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Richtig reiten reicht?

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cännsi
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Richtig reiten reicht?
« am: 13. Januar 2011, 15:14:18 »
angeregt durch diverse beiträge in den letzten monaten in anderen foren, möcht ich hier mal ein thema in den raum stellen, was ich äußerst umfangreich und interessant finde und vielleicht mal von der clickerfront beleuchtet haben möchte.

mal ganz provokant formuliert:
wenn man richtig reitet - becken, beine und hände richtig einsetzt - dann kann es doch für pferd gar keine andere möglichkeit geben (wir gehen mal vom idealfall aus und sagen, pferd ist unverdorben und hat noch keine schlechte erfahrungen gemacht) als auf meine aktion mit dem einzig richtigen zu reagieren - mit der gewünschten bewegung, weil ich alles andere mit meiner einwirkung (die jetzt nicht grob sein muss) "unterbinde" bzw. unmöglich mache.

wenn ich alles richtig mache und allgemein mit dem sitz vorgebe, was ich an tempo, biegung, lastaufnahme usw. haben möchte, dann ist das kein konditionieren sondern ein reagieren, was nicht erst "gelernt" werden muss. 8)

wozu brauchen wir also noch den clicker? :cheese:

für all dienjenigen, die nicht alles richtig machen von anfang an - quasi als lückenbüßer für reiterliche unzulänglichkeiten :cheese: clickern beim reiten = abrichten und nicht reiten. 8) oder gilt das nur für die englische reitweise nach fn-vorbild und für alles andere nicht? wie seht ihr das?

würd mich über eine konstruktive diskussion freuen...

Edith möchte noch hinzufügen: vielleicht sollte ich noch bemerken, dass die frage (bzw. formulierung dieser) nicht wertend zu verstehen ist im sinne von clickern beim reiten = unnötig, und weder meine persönlichen reiterlichen fähigkeiten noch meine einstellung zu dem thema wiederspiegelt, sondern einfach nur als diskussionseinstieg dienen soll  :cheese:

« Letzte Änderung: 13. Januar 2011, 16:17:21 von cännsi »
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #1 am: 13. Januar 2011, 15:19:25 »
Also mal vorausgesetzt, ich kann richtig reiten - was nach gängiger Auffassung der meisten Reitmeister in einem Leben nicht zu lernen ist  :cheese: - kann ich mich dann auf ein Pferd setzen und machen dass es sich gefällig und ansprechend bewegt, wenn ich hinreichend geschickt bin.

Mit dem Clicker kann ich aber dem Pferd selbst helfen, seine eigene Balance zu finden und mich dann aus sich heraus bewusst gefällig und ansprechend zu tragen.

Das ist für mich ein sehr großer Unterschied.
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #2 am: 13. Januar 2011, 15:27:31 »
Meiner Meinung nach ist auch "konventionelles" Reiten - angenommen, man macht alles richtig - dann nichts anderes als ein "Abrichten". Da gibt dann der Zügel nach oder wie auch immer um dem Pferd zu zeigen: Das war die richtige Reaktion.
Nichts anderes ist es, wenn ich mit Clicker reit - nur dass ich dem Pferd anders zeig, dass das nun gut war. :nixweiss:

Dass das nicht erst gelernt werden muss, finde ich, stimmt einfach nicht. :juck: (Damit meine ich nicht, dass du das behauptet hast. ;) Edit: Ich lese grade, ich hab dich schon richtig verstanden... ;)) Die richtige Reaktion auf eine Hilfe ist ja was, was ich mir mit dem noch nicht eingerittenen Pferd erarbeiten muss - in gewissen Maße. *nachdenklichkuckt*

