Clickerforum

Clickertraining im Alltag => Reiten => Thema gestartet von: Clickertante am 05. Oktober 2016, 08:42:53

Titel: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Clickertante am 05. Oktober 2016, 08:42:53
Hallo ihr Lieben!  :)

Aus aktuellem Anlass möchte ich hier einmal fragen, wie ihr reagiert, wenn ihr mit eurem Pferd ausreiten seid und sich das Pferd weigert, bestimmte Wege zu gehen.
Es geht nicht um fremde oder "gruselige" Wege, sondern bekannte Wege, die fast täglich gegangen werden - die aber plötzlich unbetretbar werden, sobald man vorher einen Weg ritt, der nach Hause führt und dann auf einen Weg abbiegen will, der wieder weg vom Stall führt.  8)
Das Pferd wirkt dabei nicht gestresst, es bleibt einfach stehen, schaut entspannt, nur, wenn man das Signal zum Antreten gibt, rennt es rückwärts, legt die Ohren an und gnartscht auf dem Gebiss. Sobald man keine Signale mehr gibt, steht es wieder entspannt. Steigt man ab, lässt es sich mit etwas Nachdruck problemlos ohne Gegenwehr in den Weg führen, man kann aufsteigen und weiterreiten. Ebenso, wenn von unter jemand (z.B. ein Passant) ein paar Schritte anführt.
Die Besitzerin hat dieses Problem nicht, nur die neue Mitreiterin...  ;) Aufgrund des Verhaltens des Pferdes würde ich sagen, dass es eher eine Art "Austesten" ist - "Ich habe keine Lust mehr, auszureiten, ich möchte jetzt zum Stall! Muss ich wirklich weitergehen?"
Sobald geklärt ist, dass wir nun wirklich den Weg weg vom Stall gehen, ist es wieder entspannt und läuft fleißig und fröhlich voran.

Wir haben für uns mittlerweile eine Lösung gefunden, aber mich würde sehr interessieren, wie ihr reagiert, wenn so etwas passiert.
Mich hat es nämlich vor ein kleines moralisches Debakel gestellt.  :rotw:
Einerseits finde ich es ja gut, wenn mir das Pferd mitteilen kann, wenn es etwas nicht möchte.
Andererseits kann es schnell gefährlich werden, wenn ich im Gelände nicht die Richtung bestimmen kann. Und vielleicht probiert das Pferd das "Nein sagen", wenn es erfolgreich funktioniert, dann auch beim Tempo aus, was noch gefährlicher werden könnte.
Stelle ich nun mein Bedürfnis ("weiter ausreiten gehen") über das des Pferdes ("zurück zum Stall") und "setze mich durch"?
Oder gebe ich nach und gehe für diesen Tag zum Stall zurück, wenn das Pferd nicht mehr möchte?

Wie würdet ihr handeln und warum? Es geht in diesem Beispiel nicht um ein Pferd, das Angst hat, sondern einfach keine Lust mehr.  ;)

Gespannte Grüße!


Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Avaris am 05. Oktober 2016, 09:50:02
Wenn ich mit Frodur alleine draußen bin und er möchte so deutlich wieder nach Hause, dass er es wie in deinem beschriebenen Beispiel äußert, dann gehen wir wieder nach Hause. Ihn nun zu zwingen (und nichts anderes ist es ja, beim Wort "austesten" stellen sich mir immer die Nackenhaare auf - die testen nicht, sie teilen mit!) bringt ihm und mir nichts außer Stress.
Außerdem mag ich das generell nicht mehr, meinen Willen so stark über seinen so deutlich geäußerten Willen zu stellen. Das geht für mich persönlich nicht konform mit unserer Umgangsform. Das haben wir (zum Glück) eigentlich nur noch in Situationen wie Hufschmied, Tierarzt etc. und das auch nur, weil ich es noch nicht mit ihm geübt habe. :tuete:

Wenn wir nun zum Beispiel spazieren sind und er bleibt stehen und überlegt, und entscheidet sich dann, doch weiter zu gehen, oder kommt ans Handtarget, dann gehen wir weiter.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Sanhestar am 05. Oktober 2016, 10:36:14
Wenn das Pferd das nur bei einer Person zeigt, dann die Person anschauen, nicht das Pferd.......
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Clickertante am 05. Oktober 2016, 11:23:33
Avaris, ich denke schon, dass Pferde auch "austesten" - genauso wie Kinder, Hunde, usw. Das ist ja nicht negativ gemeint und ganz normal.  :nick:
"Muss ich XY wirklich machen? Was passiert, wenn ich es nicht tue?"
Ich denke, das Wort "austesten" ist nur so negativ verknüpft mittlerweile, weil es so oft benutzt wird, wenn das Pferd gar nicht wirklich "testet", sondern aufgrund von Schmerzen oder Angst ein bestimmtes Verhalten zeigt, und dann gesagt wird: "Der testet nur! Gib dem mal eins drüber!"

Sanhestar, das Pferd zeigt das Verhalten am Anfang wohl bei allen "fremden" Mitreitern.
Bei der Besitzerin zeigte es das Verhalten früher auch, die tickte es in dem Fall mit der Gerte an (ich spreche hier wirklich von "anticken") und dann ging es weiter - seitdem macht es das Pferd bei ihr überhaupt nicht mehr.

Wenn das Pferd Angst vor etwas hätte (z.B. einer Plane am Wegrand oder etwas anderem, gruseligen), würde ich das für indiskutabel halten.
Allerdings müsste es dann wirklich a) die Gerte als sehr böse kennengelernt haben, damit die Angst vor der Gerte die Angst vor der Gruselplane übersteigt oder b) die Angst doch nicht so groß sein. Ich denke also, wenn das Pferd wirklich Angst hätte, käme man mit Anticken sowieso nicht weiter, im Gegenteil.
Ich glaube, es wirklich mehr ein: "Hm, muss ich noch weiter? Reicht ja eigentlich jetzt und wir können nach Hause und Heu essen."  :lol:

Was ich ja auch ok finde, dass das Pferd dies äußert! Ich frage mich nur, inwiefern ihr da nachgeben würdet und/oder warum/warum nicht?

