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Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?

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solera
*

Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« am: 15. Juli 2011, 11:28:26 »
Weil Heike und ich anderswo gerade ins philosophieren gekommen sind:

Aber das ist tatsächlich das Spannende an den Kurlandübungen (und der Grund warum ich mich seit Jahren damit beschäftige). Weil sie dem Pferd eben Möglichkeiten eröffnen.

jetzt mal nur meine persönliche meinung: wenn ich das kurland-reitbuch anschaue finde ich auf jedem einzelnen foto den beweis, dass das pferd trotzdem läuft. ich sehe ein, dass das in sachen balance-schulung für's pferd hilfreich ist, aber nicht weil ich es in balance bringe, sondern weil ich seine balance herausfordere. frau kurlands können als clickertante in allen ehren und ich bin sicher, dass es andere sachen gibt wo sie weit voraus ist, aber aus biomechanischen gesichtspunkten ist es nicht wirklich durchdacht.

das sollte auch kein "das muss man dann so tun" Beitrag sein.  ;)

ich hab's schon verstanden... ich hab auch deine bilder gesehen, die dann doch wieder anders aussehen, aber das fällt unter man sieht sich aus prinzip alles an und behält das beste und vor allem das was zu pferd und reiter/ ausbildner/ der-mit-dem-clicker-tanzt passt ;)

Das Hauptproblem an dem Buch finde ich die permanente Anwesenheit der "Pose", die als Mittel eingesetzt wird - ein Grund warum sich das Buch hierzulande nicht wirklich durchsetzen würde, und das zu Recht. Da gibt es auch Sequenzen die ich nicht so schön finde. Und um zu verstehen, dass das Endergebnis eben nicht so aussehen muss wie auf vielen Bildern muss man sich halt wirklich in der Praxis damit beschäftigen. :nixweiss:

Die Vorgehensweise von A. Kurland gibt einem Werkzeuge an die Hand. Wie man die dann einsetzt ist jedermanns Sache.
Ich sehe schon, dass die Übungen die Balance verbessern.

edith: och! das war gar nicht für mich? schade! aber im prinzip sehen wir offensichtlich das gleiche. ;)  :umarm:

Achso, nein, das war für Stefanie gedacht, aber ist ja eh mein Prinzip. :cheese:
Und ich würde halt zu gerne die Kurlandübungen weiter bekannt machen, aber ohne geeignetes Bildmaterial ist das halt schwer. Jeder guckt sich die Bilder an, und zumindest die hierzulande "gut klassisch vorgebildeten" Leute winken dann dankend ab und stopfen es in die "auch Müll" - Schublade.
sehr schade, aber völlig verständlich.  :-[

ich muss ehrlich zugeben, dass ich zu beginn dachte "da schau her! rollkur und falschen knick kann man clickern auch." und mir nur wenige übungen zu gemüte geführt hab, aber die paar passen einfach nicht zu meiner philosophie, weil zb. ein "single-reign-stop" für mich ausschließlich eine berechtgung hat wenn das pferd beim ausreiten durchgeht und ich es vor der straße eindrehe, damit ich's über die außenschulter quasi "umschmeiße" - und selbst da würd ich es zunächst anders probieren. wobei ich aber einsehe, dass es für die balance des pferdes einiges bringt, wenn man's in einem kontrollierten umfeld mache... nur wozu? wenn ich durch simples reiten ein besseres gefühl für "das ist mitte" vermitteln kann. für mich persönlich macht es auch keinen sinn, dass das pferd auf gewickelte und gefaltene stricke reagiert. ich bin aber - falls ich da was überblättert hab, ganz ohr... in einem anderen thread :cheese: sorry für OT :tschul:
@solera,
huch "umschmeißen"?? nee, da hast du wirklich mehrere Seiten überrsprungen oder vielleicht Begriffe missverstanden. Die Mechaniken dieser "Notbremse fürs Gelände" werden erst im Stehn, dann vom Boden, dann von Oben in so dermaßen kleinen Schritten durchexerziert, dass das Pferd nie aus dem Gleichgewicht kommt und dass sie selbst kleiner sind als die Abkauanfragen eines PK oder so. Und auch die Strick- und Häkeltechniken sind eigentlich nichts anderes als der Versuch menschliche und pferdische Körpervoraussetzungen so sinnvoll u fein zu (be)nutzen, dass nie Kraft oder Aussschließlichkeit verwendet wird, gerade um dann von oben auch eine noch feiner KOmmunikation über die Zügel zu ermöglichen.
So! Hier sind wir nun und erzählen uns gegenseitig wie wir was verstehen  :cheese:

