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Zügel unabhängiges Reiten

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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #30 am: 18. Dezember 2009, 23:34:52 »
Zitat von: Verena
Warum sollen die Pferde eigentlich immer und überall den ersten Rang anstreben wollen? Frage: sehen sie uns Menschen wirklich als Artgenossen, dem gegenüber sie ihre Ressourcen (und eigenlich ist das doch Rangbestimmend, oder?) verteidigen?? Aber wir sind doch sowieso im Besitz sämtlicher Ressourcen (Futter, soziale Zuwendung, Weidezeit, Beschäftigung). Sind sie alle Führungspersönlichkeiten?? Ich glaube nicht. Sind Verhaltensweisen wie drohend den Hinterhuf zeigen z. B. immer Demonstration von Dominanzgebaren/Anstreben der Führung oder nicht doch oft Ausdruck von Unsicherheit oder Angst? Wie richtig darauf reagieren? Warum gehört Vermittlung der Grundlagen der Pferdeverhaltensbiologie nicht zur Basisausbildung des Reiters wie Longenstunden, Sitzstunden etc???
drei rufzeichen!!!
soweit auch meine meinung - pferde + menschen denken einfach grundverschieden, haben völlig versch. sinneswahrnehmungen, leben nach unterschiedlichen werten...herdenbildung ist außer in extremsituationen nur innerhalb einer art möglich, prägung auf andere arten nur in der sensiblen phase.
herdenhierarchie wird durch ritualisiertes verhalten aufrecht erhalten
tiere sind mit allem versorgt und müssen keinen höheren rang anstreben.
tiere zeigen oft keine echte dominanz sondern ressourcenkontrolle. die durch bestätigung des verhaltens über die zeit manifestiert wurde. programme zur herabsetzung des tieres in der rangordnung funktionieren deswegen nicht, da sie das eigentliche problem nicht lösen.
und trotzdem wird immer noch überall die mär von der dominanz und des erreichen des alphastatus` verbreitet...sei`s in reitschulen oder unter dem vorwand der "artgerechten" ausbildung nach geitner + co...
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Celina
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #31 am: 18. Dezember 2009, 23:37:22 »
DAS ist etwas, was mich auch immer wieder sehr erstaunt!  :shock:

Als ich vor ca. 30 Jahren als Kind meine Pflegepferde in einem kleinen privaten Reitstall hatte, sprach kein Mensch von Dominanz und Rangordnung bei Pferden. Wenn etwas nicht klappte, dann war klar, dass man selber Fehler gemacht hat (Wenn sich eines von uns Kindern mal wagte, sich über ein freches Pferd zu beschweren, dann kam die Antwort: "Paperlapapp! Was hast DU getan?!" ) Es ging einfach immer darum selber zu lernen und den Pferden etwas beizubringen. Von Dominanz hatte ich noch nie gehört.

Aber nun hat sich dieser Gedanke ja soooo festgesetzt in der Pferdeszene! Und ich frage mich seitdem manchmal, wieso ich als schüchternes, ängstliches Mädchen denn überhaupt alleine mit den großen Pferden habe umgehen können? Warum lassen sich unsere Pferde problemlos schon von ängstlichen kleinen Kindergartenkindern führen? Wenn ich das immer so sehe, dann kann ich an das Dominanzding nun wirklich nicht glauben.

Allerdings hat es bei mir mit meiner allgemeinen Ängstlichkeit zu tun, dass ich schon gerne das Gefühl habe, mich auf meine Pferde wirklich verlassen zu können. Sie haben zwar Mitspracherecht, aber für zu viel davon bin ich zu ängstlich. Wichtig ist dabei für mich, dass die Pferde es an meinem Ton, an meiner Haltung erkennen können, wann sie Mitspracherecht haben und wann es eben wichtig ist, dass sie mir folgen. Und es ist mir wichtig, dass meine Pferde mir jederzeit mitteilen dürfen, was sie von einer Sache halten!

Meine Tochter Carina ist mir da weit voraus:  Sie lehnt es total ab, über ein Tier zu bestimmen. Anfangs sah ich das als besorgte Mutter mit gemischten Gefühlen. Denn Carina zieht das wirklich konsequent durch! Und das Ergebnis? Cimbria (übrigens in der Herde immer Leitstute) folgt ihr im Gelände auch an üppigen Grasbüscheln vorbei frei. Und auch sonst tut Cimbria alles für Carina. Mit einer Einschränkung: Cimbria mag einfach nicht geritten werden. Also lässt Carina das auch.