Wir haben für uns wie gesagt schon eine Lösung gefunden, mit der wir gut zurecht kommen (nein, nicht "mit Gerte drauf und weiter jetzt!", dann wäre ich wohl im falschen Forum  ;) ), aber mich würde einfach interessieren, wie es andere, ähnliche gestrickte Pferdeleute so handhaben?
Bei den meisten Pferdemenschen stellt sich die Frage halt gar nicht, die geben dann halt gut was drauf, und dann wird das Pferd schon weitergehen, aber "Nein sagen" ist da ja sowieso eher verpönt...
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Avaris am 05. Oktober 2016, 11:43:11
Erzähl mal, wie löst ihr es denn?

Ich persönlich tue mich mit einem "Du willst also nicht - egal, tu es trotzdem" einfach schwer, wenn es dabei "nur" darum geht, dass ich meinen Spaß haben möchte (weiter ausreiten gehen). Würde auch gar nichts mehr nützen, weil unter solchen Bedingungen hab ich dann auch keinen Spaß mehr  :shy: Das mag vielleicht auch an unserer Vergangenheit liegen. Ich kenne so etwas eben nur in Form von: Meinungsäußerung vom Pferd ignorieren, Druck und Zwang aufbauen und eigenen Willen auf Kosten des Pferdes durchsetzen.  :-\

Aber da du ja auch eine Clickertante (hehehe  :cheese: ) bist bin ich sehr gespannt auf eure Lösung  :cheer:
Velleicht kann ich ja was für uns draus mitnehmen.

Was ich noch manchmal mache ist, ich frage Handtarget an (hab ich ja schon geschrieben), vom Pferd aus geht das aber natürlich nicht...vielleicht gäbe es da ja ein lehrbares Pendant dazu...dann hat er die Wahl: Weitergehen und Keks dafür bekommen, oder definitiv umdrehen. Oder: Weitergehen, Keks abholen und DANN definitiv umdrehen, hatten wir auch schon  :lol: Will er dann definitiv nicht mehr weiter, dann drehen wir eben um. Mir ist es wichtig, dass er sich auch wohl fühlt draußen, Spaß hat und dass unsere gemeinsame Zeit auch für ihn eine angenehme Zeit ist. (Vielleicht bin ich da auch ein bisschen wenig ehrgeizig.)

Spannendes Thema  :dops:

Ich würd jetzt noch frei aus dem Bauch heraus sagen, wenn das Pferd dieses Verhalten bei der Besitzerin nicht zeigt, dann wird es wohl gelernt haben, dass es sich nicht lohnt...  :nixweiss:
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Friedalita am 05. Oktober 2016, 12:11:52
Also Sheitan ist früher an Wegkreuzungen oder wenn er etwas gruselig fand rumgeschossen, er hat eine 180 Gradwendung gemacht auf der Hinterhand und wollte zurücksprinten. Das war mir zu unsicher und heftig. Wir haben daran gearbeitet, indem ich ihn angehalten habe damit ich absteigen konnte (das war manchmal schon eher unsanft, weil er im Fluchtmodus war), dafür gabs viele Kekse und hat sich damit auch schnell verbessert. Wenn ich gelaufen bin, ist er meistens gerne weiter mitgegangen. Dann bin ich eben 10 Minuten gelaufen und dann irgendwann wieder aufgestiegen. Graspausen haben auch geholfen  ;) Wollte er gar nicht, gings wieder nach Hause. Obwohl ich immer darauf bestanden habe, dass er sich mit dem gruseligen Ding auseinandersetzt (angucken hat mir gereicht, er musste nicht hingehen) und das auch belohnt habe. Wenn es Bewegungsdruck gab aus gesundheitlichen Gründen (Arthrose, Husten), dann habe ich Überzeugungsarbeit geleistet: hochwertigste Kekse, hohe Belohnungsrate und ein wenig "sorry, aber muss". Hat er allerdings gesagt: "geht gar nicht", dann sind wir zurück (nachdem ich ein paar Mal frustriert war und es eingesehen habe). Wenn ich darauf eingegangen bin (ich hab das durchaus auch mal verpasst, nobody is perfect und war eben auch ein Lernprozess) dann wurden diese Momente immer seltener. Die beste Lösung für mich solcher Probleme ist immer noch, den Tieren zu ermöglichen ihrem dringenden Wunsch (wenn Überzeugungsarbeit nicht funktioniert) zu ermöglichen (solange es ungefährlich bleibt). Dadurch, dass sie merken, dass sie das im Zweifel dürfen, greifen sie aus meiner Erfahrung dann immer seltener darauf zurück.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: eboja am 05. Oktober 2016, 12:11:58
Ich bin auch interessiert, wie Deine Lösung ist.