« Letzte Änderung: 23. Februar 2014, 10:50:00 von Muriel »
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solera
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #1 am: 15. Juli 2011, 12:27:47 »
neinein, franzi! ich hab schon verstanden, dass ich da nicht unbedingt massiv einwirke und dass ich das im stehen mal aufbaue. für mich birgt aber jede einseitige zügelhilfe, die nicht im geamtkontext mit dem rest der hilfengebung gesehen wird (auch PK's abkauen) die gefahr das pferd im widerristbereicht zu knicken. durch den knick verlagert sich das gewicht, das von den schultern getragen wird nach außen und verhindert eine bewegung nach vorne, weil das pferd müsste mit "verdrehten" schultern vorwärts. das sagt per se mal die biomechanik und das ist es auch was wir bei dem "durchgehernotstop" ausnutzen. einzige ausnahme ist das pferd, das ohnehin sofort selektiv im genick nachgibt und genau da brauch ich das nicht. --> vgl. dazu eine wendung die mit dominantem innenzügel geritten wird wo das pferd über die außenschulter abdriftet.
der schlüssel zu den PK'schen abkauübungen ist nämlich auch die gewichtsverteilung des reiters und der bedachte einsatz des außenzügels, der einerseits so viel nachgibt, dass er die stellung erlaubt und andererseits so weit dran ist, dass er die schultern stabilisiert und das selektive nachgeben im genick ermöglicht durch das fixieren der schultern. ob ich nach oben oder nach hinten ziehe macht ja auch noch einen unterschied in der bewegungsmechanik der schulter, weil für mich rein aus prinzip jede bewegung der hand, die ich als hilfe brauche seitlich vom pferd weg und/ oder nach oben geht. runter drücken und nach hinten ziehen kommt im bewegungsfluss einem "abwürgen" gleich und keiner gerittenen parade.
leider kann man es da dann nicht mehr als "single-rein-stop" bezeichnen.

edith: was ich im zusammenhang mit balanceschulung erkennen kann ist, dass das pferd quasi "bewusst" aus der balance gebracht wird im kontrollierten umfeld (also im stehen) um es dazu zu bringen, dass es von sich aus besser auf die balance schaut, aber das ist jetzt nicht unbedingt reiten im sinne der reitlehre wo man eben durch den rest der hilfen die stabilität rein bringen muss und statt einem "schau, das ist schief!" (one-rein) ein "schau, das ist jetzt gerade" (gewichtshilfen klassische reiterei) verwendet.

« Letzte Änderung: 16. März 2015, 09:50:41 von Muriel »
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penelope
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #2 am: 15. Juli 2011, 13:13:03 »
Ich hab wohl ein eher ungewöhnliches Problem mit den Kurland-Übungen:  ich find einige davon echt gut - hab aber keine Ahnung wie ich das Clickern sollte?  :cheese:

Aufgrund von Muriels Videos hab ich mit meiner alten Stute öfter mal ein paar gemacht und war wirklich erstaunt, wie gut sich mein Pferd dabei hebt und wie locker die Schultern werden, aber ich hab das  einfach "ganz normal" über Körpersprache eingeleitet.

