Das wird ja gerne gesagt, um Anwendung von Druck, Pferd auf seinen Platz verweisen (müssen) , Nicht-Kuscheln, ggf. mal draufhauen zu rechtfertigen. „Wer bewegt wen“ soll danach das wichtigste sein, was Pferde so umtreibt. Den Eindruck hatte ich meiner Klein-Herde eigentlich nie wirklich, zumindest nicht mehr, seit zwei von drei Stuten wegen plötzlicher Todesfälle nicht mehr da sind. Meine Shettistute (gestorben völlig unerwartet am 30. Dezember), war zu Menschen zuckersüß, gegenüber ihren Mitpferden aber doch oft ein kleines Kastenteufelchen. Die drei Wallache sind untereinander sehr lieb, meine 35-jährige (die „Dienstälteste“) hat nichts auszustehen. Es wird Nase an Nase gefressen, direkt nebeneinander stehend/ liegend Siesta gehalten, teilweise fast Haar an Haar. Die beiden Shettis waren vom der ersten Begegnung an allerbeste Freunde. Fjord Hendrik ist zwar „irgendwie“ der Ranghöchste, aber ein wirklich seeehr unchefiger Chef, der nur ganz selten mal ein ganz bisschen böse wird. „Weichen“ geschieht ganz entspannt eher im Rahmen von Zentimetern.
Shetti Onki hat sich jetzt eine richtig, richtig fiese Rehe eingefangen (nach aktuellem Stand wohl ausgelöst durch zu hohen Selenspiegel) und kann trotz Schmerzmitteln im Moment eigentlich nur „kriechen“. Er liegt zum Glück sehr viel und geht unglaublich tapfer mit der Situation um, finde ich.
Ganz rührend zu sehen im Unglück ist aber, wie anteilnehmend Cello und Hendrik sind. Der hyperaktive Cello fordert ihm nicht zum Toben auf (in gesunden Zustand verbringen sie viel Zeit mit Spielen und Rangeln), er wird nicht gescheucht und verdrängt, obwohl er sich null wehren könnte. Gestern lag er im weichen Sand ziemlich direkt am Tor und der von der Weide kommende Hendrik blieb sich nach Schnupperbegrüßung direkt neben ihm stehen und verbrachte so seine Mittagspause. Donnerstag war die Futter/Stoffwechsel-Beraterin (Mineralien in Balance) zur Anamnese da. Mindestens eine halbe Stunde haben wir neben dem liegenden Onki gesessen, dem Gesellschaft und Krauleinheiten sehr willkommen waren. Als mein Freund Hendrik und Cello dann von der Koppel holte, meinte ich erst, die jetzt in den Stall sperren zu müssen, um Ruhe zu haben, aber weit gefehlt. Hendrik schaute kurz vorbei, ging dann an den Futterkasten und Cello stand eine ganze Zeit direkt neben uns und zwar – für ihn, der ein ziemliches hohes Energielevel hat und früher ein großer Aufregungs- und Streßschnapper war – unglaublich ruhig und aufmerksam. Als Sonntag eine sehr hilfsbereite Hufpflegerin aus dem Nachbardorf als Notmaßnahme die Zehen kürzte und wir zu dritt das arme Pony seelisch und körperlich stützten, standen Hendrik und Cello beide direkt daneben. Ich habe – sozusagen reflexartig – Onki ein paar „gesunde“ Pellets zugesteckt, dachte dann kurz, wohl nicht so gut mit den anderen direkt daneben, denen auch schnell was gegeben und alle blieben so ruhig wie bisher.
Tja, vielleicht vermenschlichend, aber es macht ganz den Eindruck, als ob sie Onki trösten und sich mit ihm austauschen. Er hat sie zwar auch auf der Koppel meist in Sichtweite, freut sich aber deutlich, wenn sie wieder in den Paddock kommen und entweder gemeinsam Siesta machen oder schauen, was denn noch im Raufutterkasten ist.
Bestärkt mich in der Meinung, dass zumindest für viele Pferde, die in passender und langjähriger Gemeinschaft leben und nicht unter irgendwelchem Ressourcenmangel leiden, „Freundschaft“ wichtiger ist als „andere bewegen“. Und das dann, wenn alles gut läuft, auch mit Menschen.
Gruß
Katja