Clickerforum

Clickertraining im Alltag => Medical Training, Pflege und Versorgung => Thema gestartet von: pepper_mill am 11. Dezember 2016, 15:28:22

Titel: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 11. Dezember 2016, 15:28:22
Huhu ihr Lieben,

folgendes "Problem": Ich clickere mit meiner jungen Stute seit Anfang November.

Sie macht in der Box und auch auf dem Hofgelände sehr gut mit und ist konzentriert und eifrig bei der Sache. Ich war anfangs total begeistert von unseren Fortschritten und dachte, dass ich den Schlüssel "zum Erfolg" nun endlich gefunden hätte. So, nun würde ich doch gerne mit ihr auf dem Reitplatz arbeiten, um einfach mehr Optionen zu haben als in der beengten Box. An der kurzen Seite des Platzes ist ein Paddock, in dem zur Zeit eine junge Stute steht, die verletzungsbedingt von der Herde separiert werden muss. Es handelt sich um eine Stute, mit der meine Stute in der Herde relativ viel "zu tun" hatte.
Natürlich schreit diese Stute jetzt sofort nach meiner, wenn sie sie sichtet und meine Stute springt natürlich voll darauf an. Alles auch kein Thema, solange die Stute im Paddock draußen bleibt und für meine Stute sichtbar an der kurzen Seite steht. Dann begrüßt sie die Stute kurz, die beiden kraulen sich gegenseitig und meine Stute kommt danach wieder zu mir zurück und arbeitet normal mit (sie kann aber theoretisch jeder Zeit wieder weg). Damit hätte ich also auch kein Problem und das ging die letzten Tage gut.

Tja, jetzt hat die andere Stute aber heute heraus gefunden, dass sie meine Stute wieder zu sich locken kann, indem sie kurz außer Sichtweite geht und dann wieder kommt. Sprich, sie geht einfach kurz ums Eck in ihre Box -> meine Stute merkt das sofort, egal, ob sie mit dem Hintern zu ihr steht oder nicht und rennt dann direkt im Galopp an die kurze Seite und brummelt aufgeregt nach ihr.  Sobald die andere Stute dann wieder raus kommt, ist die Welt in Ordnung und meine Stute will wieder zu mir abdrehen und zu mir kommen -> daraufhin geht die andere Stute wieder außer Sichtweite und meine Stute dreht wieder panisch zu ihr ab. Das Ganze führte heute dann dazu, dass meine Stute die kurze Seite nicht mehr verließ und keine Lust mehr aufs Training hatte.

Ich würde mal sagen: Die andere Stute ist nicht doof. Sie hat ganz schnell gelernt, wie sie meine Stute steuern/beeinflussen kann. Leider klingelt's bei meiner Stute bisher noch nicht - sie meint wirklich jedes Mal (!) aufs Neue die Welt geht unter, wenn die andere Stute nicht mehr sichtbar ist. Ich dachte eigentlich immer mein Pferd sei relativ intelligent, aber inzwischen zweifle ich doch etwas daran. *hust* Das Hauptproblem sind Pferdebegegnungen außerhalb der Herde mit mir (-> jedes Pferd, das sie kennt und sich unter ihren Augen von ihr weg bewegt/außer Sichtweite gerät, löst mehr oder weniger Panik aus). Geht sie selbst aktiv mit mir weg bzw. verlässt mit mir ein anderes Pferd, ist das kein Problem. Sprich, ich kann sie immer schon problemlos von der Weide holen (sie würde auch ohne Strick und Halfter mitkommen). Schwierig ist es nur dann, wenn sie das Gefühl hat, man lässt sie zurück (z.B. "alleine im Stall/in der Box bleiben", während die Herde raus darf etc.).

Konzentriertes Training kann ich so auf dem Platz natürlich absolut vergessen.

