Als Tierärztin kann ich dir von dem Test auf "MIM" nur ganz stark abraten. Bei der Erkrankung handelt es sich um eine Erfindung der Industrie. Kein seriöser Wissenschaftler unterstützt den Gentest. Das Thema ist seit Jahren immer wieder auf Fortbildungen im Fokus und es ist einfach so, dass der "MIM"-Test nicht nur nicht validiert ist, seine Aussagekraft ist mittlerweile sogar wissenschaftlich widerlegt. Es gibt kein "MIM", da gibt es schon lang nichts mehr dran zu rütteln. Da verdient einfach nur eine Industrie hinter gut Geld damit, aber kein Pferd der Welt hat etwas davon. Klar gibt es verschiedene Genvarianten - das ist ganz normal und hat erst einmal überhaupt keinen Krankheitswert. Auch die Beispiele des Labors, dass bestimmten Mutationen bei Menschen oder Zebrafischen (!!! ich komme auf diesen Vergleich jedes Mal wieder nicht klar) zu einer Krankheitsausprägung führen, sagt absolut gar nichts darüber aus, ob das bei einer anderen Spezies auch so ist. Hätte ein Mensch die Genallele eines Pferdemagens, wäre er nicht lebensfähig. Hätte ein Pferd den Calciumstoffwechsel eines Fischs, wäre es mausetot. Man kann Krankheiten und ihre Ursachen zwischen Tierarten in der Form einfach nicht vergleichen. Deshalb gibt es ja auch die Trennung in Human- und Tiermediziner und Fachtierärzte für Kleintiere, Rinder, Pferde etc.
Was es gibt, das ist PSSM2 und darunter fallen vermutlich mehrere Erkrankungen. Sie ähneln PSSM1, daher die Zusammenfassung unter PSSM2. Hier gibt es aber noch keine Gentests, lediglich bei einer Unterform kommt man langsam auf eine Spur, mit was man es zu tun hat (MFM), ein Test ist hier aber leider auch noch nicht da. Bisher kann man nur eine Muskelbiopsie machen, zu der aber auch eher nicht geraten wird, da man von dem Ergebnis letztlich wenig hat. Das Management eines PSSM-Pferdes schadet auch keinem gesunden Pferd, inkludiert in seriösen Empfehlungen aber auch keinen krassen Eiweißexzess in der Fütterung. Etwas Eiweiß wird da nur zugelegt, wenn die Pferde Muskulatur stark abbauen, obwohl der Bedarf rechnerisch gedeckt ist. Diese Pferde sehen aber wirklich schlimm aus und wir sprechen auch nicht von vierfacher Deckung oder so, wie es in den wilden "MIM-Empfehlungen" teils kursiert. Ob Eiweißexzesse dauerhaft Leber oder Nieren schädigen können, ist bisher nicht bekannt - bei einem Pflanzenfresser, der auf eiweißarme Kost ausgelegt ist, aber durchaus denkbar. Was ein Eiweißexzess auf jeden Fall macht: Er belastet die Umwelt. Insofern würde ich immer zur Heuanalyse raten oder einfach rechnerisch knapp das "Worst Case" Defizit auf Grundlage der Durchschnittswerte im Grundfutter ergänzen, wenn eine Heuanalyse keine Option ist.
Das, was du bei Gabor beobachtest, kann viele Ursachen haben und an eine Muskelstoffwechselerkrankung würde ich da erst mal gar nicht denken. Pferde mit PSSM2 fallen zwar nicht immer mit kreuzverschlagähnlichen Symptomen auf, aber man erkennt verdächtige Kandidaten mit etwas Erfahrung im Normalfall doch ganz gut. Und selbst da ist es so, dass viele der Verdächtigen am Ende einfach ein orthopädisches Problem haben.
Möglicherweise auffällig an der Beschreibung von Gabor finde ich lediglich das zunehmende Stolpern bei vermehrter Belastung und der teilweise Unwille vorwärts zu gehen. Da würde ich aber auch zuerst an eine orthopädische Ursache denken. Stolpern ist z.B. eher kein Anzeichen für ein muskuläres Problem.
Dass Pferde im Winter schreckhafter sind würde ich als pferdetypisch sehen bzw. es ist eine Typ-/Charaktersache. Meist kommt ja noch die mangelnde Auslastung im Winter dazu. Auch dass ein Pferd bei nasskaltem Wetter empfindlicher im Rücken ist, finde ich erst einmal völlig normal. Auch da ist es Typsache, wie sehr - wie beim Menschen auch.
Von modernen Warmblütern sind wir es gewohnt, dass sie den Galopp bei Ermüdung einer Hand einfach problemlos wechseln. Ich kenne aber tatsächlich kaum ein Robustpferd, das ohne Training Wechsel durchspringen kann. Eigentlich alle Robustpferde, die ich kenne, springen bei Ermüdung in den Kreuzgalopp um - und die allermeisten halten im Galopp nicht lange durch, da sie meist einfach recht untrainiert sind und das auch nicht ihr starke Gangart ist. Dabei würde ich mir also auch gar nichts denken.
Wenn du das Gefühl hast, dass Gabor eine Schmerzthematik hat, dann würde ich da eher in Sachen orthopädische Diagnostik gehen. Da es sehr unspezifisch ist, wäre vermutlich eine Szintigraphie erst mal das Diagnostiktool, das am ehesten etwas Brauchbares ergibt. Da muss man halt abwägen, ob die Belastung für das Pferd und die Finanzen da tatsächlich an diesem Punkt gerechtfertigt sind oder man nicht erst mal "wait and see" anwendet, da Gabor ja in seinem Alltag der Beschreibung nach nicht zu leiden scheint.