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Cross-over-Pferd ...

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Cross-over-Pferd ...
« am: 03. Januar 2019, 23:26:30 »
Mir begegnet im Forum immer wieder der Begriff Cross-Over-Pferd, aber irgendwie bleibt für mich eher vage, was damit gemeint ist.

Was versteht ihr darunter? In welchem Zusammenhang verwendet ihr diesen Begriff? Wie kommt es dazu? Wäre es besser zu vermeiden? Wenn ja, wie? Oder gibt es auch Vorteile?
Liebe Grüße Angela und das Traberbübchen
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #1 am: 04. Januar 2019, 00:05:47 »
Ein Cross-Over-Pferd ist ein Pferd, das in seinem Leben die Erfahrung gemacht hat, dass sehr vieles von dem, was der Mensch von ihm möchte, über (unschönen) Druck vermittelt wird. Und nun lernt es die positive Verstärkung kennen und befindet sich in dem Zwiespalt, dass es noch nicht einschätzen kann, ob der Mensch das auch wirklich so meint und wie das neue Lernen nun tatsächlich aussehen kann.

Die meisten Pferde sind das, und wir Menschen meistens auch - wir sind verhaftet (über unserer früheren Konditionierungen) in so halben Reflexen, Erwartungshaltungen und Ansprüchen, und wie man an sich selbst oft merkt, kann es, trotz aller guten Vorsätze, schwer sein, wirklich nur mit positiver Verstärkung zu arbeiten.

Das erzeugt ein ziemliches Spannungsfeld, dessen Größe von den Erfahrungen und Erwartungen der einzelnen Parteien geprägt ist.   :nick:
Mit manchen Pferden dauert es Jahre, bis sie ihre alte Prägung überwunden haben und wirklich Vertrauen fassen.
Andere sagen "Oh super, genau das wollte ich schon immer, das Alte lassen wir jetzt einfach" und sind gleich "spielbereit".
Dazwischen gibt es unendlich viele Abstufungen.
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #2 am: 04. Januar 2019, 00:16:07 »
Kathrin Wycisk hat für EasyDogs einen sehr schönen Artikel zum Thema geschrieben:

https://www.easy-dogs.net/home/blog/training/gastautor/crossoverpferd_wycisk.html

Zitat
Als Crossover (engl. Übergang) werden Pferde bezeichnet, deren Trainer einen Wechsel zwischen zwei unterschiedlichen Trainingsmethoden durchlaufen bzw. durchlaufen haben. In der Regel wechseln Pferdebesitzer vom konventionellen, auf negativer Verstärkung und Strafen basierenden Training zu Methoden, die auf die sogenannte positive Verstärkung bauen, wie z.B. dem Marker- oder Clickertraining.

[...]

Zusammenfassend lässt sich feststellen, das dass Crossover-Phänomen vor allem dort Probleme verursacht, wo – vereinfacht gesagt – versucht wurde, angstmotiviertes Verhalten mit Zwangsmaßnahmen zu unterbinden oder es durch noch stärker ängstigende Reizen zu verändern. Diese Vorgehensweise schafft neue evtl. weniger sichtbare Probleme und funktioniert scheinbar solange die Angst vor Sanktionen das eigentliche Verhalten hemmt.

Der Crossover-Zustand ist quasi der Moment, wo die negative Verstärkung nicht mehr so richtig funktioniert, weil das Pferd inzwischen festgestellt hat, dass Verweigerung nicht mehr geahndet oder schlicht keine gesteigerten Druckstufen mehr angewendet werden - und die positive Verstärkung noch nicht so richtig, weil das Pferd sich nicht traut eigenes Verhalten anzubieten oder eventuell auch vorher unterdrückte ungewünschte Verhaltensweisen wieder zum Vorschein kommen.