Nun weiß ich nicht so richtig weiter....hatte überlegt einfach nochmal einen Schritt zurück zu gehen und ein paar Wochen nur noch in der völlig verriegelten Box mit ihr zu arbeiten (damit jaaa keine Reize von außen hinzu kommen....) und es außerhalb nochmal von vorne zu versuchen, wenn wir insgesamt gefestigter sind und die Beziehung zu mir noch besser ist.  :-\ Mir ist letztlich schon klar, dass das Pferd nicht "schuldig" ist und es nichts bringt emotional zu werden, aber trotzdem bin ich irgendwie etwas frustriert und zweifle momentan ein wenig, ob ich mit dem ADHS-Pferd jemals "richtig" trainieren kann  ???.

Jetzt ist es aktuell die Stute, ein anderes Mal (damals war ich noch Horsemanship-mäßig unterwegs), waren es Reiter, die sich vom Hof die Straße entlang weg bewegten, Pferde auf der Weide, die an den Platz grenzt oder Pferde, die unter ihren Augen vom Hof weg geführt werden und neulich beunruhigten sie sogar aufgeregte Pferde am wirklich weit entfernten Nachbarhof, die sie aufgeregt wiehern hörte und als "Punkt" in der Ferne sah - sie lässt sich da unglaublich beeinflussen und nimmt auch jede Anspannung und Angst beim anderen Pferd sofort (!) auf. Neulich war sie  kurz in der Box zum Fressen während vor ihrer Box ein anderes Pferd verladen wurde, das ängstlich reagierte und ein paar Mal die Rampe runtergeplumpst ist (stieg nicht gleich ein, die Besitzerin wurde etwas lauter und man spürte halt, dass es sich etwas hoch kochte) > meine Stute ist vor lauter Panik schier über die Boxentüre geklettert und wollte nur noch weg....ich konnte gerade noch verhindern, dass sie abspringt.

So, und nu? Was mach ich denn mit solch einem Spezialfall? Es ist so schade, dass sie sich selbst so im Weg stehen muss.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Muriel am 11. Dezember 2016, 18:02:35
Wie wird sie nochmal gehalten? Wie ist ihre Wohn/Herden/Gruppensituation? Hat sich da in der letzten Zeit etwas verändert?
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 694 am 11. Dezember 2016, 18:12:46
Hallo Pepper mill, wie wäre es wenn ihr neben der separieren Stute trainieren würdet? Dann müsste sie nicht nach euch schreien und um die Ecke gehen und deine nicht die ganze Zeit zu ihr hin rennen. Die Ablenkung wäre hier höher als in komplett abgeschirmter Box aber vielleicht noch nicht zu hoch. Da würde ich trotzdem nur was einfaches üben was schon gut sitzt. Trotzdem wird es wahrscheinlich so sein dass die Übung nicht so gut klappt wie in der Box aber das muss es ja auch nicht. Bleibe mit Ruhe dabei und belohne sehr hoch.  Erwarte nicht zu viel wenn du die Anforderungen steigerst. Von isolierter Box zu Reitplatz mit wieherndem Pferd ist es ein gewaltiger Sprung. Vielleicht auch erstmal vor der Box, ....
wie du allgemein in dein Pferd mehr Ruhe und Sicherheit bringen kannst weiß ich allerdings nicht. Das muss wahrscheinlich wachsen.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Mimmilein am 11. Dezember 2016, 20:20:03
Für den aktuellen Fall wäre die Frage, ob es möglich wäre die andere Stute im Außenbereich zu halten? Sprich durch Heu dort oder die Box mal kurz zu machen o.ä.
Ansonsten echt schwierig.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Buschpony am 11. Dezember 2016, 20:32:19
Direkt neben der "schlauen" Stute zu trainieren wäre auch mein erster Gedanke...

Trennungsangst ist eine schwierige Sache. (Fehlende Intelligenz hat damit bestimmt nichts zu tun... ;) ) Deiner Stute die nötige Sicherheit zu geben, die sie braucht, um entspannt bei dir zu bleiben, kann viel Zeit benötigen. Und womöglich viele unterschiedliche Ansatzpunkte. Dazu gehört Gesundheit, angemessene Fütterung, Stabilität in der Gruppe, berechenbare Tagesabläufe, berechenbare Trainings. Ich selbst unterstütze dann gerne auch mit Bachblüten und/oder Homöopathie.
Gutes Gelingen auf dem neuen, positiven Weg!

