Aber ich würde ganz gern mal eine Einschätzung von Clickerern hören: Ist das alles völliger Humbug? Kann man gar nicht "pferdisch" kommunizieren?
Ich würde nicht sagen völliger Humbug, aber ich finde es immer schwierig von Menschen zu erwarten sich "pferdisch" zu verhalten. Wir sind nun mal keine Pferde, sondern Menschen... Und das wissen unsere Pferde auch. Ich denke, wir können uns einiges abgucken, aber wir bleiben halt einfach Menschen. Pferde begrüßen sich Nase an Nase, sie kommunizieren über eine Körpersprache, die wir gar nicht nachahmen können (wir legen keine Ohren an, blecken nicht unsere Zähne, schlagen nicht mit dem Schweif etc.).
Natürlich kann es für ein Pferd angenehmer sein, wenn ich ihm vorher die Hand zum Schnuppern hinhalte, statt es einfach anzufassen. Ich mache das auch. Aber eben nicht, weil Pferde sich so begrüßen (machen sie ja nicht, sie haben keine Hände
), sondern weil es Ruhe reinbringt und das Pferd ausreichend Zeit bekommt zu reagieren. Es kann weggehen, den Kopf wegziehen, still halten oder sich gar an die Hand schmiegen. Bei Elmo halt ich alleine schon deswegen immer die Hand hin zum schnuppern, weil er sich vor schnellen Bewegungen schnell erschreckt.
Ich hatte das Buch mal. Hat mich zu stark an Natural Horsemanship erinnert. Hab´s daher wieder weggegeben. Gekauft habe ich es, weil mich einige Fotos darin beim Durchblättern angesprochen haben.
Ich hab das Buch nicht, aber was ich hier so lese erinnert mich auch mehr an Natural Horsemanship. Wo es auch immer heißt "Pferde untereinander machen das so, also mache ich das auch"... Das ist echt nicht meins. Ich mein... Sie treten sich auch oder beißen sich (Sissi beißt Elmo 100 mal am Tag
), aber deswegen werd ich das z.B. auch nicht machen. Und sie laufen im Gegensatz zu uns auch 4 Beinen...
Ich möchte, dass mein Pferd mich als
Mensch wahrnimmt... Und zwar nicht als Mensch, der anfängt sich zu verbiegen und merkwürdige Bewegungen zu machen, die gar nicht menschlich sind. Das muss doch das Tier nur noch mehr verwirren
"Was macht mein Mensch denn da jetzt schon wieder, verhält sich heute aber komisch". Ich möchte lernen, was es mir mit seiner Körpersprache sagt ohne, dass ich viel reininterpretiere... Und gleichzeitig kann es lernen, welches Menschenverhalten was bedeutet. Und dann trifft man sich in der Mitte. Mir ist das tatsächlich auch viel zu viel hineiniterpretieren. Kopf/Hals wegstrecken als Einladung z.B.. Wozu laden mich die Pferde ein oder wieso sollten sie mir Respekt zeigen? Meine strecken mir die Nase entgegen und zeigen ihre Lieblingskünststücke, sie stupsen mich an, wenn sie gekrault werden möchten oder knabbern mich vorsichtig an. Sie haben ihre eigene Art und Weise mir etwas zu vermitteln und das finde ich schön.
Ich glaube schon, dass es spezielle Verhaltensweisen unter den Pferden gibt, die man in verschiedenen, voneinander unabhängigen Wildpferdeherden erkennen kann. Aber ich glaube auch, dass der Mensch Meister darin ist, auch viel in Dingen zu sehen, die nichts sind. Und vor allem finde ich es schwierig Wildpferdeverhalten mit dem der Hauspferde zu vergleichen. Einiges mag geblieben sein oder sich ähneln, aber Hauspferde sind über Jahrhunderte/-tausende domestiziert. Sie eignen sich Verhalten auch basierend auf dem Feedback ihrer Menschen an - was bedeutet, dass der Effekt des "ich mache das so wie die Pferde unter sich" idR wohl auch nur daher stammt, dass das Pferd die Gesten des Menschen einfach
erlernt. z.B. sagt man ja auch immer, dass man Pferde ausbremst, wenn man vor ihre Schulter tritt. Vor einiger Zeit hätte ich noch gesagt "erzähl das mal Sissi, die rast erst recht los" - weil's halt so war. Pferdesprache hin oder her. Wenn man nun aber sagt "Nee Pferd, ich bin vor deiner Schulter, das heißt du musst langsamer machen/anhalten" und das konsequent so übt, dann wird das Pferd das sicher auch irgendwann machen. Heute macht Sissi einen sauberen Handwechsel, wenn ich zu weit vor ihre Schulter trete. Warum? Die Belohnungshistorie ist groß genug
Das ist übrigens, was mich bei den meisten NHSlern stört (Achtung, mit Absicht etwas übertrieben): "ich mache das so, weil Pferde das untereinander machen!", dann macht's das Pferd meist aber gar nicht, weil es gar keine Ahnung hat, was der Mensch will. Daher wird das vom Pferd eingefordert, oft durch negative Verstärkung - "du
sollst auf mich achten, du
sollst auf mich hören, du
sollst reagieren, wenn ich vor deine Schulter trete", bis das Pferd drauf reagiert. Und dann wird's als Pferdesprache verkauft.