Nun ist meine Stute auch früher viel am Boden gearbeitet worden und kennt klassische Arbeit an der Hand. Nur hätte ich kaum eine Ahnung, wie ich so komplexe fließende Bewegungen clickern sollte  :P
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verena
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #3 am: 15. Juli 2011, 13:51:51 »
Was mir immer wieder auffällt ist , daß es unheimlich schwer ist über Kurland-übungen zu reden, wenn man sie nicht a) selbst körperlich erlebt hat oder b) sie  mit dem Pferd selbst unter professioneller Anleitung gemacht hat und zwar von Anfang an. Und noch einen wesentlichen weiteren Schritt der Klarheit dieses Gesamtkonzeptes gibt dann A. Kurland selbst. Da sind mir dann nochmals die Augen geöffnet worden bzgl. Sinn und Zweck und Mechanik dieser Übungen, obwohl ich mich vorher schon sehr viel von Anfang an mit dem Buch beschäftigt habe und auch Heike mir praktisch zur Seite gestanden ist. Wie soll man zB. die Stricktechnik richtig erklären, wenn man sie nicht wirklich selbst mal als Pferd erfühlt hat? Da ist es unheimlich schwer zu erklären, daß da wirklich kein Druck oder auch nur ein bißchen ungutes Gefühl im Spiel ist, sondern man sich wunderbar sicher geleitet fühlt bei völlig freier Entscheidungsfähigkeit.
Aber ich finde den  Fred trotzdem toll , wenn auch sehr anspruchsvoll! :cheese:
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #4 am: 15. Juli 2011, 15:32:48 »
Was mir immer wieder auffällt ist , daß es unheimlich schwer ist über Kurland-übungen zu reden, wenn man sie nicht a) selbst körperlich erlebt hat oder b) sie  mit dem Pferd selbst unter professioneller Anleitung gemacht hat und zwar von Anfang an. Und noch einen wesentlichen weiteren Schritt der Klarheit dieses Gesamtkonzeptes gibt dann A. Kurland selbst. Da sind mir dann nochmals die Augen geöffnet worden bzgl. Sinn und Zweck und Mechanik dieser Übungen, obwohl ich mich vorher schon sehr viel von Anfang an mit dem Buch beschäftigt habe und auch Heike mir praktisch zur Seite gestanden ist. Wie soll man zB. die Stricktechnik richtig erklären, wenn man sie nicht wirklich selbst mal als Pferd erfühlt hat? Da ist es unheimlich schwer zu erklären, daß da wirklich kein Druck oder auch nur ein bißchen ungutes Gefühl im Spiel ist, sondern man sich wunderbar sicher geleitet fühlt bei völlig freier Entscheidungsfähigkeit.
Aber ich finde den  Fred trotzdem toll , wenn auch sehr anspruchsvoll! :cheese:

Das hat's schön zugefasst, find ich!  :click:
*auchgerneHeikesPferdwar*  :cheese:
Liebe Grüße
Isabell mit Malika & Mira
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #5 am: 15. Juli 2011, 17:18:09 »
Wie soll man zB. die Stricktechnik richtig erklären, wenn man sie nicht wirklich selbst mal als Pferd erfühlt hat? Da ist es unheimlich schwer zu erklären, daß da wirklich kein Druck oder auch nur ein bißchen ungutes Gefühl im Spiel ist, sondern man sich wunderbar sicher geleitet fühlt bei völlig freier Entscheidungsfähigkeit.
danke Eni!!!!
Das ist genau der Grund warum ich so gerne durch halb Europa toure, um das Gefühl zu vermitteln, weil es ohne kaum geht. Als ich begonnen habe damit zu experimentieren habe ich mich gegen einige Punkte gewehrt und diese ausgelassen und bin dennoch schon mal zu einem guten Ergebnis gekommen: Alexandra stand da und war hocherfreut: Genauso sollte es aussehen - und das nur von ihren DVDs her und aus dem Buch zusammengereimt.
Es bedurfte aber noch fast zwei Jahre mehr, in denen ich mehr und mehr (auch durchs Erklären) das Wesen der Stricktechnik erfasse und warum es eigentlich so funktioniert, bzw was da passiert.