Beste Grüße,
Dörte.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: hyxc am 11. Dezember 2016, 23:38:43
Ich werfe mal Kopfsenken in die Runde. Hast du das schon geübt? Natürlich in der Box ohne Ablenkung anfangen, am besten auch gerne so hoch verstärken, dass es als "Bettelverhalten" eingesetzt wird.

Ansonsten würde ich auch einfach so nah bei der anderen Stute trainieren, dass die nicht wegläuft. Ob Heu beim "Hier-Bleiben" ausreichend verstärkend für die andere Stute ist und das "Herlocken" deiner Stute für die andere Stute nicht die tollere Belohnung ist, ist die Frage... Vielleicht kann man auch einfach eine Absperrung machen für die Zeit deines Trainings, so dass die andere Stute nicht um die Ecke außer Sichtweite gehen kann? Das wäre wahrscheinlich die entspannteste Lösung. Kommt halt drauf an, ob es überhaupt möglich und überhaupt gewünscht und erlaubt ist von der anderen Besitzerin und den SB.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 12. Dezember 2016, 01:00:33
Danke für die Tipps. Ich muss mich mal schlau machen, ob weg- oder auch aussperren umsetzbar ist. Prinzipiell dürfte es möglich sein, weil die Stute die ersten Wochen nach der Operation komplett in der Box verbracht hat und auch nicht aufs Paddock konnte (sprich, es muss schon möglich sein, da dicht zu machen).

Wie wird sie nochmal gehalten? Wie ist ihre Wohn/Herden/Gruppensituation? Hat sich da in der letzten Zeit etwas verändert?

Mal stichpunktartig :D :
- die Stute ist vier Jahre jung und in ihrem Leben leider schon 5x umgezogen -> im jetzigen Stall sind wir erst seit Juli 16
- Pferdeanzahl im aktuellen Stall gesamt: 20-25; Stuten + Wallache getrennt -> vorwiegend Rentner und Junggemüse
- ruhige Lage/wenig Trubel (Reha-/Rentner-/Zuchtbetrieb...)
- im Sommer 24h Weide (rieeeeeeeeesige Flächen, Gras bis Ende November nicht kurz gefressen)
- im Winter steht die Stutenherde auf einem Paddock am Stall bis es dunkel wird; Ausnahme: Freie Sicht (kein Nebel), gut gefrorener Boden oder eine dichte Schneedecke -> Weide/Koppel (letzte Woche z.B. standen sie auf der Koppel)
- es wird 3x täglich Heu gefüttert, eine Fütterung momentan eben mittags auf dem Paddock
- nachts fülle ich ihr das Heunetz zusätzl. zur normalen/losen Heuration, so dass sie keine langen Fresspausen hat
- Boxengröße ca. 6,5m auf 6,5m, Einstreu: Stroh

Kopfsenken sitzt schon sehr gut. Es ist ihre Lieblingsübung und ich wende es sehr häufig an.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 694 am 12. Dezember 2016, 09:34:19
Ich denke dann musst du ihr Zeit geben. Es ist alles zu neu, zu unsicher für sie. Sie muss erst sich und ihren Platz im Stall/ Herde finden. Das dauert und wenn dort häufigere Wechsel sind wird es vielleicht auch nie ganz entspannt für dein Pferd.
Du kannst diese Probleme nicht wegclickern. Dafür ist das Clickertraining nicht da. Akzeptiere sie, versuche genau hinzusehen und Lösungen zu finden. Habt Spaß zusammen in dem Rahmen der euch offen steht. Öffne ihn Schritt für Schritt zusammen mit deinem Pferd. Wenn sie merkt du bist ein fester berechenbarer und schöner Teil in ihrem Alltag wird sie sich immer mehr mit dir entspannen können.
Deshalb würde ich oftmals an sicheren Orten üben um immer mehr Verlässlichkeit rein zu bringen und dann auch immer wieder mal testen wie es wo anders aussieht. Bleib am Ball und lass dich nicht entmutigen!
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Buschpony am 12. Dezember 2016, 11:10:03
Genau so!  :uschreib:

Beste Grüße,
Dörte.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Mimmilein am 12. Dezember 2016, 12:33:45
 :uschreib:
Hast du schon mal versucht auf dem Platz zu trainieren wenn dort noch ein anderes Pferd ihrer Herde ist? vielleicht gibt ihr das dann auch nochmal Sicherheit.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 12. Dezember 2016, 13:10:46
Danke.
Ja, es sind leider tatsächlich viele Wechsel in der Herde.  :-\  Ihr habt sicherlich recht - ich muss ihr einfach etwas Zeit geben.