« Letzte Änderung: 13. Januar 2011, 15:30:10 von Bettina1986 »
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #3 am: 13. Januar 2011, 15:28:07 »
nee, das hab ich schon verstanden. Bin nur leicht sensibilisiert auf das Thema durch Diskussionen anderenortes. :roll:

die Beantwortung der Frage dauert meines Erachtens bei jedem so lange wie das Reitleben andauert.  :nick:
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cännsi
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #4 am: 13. Januar 2011, 15:30:49 »
nee, das hab ich schon verstanden. Bin nur leicht sensibilisiert auf das Thema durch Diskussionen anderenortes. :roll:

 :cheese: deshalb fänd ich ganz interessant, wie wir das unter uns sehen - hier darf man sich ja ungeniert zu wort melden, ohne dass man gleich wieder mundtot gemacht wird :)

die Beantwortung der Frage dauert meines Erachtens bei jedem so lange wie das Reitleben andauert.  :nick:

vielleicht kriegen wir trotzdem ein paar interessante meinungen und argumente zusammen :) auch wenns nur ein tropfen auf den heißen stein ist. :nick:

« Letzte Änderung: 13. Januar 2011, 15:33:33 von cännsi »
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Ehemaliges Mitglied 189
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #5 am: 13. Januar 2011, 15:38:30 »
Also wenn ich vom Idealfall, sprich Pferd ohne Mängel und perfektem Reiter, ausgehe, dann sollte ich als dieser Reiter wohl in der Lage sein meinem Pferd zweifelfrei das Gewünschte zu vermitteln.

Allerdings habe ich mir überlegt - nur weil das Pferd in diesem Fall gar nicht anders kann als richtig zu reagieren, weiß es das ja ohne Feedback nicht, oder?
Also wäre es auch in diesem Fall aus meiner Sicht dem Pferd gegenüber fair zu sagen: ja, genau, das wollte ich! Und im Sinne einer positiven Arbeitsstimmung finde ich  :keks: auch hier wichtig.

Für den weniger perfekten Rest mit mangelhaften Pferden... nun, ich sehe den Clicker nicht als Allheilmittel - wenn ich furchtbar am Pferd hänge wird wahrscheinlich auch das beste Clickern kein piaffierendes S-Pferd hervorbringen. Aber ich glaube, abgesehen von der Lernfreude, dass es helfen kann Kommunikationsprobleme zu beseitigen bzw. zu helfen einander zu verstehen.

quasi als lückenbüßer für reiterliche unzulänglichkeiten :cheese:

Sehr hübsch ausgedrückt!!  ;)

Wegen deiner anderen Frage - ist Reiten nicht auch eine Art abrichten? Ich gebe vor und das Pferd lernt zu folgen bzw. meine Wünsche/Hilfen richtig zu interpretieren, der Erfolg ist dann abhängig von meinem Geschick.
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Sylliska
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #6 am: 13. Januar 2011, 15:46:10 »
Mmmh, aber ich bezweifle, daß das auf alles in der Reiterei zutrifft. Wie ist es z. B. mit der Hilfe zum Antreten: ich nehme - mal äußerst verkürzt und pauschal dargestellt - den Schenkel ran. Darauf muß das Pferd aber m. E. erst mal konditioniert werden. Könnte ja auch sein, daß viele Pferde hierbei erst mal nur *uff* verspannen?
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penelope
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #7 am: 13. Januar 2011, 16:01:04 »
Ich würde mich weder auf das eine noch auf das andere festlegen.

Die Hilfen sind so "überlegt", dass sie anatomisch usw sinnvoll sind und auf richtiges reiten auch immer einen gut laufen Pferd quasi "automatisch" folgt. Allerdings sagt das ja nicht, dass ich eine besonders prompte, schöne, ausdrucksvolle, Reaktion des Pferdes nicht positiv verstärken sollte. Das auf jeden Fall. Ich halte das für sehr sehr wichig für die Motivation bei der Arbeit.