Ich selbst kann hier keine "ich mache das immer so"-Lösung sagen. Ich glaube, bei mir hängt es sehr davon ab, um was es gerade geht (die Situation beim Ausritt kommt bei mir kaum vor, a) reite ich eh sehr selten, b) davon noch seltener aus und c) höre ich beim Ausreiten auf das, was Carinjo mir sagt, er dürfte in dem Fall also heim). Bei manchem, wenn ich der Meinung bin, dass das nun zu Carinjos Wohl dennoch sein muss (z.B. ich meine, er müsste sich an der Longe bewegen, damit er abnimmt, er will aber nicht), dann bleibe ich mit möglichst geringem Druck dran und setze mich durch. Allerdings selten mit einem guten Gefühl  :-\.
Wenn ich es nicht für wichtig erachte, versuche ich, meine Anfrage nochmal anders zu formulieren, ihm meine Idee schmackhaft zu machen. Oder ich bleibe an der Anfrage eine Weile dran und warte ab, ob er sich doch noch dafür entscheidet (kurlandmässig leicht dranbleibend, ohne unangenehmen Druck, aber eben schon dranbleibend). Wenn er absolut nicht will, dann machen wir halt was anderes. Aber oft kann ich ihn mit etwas Geduld oder Ändern der Anfrage doch davon überzeugen, dass meine Idee jetzt nicht soooo schlimm ist  :cheese:.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Clickertante am 05. Oktober 2016, 12:34:04
"Du willst also nicht - egal, tu es trotzdem!"
Genau darum geht es mir, darum habe ich diesen Thread eröffnet.  :nick:
Weil ich mich frage - ist es legitim, zu sagen: "ICH möchte aber!" - Und einfach "darüber hinweg zu reiten", mit dem Wissen, dass das Pferd in 20min eh wieder auf der Koppel steht und wohl noch 20min wird warten können?
Oder sollte man nachgeben und sagen: "Ok, ich habe verstanden, dass Du nicht möchtest, drehen wir um!" - mit der Gefahr, dass das Pferd lernt, dass sich das super lohnt, einfach stehenzubleiben, weil man dann nach Hause kann, oder sogar, dass es selbst die Richtung angeben darf - wird sich das dann "verselbstständigen" und vielleicht gefährlich werden?
Zumal man manchmal den Weg, der nach Hause führt gar nicht gehen kann, weil er entweder für Pferde nicht erlaubt ist (gibt es hier z.B. leider echt oft) oder dank des Regens zu matschig und steil ist. Was dann?
Darf ich sagen: "ICH möchte aber ausreiten, und Du hast keine Schmerzen oder Angst, also lauf jetzt weiter, Du hast doch eh gleich wieder Deine Ruhe!"?
Und wenn nicht - wo zieht man da die Grenze? Darf man sagen: "An dem Grasbüschel frisst Du jetzt nicht, wir gehen weiter!" - auch wenn das Pferd deutlich zeigt, dass es da fressen möchte? (Ich rede natürlich von einem auftrainierten "Weiter"-Signal, eh klar.) In welchem Rahmen ist es für euch ok, dem Pferd euren "Wunsch aufzudrücken"?
Inwieweit richtet man sich nach dem Pferd und inwieweit muss sich das Pferd nach einem selbst richten?
Ich finde das eine sehr interessante Frage - auch ganz über das Ausreitthema hinaus, es gibt ja auch noch andere Fälle, wo das Pferd "Nein" sagt und fragt, ob es denn wirklich muss.

Ja, Avaris, das Pferd hier in dem Beispiel zeigt das Verhalten bei der Besitzerin überhaupt nicht mehr, weil es gelernt hat, dass es sich sowieso nicht lohnt.

Uah, Friedalita, das klingt aber gruselig!  :-\ Da hätte ich auch echt Angst bekommen, ehrlich gesagt. "Mein" Pferd ist Gott sei Dank sehr brav und sagt höflich "Nein". Sie wird nur etwas gnarschig auf dem Gebiss, geht rückwärts und legt die Ohren zurück. Angst hat die allerdings nicht. Dann würde ich auch anders vorgehen.
Vom Durchzwingen durch eine Situation, die dem Pferd Angst macht, halte ich gar nix. (Wenn es kein lebensbedrohlicher Notfall ist...)

Wir lösen das derzeit "kurlandmäßig", wie eboja schrieb.
Ich frage an und wenn das Pferd "Nein" sagt, lasse ich sie kurz in Ruhe. Sie darf dann stehen und schauen und ich gebe keine weiteren Signale, fressen oder herumdrehen darf sie natürlich nicht. Nach einer Weile frage ich dann erneut leicht an. So lässt sie sich mit etwas Geduld immer überreden und wird dann fürstlich belohnt. (Ja, ich weiß, ich muss aufpassen, dass ich mir da keine "Kette" bastle", aber im Moment schaut das noch nicht so aus.) Nur rumstehen findet sie nämlich auch doof.  :lol:
Und wenn sie dann erstmal den Weg geht, ist es auch gleich wieder ok, nach dem Motto: "Ach, nicht? Na gut!" Und sie geht fröhlich weiter und wirkt dann auch gleich wieder absolut entspannt und freudig.

Ich versuche schon, immer zu schauen, was gerade ihr Bedürfnis ist, und ihr das zu erfüllen - nicht nur ihr, generell im Umgang mit Pferden:
Wenn sie den Kopf herunterreißt, um zu grasen, nehme ich ihn wieder heraus, merke mir aber ihr Bedürfnis und lasse sie nach ein paar Metern mit dem Grasen-Signal grasen.
Wenn ich merke, dass sie tipplig ist und gerne etwas traben würde, darf sie das, allerdings muss sie erst wieder kontrollierbar Schritt gehen, bevor sie nach meinem Signal antraben darf.
Und wenn ich merke, dass sie jetzt wirklich dringend das Bedürfnis hat, nach Hause zu gehen, lasse ich sie einige Meter "meinen" gewünschten Weg gehen und drehe sie dann um und reite nach Hause.
Also ich schaue schon, dass ich ihre Wünsch wahrnehme und auch erfülle, aber ich möchte eben, dass sie auf ein Signal wartet und nicht "einfach macht", weil das eben auch gefährlich werden kann.
 
Es geht mir hier aber gar nicht um mich und das Pferd, sondern generell um die Frage wie oben genannt.  :cheer:
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Ventura am 05. Oktober 2016, 12:54:07
Zitat
mit der Gefahr, dass das Pferd lernt, dass sich das super lohnt, einfach stehenzubleiben, weil man dann nach Hause kann, oder sogar, dass es selbst die Richtung angeben darf - wird sich das dann "verselbstständigen" und vielleicht gefährlich werden?
Nein, das glaube ich nicht. Denn wie Frieda schon schrieb: Wenn sie merken, dass wir sie nicht zwingen, sind sie viel eher bereit auch mal etwas zu tun, was ihnen vielleicht gerade nicht so gut in den Kram passt und machen von ihrer Möglichkeit "nein" zu sagen viel seltener Gebrauch. Das habe ich schon in unterschiedlichen Situationen erlebt.