Ich denke, dass sich dieser Dominanzgedanke so hartnäckig hält, liegt an der Ängstlichkeit vieler Menschen. Ich sehe das ja bei mir selber: Je ängstlicher, umso mehr Kontrollbedürfniss. Da kommt einem das Dominanzkonzept schon entgegen. Und darum ist es für mich als ängstlichen Menschen oft schwierig, dann loszulassen und dem Pferd mehr Freiheiten zu geben.

So muss ich wieder mal sagen: Solche Diskussionen sind für mich immer wieder wichtig! Das motiviert mich immer weiter und gibt mir Mut, weiter loszulassen!

LG Almut
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #32 am: 18. Dezember 2009, 23:38:29 »
Erstellt von: SCVet
am: 21 Mai 2009 10:11
Hallo,

spannende Diskussion. Ist irgendwie mühsam, aus verschiedenen Nachrichten zu zitieren, hoffe es ist auch so OK.

Nu, meine verstorbene Vollblüterin, verfügte ebenfalls über einen hervorragenden Orientierungssinn (im Gegensatz zu mir). Sie zeigte an Kreuzungen (wenn sie schon Lust hatte, nach Hause zu gehen) mit ihrer Nase deutlich an, welcher Weg Richtung Stall führte. Entweder ich lies sie gehen, oder ich lenkte sie in eine andere Richtung. War (von der problematischen Anfangszeit abgesehen) kein Problem. Ich hab's einfach als Vorschlag ihrerseits gesehen.

Auch Kala äußert sich. Oft schon beim weggehen. Wenn's paßt, folge ich ihrem Vorschlag (Andeutung mit Kopf/Hals), wenn z. B. die Runde zu groß würde (weil ich weg muß, das Wetter ziemlich katastrophal aussieht - ich habe Gewitterangst...), dann ziehe ich die Nase vorsichtig in meine Richtung, und wir gehen eben dorthin, wo ich es für richtig halte.

Führen am langen Strick: Da halte ich nix davon, wenn Mensch Pferd nicht sehr gut kennt und Pferd nicht wirklich sicher ist. Ein Sprung nach vorne, Pferd keilt aus - und Mensch hat Hufe in den Rippen (hab'ich auch schon gesehen; Notarztwagen wurde gerufen). Bin da mehr für die 20-30 cm-Variante, dabei aber Strick durchhängend. WENN Pferd dann den besagten Sprung nach vorne macht, ruckt es sich 1. selbst auf der Nase und 2. zieht es mich notfalls neben der Schulter, aber nicht hinter sich mit (natürlich gehe ich auch oft mit ultralangem Strick, schon alleine, damit Pony z. B. beim Gehen fressen kann, ohne daß ich mich ständig anpassen muß. Macht Nelly super: sie trabt ans Strickende voraus, stoppt, frißt, wartet, bis ich vorbei bin, trabt vor, frißt...und das alles mit nie wirklich stark gespanntem Strick, also mit Reaktion bevor der Strick wirklich wieder straff wird. Zur Meinung von anderen: ist der Ruf erstmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Speziell wenn Kala z. B. nervig wirkt, ist der Strick aber deutlich kürzer, nur eben in der Kürze durchhängend, sofern sie nicht gerade wirklich mal durch einen Seitensprung o.ä. spannt.)

Warum heute so ziemlich jede Reaktion eines Pferdes als Dominanzverhalten ausgelegt wird, ist mir auch ein Rätsel.
Ich denke aber, daß der Umgang nach NH relativ leicht wirklich sowas wie Dominanz fördert (weil dominante Pferde eher das Recht kriegen, mehr Selbstbestimmung und Ruhe vor lästigen Menschen zu haben).

Spannend finde ich auch, daß ja Selbsterfahrungsseminare mit Pferden hochmodern sind, und irgendwie habe ich den Eindruck, daß sie nur bei NH-Betrieben durchgeführt werden - also bei Pferden, die gelernt haben, am besten auf durchsetzungskräftige Menschen zu reagieren, die ausstrahlen, daß sie ihren Forderungen auch Nachdruck verleihen. Daß Pferde deutlicher auf Menschen reagieren, die sich bemerkbar machen, ist ja auch naheliegend. Geht uns genauso, was aber nicht heißt, daß uns Menschen, die sich deutlich bemerkbar machen, immer angenehm sind.