Das "Problem" bei meiner Stute ist, dass sie sich immer sehr eng und intensiv an 1-3 Pferde bindet, was dazu führt, dass diese total abhängig von ihr werden. Das war bisher tatsächlich in jeder Herde so.

Was die Sache an diesem Stall auch noch etwas erschwert hat, war die Tatsache, dass ich ihr nach dem Unfall im Beritt erst mal komplett Ruhe auf der Sommerweide gegönnt hatte. Im Beritt stand sie zuletzt in Einzelhaft und sie war soooo unendlich happy wieder in einer Herde zu stehen. Sprich, ich habe die Maus die erste Zeit überhaupt nicht von der Herde getrennt und erst mal ankommen lassen. Ihr tat diese Auszeit auch wirklich gut. So stand sie von Juli bis ca. September komplett draußen, ohne dass sie von mir belästigt wurde. Die Weiden sind nicht direkt am Stall und der Stall selbst war zu dem Zeitpunkt für meine Stute kein "Zuhause", weil sie 24h auf der Weide verbrachte und erst im Juli einzog (die kommen im Sommer nur gaaaanz selten mal in ihre Boxen). Ich denke, da hätten selbst ältere Pferde bei der Trennung von der Herde etwas aufgeregt reagiert. Wir haben das langsam geübt und am Schluss war sie oben am Stall ganz entspannt.

Der Schmiedtermin (Sammeltermin) eskalierte aber total (Schmied ist prinzipiell kein Problem bei ihr, aber sie war total überfordert mit den schreienden Pferden, die alle hoch zum Stall gebracht wurden...dann wieder runter geführt wurden, während sie oben bleiben musste....das war zu viel und ich hatte natürlich wieder einen explodierenden Vulkan am Seilende - alle machten große Augen und meinten nur "was ist denn mit deiner plötzlich los? Spinnt die?" etc. joa, das Übliche halt...der verrückte Fuchs. Ich war bedient.). Ich kann das alles nachvollziehen und "verstehe" ihre Reaktionen, aber was mache ich denn in solchen Fällen mit meinem Futterbeutelchen und dem Clicker in der Hand? Doof aus der Wäsche gucken? Ich muss sagen, dass ich mich während ihrer Ausbrüche mit der Horsemanship-Methode "sicherer" gefühlt habe, weil ich im gewissen Rahmen die Kontrolle behielt. Mit dem Clicker fühle ich mich der Sitution doch eher ausgeliefert.

Beim letzten Schmiedtermin letzte Woche hatte ich vorgesorgt und mir gleich den 1. Platz geschnappt (so dass sie dieses raus/rein und hin und her der anderen Pferde noch gar nicht so registrierte), im Voraus nochmal gezielt das Stehen an genau der Stelle geübt, wo der Schmied arbeitete und es klappte alles gaaaanz entspannt. Ich bemühe mich auch, es ihr so angenehm wie möglich zu machen und lerne natürlich dazu. Wie gesagt, ich weiß, dass alle übersteigerten Reaktionen von ihr aus Angst und Panik entstehen, aber ich kann sie leider nicht komplett in Watte einwickeln. Mein Problem ist eben, dass ich auch nicht immer vorher weiß, was ihr "zu viel sein könnte" und was zu einem Ausbruch führt. Sonst würde ich ja direkt schon vorsorgen und zusehen, dass ich die Bedingungen möglichst günstig gestalte. Wir leben aber leider in keinem Schuhkarton und ich kann halt auch nicht alles voraus sehen.