Zitat
Aber ich finde den  Fred trotzdem toll , wenn auch sehr anspruchsvoll! :cheese:
äh, ja. Ich werde also den Versuch machen, das kurz zusammenzufassen, was in zwei Büchern und auf 18 DVDs (mit 2 bis vier DVDs im Set) erklärt wird. Und dem Wissen dass es vergeblich ist, Gefühl zu beschreiben. *seufz*

Könnte ein wenig dauern.  :cheese:
Alles kommt zu dem, der warten kann.
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verena
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #6 am: 15. Juli 2011, 17:53:29 »
@Heike:  :keks: schon mal im Voraus!
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #7 am: 15. Juli 2011, 17:56:10 »
 :cookiesbig: :cheerleader: :gogo:
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #8 am: 17. Juli 2011, 12:46:40 »
Ohje, Vorschusskekse  :schwitz2: na dann mal los:  :tipptipp:

Ein grundlegendes Prinzip der Übungen ist, dass zuallererst die Ansprache so klar ist, dass das Pferd den zugrundeliegenden Gedanken begreift.
Das wird über stetige Wiederholung und Pattern (Muster) erreicht sowie über exakte, klare Hilfengebung.
Dann wird der Grundsatz "Set it up and wait" befolgt, also eine Situation erstellen und dann warten was das Pferd damit anstellt, ohne den Druck zu verstärken oder die Situation zu verändern.

Das sind, so wie ich es derzeit verstehe, die ganz grundlegenden Prinzipien die in allen Übungen zu finden sind.
Und natürlich der Weg der kleinen Schritte, der so aussieht, dass im Reitbuch zb alleine 80 Seiten zu finden sind, bis es überhaupt das erste Mal an das Thema Reiten geht.
Alle Übungen werden dem Pferd vom Boden aus erklärt, und dann unter dem Sattel wiederholt. So kann das Pferd die Übung und das Muster erkennen, und dann wird nur das Kriterium "Reiter" bzw "Mensch von oben" hinzugefügt.

das bedeutet, dass manche Übungen mit mehr Druck ausgeführt werden müssen, wenn sie vorher nicht hinreichend erklärt wurden, und das bedeutet ebenfalls, dass im Prinzip nichts Grobes mehr übrig bleibt, sondern im Gegenteil eine ausserordentlich feine Verbindung hergestellt wird, wenn die Schritte richtig vorbereitet und durchschritten werden.
Das bedeutet, dass sehr viel Intensität in die Vorbereitung des Reiters und seinen Sitz, seine "Einwirkung", seine Körperhaltung usw gelegt wird. Auch hierzu gibt es viele Übungen vom Boden und "Mensch zu Mensch"-Übungen, indem man die Handgriffe und Bewegungen übt, ohne das Pferd damit zu belasten.
Ähnlich wie Bob Bailey in den Chickencamps die TN erstmal in 15 Einzelschritten zerlegt das Huhn aus dem Käfig holen liess, bevor jemand überhaupt mit einem Huhn arbeiten durfte.

Habe ich diese ganze Vorbereitung nicht und setze gleich mit dem an, was Du, Solera, als "One Rein Stop", also den einseitigen Zügel-Stop, verstehst, kann da nur was Grobes bei herauskommen, bei dem das Pferd eben schlichtweg aus der Balance gebracht wird und irgendwie bremst, indem es herumschleudert.
Das lässt sich dann vergleichen mit jemandem der eine Piaffe hervorbringen will, indem er vorne festhält und hinten draufklopft. Wird bei jemanden, der sich und das Pferd in Jahren der Vorbereitung an diesen Punkt gebracht hat, das gleiche Tun sein, aber deshalb ist es noch nicht das selbe.


Wie fangen wir an?
Die Grundlage für alles ist die Strick-Technik. Es geht darum, über den Strick eine feine Kommunikation aufzubauen, da diese Arbeit in direkter Linie zum Reiten mit Zügel führt.
Möchte man Reiten ohne Zügel, muss man das nicht so machen, aber hier geht es um die Arbeit mit Zügel, also wird auch darauf hingearbeitet.