Und es geht hier ja nicht darum, das Pferd machen zu lassen was es will und die komplette Kontrolle abzugeben, auf gar keinen Fall! :neinnein:
Ich (und viele andere hier) handhaben es so, dass das Pferd seine Wünsche mitteilen darf. Aber die Entscheidung, ob ich ihm diesen Wunsch erfülle liegt letztendlich allein bei mir. Was ich ermöglichen kann (Graspause, Absitzen und Führen weil das Pferd Angst hat, heute nicht von der Koppel holen weil in der Herde gerade einiges los ist usw), das ermögliche ich auch. Immer unter der Voraussetzung, dass nett gefragt und meine Antwort abgewartet wird. Mache ich umgekehrt ja genauso.
Im Prinzip machst du es auch so - Trab erlauben wenn sie fragt, usw. :thup:

Genauso legitim finde ich es aber auch meinerseits "nein" zu sagen, wenn es nötig ist. Um auf dein Beispiel einzugehen: das Pferd weiß nicht, dass dieser Weg nicht beritten werden darf, ich aber schon. Also gehen wir wenn nötig den weiteren Weg nach Hause. Oder brettern nicht den Waldweg lang, weil um diese Uhrzeit viele Spaziergänger da sind. Aber das sind triftige Gründe und dann biete ich dem Pferd einen Kompromiss in Form von Alternativverhalten an, an dem es ebenfalls Spaß hat. Vielleicht nicht so viel wie an einem flotten Galopp, aber immerhin etwas. ;)


"ICH will noch eine halbe Stunde reiten, weil es MIR Spaß macht" ist kein triftiger Grund, wenn das Pferd offensichtlich keine Lust mehr hat. Und dann gehe ich darauf ein. Wenn es mir nur um meinen Spaß geht, sollte ich mir ein Hobby suchen, an dem kein anderes Lebewesen beteiligt ist. Eine gute Beziehung basiert u.a. auf gegenseitiger Rücksichtnahme und Kompromissen, mit denen allen Beteiligten zufrieden sind - und ich gehe mal davon aus, dass alle hier im Forum auf eine gute Beziehung und nicht nur auf ihr persönliches Vergnügen aus sind. :nick:
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: snöflingan am 05. Oktober 2016, 13:30:52
Ich musste jetzt überlegen, ich würde auch nicht weitergehen. Mir geht es ähnlich wie Ventura, aber ich schreibe jetzt doch auch noch aus meiner Sicht:

Was ich aber durchaus mache, ist z.B. dann halt einen Zirkel zu reiten auf einem Abzweiger und Pony mit Superkeks+Umdrehen zu belohnen, sobald es in die "böse" Richtung geht und trotzdem auf mich hört. Ziel ist, das zu steigern, bis ich ein paar Meter in "meine" Richtung gehen kann. Mir geht es dabei einzig um Durchlässigkeit und Verlässlichkeit. Also genau darum, dass Pony "im Zweifelsfall" nicht einfach selbst entscheidet und lossprintet. (Wozu er leider von Anfang an die Tendenz hatte, sobald ich oben sass.)

Aber vorschlagen darf er auf jeden Fall  :nick: - und je netter er bittet, desto eher und problemloser sage ich auch ja. Und das ist genau das gleiche überall, bei Gras etc. Bittet er nett und höflich und steckt nicht einfach die Nase ins Gras, bekommt er massenweise davon, ansonsten üben wir halt.

Es geht für mich auch genau in die Richtung, die mich eh beschäftigt. Zu Clickern heisst für mich nicht, keine Grenzen zu setzen. Und je "souveräner" und vor allem frühzeitiger (!!!) ich die Grenzen "durchsetze" (und das immer und unbedingt auf passive Art, ganz wichtig!), desto feiner, höflicher, netter und SICHERER wird mein Pony. Er fühlt sich überhaupt nicht unwohler damit, im Gegenteil. Er lernt so ja überhaupt erst, auf mich anstatt auf sich selbst zu vertrauen.

Bei meinem zeitweise etwas ängstlichen Hund mache ich das ähnlich, und der gibt sich inzwischen TOTAL Mühe, sich zu überwinden und schwierige Dinge trotz seiner Bedenken zu versuchen. :herzbrille:
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 913 am 05. Oktober 2016, 13:53:00
Avaris, ich denke schon, dass Pferde auch "austesten" - genauso wie Kinder, Hunde, usw. Das ist ja nicht negativ gemeint und ganz normal.  :nick:
"Muss ich XY wirklich machen? Was passiert, wenn ich es nicht tue?"

Also ich denke nicht, dass Pferde zu so einem komplexen Denken in der Lage sind. Das würde implizieren, dass sie wissen, dass z.B. das Stehenbleiben beim Ausritt und sich weigern weiterzugehen "falsch" ist, und sie eigentlich wissen, dass Weitergehen "richtig" ist, und in der Situtation dann eben mal schauen, was passiert, also ihr "falsches" Verhalten gezielt einsetzen, um etwas zu erreichen.
Hm, also ich weiß nicht....  :confused:

Und selbst bei Kindern bin ich mir mittlerweile (habe selbst eins) nicht sicher, ob sie diese Dinge wirklich so bewusst machen. Bei meinem Kind habe ich, wenn ich wirklich genau hinschaue und -fühle, dann doch eher den Eindruck, dass sie mir mit ihrem Verhalten etwas mitteilen will, das sie sprachlich oder sonstwie noch nicht ausdrücken kann.

