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Verhalten, nicht Beziehung ….

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Verhalten, nicht Beziehung ….
« am: 04. Januar 2019, 09:58:49 »
Habe grade eben (und schon weiß ich nicht mehr, wo genau … tsss) mal wieder den Satz von Bob Bailey „Wir arbeiten am Verhalten, nicht an der Beziehung“ gelesen. Wie ist der eigentlich genau gemeint bzw. in welchem Zusammenhang steht er?
Ist damit gemeint, dass „Beziehung“ grundsätzlich nicht wichtig ist, wenn ein Tier etwas lernen und ausführen soll? Bei Zootieren, Hühnern usw., denen der Mensch an sich am A… vorbei geht, vermutlich richtig, aber bei Hunden und Pferden, die über Jahrtausende auf Zusammenarbeit und Kommunikation mit Menschen selektiert wurden???
Oder meint er, dass man (in Trainingseinheiten?) eben nur am Verhalten werkelt, an der Beziehung aber wann anders?? Und wenn ja, wann und wie das?

Ich bin grade, bestärkt durch aktuellen intensiven Konsum von Marc-Lubetzki-Filmen (endlich mal ein Vorteil der langen dunklen Abende!), sehr mit Beobachtungen beschäftigt, wann im Zusammensein mit meinen Pferden der „intellektuelle“ Aspekt (Lernen, Trainieren, ausdrücklich erlerntes Verhalten zeigen) im Vordergrund steht und wann der Beziehungsaspekt. Sehr spannend. Ich glaube, ich werde in Zukunft doch manches etwas anders angehen.

Grade dieses recht technische „Verhalten statt Beziehung“ im Clickertraining ist ja ein häufiger Kritikpunkt von Pferdemenschen, die ausdrücklich nicht vom Rangordnung-Dominanz-Respekt- Ufer sind, sondern deren Philosophie am freundschaftlichen, partnerschaftlichen und sozialen Miteinander, Freude an gemeinsamer Bewegung („Bewegungsdialog“) und Aktivitäten ausgerichtet ist. Die vom Clickertraining dann zwar (im Gegensatz zur NHS-Fraktion, für die Futter aus der Hand grundsätzlich des Teufels ist) durchaus die wissenschaftlichen Hintergründe und Vorgehensweisen kennen und wissen, dass es funktioniert, teilweise auch einige Anwendungsgebiete sinnvoll finden und oft auch mit Futterlob an sich arbeiten, aber CT letztendlich doch für reine Konditionierung halten, die den Beziehungsaspekt mehr oder weniger komplett außer Acht lässt.
Es stellt sich natürlich die Frage, wie vielen wirklich guten „Clickerern“ sie denn etwas intensiver bei der Arbeit zugesehen und sich ausgetauscht haben (es gibt halt sehr wenige davon), aber ich kann auch nachvollziehen, wie sie zu dieser Einschätzung kommen. Ampelprinzip, Versuche und Sekunden zählen, akribisches Auseinanderdröseln kleinster Schritte, Trainingstagebuch, möglichst emotionsloses Vorgehen, Verzicht auf Stimmlob, Körpersprache usw. führen natürlich (so man`s wirklich kann) zu schnellen Erfolg und sichtbaren Ergebnissen, aber …. s.o.

Gruß
Katja
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #1 am: 04. Januar 2019, 10:13:26 »
Also, soweit ich Bob Bailey kennengelernt habe, ist es tatsächlich so gemeint wie es da steht. Es geht, nüchtern und sachlich, um das Verhalten was am Ende heraus kommt, und wenn es eine effektivere Methode gäbe als die positive Verstärkung, dann war diese das Mittel der Wahl. Ihm ist daher auch wichtig, dass der Mensch im Training eine neutrale Rolle annimmt, in einem Seminar hat er mal gesagt, er versteht das mit dem Handtarget und Blickkontakt überhaupt nicht, denn das Tier soll selbst denken und nicht auf den Menschen fixiert sein.

Wenn man allerdings die neuere Forschung betrachtet, vor allem Panksepp, dann wird recht bald klar, dass man eigentlich nie nicht an der Beziehung arbeiten kann. Außer man entkoppelt die Belohnung von der eigenen Person durch Futterspender, Training in einer Blackbox etc.