Wenn ich jemandem die Technik erkläre, beginne ich damit, an einem Strick entlangzustreichen. Mein Gegenüber hält das Ende in Händen und spannt alle Muskeln an - und soll mir sagen, wann er mich kommen fühlt.
Das Gleiche mit lockerer Muskulatur macht zum Einen dem Menschen den Unterschied bewusst, was das Pferd fühlen kann wenn es auf "Empfang" und Lockerheit eingestellt ist, und zum Anderen, dass er mehr und mehr sich auf das Gefühl konzentriert und es immer schneller wiedererkennt, auch wenn die Umstände dann wieder nicht so optimal sind (keine optimale Lockerheit).

ein weiteres wichtiges Element ist die eigene Körperhaltung (Stichwort: Schulterrotation), so dass der Mensch klar und balanciert steht und dem Pferd keine schwammige Rückmeldung gibt, sondern eine, die so klar wie möglich ist. (Stichwort: Lerne ein Pfosten zu sein)
Eben damit das eine Element, was jetzt gerade wichtig ist, für das Pferd auch erkennbar ist und so nur ein einziges Kriterium darstellt.
Dazu wird auch die sogenannte "T'ai Ch'i Wall" eingesetzt, die nichts weiter heißt als dass der Strick mit beiden Händen gehalten wird und zwischen beiden Händen gespannt bleibt. Das baut so ein Dreieck zwischen den Händen und den Schultern auf, was wiederum enorme Stabilität gibt. Falls ich mit dem Pferd diskutieren muss, gibt das eine komplett andere Rückmeldung: Der Mensch erscheint sehr stark und fest und stabil. Nehme ich diese Verbindung weg, erscheine ich schwach, weil ich dann mit Muskelkraft arbeiten muss.

Warum ist soviel Einsatz und soviel Gedanken über Kraft und Druck nötig?
Weil es Pferde gibt, die eben nicht zuhören. Die nicht mit :omm: und "würdest du bitte auf meine Körpersprache achten" zu führen sind. Diese PFerde ziehen dich weg, sie walzen über Dich drüber und sie sind gewohnt, über Kraft mit dem Menschen zu diskutieren.
dieser Ansatz ermöglich es mir, innerhalb von sehr kurzer Zeit dem Pferd klarzumachen, dass es nicht durch mich hindurchrennen kann, dass es ihm auch nichts passiert, weil seine eigene Energie einfach nur zurückgegeben wird. Die Energie soll nicht unterdrückt werden oder abgestellt, sie wird nur umgelenkt.

Bei Pferden die weniger Aktion hineinbringen oder von sich aus fein und achtsam sind, um so besser. Da kann ich direkt auf einem sehr feinen Level einsteigen und gleich um so feiner werden.

Denn das ist das weitere Prinzip: Sobald das Pferd die inneliegende Idee verstanden hat, ist es an mir, sofort meinerseits feiner zu werden und dem Pferd die Möglichkeit zu geben, auf weniger große Signale zu achten.
"Follow the Feel" - Folge dem Gefühl - ein Prinzip, das im NH auch angewandt wird (zumindest die Worte - der Inhalt ist glaub ich ein anderer) ist das, was es für mich ganz gut ausdrückt.

Dadurch erreiche ich innerhalb von relativ kurzer Zeit (wie kurz, hängt immer vom Pferd ab) eine Kommunikation über den Strick, bei der das blosse Anheben des durchhängenden Stricks und eine leichte Bewegung (vorwärts, seitwärts, rückwärts) des durchhängenden Stricks ausreicht, um mein Pferd zu bewegen.