Und außerdem kann es passieren, dass Dinge, die ursprünglich mit negativer Verstärkung erarbeitet wurden (bei uns z.b. das Longieren) dann komplett zusammenbricht weil das Pferd sagt "nee, ich bin nicht mehr bereit, das so zu ertragen - du kannst das jetzt besser". Und natürlich das Thema Poisoned Cues / Vergiftete Signale - wenn das Longieren jetzt mit dem ehemaligen Peitscheneinsatz und aber auch dem neuen Clickern verknüpft wird, dann ist das für das Pferd eine komplett unsichere Situation die tendenziell dann eher gemieden wird, obwohl es vorher gut funktioniert hat.
LG Tine
Krümel, Alkmene & Mucki

Ab und zu ist es gut, in unserem Streben nach Glück innezuhalten und einfach glücklich zu sein. ~ Guillaume Apollinaire
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #3 am: 10. November 2019, 00:18:14 »
Hallo ihr Lieben,
das Thema ist zwar schon alt, aber ich möchte trotzdem daran anknüpfen, hoffe es sieht jemand  :cheese:

Seit kurzem clicker ich ja mit meiner RB Mulidame. Sie ist ja noch sehr jung und wurde nur eingeritten. Sprich, sie kennt höhere Lektionen noch nicht. Ich überlege wie ich mit ihr beim reiten anfangen sollte. Ich saß noch nie auf ihr und werde das auch erst tun wenn die Zeit gekommen ist. Ich gehe davon aus dass sie antreten, stehenbleiben und "lenken" kennt und auch machen würde. Jedoch würde ich das gerne mit positiver Verstärkung von anfang an üben, einfach auch um unsere Beziehung zu stärken und dass aus ihr ein Verlassmuli wird, das nicht einfach abwendet und geht wann es ihr passt. (Das schreibe ich weil Mulis ja sehr Meinungsstabil sind und ich mir gut vorstellen kann dass sie einfach wo anders hingeht als ich möchte, da möchte ich natürlich vermeide) Also es geht da nur um das Basisreiten, gar keine großen Lektionen. Da wäre jetzt meine Frage ob sie unterscheiden kann dass ich jetzt da drauf sitze? Ich möchte nämlich nicht dass, wenn der/die Besitzerin ausreiten geht, Muli dann immer auf ein Click wartet. Können unsere Vierbeiner die Trainingsmethoden unterscheiden, je nachdem wer gerade mit ihm/ihr trainiert?
lg nao
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #4 am: 10. November 2019, 09:57:49 »
Ja, üblicherweise können sie ganz gut unterscheiden, wer gerade mit ihnen arbeitet. Es kann aber natürlich schon sein, dass sie auch bei den anderen mal anfragt, ob es nicht einen Keks geben könnte. Insofern wäre gut, wenn die andere Personen, die mit ihr arbeiten, darüber im Vorfeld informiert werden mit der Info "ignoriert das einfach, aber straft sie bitte nicht dafür". Letzteres fände ich einfach unfair, da sie bei Dir ja vermutlich Verhalten anbieten soll, bei den anderen dann aber eventuell nicht.
Viele Grüße,
Esther
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #5 am: 11. November 2019, 17:28:39 »
danke dir für deine Antwort. Stelle ich mir gerade etwas schwierig vor den Besitzern vorzuschreiben wie sie auf ihr "betteln" reagieren sollen. Die eine Besitzerin weiß dass ich seit kurzem mit positiver Verstärkung mit ihr arbeite. Mal sehn ob sie es bei den anderen überhaupt versucht.
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #6 am: 11. November 2019, 19:52:19 »
Zitat
Die eine Besitzerin weiß dass ich seit kurzem mit positiver Verstärkung mit ihr arbeite.
Ist das Clickern denn mit den (?) Besitzern abgesprochen und abgesegnet?
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #7 am: 11. November 2019, 20:07:13 »
Sie weiß dass ich Futterlob gebe und dass ich marker. Da ich mich selbst zu wenig auskenne, gibt es Sachen die sich dadurch im Umgang kurzfristig verschlechtern können? Dann müsste ich mit ihr nochmal darüber reden.
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #8 am: 11. November 2019, 21:17:10 »
Ich würde da definitiv nochmal richtig drüber reden. Es ist schon sehr wahrscheinlich, dass das Pferd Dinge auch mal so anfragen oder gar in Frage stellen wird und wenn die Besitzer damit ein Problem haben, kann es für das Tier und auch für dich ungemütlich werden ...

