfsenken, dagegendrücken, zurückgehen. Am meisten kam das Verhalten "stillstehen", man sah ihm jedoch an dass er es nicht einfach ignoriert hat, sondern er konnte eben überhaupt nichts damit anfangen. Hier stärker zu tippen hätte insofern auch nichts gebracht, weil er ja kein Verständnis hatte auf das Tippen hin zu weichen.
Nach den erwähnten 200 Mal hat er die Hüfte einen Minischritt zur Seite bewegt: C+B
Ich habe weiter getippt mit gleichbleibender Frequenz und Häufigkeit, so kamen dann die folgenden Zahlen (grob erinnert): 180, 150, 100, 50, 14, 3.

Einige Tage so geübt, und am dritten Tag ist er bereits bei 5x tippen herumgeschwenkt. Nun reicht ein sachtes Handanlegen und er geht herum.

Zitat
Insofern hättest Du wahrscheinlich auch einfach die Zeitspanne der 200 Antipper abwarten können, ohne irgendwas zu tun, und dann das frei angeboten veränderte Verhalten clicken können.
Nur, dass ich die vage Vermutung (entstanden aus den Erfahrungen der letzten Monate bis dahin) hatte, dass das Verhalten nie auftreten würde, weil er eben immer auf mich zu gekommen ist. Immer dagegen. Immer auf mich drauf.
Er hatte da überhaupt keine andere Idee dazu.

In dem Sinne nutze ich die negative Verstärkung, um dem Pferd überhaupt verständlich zu machen was ich möchte.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 24. September 2011, 13:04:31
Also wenn mich mein Pferd regelmäßig  über den Haufen rennt, mir regelmässig auf dem Fuss steht usw. würde ich mit harter positiver Strafe arbeiten. Nicht mit negativer Verstärkung.

ich hab da gute erfahrungen gemacht, statt positive strafe einzusetzen, jedes richtige verhalten (weichen, kopf weg drehen, einen schritt beiseite treten, etc...) in allen möglichen situationen (beim misten, führen, heu nachfüllen, etc...) hochzuverstärken und besonders präsent zu machen.
ist vor allem bei pferden mit schlechter körperwahrnehmung in meinen augen um welten sinnvoller und lehrreicher, denn grundlos passiert so ein verhalten ja nicht, sag ich jetzt mal.
parallel dazu viele übungen zur körperwahrnehmung, dabei immer auf den stresszustand (mimik, körperhaltung) achten, schön kleinschrittig bleiben und mit wenig zufrieden geben.

Bist Du Dir sicher, dass sich das Verhalten durch die 200 mal Antippen verändert hat? Das kommt mir nämlich auch eher unwahrscheinlich vor. Wieso nach 200, nicht nach 150 oder nach 3 oder direkt nach dem ersten Mal? Was war am 200ten Antippen anders, als beim ersten?

falls dem ganzen tatsächlich eine verstärkerrolle zufällt, kann man sich das wohl am ehesten noch so vorstellen, dass man da ein quengelndes nervkind hat, das vielleicht 5 minuten am stück rum jeiert und bei minute 6 ist die angestaute genervtheit bei der mutter schließlich so groß, dass sie reagiert.

Klar, ist nur Spekulation. Aber so hohe "Signalzahlen" deuten auf Unbedeutsamkeit des Signals hin. Zumal das Pferd 199 mal ein anderes, unerwünschtes Verhalten auf den Reiz hin gezeigt hat, und  nur einmal das erwünschte Verhalten.

auch das wäre eine möglichkeit. man stumpft das pferd systematisch auf das spätere signal hin ab. selbst wenn man irgendwann die kriterien erhöht und versuche über hausnummer 10 mal klopfen nicht mehr belohnt, hat man im prinzip nichts, worauf man aufbauen kann. 
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 24. September 2011, 13:10:15
Zitat
auch das wäre eine möglichkeit. man stumpft das pferd systematisch auf das spätere signal hin ab. selbst wenn man irgendwann die kriterien erhöht und versuche über hausnummer 10 mal klopfen nicht mehr belohnt, hat man im prinzip nichts, worauf man aufbauen kann.

 ??? ???
Ich gebe zu dass ich den Satz nicht wirklich verstehe.