Eine weiteren Zug der Zeit sehe ich darin, daß es üblich ist, den Pferden immer stärker vorzugeben, wie genau sie zu gehen haben, auch in welcher Haltung. Rumprobieren und selbst Körpergefühl entwickeln ist total passée (einzige mir bekannte Ausnahme: gerade mal im Buch von Imke Spilker arbeiten Pferde massiv selbst an Körpererfahrung).

Gestern unterhielt ich mich mit einer Freundin über Reiten und Hilfszügel. Sie meinte auch, daß in ihrer Jugend ein Martingal das absolute Maximum an Hilfszügel für Reitschüler gewesen sei (ist auch meine Erfahrung). Heutzutage sieht das massiv anders aus.

Was mich an der üblichen Ausbildung auch so massiv stört, ist eben, daß bereits in der Lernsituation unangenehmer Druck aufgebaut wird. Nix mit leichtem Signal, abwarten, bis eine Minireaktion kommt - die in dieser Anfangssistuation oft eine Zufallsreaktion ist und das dann bestärken oder überhaupt Dinge einfangen und unter Signalkontrolle bringen (OK, nicht immer möglich).  Aber bestimmte Verhaltensweisen sind in bestimmten Situationen vorhersehbar, wodurch ich ein Signal vorher einfügen kann. Irgendwann löst dann mein Signal das Signal aus dem Umfeld ab.

Bezüglich massiven Strickrucken. Die brauche ich, wenn das Training für die entsprechende Notsituation nicht ausreicht, um schlimme Folgeschäden zu verhindern. In meiner Jugend (mit ca. 14) bedeutete das oft viele heftige Rucke bei boxengehaltenen, viel Hafer fressenden, mich ständig beißenden, so ziemlich null ausgebildeten jungen Galopperhengsten. Ich denke, heutzutage würde ich es schlicht und einfach ablehnen, unter solchen Bedingungen solche Pferde zu führen (sprich ohne gezieltes Training).

Viele Grüße

Carola
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #33 am: 18. Dezember 2009, 23:39:26 »
Erstellt von: Tinkachico
Hallo ihr Lieben!

So schöne Gedanken! Vielen Dank dafür. Daran kann ich erkennen, dass ich doch nicht so ganz allein auf weiter Flur bin. Und das bestärkt mich doch sehr so weiter zu machen.

Wobei am meisten motiviert mich mein Pferd dazu, denn er zeigt mir täglich, was geht und was nicht geht.Was ihm angenehm ist und was nicht.

Ich finde es zb auch schlimm, dass heutzutage oft nicht auf die Gefühle und Bedürfnisse eines Pferdes geachtet wird.

Beispiel:

Ein 4 jähriger Trakener Wallach der bei uns im Stall ist. Ich habe der Besitzerin ein paar mal geholfen.
Ein riesen Pferd! Und auch etwas "mopsig" einfach eine Wucht von Pferd (für mich ich bin so Kaliber einfach nicht gewohnt).

Der wurde immer total ängstlich bis fast schon panisch wenn man ihn in neue Situationen gebracht hat. Beispiel, als ich ihn longieren wollte mit Kapzaum. Er kannte mich nicht und allein das hat schon gerreicht um bei ihm Angst auszulösen und auch entsprechende "Abwehrreaktionen" oder in den Augen anderer Leute "Ungehorsam" auszulösen.
Ein Blick in seine Augen sagte mir, dass ich ihm unheimlich bin. Er kennt mich nicht, ich hab garnicht das Recht irgendwas von ihm zu verlangen.(so denke ich mitlerweile ich könnte mich nie mehr auf ein fremdes Pferd einfach so draufsetzen, das käme mir schon wie ein Unrecht vor) Also mich erst mit ihm vertraut gemacht. Bisschen geführt usw. Anhalten über Körpersprache, das ganze dann schon überschwenglich gelobt auch mit Leckerle usw...innerhalb von 5 Minuten war er bereit mitzuarbeiten. Ich habe nur Sachen verlangt die er absolut ausführen kann. ihn im Stehen einen Schritt auf die Seite weichen lassen,(sehr sensiebles Pferd ein ausstrecken des Armes richtung Sattelgurtlage reicht schon aus bei ihm) selbstverständlich für fast jedes Pferd das den Umgang mit Menschen kennt und das gelobt. Da hat er schon angefangen zu fragen was er denn noch machen könne. Wenn ich schon so leichte Sachen gut finde...er kann doch noch viel mehr. So ein tolles Pferd, die Besitzerin war ganz baff. Wir haben schon in der ersten Einheit geschafft ein schönes Übertreten an der Hand zu bekommen (sehr schöne Biegung!), er hat super mitgemacht. Und das alles ohne das Pferd nur einmal zu "berühren". Die Reitlehrerin die sie bisher immer hatte hat ihr ein wiederspenstiges Pferd diagnostiziert. NEIN Sensiebel ohne Ende ist er!!!!Man muss ihn nur mal fragen wieviel er okay findet. Und sich mal trauen sein Pferd mit Futter zu belohnen (Clickern haben wir noch nicht gemacht, da sie Besitzerin damit noch überfordert gewesen wäre, ich habs probiert mit ihr und es war einfach zu viel auf einmal usw...)
Was ich damit sagen will ist, dass man auch viel zu oft den Fluchtinstinkt der Pferde entweder ausnutzt um Reaktionen zu bekommen und in anderen Situationen ist er einem lästig und dann bestraft man die Pferde für ein völlig natürliches Verhalten und will ihnen dann auch noch in Situationen die sie stressen etwas "beibringen"