Allerdings halte ich es für kritisch, bestimmte Sachen beim reiten über den Clicker zu konditionieren, beispielsweise den Hals fallen zu lassen. Wenn ein Pferd den Kopf hoch nimmt und sich raus hebt, sagt das immer, dass irgendwas nicht richtig ist, sei es die Einwirkung des Reiters, der drückende Sattel, die schlecht bearbeiteten Hufe - was auch immer. Wenn ich nun "Kopf tief beim reiten" Clickere, ist das für mich ein "an den Symptomen docktorn", dass ich für mich und meine Pferde nicht möchte.
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Ehemaliges Mitglied 23
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #8 am: 13. Januar 2011, 16:02:58 »
Also ich finde auch, dass richtig reiten reicht!
Vielleicht auch einfach weil ich es nicht schaffe reiterliche Hilfen clickertechnisch so umzusetzen, dass sie die richtige Einwirkung ersetzen würden/könnten/sollen. Das kann ja auch nicht wirklich gewollt sein oder?
Ich muss ja köperlich in der Lage sein, das Pferd so zu begleiten, dass ich es nicht blockiere usw.
Trotzdem clicke ich, wie Marie sagt um Skessa zu signalisieren; genau das wollte ich  :keks: !
Seit dem ist sie viel bemühter, gerade auch bei anstrenden Aufgaben, diese auszuführen, weil am Ende ein Click und eine Belohnung warten!

Nur wer würde behaupten das er richtig reitet? also so richtig richtig? wenn man nicht gerade den ganzen Tag dazu zeit hat und viele verschiedene Pferde und super Trainer hat? und wenn man dann vielleicht noch nicht das supertalent ist, geht das wohl kaum, oder?
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Ehemaliges Mitglied 43
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #9 am: 13. Januar 2011, 16:32:20 »
nur kurz einwerf:

Ist es denn aber nicht so, dass es in den unterschiedlichen Reitweisen und durchaus auch Kulturkreisen unterschiedliche Meinungen dazu gibt, was anatomisch)(?) richtige Hilfen sind, auf die das Pferd also quasi wie ein an der richtigen Stelle angestupster Ball aus physikalischen Gründen, gar nicht anders "kann" als "richtig" zu reagieren???

Sylisska: Das finde ich ein gutes Beispiel! 99% aller Pferde reagieren beim ersten Mal "Beine dran" eben nicht mit "ja klar natürlich... ich soll losgehen"...

Bin gespannt wo die DiskussionReise hingeht  8)
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #10 am: 13. Januar 2011, 16:32:45 »
Richtig (oder auch falsch) reiten reicht absolut, schließlich reitet der Großteil der Reiter ja ohne Clicker  :cheese:.

Aber ist es denn so, dass ein Pferd angeborener Weise die Hilfen richtig versteht und weiss, was es bei (jetzt mal wieder den angenommenen idealen Hilfen des idealen Reiters) den einzelnen Hilfen zu tun hat? Wäre es so, müsste sich dieser perfekte Reiter doch auf ein komplett rohes 4-jähriges Pferd setzen können und direkt, innerhalb von 5 Minuten, klar erkennbare Ansätze von Piaffe, Passage, Traversale und Galopppirouette reiten können, oder? Natürlich nur Ansätze davon, denn die Muskulatur des Pferdes ist auf die Belastung noch nicht trainiert. Allerdings ist jeder Muskel schon vorhanden, also müssten erkennbare Ansätze möglich sein.

Ich glaube da nicht dran, lasse mich aber natürlich gerne eines besseren belehren. Ich glaube eher, dass die richtige Reaktion auf die Hilfen gelernt werden muss. Üblicherweise, also auch beim idealen Reiter, über negative Verstärkung: ich mache hier ein wenig (kann wirklich minimal und damit weit von unangenehm entfernt sein!) Druck, wenn Du dem nachgibst, höre ich mit dem Druck auf. Beim Clickern ersetzt oder unterstützt man die negative Verstärkung mit positiver Verstärkung. Nicht mehr, und nicht weniger, würde ich sagen. :nixweiss:

Edith: Franzi war schneller...
Viele Grüße,
Esther
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Ehemaliges Mitglied 23
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #11 am: 13. Januar 2011, 16:36:22 »
ich denke ganz ohne negative Verstärkung kann man nicht reiten... dazu dürfte ich dann nichts wiegen. Schon allein durch meine Präsenz auf dem Rücken verstärke ich ja irgendwie negativ...