LG Tine
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #2 am: 04. Januar 2019, 12:10:31 »
Zitat
dann wird recht bald klar, dass man eigentlich nie nicht an der Beziehung arbeiten kann.
Eben. Jeglicher Umgang, jedes Training ist auch Arbeit an der Beziehung, zumindest unter nicht-Laborbedingungen. Z.B. sorgt schlechtes, inkonsequentes Training für Unsicherheit in der Beziehung, klare und erfüllbare Kriterien für Sicherheit...


Dem gegenüber steht die häufige Betonung der Emotionalität. Klappt was nicht im Training, stimmt in den Köpfen vieler Menschen gleich die Beziehung nicht - der Hund oder das Pferd ist dann dominant und respektlos, auf jeden Fall aber undankbar und liebt seinen Menschen nicht. Da wir aber unsere Tiere lieb haben, bricht dann oft ein Weltbild zusammen, zumindest ist Drama nahebei...
Gehe ich sachlicher ans Training, kann ich bei Fehlschlägen ohne mir einen Zacken aus der Krone zu brechen den Trainingsweg ändern, bis sich der Erfolg einstellt.
Und "ganz nebenbei" sortiert sich die Beziehung.


Beste Grüße,
Dörte.

« Letzte Änderung: 04. Januar 2019, 13:09:06 von Muriel »
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #3 am: 04. Januar 2019, 12:27:39 »
Ich verstehe den Punkt, den Bob Bailey machen will. In der Trainingssituation sollte ich meine Emotionen ausschalten, weil ich an dem Verhalten interessiert bin. Trotzdem finde ich das zu vereinfachend, weil, wie Tine schon schrieb, jede Interaktion mit dem Tier die Beziehung des Tieres zu mir beeinflusst. Und das sollte ich berücksichtigen, wenn ich darüber nachdenke, wie ich dem Tier etwas beibringen möchte. Welche Methoden sind für die Beziehung förderlich und welche eher schädlich? Wo kann ich Vertrauen aufbaue und wie zerstören. Bringe ich das Tier in eine Situation, die für es unangenehm ist oder vermeide ich das?

Jenifer Zeligs sagt dazu, dass diese Beziehung ein Tier dazu bringen kann, in einer Ernstsituation genau den einen Schritt weiter zu gehen der vielleicht notwendig ist. Ich weiss nicht, von wem die Idee des 'Beziehungs-Kontos' (Relationship bank account) original stammt, finde es aber gut. Du willst, dass das Tier die Beziehung zu dir so gut wie möglich erlebt und zahlst jedesmal auf das Konto ein. Und dann kannst du auch, wenn es mal drauf ankommt, etwas von dem Konto abheben, ohne gleich in die Miesen zu kommen. Wenn das von jemandem kommt, dessen Seelöwe sich freiwillig einen Zahn ziehen hat lassen, höre ich zu ;-)

Vielleicht ist es wichtig, mehr über die Beziehung des Tieres zu mir als über meine Beziehung zum Tier nachzudenken...

Joerg
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #4 am: 04. Januar 2019, 13:08:16 »
@ Joerg - ich meine das mit dem Konto neulich bei Alexandra Kurland gefunden zu haben und finde das ein sehr schönes Bild.

Jenifer Zeligs sagt dazu, dass diese Beziehung ein Tier dazu bringen kann, in einer Ernstsituation genau den einen Schritt weiter zu gehen der vielleicht notwendig ist.
Das fällt mir grad auf, wenn ich 12 Wochen zurück blicke. Da ist mir mein neues Traberchen vor einer erschreckenden Situation abgezischt und hat sich erst vom nächsten entgegenkommenden Menschen hunderte Meter weiter aufhalten lassen (das immerhin problemlos). Gestern ist er 6 m weg gesprintet und hat sich umgedreht, was denn jetzt ich dazu sage. Und da ich an Ort und Stelle geblieben bin, kam er vorsichtig zurück.

Ich denke auch, dass ich den Beziehungsaspekt außerhalb einer Laborsituation nicht außen vor lassen kann.
Liebe Grüße Angela und das Traberbübchen
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #5 am: 04. Januar 2019, 14:03:20 »
Für mich ist das auch ein spannendes Thema. In meinem Umgang mit den Pferden möchte ich nicht versuchen, unmittelbar an der Beziehung zu arbeiten. Die Beziehung ist etwas, das ohnehin daraus entsteht wie wir miteinander umgehen, aber ich denke für mich würde es eine Gefahr darstellen, wenn sie mein direktes Ziel wäre.