Und so wie ich es gemacht habe, hat es doch funktioniert. Für uns. Jetzt braucht es nur noch ein sachtes antippen, bzw nur noch ein Wort oder ein Geräusch, und Herr Fjord geht bereitwilligst zur Seite. Ist für mich nicht abstumpfen, sondern erklären. Kann natürlich sein, dass das nicht 100% im Sinne korrekter Lerntheorie ist. :nixweiss: Aber mir scheint, mein Fjordi hat die einschlägige Literatur dazu noch nicht gelesen und weiss nicht so richtig, wie er sich verhalten müsste  ;)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 24. September 2011, 13:33:01
wir haben einen chronischen halfterzerfetzer hier, der bislang beim anbinden irgendwann beschlossen hat, einfach abzuhauen - im zweifelsfall mit anbindestande oder anbindehaken oder je nachdem, was halt zuerst nachgegeben hat ;-)
der wurde dann gar nicht mehr angebunden, auch in hinblick auf die gesundheit (genick, nackenband, gefahr des überschlagens, etc...).
wir sind das über mehrere wege angegangen - einerseits über die grundlegenden halfter + führskills. dann war natürlich die körperwahrnehmung ein großes thema, ebenso wie entspannung und weichen in allen lebenslagen.
das weichen haben wir über formen aufgebaut, um ein dagegen von beginn an zu unterbinden. ich verwende aber durchaus konventionelle signale zum weichen - zb. das auflegen der hand oder ein finger- oder gertenzeig. mit dem unterschied, dass das signal erst nach dem lernprozess eingeführt wird und man statt die gerte zu nehmen zb. genausogut meerschweinchen sagen könnte.
wir haben das zuerst auf neutralem terrain geübt - im stall, am paddock. den putzplatz positiv besetzt durch entspannungsübungen und kleine übungseinheiten.
danach stück für stück alle bausteine dorthin übernommen. freies ruhiges stehen war auch immer ein großes thema.
wann immer dazwischen mal ein nein kam, sind wir einen (oder mehrere) schritte zurück gegangen.
eine große hilfe war das verwenden von funktionellen belohnungen und generell viel varianz hinsichtlich möglicher belohnungen.
das training hat sich auch in anderen situationen bewährt gemacht: führen, verladen, usw...

natürlich kann man da auch über die korrekturschiene arbeiten, die frage ist halt, ob der lerneffekt dabei so wahnsinnig groß ist. bei einem pferd, das berührungen sowieso scheiße findet, wäre das außerdem eine höchst kontraproduktive geschichte geworden.
diese büffeligkeit ist im prinzip genauso ein mechanismus, wie ein herumtänzeln oder weg rennen. so hat halt jedes pferd seine konfliktstrategie in abhängigkeit vom stresstyp und natürlich den bisherigen erfahrungsmomenten in der vergangenheit.

von allen ansatzpunkten hab ich persönlich bislang die besten erfahrungen mit der grundauffassung von karen pryor gemacht. und ich bin immer wieder auf`s neue fasziniert und begeistert, wie einfach training sein kann, wenn man seine eingefahrenen denkweisen eintauscht und stattdessen zb. die shapingregeln befolgt.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 24. September 2011, 14:29:19
von allen ansatzpunkten hab ich persönlich bislang die besten erfahrungen mit der grundauffassung von karen pryor gemacht. und ich bin immer wieder auf`s neue fasziniert und begeistert, wie einfach training sein kann, wenn man seine eingefahrenen denkweisen eintauscht und stattdessen zb. die shapingregeln befolgt.
Meinst Du mit Grundauffassung das konsequente Einhalten der Shapingregeln beim Training?
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 24. September 2011, 14:33:03
Ich gebe also (während der Lernphase) nur seltenst releases, ohne zu clicken. Wenn ein Verhalten einigermaßen "fertig" ist, dann würde ich sicher oft auch einfach einen release geben ohne zu clicken. Das sehe ich dann aber trotzdem nicht unbedingt als negative Verstärkung, sondern als Beenden meines Signals. In der Phase wird nicht mehr jedes Verhalten belohnt, sondern die Belohnung wird nach und nach ausgeschlichen.
Ja, ganz genau so hatte /habe ich es an sich auch verstanden und mache es auch in der Art! Der Release hat demnach dann keinen belohnenden Charakter (wäre ja sonst -R), sondern auf erwünschtes Verhalten endet mein Signal und wird in weiterer Folge eben variabel belohnt durch C/B
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 24. September 2011, 14:35:56
Meinst Du mit Grundauffassung das konsequente Einhalten der Shapingregeln beim Training?

auch, ja ;-)
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: verena am 24. September 2011, 14:36:33
kannst Du das 'auch' vielleicht kurz umreißen? :cheese: :cheer:
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 24. September 2011, 15:24:26
auch = keine form von korrektur reinzubringen, verhalten durch +v/ggf. -s zu bekommen, das tier also wirklich operant zu halten und es nicht etwas tun machen.
shapingregeln, regeln zur signalkontrolle,  etc...
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 24. September 2011, 18:07:15
Das verstehe ich nun nicht. Warum würdest du mit harter positiver Strafe arbeiten? Wenn ein Pferd einfach nicht gelernt hat Abstand zu halten, würde ich daran arbeiten. Mit c&b. Warum strafen?
Das Szenario, was Heike vorgegeben hatte, waren Verhalten, die das Pferd auf keinen Fall zeigen darf, weil sie direkt gesundheitsgefährdend für den Menschen sind. Heike hat diese Verhalten als Argument dafür angebracht, dass man hier nicht mit positiver Verstärkung arbeiten kann, sondern mit negativer Arbeiten muss.