Grundsatz ist aber natürlich, diese Sache in so kleinen Schritten wie möglich zu erklären und eben nicht mit beiden Füssen in den Druck hineinzuspringen.
Dazu beginne ich, indem ich mit beiden Händen am Strick entlangstreiche, die eine Hand geht zum Halfter bzw Strickhaken, die andere Richtung Schulter.
Dabei spanne ich den Strick zwischen den Händen und wenn meine Hände ihre Position gefunden haben, warte ich erst mal ab. Ohne etwas zu wollen.
Alleine das ist in den Trockenübungen für die meisten schon unglaublich schwer. Die Hand am Halfter kommt an und zieht sofort.
Nur da sein, nur den Kontakt aufzunehmen, nur eine gemeinsame Balance zu finden, in der man sich gegenseitig anlehnt und ohne große Muskelspannung oder Aufwand gemeinsam stehen - ist schon eine größere Herausforderung.

Wenn ich und das Pferd gemeinsam da sind und ich merke dass das Pferd dem keinen Widerstand entgegenbringt, dann kann ich anfangen, diese gemeinsam gefundene Balance zu stören, indem ich aus meiner Schulter heraus einen Impuls gebe, der das Pferd dazu bringt, sich rückwärts zu bewegen.
Ich glaub Cännsi kann hierzu was erzählen  ;) - diese Bewegung ist für umstehende nicht zu sehen, der Impuls ist ausserordentlich fein, und dennoch sehr machtvoll.
So fein kann ich nur sein, wenn das pferd zuhört. Tut es das nicht, wird das Ganze mit etwas mehr Kontakt ablaufen, aber das Prinzip ist das selbe.

ich fange immer mit Rückwärts an, weil es für das Pferd einfacher ist. Und weil es schon die erste Übung ist.

Wichtig ist, dass ich nur den Impuls setze. Ich lasse das Pferd nicht zurückgehen. Ich richte es nicht zurück, ich schiebe nicht. Ich störe seine Balance und es geht einen Schritt zurück, um sich auszubalancieren. In dem Moment wo es beginnt sich zurück zu orientieren, lasse ich schon komplett los und :click:
ich möchte die Balance vom Pferd nicht in dem Sinne stören, dass es sich vor dem Umfallen ausbalancieren muss. Es soll nicht hilflos sein, es soll in Folge mit Balanceveränderungen selbständig besser klarkommen.
Es wird seine Muskeln so organisieren, dass es in dieser Bewegung selbst leicht bleiben kann und weich.

Und hier sind wir bei dem nächsten Prinzip:
Ich initiere eine Bewegung. Durch die Wiederholung weiss das Pferd schon bald, was kommt. Und kann nun die Bewegung vorwegnehmen (antizipieren), das ist erlaubt und erwünscht. Und weil es die Bewegung nun selbständig ausführt, ist sie frei von der Spannung, die ich als Reiter sonst oft hineinbringe, wenn ich mit meinen Hilfen den Rahmen vorgebe (wie zb beim Rückwärtsrichten).

das gleiche Prinzip wende ich beim Zurückfüttern an. Das Pferd geht selbständig rückwärts, um an das Futter zu kommen. Dadurch kommt eine ganz andere Bewegungsqualität bei heraus als wenn ich es über die Hand vor der Brust zurückschiebe.
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #9 am: 17. Juli 2011, 12:51:32 »
Frage: Erst Fragen hierzu oder erst weiterschreiben?
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verena
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #10 am: 17. Juli 2011, 19:15:16 »
Danke Heike! :keks: Ich finde es wahnisnnig schwierig das alles in Worte zu fassen, finde auch , daß es klar rüberkommt :cheer:
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #11 am: 17. Juli 2011, 19:42:18 »
Auch von mir ein :keks:! Ich habe mich ja in letzter Zeit nochmal durch zwei von drei Kurland-Büchern gelesen und gerade wieder mit den DVDs angefangen. Bei der Masse an Information tut mir so eine "Zusammenfassung", die es auf den Punkt bringt sehr gut! :thup:
Viele Grüße,
Esther
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #12 am: 17. Juli 2011, 21:52:15 »
Boaahhh Heike!!!
So ne Arbei! Toll, dass Du die die Zeit genommen hast!!
 :keks: :keks: :keks: :keks: :keks: :keks: :keks: :keks:
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verena
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #13 am: 17. Juli 2011, 22:55:55 »
Habe angeregt durch Deine Zusammenfassung heute bei der Stricktechnik wieder vermehrt auf das Spannen des Stricks und die bone rotation geachtet und darauf den richtigen Kontaktpunkt zu finden und tatsächlich viel feinere und schönere Reaktionen bekommen. Tut immer wieder gut back to the roots zu gehen.... :rotw:
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solera
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Re:Sinnhaftigkeit Kurland-Übungen? Was steckt dahinter?
« Antwort #14 am: 18. Juli 2011, 14:43:25 »
also... ich weiß jetzt nicht wie ihr das verinbart habt mit zuerst fragen oder zuerst weiterschreiben... ich picke mal raus was ich nicht ganz so verstehe.