Meine Freundin hatte auch das ok von der Besi ihrer ehemligen Pflegebeteiligung. Bis das Pferd anfing Dinge (ungefragt) bei der Besitzerin auszuprobieren, weil neue Meinungsfreiheit und so. Da hieß es dann, das Pferd bräuchte mehr Führung und clickern würde Unarten reinbringen  :confused:
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #9 am: 11. November 2019, 21:50:58 »
Ok danke für den Hinweis! Da werde ich gleich morgen das Gespräch suchen. Ich hatte mit dem clickern eigentlich nur angefangen weil sie mit mir nicht von der Weide wollte. Und es war so schön zu sehen wie sie jetzt plötzlich auf mich reagiert  :huepfherz:

Aber ja, sie ist ja nicht mein Muli  :shy: das muss ich nochmal klären.
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #10 am: 24. November 2019, 09:18:23 »
Ok danke für den Hinweis! Da werde ich gleich morgen das Gespräch suchen.
Aber ja, sie ist ja nicht mein Muli  :shy: das muss ich nochmal klären.

Guten Morgen Nao :)

Hast du mit den Besitzerin inzwischen darüber gesprochen ?
Oder inzwischen Erfahrungswerte mit " Ich clickere und die Besitzer nicht " ?

Ich habe seit Freitag einen ähnlichen Fall und würde mich über ein kleines Feedback von dir freuen  :dops:
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #11 am: 24. November 2019, 09:31:55 »
Also ich clickere meine RB ja auch und die anderen Menschen von ihr nicht - das ist kein Problem für sie. Und das "anbieten" (wenn sie es denn tut) beschränkt sich bei den anderen auf flehmen, wenn man mit der Hand vor der Nase hantiert oder irgendwas hochheben. Das sind aber harmlose Sachen und auch Dinge, die ich ziemlich am Anfang der Clickerzeit mit ihr gemacht habe. Diese Übungen haben also eine lange Belohnungshistorie. Dinge, die man am Anfang des Clickerns übt, werden oft zu "Plan B", d. h. Übungen, die das Pferd anbietet, wenn es gerade die aktuelle Anfrage nicht versteht. Daher sind Basisübungen wie still stehen, auf eine Matte gehen, grown ups, Kopf tief so schöne Anfangslektionen, da die Basis sauber für beide Seiten gefestigt wird und "nichts passieren kann" im Alltag. Übungen mit Bewegungen wie spanischer Schritt, Hüfttarget oder Reißverschluß aufziehen sind keine guten Anfangsübungen - das kann einfach dann in die Hose gehen.

Und ich hatte die Besi immer in meine Clickereinheiten und -fortschritte von Anfang an mit einbezogen, damit es da keine Mißverständnisse gibt.
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #12 am: 24. November 2019, 09:39:26 »
Gute Grundsätze und Ideen.  :cheese:
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #13 am: 24. November 2019, 17:52:11 »
Hallo DeFaktorG  :cheese:

gesprochen ja, Erfahrungswerte noch nicht.

@Sonnieh: hat die Besi auch schon mal dir erzählt dass sie eine "Wesens"veränderung bemerkt hat? Also freudiger, selbstbewusster etc.?
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Re: Cross-over-Pferd ...
« Antwort #14 am: 24. November 2019, 18:29:33 »
Nee, aber das hängt ja auch immer vom Typ Pferd ab.
Und wenn die Besi mit ihr "konventionell" was macht, dann ist das Gehorsam da eher im Vordergrund und funktioniert, eben weil es auch eine lange Historie hat und sie entsprechend auftritt. Ich reite und longiere ja auch konventionell, wenngleich ich sicherlich meinen Blickwinkel und mein Verständnis bei einem "ungehorsam" deutlich geändert habe und da auch anders drauf reagiere. Sie wird jetzt nicht blöd gearbeitet oder unfair behandelt, das meine ich damit nicht, aber ich merke eben durch mein eigenes Pony, mit dem ich bis auf wenige Ausnahmen (panzern zum Gras wo ich gegen halte etc.) positiv verstärkt arbeite, jetzt auch den Unterschied zwischen Cross-Over- und reinem Clickerpony. Wobei er dazu auch noch mal ein anderes Typus im Wesen ist.
Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass das Pferd an Lebensqualität gewinnt, wenn jemand ihm clickernd begegnet. Wobei es dann natürlich auch auf der anderen Seite merkt: "Ach, so geht es also auch."  :nixweiss:
Es ist schon ein sehr komplexes Thema.
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