Ich bin überzeugt, dass Pferde im Grunde gerne mit uns zusammenarbeiten und kooperieren wollen, und wenn sie sich wo verweigern, irgendeinen Grund dafür haben. Und ja, der Grund kann genauso sein, dass das Pferd befindet, dass der Ausritt jetzt schon lang genug war und es jetzt wieder heim möchte. Und so wie in deinem Fall klingt es so, als würde dein Pferd sich doch wieder drauf einlassen weiterzugehen, wenn du etwas änderst, und sei es nur dass du absteigst und führst. Ich habe das mit meiner Stute ähnlich erlebt, die beim Ausreiten auf dem Heimweg gern mal total eilig und hibbelig wird. Kaum steigt man ab und führt, ist sie das ruhigste Pony der Welt und schlurft langsam neben einem her. Ich sehe das auch nicht als "Manipulation" von ihr, nur damit ich absteige. Wenn es ihr hilft, runterzukommen wenn ich daneben gehe, bitte, dann mach ich das.  ;)
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Ventura am 05. Oktober 2016, 14:41:07
Zitat
Was ich aber durchaus mache, ist z.B. dann halt einen Zirkel zu reiten auf einem Abzweiger und Pony mit Superkeks+Umdrehen zu belohnen, sobald es in die "böse" Richtung geht und trotzdem auf mich hört. Ziel ist, das zu steigern, bis ich ein paar Meter in "meine" Richtung gehen kann. Mir geht es dabei einzig um Durchlässigkeit und Verlässlichkeit. Also genau darum, dass Pony "im Zweifelsfall" nicht einfach selbst entscheidet und lossprintet. 
So ähnlich mache ich das auch, habe es aber vergessen zu schreiben. :nick:
Wenn das Pferd nicht weiter will, setze ich mir ein Ziel und spreche das auch laut aus. "Wir gehen noch bis zu diesem Baum dort und dann darfst du umdrehen". Nicht, weil ich glaube, dass das Pferd den Satz versteht (ja, ich weiß da sind einige hier anderer Meinung), sondern weil sich durch das laut Aussprechen meine Körperhaltung und Ausstrahlung ändert und ich mich mehr auf das Ziel fokussiere. Und DAS bekommt das Pferd auf jeden Fall mit. Wir gehen dann nicht doch in die blöde Richtung, sondern zu einem konkreten, nahen Ziel. Das ist für das Pferd ein riesengroßer Unterschied. ;)
Man kann so zum einen den Wunsch des Pferdes nach Umdrehen/einer anderen Richtung wahrnehmen, hat sich aber trotzdem vorher vom Gehorsam überzeugt und einen Kompromiss gefunden.
Funktioniert übrigens auch beim Grasen. "Siehst du das große Grasbüschel da vorne? Dort darfst du essen!"
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Avaris am 05. Oktober 2016, 19:06:39
Ich (und viele andere hier) handhaben es so, dass das Pferd seine Wünsche mitteilen darf. Aber die Entscheidung, ob ich ihm diesen Wunsch erfülle liegt letztendlich allein bei mir. Was ich ermöglichen kann (Graspause, Absitzen und Führen weil das Pferd Angst hat, heute nicht von der Koppel holen weil in der Herde gerade einiges los ist usw), das ermögliche ich auch. Immer unter der Voraussetzung, dass nett gefragt und meine Antwort abgewartet wird. Mache ich umgekehrt ja genauso.
Im Prinzip machst du es auch so - Trab erlauben wenn sie fragt, usw. :thup:

Genauso legitim finde ich es aber auch meinerseits "nein" zu sagen, wenn es nötig ist. Um auf dein Beispiel einzugehen: das Pferd weiß nicht, dass dieser Weg nicht beritten werden darf, ich aber schon. Also gehen wir wenn nötig den weiteren Weg nach Hause. Oder brettern nicht den Waldweg lang, weil um diese Uhrzeit viele Spaziergänger da sind. Aber das sind triftige Gründe und dann biete ich dem Pferd einen Kompromiss in Form von Alternativverhalten an, an dem es ebenfalls Spaß hat. Vielleicht nicht so viel wie an einem flotten Galopp, aber immerhin etwas. ;)


"ICH will noch eine halbe Stunde reiten, weil es MIR Spaß macht" ist kein triftiger Grund, wenn das Pferd offensichtlich keine Lust mehr hat. Und dann gehe ich darauf ein. Wenn es mir nur um meinen Spaß geht, sollte ich mir ein Hobby suchen, an dem kein anderes Lebewesen beteiligt ist. Eine gute Beziehung basiert u.a. auf gegenseitiger Rücksichtnahme und Kompromissen, mit denen allen Beteiligten zufrieden sind - und ich gehe mal davon aus, dass alle hier im Forum auf eine gute Beziehung und nicht nur auf ihr persönliches Vergnügen aus sind. :nick:

Wenn das Pferd nicht weiter will, setze ich mir ein Ziel und spreche das auch laut aus. "Wir gehen noch bis zu diesem Baum dort und dann darfst du umdrehen". Nicht, weil ich glaube, dass das Pferd den Satz versteht (ja, ich weiß da sind einige hier anderer Meinung), sondern weil sich durch das laut Aussprechen meine Körperhaltung und Ausstrahlung ändert und ich mich mehr auf das Ziel fokussiere. Und DAS bekommt das Pferd auf jeden Fall mit. Wir gehen dann nicht doch in die blöde Richtung, sondern zu einem konkreten, nahen Ziel. Das ist für das Pferd ein riesengroßer Unterschied. ;)
Man kann so zum einen den Wunsch des Pferdes nach Umdrehen/einer anderen Richtung wahrnehmen, hat sich aber trotzdem vorher vom Gehorsam überzeugt und einen Kompromiss gefunden.
Funktioniert übrigens auch beim Grasen. "Siehst du das große Grasbüschel da vorne? Dort darfst du essen!"


Ich unterschreibe voll und ganz bei Ventura  :uschreib: Ich wollte eigentlich gerade selber eine Antwort tippen, aber alles, was ich mir so überlegt hatte, hat Ventura schon mit viel besseren Worten geschrieben   :nick:
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Moonrise am 05. Oktober 2016, 19:36:04
Ich kann da auch nur unterschreiben, handhabe es genauso.
Und ich kann bestätigen, dass Metis dadurch viel kooperativer und kompromissbereiter wurde, statt wie befürchtet andauernd seinen Kopf durchsetzen zu wollen ;)

Ich schätze, nur so war es mir möglich, ihn täglich "zwangs"zubewegen. Hätte ich ihm vorher nie ein Mitspracherecht eingeräumt, wäre er wahrscheinlich keinen Meter mit mir gegangen als es gesundheitlich einfach sein musste.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: noothe am 05. Oktober 2016, 21:02:16
Ich schließe mich dem meisten gesagten an.

Würde ich mit der Krümeline alles abbrechen sobald sie ein bisschen Stress hat, Stehen bleibt oder umdrehen will, würden wir gar nichts machen, außer auf der Weide rumhängen. Mir ist aber durchaus bewusst, dass das für sie ganz konkrete Gründe sind, wieso sie so handelt, und ich gebe mir deshalb große Mühe, so weit es geht auf sie einzugehen.

Für "Not"fälle haben wir Halftergriff mit Füttern im Gehen, ob sie es nehmen kann, oder nicht. Das ist für "Wir müssen JETZT. DA. LANG. SOFORT." - weil z.B. ein Traber mit Sulky auf uns zugeschossen kommt, Pferde am Zaun entlang rennen, sie aus Angst losgebuckelt ist, wir aber trotzdem so zügig wie möglich zurück auf's sichere Paddock müssen, etc. Da greife ich also mit der linken Hand inkl. Strick direkt ins Halfter, und es gibt Dauerfutter, egal was sie gerade tut.