Ich möchte nicht dafür sorgen, dass mein Pferd mir vertraut, sondern ich möchte dafür sorgen, dass es keine unangenehmen Situationen erlebt. Ich möchte für es da sein können, wenn es Hilfe braucht.

Dieser Unterschied ist in Bezug auf die konkreten Handlungen wahrscheinlich oft klein oder gar nicht vorhanden. Für mich liegt der Unterschied eher darin, wer sozusagen in der "Bringpflicht" ist. Wenn die Beziehung oder Emotionen meines Pferdes mein Ziel wären, dann würde das für mich die Gefahr bergen, enttäuscht zu sein, wenn ich den gewünschten Effekt nicht beobachte ("nun tue ich doch schon alles für dich und du vertraust mir noch immer nicht"). Das könnte, je nachdem wie ich als Mensch Ursachen zuschreibe, zu verschiedenen schwierigen Schlussfolgerungen führen (z.B. "undankbares Ding, du!" oder "ich bin einfach unfähig").

Lieber ist es mir deswegen, den Fokus bei mir und meinen Handlungen zu lassen und mich zu fragen, wie ich mich wie jemand verhalten kann, der ich sein will. Dass mein Pferd mich in Folge dessen vielleicht mag oder gern mit mir zusammen ist, ist ein schöner Nebeneffekt. :)
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #6 am: 04. Januar 2019, 14:16:48 »
Wenn das von jemandem kommt, dessen Seelöwe sich freiwillig einen Zahn ziehen hat lassen, höre ich zu ;-)


Ich war voriges Jahr auf einem Seminar zum Thema Animal Wellfare and Operant Conditioning, und den Delphinen dort werden regelmäßig Magensaftproben entnommen. Die schlucken die Magensonde dafür freiwillig. Insgesamt nutzen die Trainer auch sehr viele Nicht-Futter-Verstärker, und ich hatte den Eindruck, daß die Beziehung zwischen Trainer und Tier eine sehr große Rolle spielt. (Inwieweit die Haltung von Wildtieren in Gefangenschaft vertretbar ist, ist natürlich ein Thema, das heiß diskutiert wird, und möglicherweise wird diese Frage in Zukunft gerade auch von Tiertrainern immer kritischer betrachtet, je mehr das Wissen über die Fähigkeiten der Tiere - nicht nur die kognitiven, auch Gefühle zu empfinden - zunimmt.)

Zitat
dann wird recht bald klar, dass man eigentlich nie nicht an der Beziehung arbeiten kann. Außer man entkoppelt die Belohnung von der eigenen Person durch Futterspender, Training in einer Blackbox etc.

Ich habe den Eindruck, daß gerade diese Entkopplung von Bob Bailey angestrebt wird (u. a. die Bescheibung der Spitzentrainer seiner Jugend, die mehrere Tiere gleichzeitig trainierten), auch wenn in den Hühnerseminaren der Trainer selbst füttert. Tine, was meinst du dazu?

Viele Grüße

Carola
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #7 am: 04. Januar 2019, 15:25:08 »
Ja genau Carola, das hatte ich versucht zu beschreiben :nick: Weil die Tiere einfach auch lange ohne Feedback vom Menschen korrekt arbeiten sollen, wie es auch heute bei Armee/Schutzhunden oder in der Forschung bei Geruchssachen etc. tatsächlich sehr wichtig ist.

Mit unserem Haushund oder Gernhabpferd ist das natürlich eher zu vernachlässigen.
LG Tine
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #8 am: 04. Januar 2019, 16:00:34 »
da liegt meiner Meinung nach der Unterschied.

Wenn es nötig ist, dass das Tier eigenständig Entscheidungen trifft, muss die Beziehung zum Trainer in den Hintergrund rücken. Es wäre z.B. bei den seit neuestem laufenden Bestrebungen, Wildtiere mittels angewandter Verhaltensforschung entweder auszuwildern,  von menschlichen Siedlungen abzulenken oder sie zu lehren, Wilderer zu meiden, absolut fatal, wenn diese eine Beziehung mit dem Trainer = Mensch eingehen. Sie sollen ja unabhängig agieren.


