Die Frage ist also, warum rollt ein Pferd sich überhaupt ein?
Welche Anforderung stelle ich an das Pferd, wenn ich drauf sitze und es "am Zügel" reiten möchte?
Es muss zunächst mal mit dem Gewicht auf dem Rücken klar kommen. Bevor es das aber kann - das ist ja letztendlich auch ein Ziel der Ausbildung - dass das Pferd mit Reiter so schön, ausdrucksvoll, elastisch, schwungvoll und scheinbar schwerelos geht wie ohne Reiter auf der Weide, wenn es sich präsentiert.
Sitzt nun der Reiter obendrauf, wird das Pferd im Rücken erst mal nachgeben. Es hat mehrere Möglichkeiten, das Gewicht zu tragen und den Rücken dabei aufzuwölben:
• Durch den Einsatz des Halses als Hebel - Kopf weit vorgestreckt, Nase eher nach vorne unten - dadurch spannt sich das Nackenband, das an den Dornfortsätzen angeheftet ist, zieht die Dornfortsätze am Widerrist auseinander und hebt so den vorderen Rücken an.
• Durch die aktivierte Hinterhand kippt das Becken ab und spannt dieses Nackenband nun von hinten
• die aktiv angespannte Bauch- und Brustmuskulatur hebt den Brustkorb und ermöglicht es der Wirbelbrücke, wieder zu rotieren, wodurch eine Seitbewegung zb überhaupt erst möglich wird
• die im Verlauf der Ausbildung größere Kraft der Hinterhandmuskulatur (Kruppe/Lende) hebt von hinten den Rücken an (Endziel, Vorbedingung für jegliche echte Versammlung)
Ein Pferd das sich einrollt versucht nun dem Zug am Nackenband auszuweichen. Es sackt im Brustkorb durch, da die Muskulatur nicht tragfähig ist. Es hängt den Rücken zwischen Widerrist und Kreuz-Darmbeingelenk sozusagen auf. Das Einrollen geht meist mit einem Vorschieben des Brustbeins einher, was das Absinken des Rückens verstärkt.
Wenn nun wie von Steffi beschrieben gearbeitet wird
Hallo Manfred,
zum Thema Einrollen habe ich auf der Hansepferd etwas interessantes gesehen. Das Pferd, ein Friese rollte sich ein, da er nicht genügend Kraft hatte und über Tempo lief. Das "Über Tempo laufen" hat Horst Becker stark kritisiert, da die Reiter nicht bedenken, dass sie ihr Pferd schädigen. Die Reiterin sollte dann auf dem Zirkel übertreten. Viel Schritt, wenig Trab, viel Galopp und immer nur so schnell, wie das Pferd freiwillig geht. Die Reiterin saß manchmal etwas zu stark ein und wurde sofort korregiert. Der Rücken soll nicht über Gebühr belastet werden, ich denke, da sind wir uns eh alle einig.
Nach etwa 25 min ging das Pferd deutlich lockerer und vor allem rollte es sich nicht mehr ein! Das Tempo war schön gesetzt. Mir hat sehr gefallen, dass so gut wie nichts am Zügel gemacht wurde-. Von Hochzupfen hielt er gar nichts, das sei wohl momentan sehr angesagt. Zum Thema Sitz meinte Horst Becker, dass man zu Beginn meist nur 2 Beine des Pferdes spüren würde. Nach dem Training sollte man alle 4 Beine spüren.
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wird hauptsächlich an der Bauchmuskulatur (übertreten) und der Aktivität der Kruppen/Lendenmuskulatur gearbeitet. Das Pferd beginnt die Bauchmuskulatur vermehrt anzuspannen, dadurch kann sich der Rücken heben. Die Lendenpartie kommt zum Tragen, der Widerristbereich wird entlastet, der Hals kann seiner Funktion als Balancierstange wieder nachgehen, der Kopf kommt wieder weiter nach vorne.
Bei Mirko bin ich anders herangegangen (habe das auch bei Racinet ("Auf dem falschen Fuß") beschrieben wiedergefunden). Mirko ist immer sehr vorhandlastig, und macht sich immer gerne zu eng. Da hat auch alle Versuche ihn über das enge Einstellen mit dem Thema, eine Anlehnung herzustellen und darüber den Rücken zu aktivieren, nichts genutzt (so wie ich es bei Deiner Trainerin, Manfred, gesehen habe - exakt gleiches Vorgehen).
Was geholfen hat, war das Training der Muskulatur, die den Brustkorb hält. Der ist ja zwischen den Schultern nur aufgehängt, und kann auch durchsacken und bis in die Trageerschöpfung gehen.
Davon ist das Jungpferd weit entfernt, aber "hängen lassen" kann es sich trotzdem.
Zum Trainieren dieser Muskulatur habe ich den Kopf höhergenommen so dass das Pferd sich selbst im Hals hebt, Kauen angefragt, dann Impuls zum Anreiten gegeben , C+B. Dieses Höhernehmen des Kopfes stammt von Baucher und ist eine diffizile Sache, wenn sie nicht fürchterlich verkehrt gehen soll. Das Pferd muss schon gelernt haben, sich in dieser Anforderung wirklich zu entspannen - drückt es im Hochnehmen den Arm-Kopf-Muskel heraus, ist die Sache komplett wertlos.
Also habe ich diese Ansätze von Losgehen geübt - aus dem Stand in den Schritt, aus dem Stand in den Trab, aus dem Stand in den Galopp. Ca. 6 Wochen lang. Danach konnte ich erstmals ein sich korrekt anfühlendes Vorwärts-Abwärts reiten, ohne das Gefühl von Balanceverlust zu haben, ohne nach vorne fallen - und selbstverständlich auch ohne Einrolltendenz.
Diese Haltemuskulatur ist keine Bewegungsmuskulatur. Deshalb ist es für viele PFerde so schwer, in der Anforderung "Vorwärts-Abwärts" auch wirklich das Brustbein anzuheben. Und kaum ein Reiter oder Reitlehrer weiss leider diesen Unterschied zu erkennen geschweige denn zu vermitteln.
Momentan wiederhole ich diese Übung, nur kombiniert mit den Kurland-übungen (um den Rücken mehr anzusprechen) und mit geringerem Kopfheben.
Weitere Möglichkeiten diese Muskeln anzusprechen sind: In die Dehnung lassen, dabei leicht biegen, vor lassen, dabei Tempo verstärken, ohne dass das Pferd schneller wird. Es sollte sich unter Dir heben, dir im Widerrist entgegen kommen. Dann weißt Du dass Du es richtig gemacht hast.
Alles wo Du das Gefühl hast, das Pferd wird "groß" vor Dir, hat auch diese Wirkung. Nur nicht so effektiv wie die beschriebene Übung.
Jeder Schritt-Galoppübergang bei dem das Pferd nicht abtaucht sondern wirklich nach oben in den Galoppsprung geht, hat diesen Effekt. Und auch ein gut gerittenes Schulterherein, wenn der Rahmen offen bleiben kann.
Aber das ist ja genau das, was Einroll-Pferden so schwer fällt.
lg Heike