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Übungen für mehr Ruhe

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Elli
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Übungen für mehr Ruhe
« am: 10. Juli 2013, 16:40:07 »
Mein Pferd ist sehr schreckhaft, weswegen wir Antischrecktraining auch schon fleißig machen. Was könnte ihr mir denn, außer Kopf tief, für Übungen empfehlen die zu mehr Ruhe und Gelassenheit führen. Grade wenn es windig ist, lässt er sich schwer zu ruhe bringen

LG

« Letzte Änderung: 10. Juli 2013, 16:43:37 von Elli »
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Mannimen
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #1 am: 10. Juli 2013, 22:08:32 »
Hilfreich wäre eine gute Orientierung an dem Menschen, der in solchen Situationen völlig ruhig und entspannt bleibt.

Neben dem Kopf senken hilft auch noch kräftiges Abstreichen mit der Gerte an den Beinen von oben nach unten (Erden aus der TTeam-Arbeit). Damit werden die Beine bewusster mit dem Boden verbunden und sind so mehr geerdet. Das Pferd trampelt weniger rum. Ich würde das in Verbindung mit dem Kopfsenken machen, damit es noch bewusster wird.

Ansonsten würde ich es nicht daran hindern wollen sich zu bewegen, wenn es sich unbedingt bewegen muss. Aber ich würde mich nicht mitbewegen sondern ruhig bleiben. Das geht natürlich nur, wenn das Seil diesen Raum ermöglicht. Ein kurzer Fürstrick ist da eher ungeeignet.
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Elli
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #2 am: 11. Juli 2013, 06:55:22 »
Beine abstreichen :) danke, werd es mal ausprobieren.
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Mannimen
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #3 am: 11. Juli 2013, 07:20:40 »
Zur Erdung werden die Vorderbeine auf der Vorderseite von oben nach unten abgestrichen (Würden sie von hinten abgestrichen, hätte das eine treibende Wirkung nach vorne. Wir möchten jedoch eher bremsen). Dabei kann an der Brust begonnen werden. Die Gerte wird so angelegt, dass sie sich leicht durchbiegt, um deutlich spürbar zu werden. Die Geschwindigkeit des Abstreichens richtet sich nach der Tolleranz des Pferdes und dessen innerer Aufregung. Ist es wenig tollerant der Gerte gegenüber und sehr stark aufgeregt, dürfen die Berührungen mit der Gerte nur kurz sein und sollten schnell ausgeführt werden. Es darf aber kein Anticken sein, denn damit würde genau das Gegenteil erreicht werden und noch mehr rumgehampelt. Wir wollen ihm ja helfen wieder runter zu kommen und nicht noch mehr Aufregung rein bringen. Also schnell anlegen und rasch nach unten abstreichen. Dies sofort wiederholen und immer weiter machen. Dabei darauf achten, wie es angenommen wird. Führt es zu mehr Aufregung, muss es sanfter werden. Wird das Pferd ruhiger, sollte auch das Abstreichen deutlich langsamer und zarter werden. So kann es dann runter kommen und sich auf dieses neue Gefühl besser konzentrieren. Steht es dann still und senkt den Kopf, haben wir unser Ziel erreicht und loben das Pferd nun dafür. Es wird für ruhig stehen bleiben gelobt und nicht für rumzappeln oder Kopf hoch reißen. Sobald der Kopf oben ist, kann es sowieso nicht mehr klar denken und muss diesen erst wieder runter bringen. Dazu zupfen wir am Halfter (nicht ziehen). Viele kleine Impulse aber keinen Dauerdruck ausüben. Das gilt auch für die Gerte an den Beinen, nicht gedrückt an einer Stelle lassen sondern immer in Bewegung damit sein (Besonders auf dem Röhrbein könnte das sehr unangenehm wirken und wir möchten ja ein angenehmes Gefühl vermitteln). Gut wäre auch, wenn beide Beine zusammen abgestrichen werden. Das geht jedoch nur, wenn das Tier mal kurz inne hält und sich nicht weiter bewegt. Es macht auch nichts, wenn die Gerte von einem Bein zum anderen wechselt. Entscheidend ist der Fluss von oben nach unten, dessen Geschwindigkeit und Intensität. Diese sollten dem jeweiligen Gemütszustand des Pferdes angepasst sein, denn wir wollen es dort abholen, wo es sich gerade mental befindet. Wenn wir selbst aufgeregt sind, würden wir einen zarten und ruhigen Körperkontakt auch nicht sonderlich ernst nehmen. Aber eine Idee weniger, damit wir die gewünschte Richtung erkennen. Wenn sich zwei Leute z. B. anbrüllen und einer wird lauter, dann wird es wohl heftiger werden. Wird einer jedoch leiser könnte es ruhiger werden. So sollte es mit der Gerte dann auch sein. Sie gibt analog zur Stimme die gewünschte Richtung vor.

