Früher bin ich wahnsinnig gerne geritten. Da war es mir auch halbwegs egal, was das für ein Pferd war, Hauptsache draufsitzen. Putzen und dergleichen war immer auch fein, und ich hatte mit 11 Jahren eine Art Pflegebeteiligung an einem jungen Schulpferd, die ich so ernst genommen habe, dass meine Oma mich, wenn ich Ferien bei ihr gemacht habe, jeden Tag 50 km fahren musste, damit ich dieses Pferd putzen konnte
Als dann das erste eigene Pferd da war, bin ich jeden Tag geritten. Ausnahme war nur der eine freie Tag vom Pferd in der Woche, an dem ich nicht geritten bin. Als Schülerin mit Stall als direktes Nachbarhaus sehr gut machbar. Irgendwann kam vermehrt Angst dazu, und ich begann mich im Sattel nicht mehr so wohl zu fühlen. Dies zog sich durch sämtliche Stationen meines Lebens und ist immer noch nicht ganz weg, wobei ich heutzutage deutlich reflektierter an das "Hobby Pferd" herangehe. Teilweise leider, denn früher war ich so unbedarft und die einzige Sorge war, dass ich mal einen Tag nicht reiten konnte oder gar krank wurde und länger nicht aufs Pferd kam. Zu wenig Bewegung hatten "meine" (also die mir anvertrauten) Pferde nie - selbst nach meinem Unfall waren mehrstündige Geländerunden mit dem Trakehnerbuben eher die Regel als die Ausnahme.
Mit Lucca war ich auch stundenlang unterwegs, aber nicht mehr jeden Tag. Und seit ich Lucca gekauft habe, sinkt meine Reitzeit rapide. In den letzten Monaten habe ich sogar ernsthaft überlegt, ob ich überhaupt noch reiten möchte, weil dieser Drang einfach weg ist. Den Grund dafür finde ich trotz etlichem Nachdenken nicht, und irgendwie belastet mich das auch. Wenn wir Unterricht haben, fühle ich mich sehr wohl, fühle das, was viele hier schon beschrieben haben: eine intime Verbundenheit mit genau diesem Pferd. Aber sobald ich wieder Zuhause bin, ist das weg, und es entsteht irgendwie kein Wunsch, dieses Gefühl wiederzubekommen. Liegt vielleicht daran, dass diese Verbundenheit auch im sonstigen Umgang vorhanden ist? Zumindest kann ich auch bestätigen, was einige hier schrieben: Reiten ja, aber nicht auf jedem x-beliebigen Pferd. Als wir auf Rügen im Urlaub waren und dort einen Ausritt gebucht hatten, ist mir klar geworden, dass Reiten für mich sehr viel mehr ist, als auf einem Pferd zu sitzen und Gas zu geben. Das kann ich im Auto, auf dem Fahrrad oder dem Motorrad (was ich nicht fahre). Reiten braucht für mich eine Verbindung zum Pferd, und selbst dann möchte ich nicht auf jedes Pferd steigen.
Oft schwelge ich in Erinnerungen an die stundenlangen Ausritte mit dem Trakehnerbuben. Da war nie Angst im Spiel, egal wie huschig er war. Mit ihm bin ich über Wiesen galoppiert, habe kleine Baumstämme übersprungen, bin durch Bäche und Dörfer geritten, an Koppeln mit anderen Pferden vorbei. Alles Dinge, die mich heute grün oder wahlweise kalkweiß werden und zitternd vom Pony springen lassen. Dinge, die eigentlich völlig normal sind - oder? Was ist "normal" beim Reiten? Und genau dieses Verkopfte nimmt mir viel von der Freude am Reiten. Überfordere ich mein Pferd? Was darf ich von ihm verlangen? Wie kann ich Situationen für ihn besser machen? Am Boden ist das alles weniger präsent.
Lucca zeigt mir ganz deutlich, wann und wie lange Reiten für ihn okay ist und wann ich bitte absteigen soll. Diese Kommunikation ist sehr hilfreich, und trotzdem verlasse ich mich nicht darauf, sondern rutsche immer und immer wieder in das Zerdenken ab. Deswegen reite ich aktuell sehr wenig, und ob es irgendwann wieder mehr wird oder ob ich ganz aufhöre, steht in den Sternen