Was erreiche ich mit Bestärkung, egal ob positiv oder negativ? Ich kann damit die Frequenz, mit der ein Verhalten auftritt, erhöhen. Beide sind nicht geeignet, um das 'Nicht-Zeigen' eines Verhaltens zu erlernen. Will ich mit Bestärkung arbeiten, ist die einzige Möglichkeit, ein Alternativverhalten zu etablieren. Das kann ich potiv oder negativ erreichen. Der Vorteil der negativen Bestärkung liegt, wie ich schon schrieb, darin dass ich mit höheren Bestärkungen arbeiten kann (Aua kann ich leichter stärker machen als Keks). Wie wir in diesem Thread gesehen haben, sind wir natuerlich alle lieb und arbeiten 'unter dem Stresslevel' (den natuerlich der Ausbilder selber definiert). Also greift dieser Vorteil nicht. Insofern verstehe ich nicht, wieso man hier einen Erfolg mit negativer Verstärkung erreiche können soll, den man nicht mit positiver Bestärkung ebenfalls erreichen kann.

In Heikes Szenario will ich aber, dass das Pferd das Verhalten auf keinen Fall zeigt, es soll also ein Nicht-Verhjalten, etwas passives lernen, die Frequenz des Verhaltens soll gesenkt werden. Das Erreiche ich aber per Definitionem der Lerngesetze nur über Strafe. Nun will ich aber auch, dass das Verhalten (i) sofort abgestellt und (ii) nie mehr gezeigt wird, weil gefähtlich. Also muss ich mit starken Strafen arbeiten. Negative Strafe wüßte ich nicht wie in dieser Stärke zu erreichen. Bleibt nur positive Strafe. Und die Dosiere ich so, dass mit möglichst geringer Anzahl an Wiederholung der Lernerfolg erreicht ist. Erstens, weil das Verhalten gefhrlich ist, zweitens weil ich verhindern muss, dass es zu einer Gewöhnung kommt.

Daher mein Ergebnis, dass in diesem Fall (gefährliches Verhalten + positive Bestärkung nutzt nix) nur harte positive Strafe übrig bleibt.

Joerg
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 22 am 24. September 2011, 18:18:51
Hallo Ihr,

ich glaube, dass es deutliche Unterschiede zwischen Cross-Over Pferden aus Robustrassen (Jack z.b.) und Cross-Over Pferden aus hochblütigeren Rassen (z.b. Capitan o.a.) im Lernverhalten gibt. Ein Pony wie Jack so auszubilden, wie Heike es beschreibt ist eine unwahrscheinliche Geduldsarbeit für den Menschen. Solche Ponys haben höchstwahrscheinlich kaum bis nie erlebt, dass sie Verhalten zeigen dürfen und dafür belohnt werden. Durch schlechte Ausbildung passieren dann halt solche Sachen, wie Umrennen, Anrempeln. Wenn man so ein Pferd auf CT umstellt wird sich das Tier höchstwahrscheinlich viel leichter tun, wenn negative Verstärkung zwar eingesetzt wird, aber positive Verstärkung quasi als Alternative immer stärker mit angeboten wird. Ansonsten haben die Pferde einfach keine Idee davon, was von ihnen erwartet wird. Ich denke, dass Heikes Weg da genau richtig war.
Pferde, die ohnehin hauptsächlich über CT schon als Jungpferd ausgebildet werden machen einfach von Beginn an andere Lernerfahrungen und richtig gute Trainer brauchen dann wahrscheinlich wenig bis gar keine negative Verstärkung.

Liebe Grüße
Steffi
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 43 am 24. September 2011, 18:51:36
@ Esther, Verena bzgl Alex Kurlands Vorgehensweise ...
Zitat
Sie spricht doch auch davon, die richtige Reaktion nicht immer zu clicken, sondern fallweise das Pferd durch den Release zu belohnen.
Zitat
Ich gebe also (während der Lernphase) nur seltenst releases, ohne zu clicken.