Ich stelle mir eben die Frage, ob das Clickern mit solch einem nervigen Pferdetyp überhaupt sinnvoll und dauerhaft möglich ist oder ob in dem Fall eine Kombination mit Horsemanship vllt. doch sinnvoller und zielführender wäre....? Zumindest hatte ich bei der Arbeit mit der Westerntrainerin immer mehr das Gefühl, es unter Kontrolle zu haben und das fehlt mir aktuell irgendwie.  :shy: Aber wahrscheinlich muss ich da einfach durch...

Ach, ich weiß auch nicht. Irgendwie ist alles so kompliziert mit ihr - ich bemühe mich so sehr es und angenehm für sie zu machen und am Ende hat sie doch wieder einen ihrer panischen Ausbrüche und ich kann wieder bei 0 anfangen. Wahrscheinlich bin ich gerade einfach nur frustriert über mein eigenes Unvermögen. Sie kann ja nichts dafür und ärgert mich nicht absichtlich (das ist mir alles klar)....aber irgendwie tut's trotzdem "weh", weil ich mir wirklich Gedanken mache und ihr nichts Böses will. Ich habe beide Pferde an verschiedenen Ställen. Die Stute steht weiter weg...ich fahre jeden Tag hin und übe mit ihr und mein Wallach kommt wegen ihr schon total zu kurz. Mit meinem unkomplizierten Wallach könnte ich ganz harmonisch und freudig arbeiten - einfach so!!!....Sprich, ich hätte eigentlich auch schönere Alternativen als mich mit dem verrückten Huhn abzugeben, aber ich bemühe mich trotzdem um sie - und am Ende war alles wieder umsonst. Gestern bin ich auf dem Weg zu ihr gegen einen (kleinen!) Baum gefahren und mich hat es in eine Wiese geschleudert (es war glatt)...bin dann selbstständig wieder auf die Straße gekommen - dann komme ich endlich an und dann ist die Sache mit der Stute auf dem Platz....näää, echt, da war meine Laune natürlich im Keller (hätte mir die Fahrt dahin auch sparen können und mein Auto wäre wohl auch noch ganz heil)....joa, irgendwie ist alles wieder mal total ernüchternd. Ich weiß, ich weiß...das sind alles Emotionen und Dinge, für die die Stute ja nichts kann. Ich rede mir das auch immer wieder ein, aber ich bin ja auch nur ein Mensch...naja, es gibt Schlimmeres. Sind ja letztlich alles Luxusprobleme, über die ich mich hier ausheule.

Nun gut, heute machen wir Basics in der Box, damit ich hoffentlich wieder etwas positiver gestimmt bin und dann nehmen wir nochmal einen neuen Anlauf. *ooohmmmmm*  :omm:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: eboja am 12. Dezember 2016, 14:04:00
Zunächst mal: :hug: :knuddel2: :hug: :kraul: :hug:

Ich kann Deinen Frust sooo gut nachvollziehen! Mein Wallach hat diverse "Probleme", eines davon ist, dass er sich regelmässig in der Halle total stresst und "gefährdet fühlt". Und dann ist nicht viel von / mit ihm zu wollen, weil er mental einfach nur damit beschäftigt ist, zu prüfen, wo welche Gefahr droht. Er ist jetzt seit 6 Jahren bei mir und auch immer "in" der gleichen Halle, aber die Probleme damit habe/hatte ich die ganze Zeit über. Es wurde immer mal wieder besser und dann wieder schlechter, und das frustriert sooooo. Im Moment haben wir eine richtig gute Phase, und ich hoffe natürlich, dass die diesmal der Durchbruch ist und ich es endlich geschafft habe, die Halle für ihn zu entgruseln. Aber insgeheim bereite ich mich mental darauf vor, dass es auch wieder anders werden kann, damit ich in dem Fall dann nicht zu sehr ins tiefe Loch falle.
Das nur, damit Du mir glaubst, dass ich Deinen Frust wirklich nachvollziehen kann.


