Puuuh, da bin ich hier ja wirklich nicht allein mit meiner spanischen Schnappschildkröte. Wir haben in der Vergangenheit leider auch schon so den ein oder anderen blutigen Kampf ausgefochten. Jahr für Jahr und mit jeder Auseinandersetzung hat sich das Schnappen/Beißen verfestigt. In unserem Fall hat sich das Beißen aus dem Weglaufen entwickelt ->Pferd hat gelernt, dass, wenn man vorher ordentlich zubeißt so ziemlich jeder den Führstrick loslässt. Gründe sind meist Stress (auch positiver Stress im Sinne von Aufregung) und Langeweile. Ich denke, auch in den genannten Beispielen war das ja meist der Fall. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass das Beißen zumindest in unserem Fall selbstbestärkend wirkt, was die Sache nicht grade leichter macht.
Der Weg zu einem Pferd, das höflich Abstand hält und sich auch trotz Stress oder Langeweile "im Griff" hat ist nach meiner Erfahrung auf jeden Fall mühsam. Aber ich kann berichten, dass ich nun seit ca. 1-2 Monaten sehr kleinschrittig angefangen habe, dagegen anzuarbeiten und es immer besser wird und auch schon andere, die gelegentlich mit ihm umgehen und vermutlich objektiver sind als ich seine Fortschritte bemerkt haben und ihn loben (also indirekt mich
). Wichtig fand ich für mich dabei:
- gaanz kleinschrittig arbeiten und sich selbst immer wieder klar machen, was das Tier im Moment realistisch überhaupt leisten kann (ein völlig unter Strom stehendes Pferd kann vermutlich nicht ruhig auf der Stelle stehen, zügig mit Abstand vorwärts gehen je nach Ausbildungsstand aber vielleicht schon). Ich habe am Anfang beim Führen üben ein Pylonenviereck ca. 5 x 5 m aufgestellt und dann bei jedem erfolgreich erreichten Pylon geclickt. So konnte ich besser messen wie es läuft und kam auch nicht in die Versuchung, zu viel zu verlangen. Erst wenn das 5 x 5 Viereck 100% geklappt hat habe ich es vergrößert. Heute sind wir in der Halle schon bei 120 m am Stück
- einen kleinen Trainingsplan überlegen, was man an dem jeweiligen Tag machen will um selbst möglichst klar zu sein, was man vom Pferd erwartet und auch, was vielleicht passieren könnte und wie man damit umgehen will. Ich denke, dass viele der Schnappi-Pferde auch aus Unsicherheit schnappen oder weil das Training nicht strukturiert genug ist. Wenn ich bei Viento die jeweilige Trainingseinheit genau durchdacht habe und ihn auch weder unter- noch überfordere klappt es oft wie von Zauberhand und am Ende merke ich erst, dass er gar nicht geschnappt hat :-)
- immer das gewünschte Verhalten im Auge behalten, nicht auf das ungewünschte fokusieren. Beispiel: Pferd will zum Gras. Hier hat sich bei uns die Einführung eines unvereinbaren Verhaltens sehr gut bewährt. In unserem Fall ein Schnauzentarget. Schon öfter konnte ich ihn so vom Gras abhalten indem ich kurz mit dem Finger schnippse und die Hand hinhalte. Hätte ich nicht gedacht, klappt aber viel besser als am Strick ziehen. Bekommt er Zug aufs Halfter stemmt er sich sowieso automatisch gleich mal dagegen...
- Strafe (am Strick rupfen, anschreien etc.) wirklich nur, wenn es nötig ist, um das Verhalten zu unterbrechen. Wenn das Pferd sich z. B. festbeißt (können nicht nur Hunde...) kann ein kräftiger Brüller schon sinnvoll sein.
- na ja, und wenn es doch mal wieder schief geht nicht ärgern und lieber analysieren, warum es passiert ist und was man nächstes mal anders/besser machen könnte oder was das Pferd - und/oder der Mensch... - noch lernen muss. Wie Alex Kurland immer so schön sagt "Die Pferde zeigen uns den nächsten Trainingsschritt"...
Schön, dass es das Clickerforum gibt und man merkt, dass man mit seinem Problem nicht allein ist. UND dass es Leute gibt, die nicht bei jedem pferdischen Fehlverhalten sagen "dem musst du mal zeigen, wo's langgeht" sondern stattdessen gemeinsam überlegen, wie es vielleicht besser und harmonischer geht.
LG, Jana