Also ich verstehe Alex Trainingsvorgehen so, dass sie beim den Aufbau der Kommunikation über die Stricktechnik IDEALERWEISE in einer seeehr ablenkungsarmen Umgebung macht und mit sooo geringem Kontakt am Strick, dass es dem Kontakt einer Fliege auf dem Fell entspricht.
Und in dieser Phase, die a) durchaus seehr lange gehen kann und b) in der sie gaaanz langsam das Kriterium Umgebungsveränderung hinzunimmt und jeweils bei 0 beginnt, kommen Click und release immer gleichzeitig!
Erst wenn diese Grundlagen in alle Himmelsrichungent richtig gut sitzen und Pferd entspannt und fast automatisch reagiert, geht es weiter mit den Kriterien. Und dann kommt irgendwann die Phase in der nicht mehr mit jedem Release geclickt wird, sondern der release eine Ja,richtig-Antwort gibt und glichzeitig das Verhalten beendet und sie ein neues Signal setzen kann und dann evtl. clickt...
Ist eigentlich auch ne Art shaping  8)

@ Esther, warum glaubst du, dass du Alex zu viel Clicken würdest?
Ich denke, in den Kurssituationen muss/will sie sich halt ein wenige deutlicher auf ein, zwei Themen konzentrieren und leitet daher die Teilnehmer relativ konkret an, worauf sie sich momentan für die CLicks konzentrieren sollen.
Aber als ich zb in den "Aufgaben" flottes Gehen, Innenstellung anfragen, Pre-3f3, völlig ...ähm..ungefragt...
das Schulterbalance nach außen verschieben mitgeclickt habe
und dann auch noch immer mal zwischendring geclickt habe, wenn Jack den Hals nicht angespannt hat, wenn ich ihn mal kurz gestreichelt habe
und ab und an auch geclickt habe, wenn er von selbst die Schulterverschiebung angeboten hat, bevor ich ihn darum gefragt habe
hat sie nichts dagegen gehabt, bzw. mich das ein oder andere dann sogar mit aufnehmen lassen
(es waren bestimmt noch mehr "planlose" CLicks dabei, die irgendwas eingefangen haben, was mir zufällig grad gefallen hat)



PS übrigens clickt sie ja anfangs sogar das reine Anfassen-dürfen des Strickes - eben um es in diesem Stadium schon zu einem möglichst neutralen, bis positiv belegten, weil eine Möglichkeit zum Click verdienen ankündigenden, Reiz zu machen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 24. September 2011, 20:42:37
Daher mein Ergebnis, dass in diesem Fall (gefährliches Verhalten + positive Bestärkung nutzt nix) nur harte positive Strafe übrig bleibt.
tschuldigung, das mag von der lerntheoretischen seite her zwar korrekt sein, ist praktisch gesehen aber blödsinn.
sowas würde ich immer über andere varianten abstellen - ersatzverhalten, alles belohnen, was erwünscht ist, tier an der ausführung hindern (arbeiten über eine barriere), ändern der motivation, etc....
strafe finde ich gerade bei sowas mehr als kontraproduktiv.

@ steffi: natürlich ist jedes pferd anders - bei hochblütigen, reaktiven typen ergeben sich halt wieder andere probleme, bei denen ich deswegen jetzt auch nicht zur korrekturschiene greifen würde. so liegt bei jedem pferd der fokus eben woanders.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 24. September 2011, 22:37:56
Jörg: Vielen Dank dass Du Deine Gedanken noch mal ausführlicher dargelegt hast. So kann ich das besser nachvollziehen was Du meinst.
Ich habe allerdings ein Alternativverhalten bestärkt, nämlich ruhiges Stehen. Nur in dem Moment wo er wirklich rücksichtslos gerammt hat, habe ich mich erwehrt bzw gestraft. Das "Weichen lassen" kam dann wieder später.

Steffi: :danke2:
Jack war wirklich ein Härtefall. Alleine für die Höflichkeit in der Form, dass man endlich vernünftig arbeiten konnte ohne ständiges Betteln und Annagen, hat es 9 Monate gedauert.
Jetzt ist er völlig gewandelt, hochmotiviert und schaut dauernd wie und womit er sich Clicks verdienen könnte...
Es war sehr schön, die Rückmeldungen von Kursteilnehmern zu bekommen, die ihn letztes Jahr und dieses Jahr erlebt hatten...
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 24. September 2011, 23:32:14
@ Esther, warum glaubst du, dass du Alex zu viel Clicken würdest?
Weil sie das angesprochen hatte, dass man teilweise einfach nur Releases setzen sollte. Was ich eben nicht / kaum mache. Macht für mich nur wenig Sinn. Aber vielleicht würde ich ihr auch nicht zu viel clicken, weiss ich natürlich nicht. Ist mir im Endeffekt auch egal: ich clicke, wie ich clicke :cheese:. Bei weitem nicht "fehlerfrei" (auch vor meinem eigenen Auge nicht), aber halt generell so, dass es für mich passt.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 24. September 2011, 23:35:22
irgendwann möchte man eben etwas mehr Bewegungsfluss haben. Dann würden die Clicks stören. Die Releases sind zu dem Zeitpunkt komplett positiv belebt und als "Click" abgespeichert. Das hat mir Mirko mal gezeigt, als ich einen sehr deutlichen Release gegeben habe, er hat sofort gestoppt und sich mit seinem "Keeeeks?"-Gesicht nach mir umgeguckt.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 24. September 2011, 23:40:43
Hmm, das verstehe ich jetzt nicht. Wenn das Pferd tut, was ich will, und so weit in der Ausbildung (dieser Übung) ist, dass ich nicht mehr jeden Ansatz belohne, dann lasse ich ja schon los (=release), aber weil ich mein Signal beende. Aber ich mache das nicht in einer Phase, in der ich besseres und besseres Verhalten will, also noch am Verhalten forme. Und so verstehe ich Alexandra: releases geben, aber nicht clicken, wenn eine "mittelprächtige" Antwort kommt. Ich würde in der Situation vermutlich eher weiter dran bleiben, bis ich die bessere Antwort habe, dann erst loslassen und clicken. Wobei das vermutlich in der Praxis kaum ein Unterschied wäre, weil ich eh einen Fehler gemacht habe, wenn ich lange Zeit am Strick dran bleiben muss, bis meine gewünschte bessere Verhaltensvariante kommt. Dann habe ich das Pferd nämlich überfordert.