« Letzte Änderung: 11. Juli 2013, 07:28:41 von Mannimen »
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Elli
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #4 am: 12. Juli 2013, 06:40:15 »
Vielen Dank Mannimen  :nick: für deine detalierte Erläuterung. Sehr hilfreich
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Mannimen
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #5 am: 12. Juli 2013, 07:44:58 »
 :)

Hier noch ein paar Tips zum "Zauberstab", die Du auch schon vorher üben kannst, bevor Du in so eine Situation kommst.

Auch ist ein Trockentraining mit einem menschlichen Partner mal ganz hilfreich, um eine direkte Rückmeldung zu bekommen oder es auch selbst mal zu spüren, wie das tatsächlich wirken kann.

« Letzte Änderung: 12. Juli 2013, 08:05:41 von Mannimen »
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #6 am: 12. Juli 2013, 07:55:44 »
Ich nehme an, dass Du Kopfsenken in der Situation abfragst? Wie sieht Euer Kopfsenken aus - wie tief geht der Kopf? Hast du ein zuverlässiges Signal?

Ich habe gute Erfahrung gemacht, das Kopfsenken erstmal als hochbestärktes Verhalten zu etablieren, dh. ich bestärke jedes Angebot vom Pferd, das in diese Richtung geht, ohne dass ich ein Signal gebe. So dass für das Pferd klar wird: egal was ist, Kopfsenken führt immer zu einem :click: und :keks:
Das sieht so aus, dass ich einige Arbeitseinheiten habe, wo ich mehr oder weniger ausschliesslich Kopfsenken bestärke. Dabei kann es sein dass wir umhergehen und Führen üben, Sachen angucken, spazieren gehen, egal was - aber jedes Angebot des Pferdes, den Kopf zu senken, wird bestärkt.
Je tiefer der Kopf kommt, desto besser. Erst ab einer bestimmten Höhe (tiefer als Karpalgelenke) greift der körpereigene Beruhigungsmechanismus.
Dass das Pferd diese Grenze überschritten hat, merkt man daran, dass es nach dem Click einen Bruchteil langsamer mit dem Kopf wieder hochkommt als zuvor. Wenn es nur den Kopf nach unten hält, weil es brav ist und das so gelernt hat, ist es oft noch in so einer Halbspannung der Muskeln, und nach dem Click schnellt der Kopf sehr flott wieder nach oben.
Deshalb ist das für mich der Indikator, ob ein Kopfsenken auch tatsächlich irgendwie beruhigend ist oder nicht.

Weiter ist es auch sinnvoll, das Pferd aus seinen "alles ist gruslig" Gedanken herauszuholen, indem ich es sehr viel beschäftige mit kleinen, nicht komplizierten Anfragen wie zb Handtarget oder ein anderes Target oder eine andere, einfache Lieblingsübung, bei der es nicht viel denken muss. Hauptsache es kann meine Anfrage "Guck mal hier" mit "ok" beantworten und wird dafür bestärkt.
wenn ich das mit Gehen und Kopfsenken kombiniere, kann sich ein guter Entspannungsgrad einfinden.
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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Elli
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #7 am: 12. Juli 2013, 18:38:44 »
Kopf tief frage ich jeden Tag ab, ist auch Momentan seine Lieblingsübung :lol: bietet es sehr oft von selbst an. Wenn wir das trainieren achte ich schon darauf das der Kof sehr tief ist, so ca. 20-30 cm vom Boden. An der Dauer müßen wir noch feilen (4-5 Sek. schaffen wir), aber seid 2 Tagen ist das Kopf tief auch schon vom weiten abrufbar  :dops: Nur in stress/angst-Situation, ist er oft gar nicht ansprechbar, wenn überhaupt 1 sek. auf Brusthöhe.
Wäre das abstreichen der Beine auch effektiv um die Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken, wenn er mal wieder gar nicht ansprechbar ist, oder gibt es da bessere Möglichkeiten?
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #8 am: 12. Juli 2013, 18:58:56 »
Das ist im Moment auch grad genau unser Thema, ich machs mir hier mal gemütlich :cheer:

