Hallo ihr Lieben!
Ich hab länger nix geschrieben weil es nix zu schreiben gab, jetzt schreib ich aber doch mal über ein aktuelles "Problem":
Seit 1.4. steht mein Pferd im Paradies! Aus der Boxenhaltung - im Winter gerade mal 4 Stunden auf der
MatschWinterweide - raus, in eine Offenstallgruppe mit insgesamt sieben Pferden auf einem für die Pferdezahl wirklich riesigem Areal.
Der Anfang war nicht ganz so problemlos: Der Bub kam mit "seiner" Ehefrau Daina in eine bestehende Gruppe aus drei Wallachen und zwei Stuten. Der Herdenchef hat sich dann sofort in Daina verliebt. Die ersten Wochen waren Auslauf und Unterstand in der Mitte geteilt, aber Freixe und der Herdenboss haben sich auf den Seiten des Zauns natürlich mächtig aufgeblasen und sich angegiftet. Als dann der Zaun auf war, waren sich eigentlich alle Pferde einig und es gab null Probleme - nur mit Herdenchef und Freixe. Beide allein unter sich ignorierten sich, aber sobald die Herde dabei war, hat der Herdenchef Freixe recht massiv weggejagt und der war dann ohne Zaun auch nur noch so klein mit Hut
Ihr kennt sicher das Gefühl, das man dann als Pferdemama hat, am liebsten würde man mit der Gerte auf das pöhse Fremdpferd losgehen... Freixe hat einmal richtig böse eingesteckt und war ab dann SEHR auf der Hut, ist schon weg getrabt wenn der Chef auf 20m Entfernung nur mit dem Ohr gewackelt hat.
Anfangs war es daher also so, dass Freixe durchaus auch ganz gern mal aus der Gruppe raus kam, wenn ich ihn rief, kam er ans Gatter und hat sich dann auch bei der Bodenarbeit enorm angeboten. Hinzu kam ein Futterproblem - der Stallbesitzer hat Jahre altes Heu verfüttert, das zwar nicht schimmlig war, aber keine Nährstoffe mehr enthielt, Weiden waren noch nicht offen - der Bub hatte also auch mächtig Hunger (keine Sorge, wir haben innerhalb einer Woche gutes Heu organisiert) und fand Clickern total gut! Alle waren ganz beeindruckt, wie er sich ein Bein ausreißt und seine Tricks abspielt.
Tja.
Jetzt ist die Weide offen (wird täglich 5m weiter gesteckt -> immer frisches Gras), sie schwimmen in Heu an mehreren Raufen und in Netzen, und die Gruppe wird von Tag zu Tag harmonischer. Die Liebe zwischen der Stute und dem Herdenchef ist abgekühlt, Freixe ist dem Chef jetzt relativ egal und Freixe kann das inzwischen auch einschätzen, ob er denn wirklich besser gehen soll oder alles ok ist. Sie stehen sogar zusammen in einem Unterstand und schlafen oder fressen aus einer Raufe. Freixe ist an sich viel ausgeglichener geworden, und vor allem: er hustet nicht mehr und die Magenprobleme scheinen vollkommen weg zu sein - das erste Mal seit Jahren kann ich ihn ohne Giften putzen!
Eigentlich alles paletti! Mein Pferd ist im Paradies!
Allerdings hat das scheinbar einen ziemlich doofen Nebeneffekt: Clickern ist ja SO überflüssig geworden! Er kommt nicht mehr zum Tor, wenn ich rufe.
Wenn ich ihn dann eingesammelt habe, ist er mir gegenüber sehr freundlich, lässt sich putzen und satteln, gibt sich auch beim Reiten eigentlich sehr viel Mühe, auch bei der "flotteren" Bodenarbeit an der Longe etc.
Aber das Clickern an sich scheint ihm völlig überflüssig zu sein
Beim Reiten merke ich schon, dass er eigentlich nicht so wirklich ein Leckerli bräuchte (ich muss allen ernstes am Zügel zupfen damit der Herr sein gnädiges Haupt zu mir wendet, damit ich ihm das Futter zwischen die Lippen schieben kann
)
Bei Tricktraining etc ist es besonders schlimm. Sehr, sehr halbherzig macht er zwei, drei Übungen mit, ist aber so gar nicht scharf auf seine Leckerlis und verliert dann auch das Interesse an den Übungen. Geht dann lieber die Stallgasse inspizieren oder untersucht andere Einsteller nach 'kostenlosem' Futter. Er ist oft abgelenkt, gibt sich auch keine Mühe, wenn ich mal den Click auslasse, um die Anforderung zu erhöhen. Früher hat er da alles mögliche probiert um auf die Lösung zu kommen, jetzt ist es eher so ein "Pffh, dann halt nicht!"
Hat das jemand ähnlich erlebt? Ich finde es echt krass... Merkwürdigerweise hatte ich seit Stallwechsel auch schon wieder eine Parelli-Stunde und dort fiel er der Trainerin sogar als besonders engagiert auf
Aber wehe ich komme mit meinem anspruchslosen Ohrwackelblödsinn, das ist jetzt irgendwie unter seiner Würde, oder was
Auch Zirkuslektionen findet er voll daneben, höchstens mal die Herdenchef-beeindruckenden Dinge wie Steigen und Spanischer Schritt lösen kurzfristige Begeisterung aus.
Also ich hab jetzt erstmal mit solchen Übungen aufgehört und mache andere Sachen (zum Beispiel Kacke vom Auslauf kratzen
), reite halt, oder mach flottere Bodenarbeitsspiele Richtung NH. Ist ja kein Weltuntergang, aber schon bissel blöde, ich komm mir richtig amputiert vor ohne einen wirklich starken positiven Verstärker
scheint also echt was mit dem Reiz des Belohnunsfutters zu tun zu haben. Ist das Pferd vielleicht erstmals in seinem Leben wirklich satt? Oder lebt nicht in ständiger Angst, es könnte ein Krieg ausbrechen oder der Stallbursche sterben und die Heuportion in der Box ist womöglich die letzte in seinem Leben? Denn er hat auch im alten Stall schon wirklich VIEL Heu bekommen... trotz Heunetz und so konnten wir Fresspausen aber nie ganz vermeiden.