Aber vielleicht habe ich Dich jetzt auch einfach völlig falsch verstanden, bin gerade schwer müde (und werde auch gleich ins Bett wanken).
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 24. September 2011, 23:48:13
diese speziellen Releases werden ja in einer bestimmten Situation gegeben: Nämlich im "Weichwerden" und Nachgeben des Genicks. du bekommst Muskelantwort, du bekommst Entspannung. Du möchtest "etwas mehr", nämlich ein Nachgeben/Weichwerden in einem anderen Teil  des halses.
Also gibst Du den Release für "gutes Nachgeben und weichwerden" und clickst für "besseres Nachgeben und Weichwerden" an anderer Stelle.
das "good better best" bezieht sich sowohl auf die Qualität der Weichheit als auch auf den Ort des Nachgebens.
Du beginnst im Genick, Stellung, dann 2. HW, 3. HW und dann weiter, mehr Biegung im Hals.
Und das "bestest" ist dann zb die Verbindung zur Hüfte über den Zügel....

Durch die viele Releases in den vielen Anfragen hilfst Du dem Pferd, die innere und äussere Losgelassenheit zu bewahren. Und Muskelverspannungen vorzubeugen, weil das Pferd sich immer zwischendrin komplett entspannen kann.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Joerg am 25. September 2011, 09:14:07
tschuldigung, das mag von der lerntheoretischen seite her zwar korrekt sein, ist praktisch gesehen aber blödsinn.
sowas würde ich immer über andere varianten abstellen - ersatzverhalten, alles belohnen, was erwünscht ist, tier an der ausführung hindern (arbeiten über eine barriere), ändern der motivation, etc....
Ich auch.  Aber scheinbar funktioniert das bei Ponies nicht.

Joerg
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 25. September 2011, 09:42:39
Hallo Heike,

diese speziellen Releases werden ja in einer bestimmten Situation gegeben: Nämlich im "Weichwerden" und Nachgeben des Genicks. du bekommst Muskelantwort, du bekommst Entspannung. Du möchtest "etwas mehr", nämlich ein Nachgeben/Weichwerden in einem anderen Teil  des halses.
Also gibst Du den Release für "gutes Nachgeben und weichwerden" und clickst für "besseres Nachgeben und Weichwerden" an anderer Stelle.
das "good better best" bezieht sich sowohl auf die Qualität der Weichheit als auch auf den Ort des Nachgebens.
Du beginnst im Genick, Stellung, dann 2. HW, 3. HW und dann weiter, mehr Biegung im Hals.
Und das "bestest" ist dann zb die Verbindung zur Hüfte über den Zügel....
ja, das ist mir schon klar :nick:.

Zitat
Durch die viele Releases in den vielen Anfragen hilfst Du dem Pferd, die innere und äussere Losgelassenheit zu bewahren. Und Muskelverspannungen vorzubeugen, weil das Pferd sich immer zwischendrin komplett entspannen kann.
Und genau an dem Punkt hört mein Verständnis auf. Wieso muss ich loslassen, damit sich das Pferd nicht verspannt? Oder anders gefragt: wieso verspannt es sich "sobald" ich den Strick anfasse? Wir wissen ja beide, dass das ein sehr sanftes Anfragen am Strick ist und keineswegs am Pferd "rumgeruckt" wird.