Klar gibt es verschiedene Wege wie man Hilfen gibt. Das Bild was ich habe und das ist das was mich mit Skessa weiter gebracht hat als sie als abgestumpftes Schulpferd alles abgeschalten hat, ist das Tanzpartnerbild. Die Bewegungen gehen in einander über. Der Reiter sollte dabei wohl der führende Tanzpartner sein. Und wenn der Reiter richtig gut ist, kann er auch ohne Konditionierung und das das Pferd viel kann in die richtige Richtung lenken. Mit minimalem Führen (nicht mit schieben und drücken und ziehen, da wird kein harmonisches Bild draus).
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Phanja
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #12 am: 13. Januar 2011, 16:38:02 »
Ooooh - das find ich, ist ein tolles Thema!  :keks:

Ich bin eigentlich auch eher von der Richtig-reiten-reicht-Fraktion und würde die Hilfen (Sitz, Schenkel, Hand) weniger als Befehle oder Signale betrachten, sondern eher als wirkliche "HILFE". Und zwar sowohl für das Pferd, als auch für den Reiter.
Allerdings denke ich schon, dass eine gewissen Konditionierung (z.B. beim Schenkel) durchaus stattfindet. Das Pferd soll verstehen, was der Schenkel wie wo wann bedeutet - oder was der Zügel bedeutet (z.B. direkter und indirekter Zügel).
In den letzten Tagen habe ich auch gegrübelt, was eigentlich dagegen spricht, z.B. ein Vorwärts-Abwärts mit dem Clicker zu erarbeiten.
Dagegen spricht für mich, dass ich mit dem Clicker nicht fühlen kann, was das Pferd macht. Man setzt die Hilfe ja idealerweise nur dann ein, wenn sie gebraucht wird - sprich - wenn die Formgebung des Pferdes in dem Moment nicht meinem Wunsch entspricht. Um aber überhaupt feststellen zu können, ob die Formgebung meinem Wunsch entspricht, fühle ich mit Po und Hand, wie die Formgebung grade aussieht. Kann ich das Pferd über den Sitz z.B. versammeln und nimmt die Hinterhand dabei Last auf, wird es in der Hand sehr leicht. Kann ich mit der Hand eine Parade geben, die auch "durchkommt", weiß ich, dass die Hinterhand entsprechend der Parade Last aufgenommen hat. Ich würde das also nicht nur als Signalgebung betrachten, sondern auch als Messinstrumente. Im Idealfall würde man also erstmal messen und nur bei Bedarf überhaupt eine Hilfe einsetzen.
Wenn das Pferd die Hilfen verstanden hat UND man mit minimaler Hilfengebung arbeitet, wird ein "normales" Pferd von sich aus auch prompt und gerne darauf reagieren.

Und zuletzt würde ich in der ganzen Geschichte auch nicht die grundsätzliche Beziehung zwischen Pferd und Mensch außer Acht lassen. Jemand der am Boden nicht mit dem Pferd kommuniziert und nur stur Anweisungen gibt, die das Pferd zu befolgen hat, wird auch so reiten. Im Extremfall also auch Hilfen geben, die in dem Moment eigentlich nicht gebraucht werden. Ergebnis ist, dass das Pferd die Hilfen irgendwann nicht mehr versteht und sie eventuell ignoriert.

Ich glaub, die Sache ist einfach nicht schwarz-weiß sondern es gibt viele, viele unterschiedliche Graustufen. Und ich denke, dass derjenige, der es schafft, mit dem Pferd freundlich so zu kommunizieren, dass das Pferd versteht, was man möchte, Erfolg und Freude haben wird.
Da gibts wie so oft vermutlich viele Wege, die zum Ziel führen ...
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #13 am: 13. Januar 2011, 16:38:30 »
So, nun noch mal mit etwas mehr Zeit.

