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"No Fear no Force" - Umgang mit (halb-) wild aufgewachsenen Fohlen

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„No Fear, no Force“ von Sarah Weston
Ein für mich sehr hilfreiches Buch. Bei Interesse direkt über ihre Internetseite zu bestellen (ca. 18 €),
Nun werden hier sich im Forum ja nicht viele grade aktuell mit dem Gedanken tragen, ein mehr oder weniger wild aufgewachsenes Fohlen zu sich holen, aber vielleicht kennt wer wen, jetzt oder irgendwann mal … auch in Deutschland gibt es ja neben den Dülmenern mittlerweile einige Möglichkeiten, sich ein „besonderes“ Roß aus einem Weideprojekt zu holen (Konik, Exmoor).

Aber sich damit zu beschäftigen, WARUM Pferde tun, was sie tun, ist ja immer spannend. Pferde, die nicht von Fohlen an von Menschen beeinflusst wurden, im Guten oder Schlechten, sind doch um einiges klarer in ihren Ansagen.
Und immerhin geht es in einem Kapitel auch ums Clickern ;).

In Großbritannien gibt es jedes Jahr ein größeres Angebot an halbwild aufgewachsenen Fohlen besonders aus Dartmoor, Exmoor und New Forest. Und wie das dann so ist mit „billigen“ Tieren – die werden gerne mal von unbedarften oder gleichgültigen Leuten „eben mitgenommen“. Im Herbst zusammengetrieben, abgesetzt, versteigert, ans Halfter „gewöhnt“ mit festhalten, Halfter drauf, anbinden, bis Widerstand aufgegeben (mit entsprechenden körperlichen und psychischen Schäden).
Die Autorin hat sich darauf spezialisiert, solchen Fohlen und Menschen, die sich die Mühe machen wollen, auf einen guten gemeinsamen Weg zu bringen. In Großbritannien gibt es grade in betreffenden Gegenden auch Trainingscenter.

Meine „Aha“-Effekte in Bezug auf meine wilden Jungs waren besonders:

•   Into-Pressure-Response“: von der Evolution jedem Pferd in die Wiege gelegt und grade bei jungen Fohlen instinktiv wohl sehr ausgeprägt. Ist keine Flucht vor dem Raubtier mehr möglich, geh mit aller Kraft gegen an bzw. zieh gegen, bis du frei oder tot bist. Das sitzt bei Nio auch noch mit anderthalb Jahren bestens in Situationen, in den er unsicher ist (drücken, nicht ziehen).

•   Fohlen gleicher Väter aus demselben Gebiet können unterschiedlich sein wie Tag und Nacht (Tja, das habe ich dann auch gemerkt). Manche bleiben ewig im Grunde skeptisch und agieren mit Glück mit Menschen, weil sie das akzeptieren können, andere werden in unglaublich kurzer Zeit zu „Menschenliebhabern“

•   „running feet“ – sieht aus wie ruhendes Hinterbein. Dem Gesamtausdruck des Pferdes kann man aber entnehmen, dass das nichts mit Entspannung zu tun hat, sondern mit Vorbereitung auf mögliche Flucht. Da drauf zu achten, finde ich jetzt sehr spannend.

•   Ausdrücklicher Wunsch, Menschen möglich nur auf einer bestimmten Seite haben zu wollen (warum das so sein könnte, wird spekuliert). Meine beiden wollten (Nio) bzw. wollen (Gismo) mich am liebsten an ihrer linken Seite haben. Bei Nio ist das durch intensives Training der anderen Seite jetzt mehr zur Tendenz „rechts“ geschwenkt, da ist jetzt Ausgewogenheit gefragt. Gismo dreht mir weiterhin mehr die linke als die rechte Seite zu bei unseren Aktivitäten.

•   Clickern ist eine tolle Möglichkeit zur Vertrauensbildung und zum Erklären von Dingen (das genaue Vorgehen beschreibt sie bei der Halftergewöhnung), ABER: wenn Pferde ihre Sicherheit nicht für Futter aufs Spiel setzen, kann diese Methode (erstmal) leider nicht eingesetzt werden (Gismo nickt zustimmend). Bei Fohlen, die anfangs nur „technische Probleme“ mit der Konsistenz des Futters oder des Geschmacks haben, geht`s dann natürlich schnell. Am Anfang wird z.B. schon leichtes Ausatmen, Entspannungssignale, Blick zum Menschen und ähnliches geclickt.