An der Stelle frage ich mich halt, ob der Strick als negativer Verstärker wirkt und falls ja, wieso ich ihn so einsetzen muss/soll. Und wieso es nicht auch rein über positive Verstärkung geht. Wobei ich eben nicht denke, dass der Strick als negativer Verstärker wirkt.
Ich kann es natürlich auch so sehen: ich gebe ein Signal (egal welcher Form, von Alexandra wird halt der Strick verwendet, theoretisch könnte ich das aber auch auf das Wort "give" legen), ich bekomme ein Verhalten, das nicht falsch ist, aber auch noch nicht "ausreichend". Also wiederhole ich das Signal. Im Falle eines Wortsignales könnte ich es eh nicht dauerhaft geben, würde also "give" sagen, abwarten, was passiert und dann entweder clicken oder mein Signal wiederholen, damit ich ein besseres Verhalten bekomme.
Beim Stricksignal habe ich drei Möglichkeiten:
- ich kann ein Signal geben und das sofort wieder beenden, ohne auf die Ausführung zu warten. Dann geht es mir wie mit dem "give": nach dem Signal muss ich warten, was passiert und danach entscheiden
- ich kann ein Signal geben und das solange aufrecht erhalten, bis ich die gewünschte Reaktion erhalte. In dem Fall würde ich während der "guten" Antwort noch dranbleiben und erst bei der "besseren" wieder loslassen.
- ich kann ein Signal geben und das aussetzen, sobald "irgendwas richtiges" kommt. Das wäre das Kurlandsche Vorgehen (vorausgesetzt, es funktioniert nicht doch über negative Verstärkung).

Ich bin mir da eben nicht sicher, ob für mich das dritte Vorgehen das stimmigste ist, oder ob mir nicht eins der beiden anderen besser "passt".
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 25. September 2011, 10:19:44
Zitat
Und genau an dem Punkt hört mein Verständnis auf. Wieso muss ich loslassen, damit sich das Pferd nicht verspannt? Oder anders gefragt: wieso verspannt es sich "sobald" ich den Strick anfasse? Wir wissen ja beide, dass das ein sehr sanftes Anfragen am Strick ist und keineswegs am Pferd "rumgeruckt" wird.

Es geht bei vielen Übungen von Alexandra zunächst um das "Was". zb um eine bestimmte Bewegung: Das Pferd folgt der Idee die der Strick/die Hand vorgibt und geht in Stellung, indem es den Kopf in einer bestimmten Weise dreht. Beim korrekten Reiten geht es aber nie alleine um das "was", sondern baldmöglichst um das "Wie". Das Thema der Losgelassenheit und der Entwicklung von Kraft und Schwung kommt hier mit rein. Sobald das Pferd als das "Was" verstanden hat, möchte ich ans "Wie" gehen, und deshalb frage ich immer wieder, mit dem Ziel mein Signal immer weniger und feiner werden zu lassen, damit die Bewegung des Pferdes immer flüssiger und weicher werden kann. Denke an Smarties und Stanleys Arbeit auf dem Kurs. Die haben ja praktisch den ganzen Kurs nichts weiter gemacht als nur die erste Anfrage zur Stellung ins WWYLM.
Wenn ich sage "das Pferd verspannt sich" habe ich aber nicht diese Pferde vor Augen, bzw das ist nicht eine zwangsläufige Folge des Stricksignals. Wenn ich aber zb "normal" über den Zügel Stelllung anfrage und diese über längere Zeit behalten möchte als mein Pferd sie locker durchhalten kann, kann es zu Verspannungen kommen, nur aufgrund der Dauer, die ich fordere. Da bei der Stricktechnik aber immer sofort nach einer Anfrage wieder ein Release kommt, lernt das Pferd eine bestimmte Bewegung weich und locker auszuführen, und sich danach sofort wieder zu entspannen, indem es die benutzen Muskeln wieder loslassen kann. So bleibt man ständig in einem positiven Muskelstoffwechsel.
Wenn ich nun länger am Strick bleibe, um eine bestimmte Antwort zu bekommen, geht es mit Sicherheit hier nur um das "Was", weil ich an der Kommunikation und am Verständnis des Pferdes arbeite.

das hat für mich hier nichts mit negativer Verstärkung zu tun, weil das Pferd ja durch die kleinen Anfragen meist bereitwillig der führenden Hand folgt.
Tut es das nicht (so wie Stanley am Anfang), kann es sicherlich negative Verstärkung sein, weil es dem Pferd dann unangenehm ist und es sich festgehalten fühlt. Ob und wie ich damit arbeite ist also letzlich eine Frage, wie klein ich meine Verständnisschritte setze.

