Hallo Birgit,
mich hat früher immer gestört, dass ich in den Reitschulen Pferde geritten bin, die mehr auf den Trainer als auf mich gehört haben. Insofern war ich da nur Passagier. Später dann durfte ich selbst reiten und war auch alleine im Gelände mit den Pferden. Das war dann schon mal was ganz Anderes, denn da mussten sie mir irgendwie zuhören. Doch auch dabei bekam ich das Gefühl, dass sie es nur taten, weil es von ihnen verlangt wurde.
Nicht selten empfand ich erst Freude, als ich sie wieder auf die Weide brachte und dort dann sehen konnte, wie sie bei ihren Kumpels so richtig aufblühten. Bel-Canto war da ein Schlüsselerlebnis für mich, denn der preschte sofort los, sobald er frei war und machte hohe Bocksprünge etc. Er war überhaupt nicht wieder zu erkennen. Ich wollte die selbe Freude wie er erleben und zwar zusammen mit ihm! Doch wie sollte ich das bloß anstellen?
Es gelang mir erst mit Undine, die ich mit CT aus ihrem Schneckenhaus locken konnte, in das sie sich nach all der Benutzung im Sportstall verkrochen hatte. Sie war voller Furcht und wollte nur im Schutz ihrer Herde bleiben. Zusammen gingen wir vom Hof und ich begleitete sie zunächst nur am Boden. Sie gewann immer mehr Vertrauen zu mir und fing an wieder etwas mehr aus sich heraus zu kommen. Mit diesem Selbstvertrauen, dass sie dann hatte habe ich mich erst auf ihren Rücken gesetzt (ohne Sattel, weil ich darauf nicht vorbereitet war) und sie trug mich voller Stolz zurück zum Hof (erhabend trabend und mit schwingenden Rücken). Ich hatte das Gefühl in einer Senfte zu sitzen, was ich zuvor erst einmal erleben durfte auf einem Pferd, welches nur für behinderte Menschen zur Therapie eingesetzt wurde. Sein Name war Mirage und ich werde ihn niemals vergessen. Undine kam da zwar nicht ran aber sie war wie ausgewechselt.
Seit dem möchte ich nur noch reiten, wenn ich das Gefühl habe, dass es auch dem Pferd eine Freude ist, mich zu tragen und dieses partnerschaftliche Verhältnis muss auch erst einmal vorhanden sein. Das kommt nicht durch regelmäßiges Besteigen und Reiten, sondern aus tiefer Verbundenheit, die beide, Mensch und Tier, spüren. So kam mir Undine schon lautstark wiehernd entgegen gelaufen, wenn sie mich kommen sah. Antares ist da nicht ganz so erfreut, vermutlich weil er die andere Seite der Mensch-Tierbeziehung auch so nicht kennen gelernt hat. Er wurde ja von mir nicht benutzt. Also frage ich ihn immer, wonach ihm denn so der Sinn steht. Möchte er mich nicht tragen, zeigt er mir dass auch und weicht dem Sattel aus. Dann machen wir etwas anderes. Es kam auch schon vor, dass er sich mir regelrecht angeboten hat und mir ständig seine Seite zudrehte oder quer vor mir stehen blieb und wartend den Kopf zu mir drehte. Leider ist er sehr groß und ich kann da nicht so ohne weiteres dann einfach aufsitzen. Also führe ich ihn an eine Aufstiegshilfe und wenn er dort mir dann nicht ausweicht, ist klar, dass er einverstanden ist. Und wenn er es mal nicht abwarten kann, dann stellt er sich schon selbst dort auf.
Es ist nicht mehr das Selbe, wie es früher einmal für mich war. Heute reite ich nur noch mit Freude und einem begeisterten Pferd. Da brauche ich nicht mehr zu treiben, denn der läuft von selbst und es macht richtig Spaß zu erleben, wenn die Post abgeht und er nur so dahin fliegt. Auch da macht er von sich aus schon den Vorschlag und fragt kurz nach, ob wir einen Gang zulegen können. Willige ich ein, geht er ab und wenn nicht, dann wartete er ab und fragt wenig später erneut. Eine solche Kommunikation habe ich früher einfach nicht kennengelernt. Da hat entweder der Trainer die Kommandos gegeben oder ich. Heute brauche ich das nicht mehr. Und ich bin froh, dass es so gekommen ist, denn sonst würde ich nicht mehr reiten.
Ich habe damit ja damals aufgehört, als ich mit Bel-Canto, dem letzten "Problempferd", welches mir anvertraut wurde, zu tun bekam. Doch mein Weg kreuzte sich mit dem von Susanne, der es genau so ging wie mir und die gerade mit Undine zu tun hatte. Sie war der Ansicht, dass wir super gut zusammen passen würden und so war es dann auch. Zeitgleich war meine Frau der Meinung, dass ich mir ein eigenes Pferd zulegen sollte. Da Undine ja bereits vergeben war suchte und fand ich Antares. Mit ihm konnte ich nun einen völlig anderen Umgang von Anfang an haben ohne dass uns wer da reinredet. Und heute macht Reiten mit ihm mir wieder riesigen Spaß.
Das wünsche ich Dir auch
Manfred
PS. Was Euch beiden fehlt, wisst nur ihr selbst. Finde es zusammen mit Deinem Pferd heraus. Begib Dich in seine Seele und schaue aus seiner Perspektive. Dann wirst Du sicher etwas erkennen können, was Euch fehlt zu diesem Glück.