Der Schmiedtermin (Sammeltermin) eskalierte aber total (Schmied ist prinzipiell kein Problem bei ihr, aber sie war total überfordert mit den schreienden Pferden, die alle hoch zum Stall gebracht wurden...dann wieder runter geführt wurden, während sie oben bleiben musste....das war zu viel und ich hatte natürlich wieder einen explodierenden Vulkan am Seilende - alle machten große Augen und meinten nur "was ist denn mit deiner plötzlich los? Spinnt die?" etc. joa, das Übliche halt...der verrückte Fuchs. Ich war bedient.). Ich kann das alles nachvollziehen und "verstehe" ihre Reaktionen, aber was mache ich denn in solchen Fällen mit meinem Futterbeutelchen und dem Clicker in der Hand? Doof aus der Wäsche gucken? Ich muss sagen, dass ich mich während ihrer Ausbrüche mit der Horsemanship-Methode "sicherer" gefühlt habe, weil ich im gewissen Rahmen die Kontrolle behielt. Mit dem Clicker fühle ich mich der Sitution doch eher ausgeliefert.
Du hast ja schon eine perfekte Lösung gefunden: das Problem möglichst umgehen, indem Du gleich als erste dran bist! Und genau sowas wird in solchen Fällen die Lösung sein: die Situation über Management so gestalten, dass es für sie okay bzw. auszuhalten ist.

Sicher, das geht nicht immer und v.a. kannst Du nicht immer voraussehen, wann sie womit Probleme haben wird. In den Fällen heisst es (für Dich!) ein Stück weit "Augen zu und durch", d.h. irgendwie versuchen, die Situation mit ihr gemeinsam zu überstehen. Und die blöden Kommentare der anderen auszublenden! Bzw. sie zu bitten, die schreienden Pferde eben wieder zurück zu bringen, neben ihr stehen zu lassen, bis sie fertig ist, und dann alle gemeinsam wieder weg bringen.
Da ist dann Deine Phantasie gefragt: was ist jetzt in diesem Moment zu verändern, dass die Situation deeskaliert?

Zitat
Ich stelle mir eben die Frage, ob das Clickern mit solch einem nervigen Pferdetyp überhaupt sinnvoll und dauerhaft möglich ist oder ob in dem Fall eine Kombination mit Horsemanship vllt. doch sinnvoller und zielführender wäre....? Zumindest hatte ich bei der Arbeit mit der Westerntrainerin immer mehr das Gefühl, es unter Kontrolle zu haben und das fehlt mir aktuell irgendwie.  :shy: Aber wahrscheinlich muss ich da einfach durch...
Mit jedem Pferdetyp ist Clickern möglich und sinnvoll! Vielen Pferden hilft es in stressigen Situationen, eine Art "Schnuffeltuch" (safety blanket) zu haben, was oft das Handtarget ist. Das ist ein Verhalten, was in entspannten Situationen sehr, sehr, sehr, sehr, sehr oft positiv bestärkt wurde, und auch dann, wenn das Verhalten "ungefragt" vom Pferd angeboten wird. Wenn das eine sehr lange Belohnungshistorie hat, hilft es den Pferden, dieses "positive Gefühl" auch auf stressige Situationen zu übertragen und ihnen da besser durch zu helfen. Und es kann ein Signal vom Pferd an Dich sein, dass es ihr jetzt langsam zu viel wird. Zu dem Thema schreibt ja vielleicht Tine noch was, sie hat da sehr viel Erfahrung mit ihrer Stute.

Beim Horsemanship sieht es oft viel schneller viel besser aus. Das Pferd tut, was es soll, es steht ruhig da (z.B.). Aber das sichtbare Verhalten ändert nichts an den Emotionen, die unter der Oberfläche brodeln. Und wenn man Pech hat, dann explodiert der Dampfkochtopf irgendwann und es ist vorbei mit "braves Pferd steht ruhig da". Beim Clickertraining versucht man, nicht nur das nach außen sichtbare Verhalten zu verändern, sondern auch die Emotionen in der jeweiligen Situation. Das dauert zwar länger, ist aber auch nachhaltiger. Und je nach Pferdetyp ist man halt mit dem Horsemanship sehr schnell an den Grenzen, weil das Pferd den Stress, den es in der Situation erlebt, einfach nicht aushalten kann. Oder man muss so viel Druck erzeugen, dass die meisten Menschen über ihre Wohlfühlzone gehen müssten (sprich: dem Pferd ernsthaften Schmerz zufügen) und/oder das Pferd in eine erlernte Hilflosigkeit treiben, bei der es zwar "brav aussieht", aber auch einfach komplett innerlich abgeschaltet hat und nur noch irgendwie funktioniert.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 12. Dezember 2016, 14:05:06
Ich würde das nicht als Luxusproblem bezeichnen. Es ist euer beider Problem. Da ihr schon einiges durchgemacht habt und sie beim Menschen leider auch schon einiges Doofes erfahren musste, orientiert sie sich momentan lieber an den Pferden.