Zitat
An der Stelle frage ich mich halt, ob der Strick als negativer Verstärker wirkt und falls ja, wieso ich ihn so einsetzen muss/soll. Und wieso es nicht auch rein über positive Verstärkung geht. Wobei ich eben nicht denke, dass der Strick als negativer Verstärker wirkt.
ich finde das auch eine sehr schwierige Frage. Gerade zb bei dem Erarbeiten von WWYLM (Kurland) oder FIS (Longenkurs) geht es ja um ähnliche Sachen. letzteres hat sicher gar nichts mit freiem Formen zu tun, sondern ist ganz klar geführt durch eine negative Verstärkung: ich stelle eine Anfrage, und wenn das Pferd weich in die Bewegung mitgehen kann, kann ich ganz weich werden (Release) und so dem Pferd die Rückmeldung geben: Das war richtig.
Beides bringt aber unterschiedliche Ergebnisse im Muskelgesamtzusammenspiel. Und hier bleibt es sicher ein lebenslanger Prozess, herauszufinden, wieviel Führung ein Pferd braucht, um die richtigen Muskeln korrekt zu benutzen.
Und ich habe da für mich eine ganz klare Antwort gefunden: Die schlimmsten und unfunktionellsten Rücken habe ich bei zwei Pferden geseehen, die beide aussschliesslich (oder vorwiegend) über positive Verstärkung zum Reiten ausgebildet wurden.
Insofern (und auch aus meinem Anatomieverständnis heraus) arbeite ich bewusst mit soviel Führung (Druck) wie nötig, und versuche soviel wie möglich positiv zu bestärken. Aber bisher hab ich noch nicht den Weg gefunden, ohne negative Verstärkung auszukommen. Genauso wie Alexandra. Aber über die Stricktechnik und ihre Herangehensweise ans Reiten hat man schon die Möglichkeit, den Einsatz negativer Verstärkung "clickerkompatibel" zu gestalten und das halte ich für eine sehr große Leistung.  Auch diese Methode hat (in meinen Augen) ihre Grenzen.
Letztendlich muss man für sich selbst seine Ziele setzen und so arbeiten wie man das selbst verantworten kann.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 25. September 2011, 10:23:56
Alexandra sagt ja selbst: Je länger du an einer Übung dranbleibst, desto mehr Gutes bringt sie Dir.
Und da spricht sie nicht von 20 Wiederholungen, sondern von 1000. Und die Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe, bestätigen mir das.

Wenn mein Signal zu einer Muskelantwort führt, die mir das Pferd dann bewusst und freiwillig gibt, wird da im Laufe der Zeit etwas anderes bei entstehen als wenn ich eine Bewegung nur geführt forme.
Aber es hat auch immer die Möglichkeit innewohnend dass das Pferd sich selbst Variationen ausdenkt, weil es experimentiert. Diese Experimente muss ich zulassen und dann darin wieder die guten Ideen bestärken, wobei wir wieder beim freien Formen sind.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: cinnamon am 25. September 2011, 10:54:08

Und ich habe da für mich eine ganz klare Antwort gefunden: Die schlimmsten und unfunktionellsten Rücken habe ich bei zwei Pferden geseehen, die beide aussschliesslich (oder vorwiegend) über positive Verstärkung zum Reiten ausgebildet wurden.
Insofern (und auch aus meinem Anatomieverständnis heraus) arbeite ich bewusst mit soviel Führung (Druck) wie nötig, und versuche soviel wie möglich positiv zu bestärken. Aber bisher hab ich noch nicht den Weg gefunden, ohne negative Verstärkung auszukommen.

das ist meiner meinung nach keine frage des eingesetzten verstärkers, sondern dessen, was ich verstärke und worauf in den fokus lege.
wenn ich überspritzt formuliert rückenloses dahinzäppeln im gepose clicke, dann bekomme ich das natürlich auch, klar.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 25. September 2011, 11:16:25
Es geht bei vielen Übungen von Alexandra zunächst um das "Was". zb um eine bestimmte Bewegung: Das Pferd folgt der Idee die der Strick/die Hand vorgibt und geht in Stellung, indem es den Kopf in einer bestimmten Weise dreht. Beim korrekten Reiten geht es aber nie alleine um das "was", sondern baldmöglichst um das "Wie". Das Thema der Losgelassenheit und der Entwicklung von Kraft und Schwung kommt hier mit rein. Sobald das Pferd als das "Was" verstanden hat, möchte ich ans "Wie" gehen, und deshalb frage ich immer wieder, mit dem Ziel mein Signal immer weniger und feiner werden zu lassen, damit die Bewegung des Pferdes immer flüssiger und weicher werden kann. Denke an Smarties und Stanleys Arbeit auf dem Kurs. Die haben ja praktisch den ganzen Kurs nichts weiter gemacht als nur die erste Anfrage zur Stellung ins WWYLM.
Wenn ich sage "das Pferd verspannt sich" habe ich aber nicht diese Pferde vor Augen, bzw das ist nicht eine zwangsläufige Folge des Stricksignals. Wenn ich aber zb "normal" über den Zügel Stelllung anfrage und diese über längere Zeit behalten möchte als mein Pferd sie locker durchhalten kann, kann es zu Verspannungen kommen, nur aufgrund der Dauer, die ich fordere. Da bei der Stricktechnik aber immer sofort nach einer Anfrage wieder ein Release kommt, lernt das Pferd eine bestimmte Bewegung weich und locker auszuführen, und sich danach sofort wieder zu entspannen, indem es die benutzen Muskeln wieder loslassen kann. So bleibt man ständig in einem positiven Muskelstoffwechsel.
Wenn ich nun länger am Strick bleibe, um eine bestimmte Antwort zu bekommen, geht es mit Sicherheit hier nur um das "Was", weil ich an der Kommunikation und am Verständnis des Pferdes arbeite.