vorweg mal: der einstieg und die grunprizipien sind klar. ich versteh auch, dass zunächst alles vom boden aus erklärt wird. Ich versteh die grunprinzipien der klassischen handarbeit – als trick für die „t'ai chi wall“ wäre noch das erden über die balancepunkte (akupressur niere 1) direkt hinter den fußballen zu erwähnen wodurch man wurzeln schlägt. hilft ungemein beim "nicht verschoben werden" und ist seeehhhr interessant beim reiten wenn man mal weiß, dass das der einzige punkt am fuß ist, der es mir erlaubt ohne bewusst daran zu denken, den klammerreflex der zehen auszuschalten und man der einfachheit halber seinen steigbügel ebenda platziert.
"Follow the Feel" - Folge dem Gefühl - ein Prinzip, das im NH auch angewandt wird (zumindest die Worte - der Inhalt ist glaub ich ein anderer) ist das, was es für mich ganz gut ausdrückt.
Nein, same thing, man schickt praktisch einfach energie zum pferd mit der man es a) wegschickt oder b) holt. Es geht beim seilwacheln nämlich eigentlich darum, dass ich dem pferd beibringe meine energie zu lesen.
Dadurch erreiche ich innerhalb von relativ kurzer Zeit (wie kurz, hängt immer vom Pferd ab) eine Kommunikation über den Strick, bei der das blosse Anheben des durchhängenden Stricks und eine leichte Bewegung (vorwärts, seitwärts, rückwärts) des durchhängenden Stricks ausreicht, um mein Pferd zu bewegen.
Mag jetzt provokant klingen, aber bitte wo ist dann der unterschied zum NH?