Also ich hätts mir ja auch nicht gedacht, aber Kopf tief vom Pferd ausgehend hat eine ganz andere Wirkung als Kopf tief vom Menschen abgerufen :nick: Grad heut hab ich da wieder ganz feine Erfahrungen gemacht, ich schreib nachher noch den Bericht in unserem Tagebuch (ich hab mal den letzten großen Frust verlinkt), falls du ein bissl schmökern magst ;)

Was sich gerade auch richtig gut bewährt, ist eine "Schmusedeckenübung". Bei uns Handtarget, das ich in den Stresssituationen mit ganz, ganz, ganz niedrigen Anforderungen anbiete und ihn so aus dem (Er-)Starren holen kann. Das hat er heute auch richtig gut angenommen.

Und natürlich die generellen Anforderungen niedrig halten. Spazieren gehen wird nicht erzwungen, wir gehen im Moment so weit, wie es geht, machen dort unsere Übungen, schauen, dass wir ein paar Meter weiter kommen und drehen dann wieder um. (und werden dafür von allen belächelt oder komisch angeschaut - da braucht man ein dickes Fell :rotw:)
LG, Sarah und die Carlozei
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Mannimen
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #9 am: 14. Juli 2013, 07:37:01 »
Ja Sarah,

da braucht man in der Tat ein dickes Fell aber diese kurzen Spaziergänge waren mit Undine seiner Zeit auch sehr hilfreich, um mehr Vertrauen aufzubauen, welches dann in Stresssituationen extrem wichtig ist. Dafür haben wir uns seeehr viel Zeit genommen und irgend ein Gespenst kreuzte immer unseren Weg. Da war der erste Meilenstein dann überhaupt mal stehen zu bleiben und nicht gleich in Panik zu verfallen, aus sicherem Abstand zu erkennen, das die Gegahr auch an einem vorüber zieht bzw. wir das überleben konnten ohne zu flüchten. Im nächsten Schritt, wenn also der Fluchtgedanke nicht mehr präsent war, gingen wir gemeinsam (ich vorne) in die Richtung wo das Gespenst zu seien schien, um uns schlussendlich davon überzeugen zu können, dass es ganz harmlos ist und wir nicht um unser Leben weglaufen müssen. Das braucht natürlich noch mehr Zeit und gaaaanz viel Lob. Aber auch dabei sind wir immer nur so weit gegangen, wie es gerade noch so auszuhalten war, wir also immer noch stehen bleiben und in Ruhe abwarten konnten.

Blöd ist nur, wenn das Gespenst näher kommt. Da habe ich dann zwar auch Abstand gehalten, jedoch nicht den Weg gewählt, der die Flucht verstärken würde. Z. B. Kommen uns auf einem Waldweg Motocrossfahrer entgegen. Umdrehen und vor ihnen weglaufen würde keinen Erfolg bringen. Also habe ich dann mit dem langsam immer panischer werden Hoppel den Weg verlassen und mich seitlich dazu in ausreichender Enfernung aufgestellt, sodass sich der "Angsthase" an meiner Seite zur Not hinter mich verstecken kann. Das fand Antares immer besonders spannend, wie dann die knatterden Zweiräder an uns vorbei zogen. Er stand dann wie einbetoniert da, mit weit aufgerissenen Augen und ich musste ihn erst einmal abstreichen und den Kopf senken lassen, bevor er überhaupt realisierte, dass er noch am Leben ist und ich bei ihm bin.
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Luke
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Re:Übungen für mehr Ruhe
« Antwort #10 am: 14. Juli 2013, 13:24:40 »
Wie sieht denn euer Anti schreck training aus. Luke ist ja auch ein großer Schisser und wenn der richtig schiss hat  kommt man mit nichts mehr bei dem durch, da wird auch eine Möhre total uninteressant. Der kannte dann nur noch den rückwährsgang einmal umdrehen und weggalloppieren. Ohne Zweitpferd den Hof verlassen ging gar nicht.