Ich glaube, da haben wir wirklich gerade verschiedene Bilder vor Augen. Wenn ich vom "Dranbleiben" rede, dann meine ich nicht ein längeres "Halten" in der Stellung, sondern ein dranbleiben für ein paar Millisekunden mehr. Und da dürfte genauso wenig Verspannung entstehen, wie wenn ich zwischendrin loslassen und direkt erneut nachfrage.

Ich würde halt vermutlich in manchen Situationen noch mehr clicken, als Alexandra, und weniger mit Releases arbeiten. Manchmal habe ich bei Alexandra den Eindruck, dass sie etwas weniger Geduld hat, als ich das hätte, und etwas schnellere Resultate sehen will. Was mit Sicherheit auch damit zusammen hängt, dass praktisch alles, was ich von ihr kenne, auf Seminaren entstanden ist, auf denen ja ein gewisser "Erfolgsdruck" da ist, weil die Leute nach 4 Tagen Veränderungen sehen wollen und nicht, dass das Tier sich noch genauso bewegt, wie an Tag 1 (wobei ich denke, auch mit ein wenig mehr "Geduld" wären nach 4 Tagen klare Veränderungen erkennbar).
Ist schwer in Worte zu fassen und klingt so, wie es jetzt da steht, nach einer harten Kritik an Alexandra. So ist es aber nicht gemeint, sondern ich meine nur Nuancen an Unterschieden.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Muriel am 25. September 2011, 12:45:00
ja, das ist sicher ein Kursproblem. Man möchte in kurzer Zeit einen gewissen Ahaeffekt erzielen.
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: Mannimen am 26. September 2011, 08:56:23
Hallo zusammen!

Am WE habe ich ständig + und - mischen müssen und dabei gesehen, dass es eigentlich kein Mischen war, weil jede Aktion zeitlich von der anderen getrennt war. Um sie zu mischen hätten sie dann schon zeitgleich passieren müssen, was eher nicht der Fall war.

Es ging darum mir Antares vom Leib zu halten, weil er dermaßen aufdringlich und anhänglich war, dass es mir unangenehm wurde. Hinzu kam noch, dass er versuchte sein Kopfzucken dadurch zu unterbinden, in dem er sich an meinen Klamotten festhielt. Er schnappte sich also ein Stück von meiner Jacke und  zerrte da dran rum. Auf diese Weise zuckte dann sein Kopf weniger aber mein Körper um so mehr. :roll:

Also wies ich ihn mit Druck weg und wenn er dann Abstand einhielt, clickte ich das. Die zeitliche Abfolge lag innerhalb weniger Sekunden und ich war mir nicht sicher, ob er das überhaupt so richtig deuten kann, doch er konnte. Allerdings war das nicht das, was er wollte, denn so schlug sein Kopf ja wieder so extrem und er sah sehr unglücklich damit aus. :roll:

Ich entschloss mich, seinen Kopf dann festzuhalten, was ja eigentlich auch mit Druck verbunden war, der beim Schlagen durchaus auch zunahm, um ihn nicht zu verlieren. Das wiederum schien er zu genießen und schloss seine Augen und ließ ihn auf meiner Schulter ruhen (schweres Teil). Diese Entspannung verstärkte ich durch Streicheleinheiten, soweit ich dazu überhaupt noch in der Lage war und er konnte sich immer mehr loslassen. Allerdings hatte ich dann auch immer mehr Druck auszuhalten, was mir nicht besonders lange gelang. Doch das Zucken hörte dabei auf. :)

Sicher ist das kein repräsentatives Beispiel, weil hier Druck als positiv empfunden wurde aber es war eindeutig eine Mischung aus massivem Kraftaufwand und Zärtlichkeit der nötig war, um ihn etwas zu beruhigen. 8)

LG Manfred
Titel: Re:Kann man positive und negative Verstärkung mischen?
Beitrag von: eboja am 26. September 2011, 10:00:06
Sicher ist das kein repräsentatives Beispiel, weil hier Druck als positiv empfunden wurde aber es war eindeutig eine Mischung aus massivem Kraftaufwand und Zärtlichkeit der nötig war, um ihn etwas zu beruhigen. 8)
Es ist zumindest kein Beispiel für die "zeitgleiche" Adrenalin- und Dopamin-Ausschüttung, da er  ja beides als angenehm empfunden hat und folglich kein Adrenalin ausgeschüttet hat (zumindest nicht aufgrund Deines "Drucks", eventuell aber wegen des auch von ihm unerwünschten Kopfschlagens).

Ich finde es sehr toll, dass Du ihm auf diese Weise helfen konntest, auch wenn das natürlich nur für den Moment war! :thup: