Achtung lang:
Rohfaser ist ein rein chemisch analytischer Begriff, wurde oben festgestellt. Mit diesem Begriff werden mehrere Arten von Rohfaser belegt, dieser Begriff sagt allerdings nichts über die Verwertungsmöglichkeit und Wirkungsweise im Pferdedarm aus.
Der Begriff Rohfaser umfasst summarisch alle in der Pferdefütterung vorkommenden Rohfaserarten wie: Cellulose, Hemicellutose, Lignin, Pektin.
Nur Zellulose und Pektin können von den Darmmikroben angegriffen werden.
Lignin ( Holzrohfaser ) nicht, so dass Futtermittel mit einem hohen Verholzungsgrad und entsprechend hohem Ligningehalt für die Pferdefütterung in hohen Mengen nicht geeignet sind. Stroh ist ligninreich, ebenso sollte man wissen, dass mit zunehmendem Wachstum des Grashalmes auch dessen unverdaulicher Ligningehalt zunimmt, der leicht verdauliche Cellulosegehalt dagegen entsprechend abnimmt ( Änderung der Rohfaserart mit dem Längenwachstum ), so dass sehr spät geschnittenes, stengeliges und blattarmes Heu ( weit nach Blüte ) von den Darmmikroben wesentlich schlechter angegriffen werden kann, entsprechend schlechter verdaulich ist und somit ein wesentlich schlechterer Energielieferant ist, als in bzw. Ende der Blüte geschnittenes blattreiches Heu.
Bei blattreichem, qualitativ gutem Wiesenheu erfolgt eine geordnete Dickdarmverdauung und über die von den Darmmikroben gut angreifbaren Cellulose werden dem Pferd über Stunden hinweg kontinuierlich ausreichende Mengen an flüchtigen Fettsäuren zur Verfügung gestellt.
Bei Verfütterung von Stroh ist dies nicht der Fall, denn hier erfolgt nicht nur wegen der Rohfaserart eine insgesamt ohnehin nur eingeschränkte Bildung flüchtiger Fettsäuren, sondern diese erfolgt im Gegensatz zur Fettsäurebereitstellung aus Heu nicht fortlaufend gemäßigt, sondern beim Stroh stoßweise.
Was macht ein Pferd, das keine kontinuierliche verlässliche Energiequelle für seine Leistung hat?
In etwa dasselbe wie Ihr Auto wenn die Bezinpumpe nicht zuverlässig Kraftstoff bereitstellt: das Auto fährt nicht gleichmäßig und Ihr Pferd reagiert auf evtl. Energiemangel mit Rittigkeitsproblemen. Speziell für Pferde, deren Sportart auf ausreichendes Angebot flüchtiger Fettsäuren angewiesen ist, weil speziell die Muskelzellen gefordert sind, die nur Fettsäuren verbrennen ( das sind Dressurpferde, Distanzpferde z.B. ) können ihr Leistungspotential nicht mehr ausschöpfen. Je nach Interieur des Pferdes kommt es dabei mitunter zu paradoxen Reaktionen. Wäre der Ursache Energiemangel entsprechend zu erwarten, dass die Pferde sich einfach nicht mehr bewegen, sobald Sporen und Peitsche nicht für Antritt sorgen, so reagieren ausgerechnet die leistungsbereiten Tiere mit Hektik. Das entspricht offensichtlich ( ich bin auch kein Pferd insofern kann ich über das Gefühlsspektrum nur vermuten ) einem Gefühl des Überfordertseins, wie es uns Menschen vertraut ist: das Pferd weiß, dass Leistung verlangt wird und das Pferd spürt, dass es für diese Leistung nicht die geeignete Energieart und -menge zur Verfügung hat. Die Hektik ist fertig, bzw. das Pferd sucht sein Heil in der Flucht, eine Reaktion die beim Fluchttier ganz normal und verständlich ist.
Neben der Energiebereitstellung ist zudem auch die Wasseraufnahme und das Wasserspeicherungsvermögen des Organismus eine Frage der Rohfaserversorgung. Die Wasseraufnahme und das Wasserspeicherungsvermögen eines Pferdes korrelieren unmittelbar mit der aufgenommenen Menge an Heu oder Stroh. Wasser dient im Organismus ebenso als Kühlflüssigkeit, wie bei Ihrem Auto. Fehlt Kühlflüssigkeit, so läuft der Motor heiß. Ihr Pferd auch.
Ursachen für Dickdarmstörungen:
■Verstopfungen
Die Verstopfungs- bzw. Anschoppungskolik ist Folge einer übermäßigen Aufnahme schwer kaufähiger und schwer bzw. unzureichend fermentierbaren rohfaserreichen Futtermitteln. Vermehrte Strohaufnahme ist hier entsprechend die häufigste Ursache einer Anschoppungskolik. Wenn Ihr Pferd gelben fasrigen Kot hat, dann sollten Sie die Fütterung überdenken, denn auch wenn Sie nie dabeistehen sollten wenn Ihr Pferd sich mit Stroh anfüllt, die Kotfarbe ist ein eindeutiger Hinweis. Leider funktioniert dieser simple, aber sehr korrekte Nachweis nicht bei Weidegang, weil selbst geringe Grasmengen den Kot immer durchschlagend grün färben. Sehr grobes, verholztes Heu kann ebenso zu Anschoppungskoliken führen.
■Gaskoliken
Ebenso wie im Dünndarm führen auch im Dickdarm unverdaute Nahrungsbestandteile zu ungeordneter Gasbildung. Im Dünndarm schwer abbaubare Stärke ( Mais- und Gerstefütterung z.B. ) gerät insbesondere nach Fütterung größerer Portionen teilweise unverdaut in den Dickdarm und führt dort zu überschießenden Fermentationsvorgängen und massiver Änderung der Dickdarmflora.
■Chronische Störung der Dickdarmflora
auch kleinere Mengen unverdauter Stärke oder Öl ändern die Dickdarmflora. Dies wird oft nicht erkannt, weil damit keine so eindrucksvollen Erscheinungen wie bei der Gaskolik verbunden sind. Diese Dysbiosen der Dickdarmflora sind aber nicht weniger ernst zu nehmen. Ist einmal damit sowohl die Leistungsfähigkeit wegen mangelnder Energiegewinnung über die Bildung flüchtiger Fettsäuren ) eingeschränkt, so ist auch der Elektrolythaushalt eingeschränkt. Dies sind meist auch die Pferde, die immer bei „Wetterwechsel“ koliken. Es ist aber nicht das Wetter ( sonst müsste sich logischerweise der gesamte Pferdebestand dieser Wetterzone auf einen Schlag am Boden wälzen ) die Ursache, sondern nur der Ausdruck einer zusätzlichen Belastung, die eine bereits vorhandene unbemerkte Gesundheitsstörung zur massiven Erkrankung werden lässt.
aus:
http://www.hufinform.de/pages/apferdefuetterung.htmQuelle direkt im Beitrag ergänzt. VLG, Bettina