Will ich einen mitdenkenden Partner, der mich gut "lesen" kann, z.B. für die ganzen Hundesportarten, Blindenhunde, Assistenzhunde, Pferde im Therapieeinsatz, uvm., dann brauche ich die gute Beziehung.

Es gibt also kein "entweder/oder", sondern wieder ein "es kommt darauf an"......
Sabine
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #9 am: 08. Januar 2019, 14:19:20 »
Ich habe eure Gedanken jetzt noch ein paar Mal in meinem Kopf hin und her geschoben ...

Zum einen das Stichwort "eigenständige Entscheidungen" - ich möchte nicht, dass mein Pferd jeden Schritt von mir entscheiden lässt. Das wäre mir auf Dauer viel zu anstrengend. Den Zeitabstand von Feedback zu Feedback kann ich meiner Meinung nach im Verlauf des Trainings ausdehnen ... variabel verstärken ... verbales Verlaufslob geben ...

Bei dem Gedanken an Auswilderung, Meidung menschlicher Siedlungen ... ich denke nicht, dass die Tiere den Begriff Mensch so generalisieren, wie wir uns das evtl. vorstellen. Dafür gibt es nicht zuletzt  hier im Forum bereits viele Beispiele ... Unterscheidung zwischen Trainer der positiv verstärkt und Trainer der negativ verstärkt - Pferd flüchtet ggf vor letzterem
Oder wie oft geschieht es, dass jemand aufgefordert wird, er soll mit seinem Pferd führen üben. Bei ihm geht das Pferd aber ganz brav und er kann Garnichts mehr üben.

Ich arbeite auch nicht bewusst an der Beziehung zu meinem Pferd. Ich tue mich sogar schwer mir vorzustellen, wie das gehen sollte.
Beziehung ist aber nach meiner Erfahrung etwas, was passiert, wenn ich mit einem Tier (oder auch Mitmenschen) umgehe - egal in welche Richtung.
Liebe Grüße Angela und das Traberbübchen
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #10 am: 08. Januar 2019, 15:02:46 »

Bei dem Gedanken an Auswilderung, Meidung menschlicher Siedlungen ... ich denke nicht, dass die Tiere den Begriff Mensch so generalisieren, wie wir uns das evtl. vorstellen.

doch, da gibt es leider aus der Praxis zu viele Negativbeispiele.

Bären z.B., die gezielt die Siedlungen in Alaska und Canada aufsuchen. Bei der Auswilderung von Condoren beobachtete man, dass die Vögel nicht selbstständig zu jagen anfingen, sondern die Städte aufsuchten. Erst, als man Futter und Menschen entkoppelte, wurde das Jagdverhalten mehr.

Aktuell trainiert man Elefanten, alte Wanderrouten zu meiden und Affen, Wilderer anzuzeigen.