Zu der Sache mit dem Schmied kann ich nur sagen, dass die anderen Pferde garantiert gerne genauso reagiert hätten, wie sie. Nur sie trauen es sich nicht, weil sie wissen, dass es Ärger gibt, also schreien sie "nur" - Stichwort: Erlernte Hilflosigkeit. Wenn ein Pferd da erstmal richtig drin steckt, kriegt man es nur ganz schwer wieder zurück. Das ist nicht schön :-X
Vllt kannst du dich ja erstmal mit den anderen Einstellern arrangieren, dass ihr immer zuerst dran seid oder jemand mit einem ruhigen Pferd mit dir zusammen den Termin war nimmt.

Mit der Zeit wird es anders werden. Die Stute vom SB, die ich als RB habe, war anfangs sehr extrem. Ich habe sie am Putzplatz (~10m vom Paddock) angebunden und sie ist nur hin und her gerannt und hat gewiehert. Putzen war echt gefährlich, weil auch noch 4-fach beschlagen. Schmied wurde immer unter Sedierung gemacht usw. Inzwischen kann sie überall auf dem Hof unangebunden ruhig neben mir stehen und die letzten Termine beim Schmied gingen problemlos ohne Sedierung, wenn ich dabei war.
Wenn du dich in so einer Situation hilflos fühlst, fühlt sich dein Pferd auch so. Gib euch beiden eine Aufgabe. Trainiere wie oben schon gesagt irgendetwas so extrem, zB Nasentarget, dass dein Pferd es unbedingt will. So kann man die auch gut aus Situationen wieder rausholen, wenn sie sich zB irgendwo feststarren.

An deiner Stelle, wäre ich ehrlich gesagt nach deinem Autounfall hingefahren, hätte ihr Hallo gesagt und wäre wieder nach Hause gefahren, weil ich viel zu aufgewühlt und zittrig gewesen wäre, um zu trainieren. Denn Emotionen kann man nicht einfach ausschalten oder überspielen. Pferde merken und spiegeln alles :roll: ;) Dann lieber nicht trainieren, das Training unterbrechen und überdenken oder ganz abbrechen, als dem Pferd aus seinen eigene Emotionen heraus Unrecht zu tun. Es dauert etwas bis man sich selbst so reflektieren kann, ich kann es leider auch noch häufig nicht :( aber man lernt ja nie aus und je weniger häufig man in diese Falle tappt, desto leichter verzeihen die Pferde einem :kraul: :hug:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: noothe am 12. Dezember 2016, 20:35:12
Erstmal :hug::trost1: :sauf:

Zu dem beschriebenen "Problem" ansich wurde glaub ich das wichtigste schon geschrieben. Gutes Management hilft über echt vieles hinweg und ist oft noch viel wichtiger, als Training. Wie schon gesagt wurde, so banal es auch klingen mag, und so wenig andere Pferde damit Probleme haben, oder Reaktionen zeigen, oder oder oder - wenn deine Stute Angst/Stress hat, dann ist der für sie real, und an erster Stelle steht, sie so wenig wie möglich in diese Situationen zu bringen. Der zweite Punkt ist dann, ihr Verhaltensalternativen beizubringen - was natürlich nur in Situationen geht, in denen sie eben noch nicht gestresst ist.

Edit: Ups, zu früh abgeschickt, Rest kommt im nächsten Post!
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: noothe am 12. Dezember 2016, 20:47:53
Ich finde leider gerade nicht die Ruhe, was komplett ausführliches zu schreiben, aber vielleicht magst du mal die ersten Posts im Krümelinentagebuch lesen, sobald du in den Mitgliederbereich kannst :shy: Wir sind auf jeden Fall auch Meister im managen von diversen Dingen, und alles was du schreibst kommt mir sehr bekannt vor. Von daher kann ich bei den anderen unterschreiben: es wird besser (aber wahrscheinlich nie so, wie mit deinem Wallach).