Aber ich schweife schonwieder völlig ab sorry.....
Ich bin nur auf dieses Pferde-Mensch-Paar gekommen weil sie sich auch beschwert hat, dass der Reitplatz den wir haben unreitbar ist und ihr Pferd ständig stolpert usw....wie ich ihr dann mal zugesehen habe und ihr einfach mal gesagt hat sie solle mal die Zügel wegschmeißen (o-Ton ihrer Reitlehrerin sonst immer: Hol ihm mal den Kopf runter *würg*) und sie nach 15 Minuten ein entspannt Trabendes Pferd hatte und ich sie dann gefragt habe wie oft er denn heute gestolpert ist? (Nicht einmal *g*!!!)

Naja....

So jetzt hab ich total den Faden verloren und bin abgeschweift usw....

Lass es aber trotzdem mal so stehen hier.

Schönes Wochenende euch allen ich geh jetzt auch mal zu den Pferden
 :wink:
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #34 am: 18. Dezember 2009, 23:40:10 »
Zitat von: SCvet
Spannend finde ich auch, daß ja Selbsterfahrungsseminare mit Pferden hochmodern sind, und irgendwie habe ich den Eindruck, daß sie nur bei NH-Betrieben durchgeführt werden - also bei Pferden, die gelernt haben, am besten auf durchsetzungskräftige Menschen zu reagieren, die ausstrahlen, daß sie ihren Forderungen auch Nachdruck verleihen. Daß Pferde deutlicher auf Menschen reagieren, die sich bemerkbar machen, ist ja auch naheliegend. Geht uns genauso, was aber nicht heißt, daß uns Menschen, die sich deutlich bemerkbar machen, immer angenehm sind.

echt schade, dass es da noch keine "gegenbewegung" gibt - aber wahrscheinlich musst als führungskraft so sein, wennst in der heutigen zeit was weiterbringen willst - da kommst mit moral, ethik, gutem benehmen und liebenswürdigkeit nicht weit.
tag-teach seminare gibt`s aber immerhin schon in deutschland.
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lindalotze
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #35 am: 18. Dezember 2009, 23:41:02 »
Zitat
Die Pferde lernen durch das Clickertraining, dass es sich lohnt mitzuarbeiten. Sie wissen, dass es Vorteile bringt, auf meine Kommandos zu hören. Und sie tun es gerne, weil sie damit gute Erfahrungen gemacht haben. Sie haben also gelernt: Es ist gut, dem Menschen zu folgen. Dabei passiert mir nichts, ich werde belohnt, die Zusammenarbeit macht Spaß.

Zitat
Ich denke, dass sich dieser Dominanzgedanke so hartnäckig hält, liegt an der Ängstlichkeit vieler Menschen. Ich sehe das ja bei mir selber: Je ängstlicher, umso mehr Kontrollbedürfniss. Da kommt einem das Dominanzkonzept schon entgegen.