Ok  wir hatten auch unglückliche Zusammenstöße mit Schreckgespenstern. Einmal war ein Kalb ausgebrochen und folgte dann dem Luke. Dem Kalb wars egal, Luke war auch gescheckt also am besten dem folgen. Seit dem hatte er Angst vor Kühen. Ein anderes Mal ist im eine Hirschkuh bei einem Ausritt in den Po gesprungen also hatte ihn noch kurz berührt. So ein Hirsch ist nicht grade klein.. Seit dem findet er Rehe und Hirsche unheimlich  und jedes rascheln im Wald kann ein Reh sein.  Einmal verfolgte uns ein Jugendlicher mit Mofa, war auch ganz doof danach waren alle Motorräder und Mofas schrecklich.

Luke mußte erst mal lernen, wenn ich keine Angst vor etwas habe, braucht er auch keine Angst zu haben. Ist aber ein Teufelskreis denn sobald Mensch weiß: Pferd bekommt in der Situation Angst   wird einem selbst auch Komisch und man bekommt ein bisschen Schiss vor der Situation. Man schüttet dann bestimmte Hormone aus und Pferd riecht das der Mensch Angst hat. Dazu dann noch die veränderte Atmung  und Pferd denkt sich: Shit die Alte hat vor dem Dingen Angst, also ist es gefährlich ... rum und weg.

Ging mir genauso. Also erst mal mit kleinen Dingen Anfangen. Plane , Glascontainer, Mülleimer und co. Zuerst haben wir in der Halle und auf den Platz geübt. Ich habe alles mögliche angeschleppt was er draußen vieleicht auch sehen könnte.  Herr Pony durfte dabei frei rumlaufen, also sich entscheiden ob er mit mir geht oder am anderen ecke der Halle bleiben möchte. Da er aber auch sehr neugieg ist, hat er sich dem Objekt immer mehr genähert besonders wenn er gesehen hat das ich mit dem gefährlichen Teil sogar gekuschelt habe. Frisst Mensch nicht, wird mich auch wohl nicht fressen

Große Planen auf die Erde gelegt, wenn Pferd nicht drüber wolle sich selbst drauf gehockt, draufgelegt , drauf rumgetanzt. Pferd stand dann da und hat es sich angeschaut. Dann hingesetzt und Möhre gefuttert. Nach einigen malen kam er dann an und wollte auch was von den Möhren und betrat sie Plane vorsichtig. Nach einigen weiteren malen nachdem er locker draufstand  und drüber ging habe ich ihn aufgefordert die Plane anzustupsen, danach dann die Plane hoch zuheben... danach habe ich die Plane mitgeschleppt (macht ja geräusche), Plane über ihn drüber gelegt.  Aus Plane wurde dann irgendwann Mülltüte. Jetzt werde ich dazu übergehen die Mülltüte mit gerumpel zu füllen und die mitzuschleppen, danach das Luke die Mülltüte schleppt und krach macht. Das dauert natürlich   und geht nicht von heute auf morgen, am ende soll es ihm im Herbst egal sein ob der Wind ihm eine volle Mülltüte vor die Beine  weht. Wenn wir jetzt unterwegs eine Plane sehen, egal ob sie etwas bedreckt oder als Fahne irgendwo hängt und er mißtrauisch guckt sage ich nur noch : Plane und er beruhigt sich sofort wieder. Jedes Geräusch im Wald was ich nicht identifizieren kann heißt erst mal . Vogel. Alle arten von Motorrädern sind Mofa... ich höre das Geräusch ja schon lange vorher und kann es identifizieren bevor er es sieht ich sage dann den Begriff den wir gelernt haben und gut ist. Die meisten Geräusche sind einfach nur Mensch. Nur mußte auch ich das vorher alles üben. Kurze Spaziergänge an so Objekten vorbei, dort stehen bleiben und gucken dabei selbst ganz ruhig bleiben und am besten ein weiteres Pferd (inkl. Mensch) das keine Angst hat dabei haben.

 Ich hatte halt Glück das ich vieles am Hof üben kann, so haben wir Trecker, Bagger und co am Hof, mein Mann konnte Holzhacken, Sägen und co damit er das Geräusch kennen lernen konnte bevor wir es unerwartet im Wald hörten. Schubkarren, Rasenmäher geräusche alles Mensch . Vertrauen ist das A und O dabei.

Und viel wichtiger wie ich festgestellt hatte als das vertrauen vom Pferd zum Menschen ist das Vertauen in sich selbst und in das Pferd.

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