Als wir im alten Stall bestimmte Wege trainieren "mussten", weil die Weiden an unterschiedlichen Orten im Dorf verteilt waren, haben wir es mit virtuellen Targets gemacht. z.B. Gullideckeln, Laternen, Bäumen, Einfahrten o.ä., und ich bin von einer zur nächsten gegangen, da immer Click, Futter, Pause. Wenn ich gemerkt habe, dass sie zögerlicher wird beim Losgehen hab ich sie mehr oder weniger angefeuert und gesagt, komm, den letzten schaffen wir, du Held, ab, wir drehen um. Das haben wir oft Sternförmig ausgeweitet, sodass wir zwar oft wieder in Richtung vom Stall gelaufen sind, dann aber auch einfach wieder dran vorbei, und nochmal in die andere Richtung weiter.

Eine abgeschwächte Form davon nutze ich auch immer noch, wenn wir aktuell den Paddock verlassen, ohne so 100% konkretes Ziel. Dann darf sie die Richtung aussuchen, und wenn sie festfriert dreh ich sie um, wir gehen zurück, und gucken dann mal wo wir landen. Da ist es total spannend wie unterschiedlich ihre Vorlieben sind.

Für "wir sollten nachher mal da ankommen, aber wir haben Zeit" nehme ich durchaus auch passives Gegenhalten bei Ideen in eine unproduktive Richtung, und vielen Click/Keksen im Laufen in die gewünschte. Open Bar - Closed Bar Prinzip. Zum Beispiel wenn die Hufbearbeiterin am Putzplatz wartet, oder der Zahnarzt oder oder oder.

Ich glaub, von der Einstellung her kann man es so zusammenfassen, ich nehme zunächst einmal wahr, dass sie irgendwo nicht hin möchte, frage 2-3x an, ob sie es sich nicht doch vorstellen kann, und je nach Situation drehe ich dann halt wieder um, oder nutze meine vorhandenen Möglichkeiten, sie nach und nach wieder in Bewegung zu bekommen.

---

Noch ein paar Gedanken zum Eingangsbeispiel: Wenn es immer an einer konkreten Abzweigung ist, und nicht "allen Wegen die zurück zum Stall führen", dann würde ich den Ort nochmal genauer betrachten, warum sie dort nicht gerne entlang möchte. Bodenbeschaffenheit, Gruselgebüsche, Engpässe und solche Geschichten. Und ob sie den Weg aus der anderen Richtung genauso meidet. Rückwärts, Ohren anlegen, etc. sind oft schon die Steigerung von sehr passiven Stresszeichen, wie einem "scheinbar entspannten" Stehen. Dazu neigen viel mehr Pferde, als man sich das so vorstellen kann. Dass sie dort bei anderen Personen stärker reagiert als bei Bekannten, wird daran liegen, dass sie gelernt hat, dort eh keine Wahl zu haben (es lohnt sich nicht) - auch der ab und an benötigte Einsatz der Gerte, wenn auch leicht deutet darauf hin. Es lässt also vermuten, dass ihre Gefühle/Vorbehalte gegen diesen Weg eigentlich die ganze Zeit gleich sind, bei bestimmten Menschen unterdrückt sie es nur halt direkt. Dazu reicht auch schon konsequentes "wir gehen da trotzdem lang", ohne dass es gleich eine körperliche Bedrohung sein muss. Das noch sehr allgemein gesprochen meine Gedanken, die ich beim Lesen des ersten Posts hatte. Interessant wäre auch, wie sie reagiert, wenn man auf einem Spaziergang ohne Reiter an diese Stelle kommt. Oder wenn man aus der anderen Richtung vom "längeren" Rückweg kommt, und dort abbiegen will. Oder dran vorbei geht...

Ich würde es also nicht pauschal mit einem "keinen Bock mehr" abtun, sondern - auch dem Pferd zuliebe - auch nochmal schaun, was denn eigentlich die Ursache sein könnte. Jedes Verhalten erfüllt eine Funktion.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Osirii am 06. Oktober 2016, 11:18:46
Ich hab auch so ein Pony das zu den "keinen Bock - da geh ich nicht lang" Kandidaten gehört. Der Grund ist dann, dass er zB gerne nach Hause will, dass es ihm allein doch etwas zu gruselig ist, er nicht nochmal traben will, ...
Umdrehen würde ich in der Situation auch niemals, allerdings ist er früher auch gerne mal durchgegangen. Entweder steige ich ab (also, als ich noch geritten bin) oder übernehme die Position einer führende Person eben, dann ist es wirklich selten ein Problem.
Wenn sowas allerdings auftaucht beißen wir uns nicht an der einen Ecke fest sondern üben an weniger akuten Stellen. Dann soll er in einen Feldweg gehen den wir manchmal traben der allerdings ins Nichts führt. Dafür wird er dann bekekst (bzw schon für die ersten Schritte) und das wird fleißig geübt. Manchmal geht man den Weg lang, manchmal gar nicht sondern bekekst schon die Bereitschaft in die Richtung sich zu stellen, dorthin zu gucken und die Richtung zu denken, denn da fängt das Problem oft an. Und wegen dem rückwärts Rennen lasse ich das reitkind zB auch an solchen eckennnicht diskutieren sondern lasse sie stehen Clickern, denn wenn sie ins ziehen und du musst aber kommen, dann weiß ich, wer den kürzeren zieht.  :P
So bleiben alle im Denk bzw Essmodus  :lol: und es gibt kein wildes aufs Feld Rennen und Umdrehen und aus einem bekeksten stehen kommt man viel besser zu einem Schritt vorwärts.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Friedalita am 06. Oktober 2016, 12:20:40
Uah, Friedalita, das klingt aber gruselig!  :-\ Da hätte ich auch echt Angst bekommen, ehrlich gesagt. "Mein" Pferd ist Gott sei Dank sehr brav und sagt höflich "Nein". Sie wird nur etwas gnarschig auf dem Gebiss, geht rückwärts und legt die Ohren zurück. Angst hat die allerdings nicht. Dann würde ich auch anders vorgehen.
Vom Durchzwingen durch eine Situation, die dem Pferd Angst macht, halte ich gar nix. (Wenn es kein lebensbedrohlicher Notfall ist...)