Zitat
wenn man richtig reitet - becken, beine und hände richtig einsetzt - dann kann es doch für pferd gar keine andere möglichkeit geben (wir gehen mal vom idealfall aus und sagen, pferd ist unverdorben und hat noch keine schlechte erfahrungen gemacht) als auf meine aktion mit dem einzig richtigen zu reagieren - mit der gewünschten bewegung, weil ich alles andere mit meiner einwirkung (die jetzt nicht grob sein muss) "unterbinde" bzw. unmöglich mache.
das ist für mich zb schon mal eine völlig andere Herangehensweise als ich es (zumindest gedanklich) tue oder will. Meine Hilfen sollen ja nicht unterdrücken sondern ich verstehe den Einsatz der Hilfen als ein Frage- und Antwortspiel. Auch wenn ich mein Gewicht verlagere, muss das Pferd zb nicht zwangsläufig dem nachgeben. Es kann genausogut mit "Hilfe ich falle um" reagieren und genau das Gegenteil vom Gewünschten tun.
Natürlich ist der Mensch obendrauf ein großer Faktor, um die Balance zu beeinflussen, und besonders in höheren Gangarten kann ich natürlich beeinflussen, in welche Richtung das Pferd sich bewegt, auch wenn es da vielleicht nicht hinwill.
Reiten ist aber doch viel mehr.

In den letzten zwei Jahren habe ich mich ja sehr viel mit dem Thema Reiten mit Clicker beschäftigt. Gleichzeitig habe ich durch die Ausbildung sehr viel über Anatomie gelernt, und bin, zusammen mit allem anderen, von einer spannenden Entdeckung zur anderen gegangen. Der Einsatz des Clickers beim Reiten kann ja aber auf völlig verschiedene Art und Weise passieren. Es ist m.E. viel mehr die grundlegende Reit- und Trainingsphilosophie, die das Gesamtbild bestimmt und den Trainingsweg. Wenn ich keinen Plan habe, wo ich hinwill, hilft mir auch der Clicker nicht. Im Gegenteil, ich kann mithilfe des Clickers meinem Pferd völlig schädliche Bewegungstendenzen bestärken und ihm dadurch schaden. Insofern reicht es nicht, einfach nur zu clicken was sich angenehm anfühlt, sondern es gehört schon ein Wissen um die Anatomie und die Ausbildung dazu.
Ich habe da zwei Pferde vor Augen, die von Jungpferd an über den Clicker ausgebildet wurden (in der Hauptsache) und definitiv nicht gelernt haben, den Reiter richtig zu tragen und im Rücken ganz abgesackt sind.

Als Kommunikationsmittel beim Reiten steht der Clicker wiederum aus meiner Sicht völlig gleichberechtigt neben den anderen Hilfen. Er ist der Schlusspunkt einer Frage, die ich mit Körperhilfen stelle, auf die das Pferd eingeht und die ich durch ein "Genau das" mit dem Clicker beende. Wo und wie ich das platziere, ist wiederum auf 100 Arten möglich.

Zitat
wenn ich alles richtig mache und allgemein mit dem sitz vorgebe, was ich an tempo, biegung, lastaufnahme usw. haben möchte, dann ist das kein konditionieren sondern ein reagieren, was nicht erst "gelernt" werden muss.
Ich sehe oft dass der Begriff des "Konditionierens" im Zusammenhang mit "lernen" doch sehr irreführend gebraucht wird. Oft im Sinne eines konditionierten Reflexes, so als könne das arme Pferd (Achtung Ironie) in dem  Moment nicht anders, als hier zu piaffieren, nur weil ich das mit dem Clicker erarbeitet habe.
Wir wissen doch selbst dass das nicht so ist.