Almut, Du bist Gold wert! Dank Dir muss ich meine Gedanken nicht mehr formulieren, sondern nur noch rauskopieren :lol:

Auch irgendwie wichtig finde ich das hier:
Zitat
Als ich vor ca. 30 Jahren als Kind meine Pflegepferde in einem kleinen privaten Reitstall hatte, sprach kein Mensch von Dominanz und Rangordnung bei Pferden. Wenn etwas nicht klappte, dann war klar, dass man selber Fehler gemacht hat

Natürlich sind wir heute keine kompletten Kinder mehr, aber (man kann davon ausgehen, dass wir noch immer Fehler machen!
Also kann für uns ruhig der selbe Spruch gelten wie für die Kinder.

Wenn ich einem Pferd aber permanentes Rangstreben unterstellen, wirds schon verdammt schwierig, zwischen eigenem Fehler und Dominanzstreben des Pferdes zu unterscheiden. Von daher finde ich es hochproblematisch, wenn jungen Reitern dieser Gedanke ans testende Pferd eingeimpft wird. Dann müssen sie nämlich eine Art Richterstatus einnehmen und entscheiden, ob sie das Pferd strafen oder nicht.

Können sie aber nicht. Weil: wie soll ich, wenn ich selbst Fehler mache, eine halbe Sekunde später wissen, ob mein Fehler der Auslöser einer unpassenden Reaktion war, oder ob das eine Aktion vom Pferd zur Verbesserung seines Rangs ist? - Wäre ich so schnell und sicher, würde ich vermutlich keine solchen Fehler machen...

War das jetzt halbwegs verständlich ausgedrückt?  Ich kriegs nicht besser gebacken. :roll:

Zitat
aber wahrscheinlich musst als führungskraft so sein, wennst in der heutigen zeit was weiterbringen willst - da kommst mit moral, ethik, gutem benehmen und liebenswürdigkeit nicht weit.

Hmm, weiß nicht. Da kommts gern zu Meideverhalten: erst geh ich heim, dann mach ich blau, dann meld ich mich zur Kur - wer bin ich nur?


Nein, nicht Rumpelstilzchen...sondern ein teurer Mitarbeiter dank Meideverhalten!
So gesehen wäre der Kurs "positive Bestärkung in der Personalführung" wirklich dringend nötig. Es gibt im englischsprachigen Bereich ein paar Bücher zu Mitarbeiterführung und pos. Bestärkung. Die sind aber leider recht theorielastig und in der Praxis sehr einfallslos, da liest man besser Karen Pryor.
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verena
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #36 am: 18. Dezember 2009, 23:42:31 »
Zitat
wie soll ich, wenn ich selbst Fehler mache, eine halbe Sekunde später wissen, ob mein Fehler der Auslöser einer unpassenden Reaktion war, oder ob das eine Aktion vom Pferd zur Verbesserung seines Rangs ist? - Wäre ich so schnell und sicher, würde ich vermutlich keine solchen Fehler machen...
 

Ich denke, wenn es Differenzen zwischen dem , was ich als Reiter gerne möchte und dem was das Pferd anbietet, kommt, dann ist das Pferd entweder physisch nicht in der Lage, diese Übung hinzukriegen, psychisch nicht soweit , oder ich habe es dem Pferd mit meinen Hilfen nicht erklären können oder ich als Reiter habe es nicht geschafft, das Pferd soweit zu motivieren, daß es mit mir mitarbeiten will. Ich gehe dann meist einen (oder mehrere) Schritte zurück und schaue wo der Fehler liegen könnte. In der Realität wird leider meist der Druck jedoch aufs Pferd erhöht oder das Pferd für seine 'Widersetzlichkeit' gestraft und der Teufelskreis beginnt.... :(
Liebe Grüße!
Verena
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Mannimen
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #37 am: 18. Dezember 2009, 23:43:09 »
Zitat von: Verena
Mit meinen Hunden praktiziere ich das ja schon lange so. Mein Rüde ist ein selbstbewusster Hund, der ganz genau weiß, was er will und was er nicht will. Hier ist es so, daß wir manchmal doch den Weg gehen, den ich heute gehen will und an anderen Tagen darf er den Weg wählen und ich richte mich nach ihm. Und unser Verhältnis ist sehr harmonisch und unkompliziert. Warum eigentlich nicht genau so mit den Pferden umgehen? Da geistert immer noch (warum eigentlich) hartnäckig die Rangordnungsgeschichte durch die Ställe. Warum sollen die Pferde eigentlich immer und überall den ersten Rang anstreben wollen? Frage: sehen sie uns Menschen wirklich als Artgenossen, dem gegenüber sie ihre Ressourcen (und eigenlich ist das doch Rangbestimmend, oder?) verteidigen?? Aber wir sind doch sowieso im Besitz sämtlicher Ressourcen (Futter, soziale Zuwendung, Weidezeit, Beschäftigung). Sind sie alle Führungspersönlichkeiten?? Ich glaube nicht. Sind Verhaltensweisen wie drohend den Hinterhuf zeigen z. B. immer Demonstration von Dominanzgebaren/Anstreben der Führung oder nicht doch oft Ausdruck von Unsicherheit oder Angst? Wie richtig darauf reagieren? Warum gehört Vermittlung der Grundlagen der Pferdeverhaltensbiologie nicht zur Basisausbildung des Reiters wie Longenstunden, Sitzstunden etc???