Naja, ich fands nicht gruselig und ich hatte auch nie Angst. Er sollte halt lernen: Findest du was gruselig oder magst nicht weiter, kannst und sollst du das bitte anzeigen. Nur mit stehen bleiben. Da war dann ein Zwangsmoment durchaus da, damit ich abspringen konnte. Dann wurde aber trainiert...vermehrt vom Boden aus, dann erst wieder reitend. Soweit zum Thema Weigerung, Angst und Sicherheit.

Verhalten hat wie schon gesagt wurde immer eine Ursache. Pferde drücken Angst und Unwillen oder fehlendes Vertrauen unterschiedlich aus. Die einen heftiger, die anderen weniger heftig. "Kein Bock" halte ich in den wenigsten Situationen für die Ursache von Verhalten. Aber das wurde ja schon geschrieben alles.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Mimmilein am 06. Oktober 2016, 14:51:02
Vielen lieben Dank für die Eröffnung dieses Themas!! :keks:
Ganz spannend zu hören, wie ihr da vorgeht. Ich kenne das Problem auch ganz gut. Besonders wenn wir losreiten ist es auf dem einen Weg immer unglaublich zäh. Leider müssen wir diesen Weg fast immer gehen um ins Gelände zu kommen. Erstmal geht er steil hoch und oben steht so ein Häuschen wo irgendwas wegen der Wasserversorgung drin ist. Die Stelle findet sie etwas gruselig. Das Reiten ist bei uns nicht wirklich positiv aufgebaut- bei einem 23 Jährigen Pferd mit dem ich einmal die Woche ausreite und ansonsten immer die anderen Mädels rüttel ich da nichts mehr dran. Sie kriegt zwar unterwegs mal einen Keks, aber im großen und ganzen ist es ganz konventionell. Am einfachsten ist das Problem eigentlich zu lösen indem wir zu zweit ausreiten. Da stapft sie meist fröhlich hinter dem anderen Pferd her.
Angeregt durch eure Beiträge hier hab ich mir gestern vorgenommen einen kleinen Spaziergang zu machen, bei dem ich mehr auf das höre, was sie mir mitteilt. Die erste Zeit ging ganz gut, aber als wir diesem Häuschen näher gekommen sind wollte sie dann einfach nicht mehr weitergehen. Hab sie dann noch einmal das mitgenommene Target anstupsen lassen und dann sind wir sehr flotten Schrittes zurück nach Hause gegangen. Hat sich richtig gut angefühlt da mal auf sie zu hören  :dops:
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: noothe am 06. Oktober 2016, 15:13:44
Für sie bestimmt auch  :click:
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 22 am 07. Oktober 2016, 19:19:54
Hallo Ihr,

mein Pony mag nicht mehr gerne ausgeritten werden. Sie mag generell auch nicht gerne ihre Herde und den Stall verlassen. Spazierengehen geht, aber alles, was weiter weg als sagen wir mal 200-300 m ist, da kann es sein, dass sie zu wiehern beginnt. Dieses Verhalten ist mit den Jahren nach jedem Stallwechsel (insgesamt 4 in 20 Jahren) stärker geworden. Bis auf den ersten Stallwechsel von Bayern nach Hamburg im Transporter, waren alle Stallwechsel in Hamburg und wurden zu Fuß erledigt. Unter Umständen verknüpft sie seit dem das Weggehen vom Stall mit generellem Stallwechsel.

Ich habe mich entschieden dem Wunsch meines Ponys zu entsprechen und reite nur noch sehr selten aus. Manchmal macht es uns Spaß, manchmal drehen wir nach kurzem Weg wieder um. Dafür arbeitet dieses Pony wie der Teufel auf dem Reitplatz und in der Reitbahn drumherum und scheint dort viel Spaß zu haben. Ich kann aufs Ausreiten verzichten. Schade ist es schon, aber ich kann mein Pony "verstehen".

Und ausprobiert habe ich in den vergangen 15 Jahren so ziemlich alles, inclusive Draufhauen. Das war gruselig und ich habe mich extrem geschämt, aber damals war ich oft sehr wütend auf mein Pony. Ich konnte und wollte das so nicht akzeptieren, nachdem ich die ersten Jahre super ausreiten konnte. Aber inzwischen habe ich die Clickerhaltung einfach sehr verinnerlicht und kann meinem Pony die Freiheit lassen.

So geht's uns beiden gut. Liebe Grüße
Steffi
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Mimmilein am 07. Oktober 2016, 21:20:14
Steffi, deine Erfahrung finde ich ziemlich interessant. Mein Pony ist in seinen 23 Jahren 2x umgezogen. Einmal eine weite Strecke mit dem Anhänger, dort hat sie dann 16 Jahre gewohnt und jetzt nochmal aber zu Fuß. Vom alten Stall ist sie auch viel besser und freudiger alleine weggegangen. Ganz ohne Stocken geht es jetzt nur noch in Begleitung ihres Freundes.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Aennekin am 08. Oktober 2016, 23:21:39
Ich finde in solchen Situationen ist es wichtig, zu überlegen, was der Grund sein könnte und auch was sonst so der Hintergrund ist. Es ist ja was anderes, ob man entscheidet, dass es weiter geht, weil man selbst noch ausreiten will, oder weil das Pferd die Bewegung braucht (weil es zu dick ist oder so).

In unserem Fall weiß ich, Sandero ist noch zu unsicher für Ausritte alleine, also bleibe ich im kleinen Kreis um den Stall, den er noch gut aushalten kann, um gar nicht erst in die Situation zu kommen dass er nicht weiter will, und steige ab, wenn er seine Komfortzone verlässt.

Bei anderen Dingen, wo es ums Wollen/ Nichtwollen geht, entscheide ich sehr danach, ob ich als Mensch weiter denken kann und deshalb auf lange Sicht zum Wohle des Pferdes handele, wenn ich etwas gegen seinen Willen durchsetze. Letztens hat Sandero z.B. angefangen, giftigen Farn zu fressen und hatte schon die ersten Blätter im Maul. Da ziehe ich ihn dann sehr unclickermäßig weg, hole ihm die Blätter aus dem Maul und motze.

