So, jetzt schaff ichs auch endlich mal an den Laptop.
Also, wir hatten das Thema ja auch ausführlicher am Wochenende mit Bob Bailey, in erfahrener Trainer-Runde.
Das Grobfazit war: Die Belohnung sollte dem Verhalten angemessen sein. Im Normalfall benutzen viele Trainer im Verhältnis eh schon sehr hochwertige Belohnungen für relativ einfaches Verhalten, und steigern dann die Anforderungen zu schnell, ohne die Belohnung anzupassen.
Wenn Bob Bailey von Jackpots redet, dann meint er den Unterschied zwischen 1-10 Fischen vs. die Möglichkeit sich mit einem Delphinweibchen zu paaren. Und sowas gibt es auch nicht im normalen Training, sondern z.B. nach mehrstündigem Einsatz im offenen Ozean.
Das Hauptproblem sind im "normalen" Training oft die zufällig gezeigten Verhalten, die das aktuelle Kriterium weit übertreffen, und anschließend als Ausgangsbasis für das nächste Training genommen werden. Das typische Szenario ist ja, man arbeitet an einer Übung, das Pferd zeigt das geforderte zufälligerweise super toll, man gibt eine große Menge Leckerli, beendet die Einheit, und fängt beim nächsten Mal an mit "beim letzten Mal konnte er es ja".
@Barbara: ich hol hier ein bisschen weiter aus, für andere die es später lesen.
Da das Verhalten meistens zufällig war, kann das Pferd das oft gar nicht miteinander verknüpfen, oder, alternativ, merkt sich, "nach Verhalten XY hören wir auf zu clickern".
Es ist also von Vorteil, wenn man während dem Training die Wertigkeit der Belohnung variieren kann, weil das dem Tier wertvolle Informationen liefert. Damit meine ich Unterschiede von 1-10 Pellets, 1 Möhrenstück oder mehrere Nacheinander, Stimmlob dazu, Kraulen, etc.
Damit kann ich also geschickt "bessere" Versuche höherwertig belohnen, und mir im Kopf eine Notiz machen, was das Pferd theoretisch in der Lage ist zu zeigen. Versuche, die nur so lala sind, kann ich abwerten, indem ich das Futter reduziere, die langweiligen Pellets nehme o.ä.
Solang das bessere Verhalten aber nicht mehrfach am Stück angeboten wird, bleibe ich bei meinem ursprünglichen Trainingsplan. Beim Training gilt für mich der Merksatz "einmal ist keinmal". Ein guter Anhaltspunkt ist, wenn mindestens 4 von 5 aufeinander folgenden Versuchen mit dem selben Kriterium gezeigt oder übertroffen werden.
Also, in dem Fall den du beschreibst, würde ich das weniger als Jackpot verbuchen, sondern eher unter "mehr Belohnung für einen besseren Versuch", und danach auch ganz normal weiter machen.
Persönlich verwende ich Jackpots eigentlich nur für Momente, wo ich eine gaaaanz bewusste Entscheidung vom Tier bekomme, etwas zu tun / anders zu tun. z.B. als ich mit Chance das Losgehen unterm Reiter geübt habe der Moment, wo sie nach dem Aufsteigen stehen geblieben ist, und dann auf das Signal hin losgelaufen ist wie eine Feder, die die ganze Zeit auf Spannung war. Nach so einem Moment würde ich dann (wie Heike ja auch geschrieben hat), tatsächlich auch die Einheit beenden, um diesen ganz klaren Moment nicht wieder zu verwässern.
Eine andere Variante (weil man ja auch nicht unbedingt die Einheit nach der ersten Minute schon abbrechen möchte) ist - ich glaube das wurde auch schon geschrieben - zur Belohnung nach einem tollen Versuch, eine beliebte Übung anzubieten. Also z.B. für ein hohes Apportel anheben mehrfach Apportel in deiner Hand anstubsen. Also ein einfaches Verhalten, was man mit hoher Frequenz anbieten kann, und was das Training "im Fluss" behält. So hat man trotzdem die Möglichkeit das andere kurz sacken zu lassen, und das Tier aber nicht zu frustrieren.
Effektiver als eine große Futtermenge ist es, mehrfach eine kleine Menge zu füttern, da es den Zeitraum der Belohnung verlängert, aber das Pferd nicht zu sehr auf die große Futtermenge und deren Verarbeitung konzentriert. Auch damit wäre ich allerdings sparsam, denn während jeder Fütterung belohnt man das Verhalten während des Fütterns mit. Nehmen wir also mal an, wir wollen den Jackpot für ein tolles Antraben eines eher "triebigen" Pferdes geben, und füttern 10x nacheinander das stehende Pferd (Dauer, vielleicht 15-20 Sekunden). Damit verstärken wir (auch wenn es den Click für das Antraben gab), hauptsächlich das Stehen, was für so ein Pferd kontraproduktiv sein kann.
Eine elegantere Variante wäre also, Click fürs Traben, 1x Futter, direkt mehrere Clicks für zügiges Angehen zum Handtarget und evtl. sogar Füttern im Laufen. Dann wieder Antraben anfragen. Dadurch, dass man dann erst mal hochfrequent ein "einfacheres" Verhalten belohnt, hat man trotzdem eine besondere Belohnung fürs Pferd, ohne dass man sich durch zu hochwertiges/langes Füttern den Trainingsfluss unterbricht.
Und letztlich kommt es noch aufs Pferd drauf an. Die Krümeline z.B. verzeiht da wenig Fehler. Einmal hat glaub ich Andrea ihr für das Anstubsen eines Teppichs einen großen Maisring gegeben (so "hochwertige" Leckerli verwende ich selten bis nie), und sofort war die Krümeline so abgeschaltet, hibbelig, und gestresst, dass es fast unmöglich war sie wieder runter zu bekommen. Oder gestern Abend hatte ich zum Putzen faulerweise nur eine Hand voll Kanne Leckerli in der Tasche, was dazu geführt hat, dass sie wie ein Kind mit Zuckerschock hin und her gehüpfelt ist. Wenn ich aber meinetwegen Spritzentraining mache, dann müssen es schon mindestens Äpfel, Bananen und Mandarinen sein, damit sie mitmacht. Das könnte ich niemals als Jackpot verwenden normalerweise, weil es selbst dafür zu hochwertig ist. Es ist also immer sehr relativ und situationsbezogen, was überhaupt ein Jackpot ist.