Viele Fragen Verena,

die ich jedoch eher als Feststellungen verstehe und ich schließe mich dem an. 8)

Hunde und Pferde leben in einem sozialen Verband und sind keine Einzelgänger. Was sie unterscheidet ist ihre Nahrungsbeschaffung, denn die Hunde sind Jäger und die Pferde ihre Beute.

Beide haben gelernt sich unter zu ordnen innerhalb ihres Verbandes und können einen Anführer akzeptieren. Das unterscheidet sie von den Einzelgängern wie Katzen zum Beispiel.

Sie werden also kein Problem mit uns Menschen in einer Führungsposition haben und auch nicht in einer unter geordneten, solange wir irgendwie zu ihrem Verband dazu gehören.

Dabei können sie sehr wohl unterscheiden, ob wir anders als sie selbst sind. Ich denke, dass weder ein Hund noch ein Pferd in uns einen Artgenossen von sich erkennt.

Schwierig wird es immer nur dann, wenn wir etwas von ihnen wollen und sie das eben nicht tun möchten. Dann stellt sich die Frage nach unserer Durchsetzungsfähigkeit oder Überzeugungskraft.

Mit negativer Verstärkung kann man auch nur bis zu einem bestimmte Punkt seiner Forderung Nachdruck verleihen. Wenn wenn wir da angekommen sind und das Pferd lernt, dass wir danach mit unserem Latein schon am Ende, also nicht weiter steigerungsfähig sind.

Bei der positiven Verstärkung ist dies genau umgekehrt, denn wir können immer noch geben, selbst wenn das Tier mit seinem Latein am Ende ist. Ich finde, dass wir damit klar im Vorteil sind. Wir müssen nur sehen, dass unsere Gaben niemals enden und wir können keinen Nachdruck aufbauen, wenn es dem Tier zu viel wird. :wink:

Heute hat mir Paco (das Pferd meiner Frau) sehr deutlich demonstriert, dass er innerhalb seiner Herde der Boss ist und sich uns Menschen gegenüber völlig zurück nimmt. Es würde ihm sicher nicht in den Sinn kommen uns auf die selbe Art und Weise wegzuschicken, wie ein anderes Pferd, selbst wenn er das locker tun könnte. Nein, er weiß sehr genau, dass er soviel Energie dazu nicht aufwenden müsste. Und desshalb bin ich mir auch sicher, dass er in mir eben kein Pferd aus seiner Herde sieht, sondern einen leicht zu verletzenden Menschen. Und warum verletzt er mich dann nicht so wie die anderen Pferde wenn es darum geht, wer zuerst an das Futter ran darf? Na weil er es von mir bekommt. Noch etwas was mich von den anderen Pferden unterscheidet, denn von denen bringt niemand ihm etwas zu fressen. Ich laufe also nicht nur auf zwei Beinen durch die Gegend, sondern kann ihm auch allerhand bieten. Es lohnt sich also für ihn sich mir gegenüber etwas zurückhaltender zu verhalten. :P

Pferde sind keineswegs dumm und Hunde auch nicht.
Euer Mannimen
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verena
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #38 am: 18. Dezember 2009, 23:44:09 »
Zitat von: Mannimen
Pferde sind keineswegs dumm und Hunde auch nicht.
Euer Mannimen

Ein wahres Wort!!

Liebe Grüße!
Verena
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Re:Zügel unabhängiges Reiten
« Antwort #39 am: 18. Dezember 2009, 23:45:16 »
Zitat von: tinkachico
Zitat
Pferde sind keineswegs dumm und Hunde auch nicht.
Euer Mannimen

Das hat auch hier keiner behauptet ;-)
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