Nur da sein, nur den Kontakt aufzunehmen, nur eine gemeinsame Balance zu finden, in der man sich gegenseitig anlehnt und ohne große Muskelspannung oder Aufwand gemeinsam stehen - ist schon eine größere Herausforderung.
Das verwundert mich mal gar nicht. Es gibt einen grund warum ich aus prinzip mit 2 zügeln arbeite. Ich habe es oben schon ausgeführt wie es aussieht wenn man mit nur 1 zügel (hier 1 strick) nach innen eine hilfe (resp. Parade) gibt. Und natürlich sieht man die in der bewegung deutlicher, dass ich das gewicht auf die außenschulter knalle als im stand trotzdem ist es so - dank simpler physik. Und ich hab auch verstanden, dass ihr da nur mäßige paraden gebt (stichwort halten statt ziehen) dennoch – so fein es auch ist – veranlasst diese „anfrage“ dass die innenschulter in der vorwärtsbewegung gehemmt wird und das pferd von der weg driftet. Dem wird normalerweise mittels außenzügel entgegengewirkt. Man vergleiche dazu das gangbild eines pferdes das in [ironie] wunderschönster [/ironie] manier innen abgespielt wird. Man sieht eigentlich fast immer eine taktstörung am inneren vorderbein wenn das vorschwingen des beins zeitgleich mit der „parade“ kommt – es sei denn das pferd hat gelernt TROTZDEM zu laufen.
Das mit dem rückwärts finde ich ein wenig verwunderlich, wo man doch davon ausgeht, dass rückwärts einen höheren versammlungsgrad braucht als vorwärts und das hinterbein mehr hankenbeugung zeigen „sollte" verwunderlich in dem sinne, dass sonst doch so viel wert auf kleinschrittigkeit gelegt wird. Aber gut ist ja an sich egal ob vorwärts oder rückwärts.
ich möchte die Balance vom Pferd nicht in dem Sinne stören, dass es sich vor dem Umfallen ausbalancieren muss. Es soll nicht hilflos sein, es soll in Folge mit Balanceveränderungen selbständig besser klarkommen.
Es wird seine Muskeln so organisieren, dass es in dieser Bewegung selbst leicht bleiben kann und weich.
Gut, aber da sind wir doch genau da wo ich vorhin hin wollte – wo mir doch noch alle gesagt haben, dass ich das nicht verstehe -  frei übersetzt: ich bringe eine bewusste balancestörung rein, damit das pferd sich DANACH leichter tut, ich hab das wort „umfallen“ ja auch bewusst unter anführungszeichen gesetzt. Für das pferd ist es das – wenn auch im kleinen rahmen. Es ist doch schließlich allgemein bekannt, dass die mehrheit der pferde wenn man sie aus der balance bringt ebendieser hinterher laufen – und das sind auch balanceverschiebungen, die in etwa im selben grad ausfallen. Nur wenige ausnahmen bleiben stehen um sich wieder zu sammeln.
Aber sagen wir mal ich versteh das nicht - trotzdem ist dieses prinzip für mich(!) unverständlich! Warum in aller herrgotts namen soll ich die balance eines angehenden reitpferdes herausfordern? die mehrheit der angehenden reitpferde ist nun mal nicht mit einem quadratisch, praktisch, gutem körper gesegnet, dessen tiefer schwerpunkt ein natürliches gleichgewicht ermöglicht, sondern sind schiefe mulis, die schlicht und ergreifend hilfe brauchen ihren körper zu sortieren. wenn ich also dem pferd stattdessen ein gefühl von „das ist deine mitte“ vermitteln kann, ist das doch viel schlauer. Ich räume ein, dass man dafür schon ein bisschen wendungen reiten können muss, aber im sinne des pferdes ist es allemal.
das gleiche Prinzip wende ich beim Zurückfüttern an. Das Pferd geht selbständig rückwärts, um an das Futter zu kommen. Dadurch kommt eine ganz andere Bewegungsqualität bei heraus als wenn ich es über die Hand vor der Brust zurückschiebe.
Ich gebe schon zu, dass die idee nett ist, allerdings lad ich dich gerne ein mein pferd zurückzufüttern. das einzige was du kriegst ist rollkur in perfektion. Der geht mit dem kopf gar nicht mehr weg von der brust – nur zurück weicht er nicht 1mm. Das geht mit nasenlinie in der waagrechten - völlig problemlos. Ja, das ist eine andere bewegungsqualität, aber ich persönlich würde in dem fall die wählen wo ich das pferd zurückschicke und nicht zurückfüttere. Weil ich ein bisschen druck als das geringere übel einschätze als mit eingerolltem hals nach hinten schicken.
Mein persönliches fazit: ich hab's schon verstanden! In meinen augen ist es unlogisch und nicht sonderlich pädagogisch wertvoll. Ich kann's am boden noch halbwegs nachvollziehen, aber reiten funktioniert nun mal nicht mit nur 1 zügel – noch dazu wo ich verfechter der theorie bin, dass selbst wenn ich mit beiden zügeln arbeite mit deren hilfe lediglich der rahmen vorgegeben wird und der rest der arbeit mittels sitz und schenkel erfolgt. Ich brauche auch ab und an zügelhilfen, aber es ist mir bewusst, dass ich in solchen momenten schlichtweg versagt habe, weil der rest meiner hilfengebung ungenügend war.

« Letzte Änderung: 16. März 2015, 09:54:14 von Muriel »
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