In dieser Rubrik ist ja momentan so gar nix los... Ich möchte dennoch ein Thema zur Diskussion stellen, das mir sehr am Herzen liegt: Join up, also das freiwillige Anschließen des Pferdes an den Menschen.
Jahrelang habe ich das nach Monty Roberts gemacht - mit teils starkem Druckaufbau. Irgendwann ist mir dann aufgegangen, daß das mit "Freiwilligkeit" so gar nix zu tun hat...
Auch zeigten mir viele Pferde und manche davon recht radikal an, daß das für sie keine angenehme Arbeitsgrundlage ist. Dennoch mag ich auf ein Join up nicht verzichten, suchte mir also einen anderen Weg dahin. Und der geht über "Gerade Linien":
- Mensch und Pferd gemeinsam im Round Pen, Paddock oder auf kleiner Koppel
- Pferd ist "nackig"
- Mensch sucht sich einen Fernfokus und läuft zielgerichtet geradeaus (guckt das Pferd nicht an und legt die Linien so, daß erst reichlich Abstand zum Pferd gehalten wird!) darauf zu, stoppt am Zaun, guckt noch etwas zum Zielpunkt
- Pferd tut, was ihm gerade einfällt: grasen, gucken, laufen, stehen...
- Mensch dreht sich nach ein paar Atemzügen wieder Richtung Paddock, sucht sich einen neuen Fernfokus und läuft wieder geradeaus los.
- nach einer Weile (alles möglich zwischen 10sec und mehreren Einheiten) schließt sich das Pferd dem Menschen an (und folgt ein paar Schritte oder auch ständig, je nach Pferd)
Im Prinzip ist es das schon, wobei ich natürlich noch den einen oder anderen Roman dazu schreiben könnte...
Wozu nun das Ganze?
Möchte ich mit einem Pferd arbeiten, sollten wir uns erst einmal kennenlernen. Das geht besonders schön, wenn man sich gegenseitig beobachten kann, ohne direkten Kontakt. Ich kann beim Laufen schon mal sehen, wieviel Unruhe im Pferd steckt - ob es dazu neigt, bei Streß zu rennen, auszutreten, zu fressen; ist es eher vorwärts- oder rückwärtsorientiert.
Das Pferd beobachtet mich derweil, selbst beim Fressen. Es sieht, ob/wo ich ein Ziel habe und wie ich dorthin gehe. Wie sieht meine Körpersprache aus? Bin ich abgelenkt und mache Schlenker in meine Linie? Dann geht das Pferd innerlich und vielleicht auch körperlich auf Abstand. Ebenso, wenn ich zwar einen Fokus habe, der aber nicht wirklich wichtig ist für mich; oder ich eigentlich gar nicht dorthin will. Dann strahle ich Ambivalenz aus, die das Pferd nicht sicherheitsfördernd findet... Gehe ich aber zuversichtlich, zentriert, zielstrebig meine bolzengerade Linie, bin ich für das Pferd berechenbar. Berechenbarkeit schafft Vertrauen!
Auf diese Weise kann ich meine eigene Körpersprache schulen – Schwerpunkt, Körperspannung, Zentrierung... Das Pferd gibt mir ziemlich unmittelbar sein Feedback, ob ich mich klar ausdrücke und vertrauenswürdig bin oder nicht. Das Schöne daran ist, daß die Pferde es gar nicht übel nehmen, wenn man eine Weile braucht, bis man sich sortiert hat – sie warten dann einfach auf Abstand ab, und kommen dann später, wenn wir uns deutlich ausdrücken.
Das ist dann meine ich eine gute Basis, auf der man beginnen kann, mit dem Pferd zu arbeiten.
Ich finde das ja ziemlich genial! Bin allerdings gespannt, ob sich so etwas für Euch mit dem Klickern vereinbaren läßt?!?
Beste Grüße,
Dörte.