Danke, Manfred, dass du daraus einen eigenen Thread gemacht hast - ich denke das Thema verdient es durchaus...
Sehr spannende Diskussion bis jetzt. Möchte auch nochmal meinen Senf dazugeben
Wenn ich mir die am häufigsten gefallenen Begriffe so anschaue (Dominanz, Respekt, Vertrauen), fällt mir auf, dass das sehr menschliche Konzepte sind. Ausser Dominanz, die würde ich mehr mit Tieren assoziieren.
Allerdings stammt meines Wissens die meiste Forschung zu Dominanz aus Studien zu Hühnern (pecking order) und Hunden (Alphatier). Bei Pferden gibt es Rangordnungsstudien, wobei sich alle Studien von denen ich gelesen habe, darauf beschränkt haben aggressives Verhalten (Ohren anlegen, beißen, ausschlagen) zu zählen. Ausserdem ist meistens an gewissen Hotspots beobachtet worden (Futterstellen bei domestizierten Pferden, Wasserstellen, etc.).
Meist wird auch das Leit-Tier assoziiert mit rein dominantem Verhalten. Aus eigener Beobachtung und von anderen Berichten (z.B. Carolyn Resnick) würde ich eher davon sprechen, dass ein Tier zwei Typen von Verhaltensmustern aufweisen kann: submissives und dominantes. Wann und wie oft welcher Typ gezeigt wird hängt sowohl von der Situation, als auch vom Charakter des Pferdes ab. Manche Pferde bewegen sich fast nur im unterwürfigen Segment, andere wiederum weisen sehr oft dominantes Verhalten auf. Kann sich aber schlagartig ändern, etwa wenn sich zwei Pferde eng befreunden. Da können sich die Rollen auch gänzlich umdrehen
Leit-Tiere sind nach diesen Beobachtungen eher Tiere, die sehr geschickt in der richtigen Situation die richtige Verhaltensweise anwenden - meistens zum Wohl der Herde. Da weichen Leit-Tiere oft zuerst einmal jeder Konfrontation aus und geben unterwürfige Signale, um dann später im geeigneten Moment eine dominante Geste zu setzen, die dafür wirkt.
Was ich damit sagen will ist eigentlich, dass ich es oft problematisch finde, pferdisches Verhalten anhand menschlicher Kategorien (oder der anderer Tiere) zu bewerten. Leider kursieren aber viele menschliche Beurteilungskonzepte in der Pferdewelt - verständlicherweise, schließlich versucht man ja auch sich empathisch in das Pferd hineinzufühlen. Das geht nunmal nur von unserem Blickwinkel aus.
Respekt und Vertrauen sind solche schwierigen Begriffe, weil sie für uns sehr viele psychologische Konnotationen transportieren. Ich werde aber nie wissen können, ob es für Pferde ein ähnliches Konzept gibt. Woher weiß ich, ob es unter Pferden so etwas wie Respekt gibt? Und wenn es das gäbe, woher weiß ich, ob es das gleiche Konzept ist, wie das das mir im Kopf herumschwebt. Nicht einmal unter Menschen ist es immer das gleiche Konzept. Wie kann ich also von meinem Pferd verlangen, dass es sich respektvoll benimmt?
Ich kann mir daher mMn nur überlegen, was die resultierenden Verhaltensweisen sind (bei Respekt z.B. weichen, Abstand wahren, ...) und dann diese Verhaltensweisen erklären und trainieren. Alles andere führt zwangsläufig zu unfairen Schuldzuweisungen.
Wenn ich sage, mein Pferd respektiert mich nicht, beinhaltet das erstens ein Fehlverhalten des Pferdes (es weiß ja doch ganz genau, was ich wollte und hat mich trotzdem missachtet) und zweitens eine Unzulänglichkeit meinerseits (zuwenig Leadership-Qualitäten, schlechtes Auftreten, mangelndes Vertrauen, ...).
Man könnte das Ganze auch nüchtern betrachten und sagen: ein Außensignal (rascheln im Gebüsch, wiehernde Pferde, ...) war einfach stärker als das von mir etablierte Signal (Zeichen für Weichen). Das Resultat wäre für mich: mehr Training nötig. Aber Respekt oder Vertrauen lass ich außen vor - einfach weil es mich in der Sache nicht weiterbringt.
Das klassische Über-einen-drüberrennen weil das Pferd sich erschreckt hat, ist dafür eh ein sehr gutes Beispiel. Erstens ist das ein ganz tief sitzender Reflex für ein Fluchttier, den man wenn dann nur mit gründlicher Konditionierung bearbeiten kann. Und zweitens werden wir als Menschen da immer unverständlich reagieren. Kein noch so dominantes Pferd würde mMn ruhig stehenbleiben und schon gar nicht ein anderes dafür bestrafen weil es sich erschreckt hat und es dabei anrempelt. Gerade Leit-Tiere reagieren ganz sensibel auf solche Signale von anderen Pferden und werden sich wahrscheinlich eher dafür bedanken, dass sie rechtzeitig gewarnt wurden
Ist jetzt ein bisschen lang geworden
- kann mich schwer zurückhalten bei solchen Themen - Sorry