Bei Paco war es so, dass er immer sehr schnell rausfand, was anstrengend für ihn werden konnte und hat dann sofort da gegen gesteuert. Antares hingegen musste sich erst völlig auspowern, bevor er daran dachte etwas daran ändern zu können / müssen.
Also wenn es beim freien Longieren die Möglichkeit gab, sich dem zu entziehen, nutzte Paco sie sofort und Antares erst, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sah. So erkannte Paco auch sehr schnell, dass das Davonlaufen in einem Roundpen nicht funktionieren würde und kam gleich rein zu mir. Antares hingegen versuchte erst mal sein Glück und wurde immer schneller, bevor er überhaupt daran dachte zu mir zu kommen. Bei ihm musste ich mich sogar regelrecht in den Weg stellen, damit er wieder runter kommt, ihn also gewaltsam stoppen.
Gleiches galt an der Longe, da erkannte Paco auch sofort, dass weglaufen keinen Sinn macht und er drängte immer mehr zu mir hin. Ich hatte insofern das Problem ihn überhaupt wieder nach außen zu schicken. Ganz anders bei Antares, der eher mich ins Schlepptau nahm und noch mehr Gas gab. Und so konnte ich dann ihm auch nicht mehr den Weg abkürzen. Ihn ruhig und gelassen zu longieren hat ewig gedauert und ging ohne Longe sehr viel besser als mit. Ob das an mir lag, wenn zwei Pferde dabei völlig unterschiedlich reagiert haben, weiß ich nicht. Aber sobald Zug auf der Longe war, reagierten sie entsprechend. Insofern musste ich sehen, dass dies nie passiert und habe mir angewöhnt nur noch Zupfsignale oder durch einen Wellenschlag entsprechend Hilfen zu geben. Dennoch konnte ich damit ihre Grundtendenz nicht verändern und musst mich voll darauf einstellen, wenn ich vermeiden wollte, dass es schief geht.
Und dann kommt noch die jeweilige Tagesform hinzu. Momentan brauche ich nicht zu versuchen einen von beiden überhaupt zu longieren. Paco würde stehen bleiben oder mir seinen Hintern zudrehen und Antares würde steigen und bocken, bis die Fetzen fliegen. Auch darauf muss ich mich einstellen und lasse die Longe besser gleich weg. Hier geht momentan nur Freiarbeit, da die Tiere sich auf den harten Buckelpisten da draußen nicht wirklich richtig bewegen können. Da ist der weiche Boden in der Halle geradezu eine Aufforderung die Sau raus zu lassen. Wer sich da gleich in den Sattel setzt, hat gute Chancen an seinem Sitz zu arbeiten. Und das Tier an einem Seil festzuhalten könnte Abzüge in der B-Note geben.
Kürzlich hat selbst das ruhigste Pferd am Stall sich mitten auf der Straße selbstständig gemacht, weil es dort endlich besser laufen konnte. Es ist auch nur so weit gelaufen, bis der Boden wieder scheiße war und hat dann brav auf sein Frauchen gewartet. Wir haben es mit Lebewesen zu tun, die auch ihre eigenen Bedürfnisse und Eigenarten haben. Da gibt es meiner Meinung nach kein gemeinsames Rezept. Jeder braucht seine individuelle Behandlung und Aufmerksamkeit. Da sollten wir einfach flexibel und vielseitig sein.
Außerdem sind wir Menschen ja auch nicht alle gleich und somit ist jede Mensch-Tier-Beziehung etwas Einzigartiges. Beide lernen den dazu passenden Umgang gegenseitig und das braucht auch seine Zeit. Ich finde den Ansatz von Ursula jedoch allgemein sehr passend, denn er geht immer nur so weit, wie es die jeweilige Entwicklung auch sicher zulässt. Dazu sollte man jedoch sehr genau die tatsächlichen Grenzen kennen. Wann neigt mein Pferd dazu schneller zu werden und wann gerät mir das außer Kontrolle. Ist auch nicht leicht und bedarf einer sehr guten Beobachtungsgabe und ganz viel Einfühlungsvermögen. Diese Gratwanderung habe ich jedoch nicht so gut hinbekommen und daher lieber dem Tier auch mal freien Lauf gelassen, wo das möglich war.
So muss wieder was tun
Manfred