https://news.mongabay.com/2018/04/animal-trainers-are-teaching-wildlife-to-conserve-themselves/
Sabine
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #11 am: 10. Januar 2019, 15:24:44 »
Sehr interessante Beiträge. Letztlich ist es ja auch so, dass das Ziel der meisten professionellen Tiertrainer sein muss, dass Tiere „funktionieren“. Davon leben sie ja. Gut für das Tier, wenn er/sie dann der tiefen Überzeugung ist, dass das „Funktionieren“ am effektivsten auf „positivem“ Weg erreicht werden kann, egal ob nun V+ in reiner Lehre oder eine andere freundliche Vorgehensweise und nicht im Wege von „Mach das, sonst gibt`s Ärger und im Zweifel hab immer ich recht“.
Bei vielen für alle möglichen Zwecke trainierten Spezies wird vermutlich auch eine „Beziehungsebene“ nicht nur nicht wirklich nötig, sondern auch gar nicht möglich sein. Da reicht materielle „Bezahlung“ dann voll aus, um die Leistung erbringen zu wollen.
Anders ganz sicher bei Hunden und Pferden, die seit Jahrtausenden domestiziert und im Hinblick auf Kooperation mit dem Menschen („Will to please“) selektiert wurden und ja teilweise mit Menschen auch ganz anders „reden“ als mit Artgenossen.
Anders vielleicht auch bei Spezies, die auch unter ihresgleichen ein ausgeprägtes Sozialleben haben und dadurch u.U. auch Menschen darin einbeziehen können, wie Delphine und andere Wale.
Das alles erinnert mich ein bischen daran, dass gewiefte Führungskräfte auch genau wissen, dass Mitarbeiter in der Regel mit „positiver Verstärkung“ im Sinne von Lob, Versicherung der jeweiligen Unverzichtbarkeit, dem einen oder anderen „Goodie“ bei passender Gelegenheit, der Möglichkeit, vieles im Arbeitsalltag selbst bestimmen zu können u.ä. viel effektiver (aus-) genutzt werden können als mit autoritärem, ungerechten oder unverständlichen Führungsstil. Bei letzterem ist das Auftreten von innerer Kündigung, Dienst nach Vorschrift, fehlender Identifikation mit der Firma und nicht zuletzt vielleicht Nutzung all der vielen fiesen kleinen Sabotagemöglichkeit, die ein Chef so schnell gar nicht mitkriegt, viel wahrscheinlicher.
Ein Privatmensch, der seine Tiere als Freizeitgefährten ansieht, wird dagegen hoffentlich mehr Wert auf die Persönlichkeit und Vorlieben der einzelnen Tiere, den gemeinsamen individuellen Weg, für den man viel Zeit hat sowie halt eine gute „Beziehung“ legen statt auf möglichst akkurates und fehlerloses Absolvieren irgendwelcher Tätigkeiten.
Klar, dass bestimmte Grundlagen funktionieren müssen, um alle Beteiligten vor Schaden zu bewahren (Halfterführigkeit, Hufe geben, tierärztliche Behandlung akzeptieren, verladen lassen, möglichst „cool“ auf Außenreize reagiere usw.), aber das meiste darüber hinaus ist letztlich doch freiwillig und soll Spaß machen

Gruß
Katja
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #12 am: 10. Januar 2019, 16:06:32 »
Sehr interessante Beiträge. Letztlich ist es ja auch so, dass das Ziel der meisten professionellen Tiertrainer sein muss, dass Tiere „funktionieren“.

ich weiß nicht, ob wir uns mit dieser Wahrnehmung nicht "in's Knie schiessen". Denn es ist doch auch im Pferdebereich so, dass der Grossteil der Pferde funktionieren muss.

Und aufgrund der Domestikation kann man sie zwingen. Was mit einem Wildtier nicht möglich ist. Das wehrt sich entweder und verletzt sich oder die Trainer; oder es muss fixiert/sediert werden, was zu nicht unerheblichen Verlustraten führen kann.

Wenn ich mir anschaue, wie viel Arbeit die professionellen Trainer in die Tiere stecken, um solche Interventionen zu vermeiden.... Da können wir uns in der Pferdewelt noch eine ganz grosse Scheibe von abschneiden.

Oder das Umdenken bei den Drogen- und Sprengstoffspürhunden.

Sabine
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #13 am: 11. Januar 2019, 11:11:35 »
Hm - hab ich mich etwas unklar ausgedrückt - "Pferdetrainer" hab ich im Begriff "Tiertrainer" allgemein mit eingeschlossen. Natürlich muss auch ein Großteil der Pferde hauptsächlich "funktionieren". Sagen wollte ich, dass bei den meisten Menschen, die mit Tieren ihren Lebensunterhalt verdienen, Effektivität und Effizienz in Umgang und Ausbildung einen ganz anderen Stellenwert haben (müssen), als bei denen, die sich mit Tieren hobbymäßig beschäftigen und sich meist doch ziemlich viel Zeit lassen könnten, um bestimmte Ziele zu erreichen. Oder der Weg ist das Ziel. Abgesehen natürlich von den Trainern, deren Fokus sich grade auf die Beziehungsebene, vielleicht auch mit Tendenz ins Esoterische, richtet - das sind aber wohl auch die, die wiederum nicht viel von "Konditionieren", auch mit Clicker, halten. Diametral entgegensetzte Ansätze, wie es so schön heisst.
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Re: Verhalten, nicht Beziehung ….
« Antwort #14 am: 11. Januar 2019, 11:48:43 »
Muss aber nicht so sein, es gibt auch Trainer, die den Focus sehr stark auf die Beziehung legen, und trotzdem mit positiver Verstärkung im Sinne von Clickertraining arbeiten, Kati Westendorf und Miri Condonier zb.
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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