•   „Pressure and Release“ bzw. „Annäherung und Rückzug“ sind für Pferde sehr verständlich. Beim im Buch beschriebenen Vorgehen ist „Pressure“ allerdings kein künstlich aufgebauter Druck durch Hilfsmittel, Treiben und anderen üblichen Mitteln, sondern „nur“ das reine Vorhandensein des Menschen für ein „ungezähmtes“ Pferd in einem eingeschränkten sicheren Raum und „Release“ das sofortige Blickwegnehmen und deutliche Zurückweichen, wenn es auch nur ansatzweise zum Menschen schaut. Deutlich, immer, berechenbar – damit das Pferd feststellt, es kann den Menschen in seinem Sinne beeinflussen und Vertrauen sich entwickeln kann.

Diese Taktik werde ich jetzt für Gismo verfeinern, weil das auch im Ziemlich-Dunklen und in Gegenwart der anderen Ponys zu machen ist. Für die „Teller-Target-Nummer“ mit Futter müssen die anderen ja alle aus- bzw. eingesperrt sein, das geht im Winter nur am Wochenende. Und wie das denn manchmal so ist … nachdem ich endlich mal mit dem Kurlandbuch angefangen habe, fand ich gleich auf Seite 11 ihr Vorgehen ebenfalls zu Pferden, für die das Verschwinden des Menschen aus ihrer Nähe die größte Belohnung ist – nur eben verbunden mit einem Click vorm Rückzug, anfangs auf leichtestes Ohrenstellen oder Blick Richtung Mensch.
 
•   Das immer gültige: Atmen nicht vergessen, keine koffeinhaltigen Getränke vor den „Zähmeinheiten“, wenn man eh schon selber aufgeregt ist, keinen Stress mit zum Pferd nehmen, Sicherheit immer im Auge usw.

Wie man dann genauer vorgeht, Vorbereitung des Platzes, eigene Sicherheit, Ausrüstung, Rahmenbedingungen usw. wird dann mit vielen Varianten beschrieben und etliche Beispiele gibt es auch. Für mich ein auch sehr herzerwärmendes Buch … wie immer, wenn Menschen auch „billige kleine Viecher“ als Persönlichkeiten schätzen, ernstnehmen und fördern.

Gruß
Katja

« Letzte Änderung: 16. November 2020, 22:14:25 von Muriel »
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Re: "No Fear no Force" - Umgang mit (halb-) wild aufgewachsenen Fohlen
« Antwort #1 am: 16. November 2020, 14:30:10 »
Danke für die Besprechung! Klingt nach einem Buch, das dringend auf die Weihnachtsliste sollte...

Beste Grüße,
Dörte.
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Re: "No Fear no Force" - Umgang mit (halb-) wild aufgewachsenen Fohlen
« Antwort #2 am: 16. November 2020, 19:32:25 »
Huhu, sag mal kannst du versuchen, ab und an Absätze und Leerzeilen einzufügen  :rotw: :) Die langen Texte lassen sich sonst grade am Handy so schwer lesen :danke:
LG Tine
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Re: "No Fear no Force" - Umgang mit (halb-) wild aufgewachsenen Fohlen
« Antwort #3 am: 16. November 2020, 22:14:46 »
ich hab mal ein paar Absätze spendiert  :cheer:
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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Re: "No Fear no Force" - Umgang mit (halb-) wild aufgewachsenen Fohlen
« Antwort #4 am: 17. November 2020, 07:40:08 »
Das klingt nach einem wirklich spannenden Buch! Schade, dass es das bisher "nur" auf Englisch gibt  :ft:
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Re: "No Fear no Force" - Umgang mit (halb-) wild aufgewachsenen Fohlen
« Antwort #5 am: 17. November 2020, 10:30:00 »
Werde an Absätze denken in Zukunft, hüstel … lesen am Handy hab ich nicht so auf dem Zettel ;).
Gut lesbar mit normalen Englischkenntnissen (meine sind auch von Schule damals …). Wer das Kurlandbuch versteht, kommt auch mit dem hier klar.

Gruß
Katja
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