Das mit dem Testen finde ich schwer einzuschätzen. Ich würde schon vermuten, dass Pferde in der Lage sind, zu verstehen, dass wenn sie a tun b passiert. Sonst würde clickern ja nicht funktionieren. Und würde das micht dann auch bedeuten, dass sie auch überprüfen können, ob ein bestimmtes Verhalten zu einem bestimmten Ziel führt?

Insgesamt finde ich die Diskussion hier ein sehr spannendes Thema. Die Grenze, die jeder für sich und sein Pferd zieht in Bezug darauf, wieviel es mitbestimmen darf, ist bestimmt auch ziemlich unterschiedlich: Was ist noch ein akzeptabeles Maß an "Pferd drückt sein Bedürfnis aus, zum Stall zurückzukehren" und was ist es nicht mehr? Sandero hat sich letztens auf dme Weg zur Weide losgerissen, um schneller da zu sein. Da wollte ich definitiv nicht, dass er lernt, dass er durch sich losreißen schneller bei der Herde ist, sondern es sich mehr lohnt, gemeinsam mit mir dort anzukommen. Deshalb bin ich gemeinsam mit ihm noch mal den Weg zurückgegangen  und habe das bei mir bleiben belohnt. Obwohl ich ja sehr genau wusste, was sein Bedürfnis ist...

Snöflingan, kannst du genauer erklären, wie du Grenzen setzt? Ich glaube gerade bei denen von uns, die manchmal etwas flegelige Jungspunde haben, kommt es ja schon öfter vor, dass man das Gefühl hat, das mal tun zu müssen :confused:. Aber außer immer wieder freundlich "nein danke" sagen (im übertragenden Sinn) fällt mir dazu nicht viel ein.
Titel: Re: Pferd weigert sich - wie reagiert ihr?
Beitrag von: Sanhestar am 09. Oktober 2016, 07:36:53
Bei anderen Dingen, wo es ums Wollen/ Nichtwollen geht, entscheide ich sehr danach, ob ich als Mensch weiter denken kann und deshalb auf lange Sicht zum Wohle des Pferdes handele, wenn ich etwas gegen seinen Willen durchsetze. Letztens hat Sandero z.B. angefangen, giftigen Farn zu fressen und hatte schon die ersten Blätter im Maul. Da ziehe ich ihn dann sehr unclickermäßig weg, hole ihm die Blätter aus dem Maul und motze.

ich finde, dass auch in solch einer Situation noch Nuancen möglich sind.

Habe erst vor ein paar Wochen eine ähnliche Situation bei uns auf dem Hof beobachtet:

neue Einstellerin bindet ihre Stute sehr lang an. Neben dem Anbindeplatz wachsen Zypressen (sehen Thuja ja sehr ähnlich). Stute steckt logischerweise beim Putzen die Nase in die Zypressen rein und bekommt einen Ruck am Strick. Auf die Information, dass es sich nicht um giftige Thuja (absolut unlogisch auf einem Pferdehof) sondern um Zypresse handele, kam die Antwort: "ich kann Giftplanzen sowieso nicht erkennen"

Eine clickerconforme Lösung könnte sein:

- Pferd so kurz anbinden, dass es unbekannte Pflanzen niemals nicht erreichen kann
- einen anderen Putzplatz wählen, wenn das Pferd lang angebunden stehen soll

und vor allem: sich selbst informieren, wie giftige Pflanzen aussehen!

Im obigen Beispiel mit dem Farn, wo das Verhalten ja während eines Spazierganges aufgetreten ist:

- wegziehen oder ggfs., wenn Trainingslevel das hergibt, per Stricktechnik deutlicher anfragen
- Futter aus dem Maul holen, ja
- motzen - nein. Dass Pferd verknüpft das Motzen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit der Pflanze, sondern mit dem Hochziehen und Futter aus dem Maul holen.
- sicherstellen, ob es sich wirklich um giftigen Adlerfarn oder um weniger giftigen Wurmfarn gehandelt hat (Adlerfarn ist mittlerweile ziemlich selten). Und wenn ein Pferd so massiv Richtung Farn (oder anderen, mässig giftigen Pflanzen) zieht, hat das sehr oft einen physiologischen Hintergrund (Verwurmung oder andere, körperliche Beschwerden, die durch Aufnahme eben dieser Pflanze mit den entsprechenden, medizinalen Eigenschaften gelindert werden können) = heimische Giftpflanzen kennen (lernen)

Bzgl. des Austesten:

ja, Pferde können erkennen, welches Verhalten zu welcher Reaktion/welchem Ergebnis führt. Wurde ja erst kürzlich klar in der norwegischen Studie zu Decke anziehen/Decke ausziehen belegt.

Ich denke allerdings, dass das Pferd auch in solchen Situationen immer das eigene, direkte Wohlbefinden/Unwohlsein kommuniziert.

Beispiel Stehen bleiben in diesem Thread:

Pferd bleibt stehen, weil es sich unwohl fühlt/Angst hat/zurück zum Stall und damit in die Wohlfühlzone will. Somit ist beim ersten Mal das stehen bleiben ja nur ein Ausdruck des Unwohlseins und nicht des Testens.

Dreht man nun um, gibt man dem Pferd ein Signal, Unwohlsein zu kommunizieren. Stehen bleiben wird somit ein Signal für "ich fühle mich unwohl, ich möchte nach Hause gehen". Jedoch nicht zum Signal für "ich möchte heute mal sehen, wie weit ich meine Grenzen testen kann"

Und auch, wenn das Pferd aus gesundheitlichen Gründen Bewegung braucht, finde ich, kann ich die Kommunikation "ich fühle mich unwohl hier und jetzt" beachten und nach Alternativen schauen. Die können ein Richtungswechsel sein, ein Spiel, um die Angst abzubauen, ein umdrehen und nochmal losgehen in verschiedensten Variationen, ein Erkunden der direkten Umgebung, um ggfs. den Angstfaktor zu finden (Touch the Goblin).