Zitat
Allerdings halte ich es für kritisch, bestimmte Sachen beim reiten über den Clicker zu konditionieren, beispielsweise den Hals fallen zu lassen. Wenn ein Pferd den Kopf hoch nimmt und sich raus hebt, sagt das immer, dass irgendwas nicht richtig ist, sei es die Einwirkung des Reiters, der drückende Sattel, die schlecht bearbeiteten Hufe - was auch immer. Wenn ich nun "Kopf tief beim reiten" Clickere, ist das für mich ein "an den Symptomen docktorn", dass ich für mich und meine Pferde nicht möchte.
Andrerseits kann ich meinem Pferd vermitteln, dass es im Rahmen der aktuellen Umstände sich sehr viel besser tut und zumindest weniger schadet, wenn es den Kopf herunternimmt und das als hochbestärktes Verhalten oft anbietet. Ausgehend von Deiner Annahme "dürfte " ich auch kein Kopfsenken zur Entspannung im Stehen/vom Boden aus erarbeiten, denn damit würde ich ja dem Pferd die Möglichkeit nehmen, seinen Stress auszudrücken (Kopf hoch - Anspannen - Sichern).

Wenn ich nicht meine Wahrnehmung ausschalte, spricht m.E. nichts dagegen, Bewegungsabläufe zu verstärken, denn dadurch dass das Pferd sie immer bewusster ausführt, ändert sich die Qualität der Bewegung mehr, als wenn ich es mit meinen Hilfen 100fach geführt habe. Das ist etwas, das ich in den letzten zwei Jahren entdeckt habe - es macht für das Pferd eben einen Riesengroßen Unterschied, zu wissen welche Bewegung es jetzt anbietet, dieses in einem immer wieder leicht unterschiedlichen Maß zu tun und dann die bestmögliche davon bestärkt zu bekommen und dann eben in dieser Richtung weiterzuarbeiten.

Hm, das ist alles so konfus, ich find es sehr schwer, diese Sachen in Worte zu fassen, selbst wenn sie sich in meinem Kopf ganz logisch anhören  :confused:
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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Re:Richtig reiten reicht?
« Antwort #14 am: 13. Januar 2011, 16:39:33 »
Allerdings halte ich es für kritisch, bestimmte Sachen beim reiten über den Clicker zu konditionieren, beispielsweise den Hals fallen zu lassen. Wenn ein Pferd den Kopf hoch nimmt und sich raus hebt, sagt das immer, dass irgendwas nicht richtig ist, sei es die Einwirkung des Reiters, der drückende Sattel, die schlecht bearbeiteten Hufe - was auch immer. Wenn ich nun "Kopf tief beim reiten" Clickere, ist das für mich ein "an den Symptomen docktorn", dass ich für mich und meine Pferde nicht möchte.
Das finde ich bedenkenswert (nicht bedenklich! ;)).

Das wäre so das, was quasi in die Richtung "Abrichten" geht.
Aber geht das denn überhaupt?
Es gibt ja auch immer mal wieder die Frage, ob sich Clickerpferde über das im akuten Fall grade gesunde Maß hinaus anstrengen, weil sie so scharf auf die Belohnung sind - das hängt für mich damit irgendwie zusammen.
Angenommen, mein Pferd hebt sich in den Übergängen raus. Das machts ja nicht, weils nicht weiß, dass es den Kopf weiter hin "unten" tragen soll, sondern aus körperlichen Zusammenhängen... und dementsprechend würde ich (!) jetzt bei meinem (!) Pferd vermuten (jetzt befinden wir uns also grade weit weg von Idealzuständen...  :rotw:), dass ich Rübe tief clickern kann, bis ich schwarz werd: Solange sie körperlich nicht in der Lage ist, in den Übergängen den Kopf tief zu lassen, wird sie es auch mit Clicker nicht tun?

Edit: Huch, war ich langsam... na, ich posts jetzt trotzdem.  :cheese:
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