Aber was ich dir versprechen kann ist, dass du ihr mit dem Clickern auf eine Weise helfen kannst, mit der Welt klar zu kommen, die dir keine Form von Horsemanship geben kann. Denn du hast die Möglichkeit ihr beizubringen, sich selbst zu helfen (und nicht nur zu ertragen!). Das ist keine Sache von ein paar Wochen und dann ists gut, sondern viele kleine Schritte über eine lnage Zeit, sicherlich auch begleitet von Rückfällen... Aber ihr seid gerade erst am Anfang. Sie ist erst 4. Sie steht erst seit kurzem im aktuellen Stall. Die negativen Erfahrungen aus dem Beritt sind noch nicht lange her - und in Einzelhaft stehen kann ein Pferd langfristig traumatisieren, und da braucht es mehr als ein paar Monate Herde um wirklich sicher zu sein, dass die anderen Pferde nicht plötzlich wieder verschwinden...

Vielleicht kannst du ihr ja über den Winter noch mehr Herdenzeit gönnen. Nur jeden zweiten Tag üben, und an den anderen Tagen die Zeit mit deinem Wallach genießen und die Seele erholen. An den anderen Tagen meinetwegen zum Nasekraulen hinfahren und ne Stunde mit in die Box setzen und kraulen, aber nichts wollen, üben, trainieren. Und dann gezielt gucken, was wirklich sein muss (wie mit der Hufbearbeitung) und gucken, wie du die Situation so gut wie möglich entstressen kannst. Zeit heilt vieles, und Alter auch. Das hab ich bei meiner Stute schon so oft gemerkt :shy:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 694 am 13. Dezember 2016, 08:23:22
Gib dir selbst auch etwas Zeit. Es hört sich so an als ob du sehr ergeizig bist und es unbedingt richtig machen möchtest ( was ja auch schön ist). Und das AB JETZT.  Aber nicht du kannst das Tempo vorgeben sondern nur dein Pferd. Man spürt deine Anspannung durch den post. Was ich auch super nachvollziehen kann und das soll auch jetzt keine Anklage sein  :-*. 
Vielleicht ist es erstmal wirklich sinnvoll nur dreimal die Woche zu üben und ansonsten nur da sein. Sie beobachten, ein bißchen putzen und sich an ihr erfreuen. Schau dir mal wieder ihre schönen Eigenschaften an. Erzähl ihr wie toll sie ist, was ihr später mal zusammen unternehmen werdet.....
du denkst wahrscheinlich   na super, so komme ich ja nie weiter. Aber manchmal bringt ein Rückschritt erstmal die Möglichkeit überhaupt wieder nach vorne klar sehen und gehen zu können. Trau dich loszulassen!
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Fritzi am 13. Dezember 2016, 09:24:32
Und loslassen ist ein Gewinn. :knuddel2:
Ich finde es schön,wie du deine eigenen Empfindungen wahrnimmst. :nick:
Mach Dir dein Zusammensein mit dem Pferd schön und ihr werdet es beide genießen. Pferdezeit ist Freuzeit :hug:  :cheer:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Snoopy am 13. Dezember 2016, 17:16:40
Ich finde du bist schon auf einem super Weg! Mit der Zeit wirst du ein immer besseres Gefühl entwickeln, welche Sachen deine Stute stressen könnten und wirst die auch immer besser managen können. Und ich find den Tipp, nur jeden zweiten Tag mit ihr zu trainiern und an den anderen Tagen dich voll um deinen Wallach zu kümmern auch sehr sinnvoll. Dann stehst du selber weniger unter Druck und hast mehr Ressourcen frei dich aufs Training zu konzentrieren.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 14. Dezember 2016, 19:29:48
Huhuuu,

erst Mal: Danke für die Tipps und eure Mühen! Ich kann viel mit euren Ratschlägen anfangen und glaube auch, dass die Kritik in weiten Teilen berechtigt ist. Ich werde sie mir zu Herzen nehmen.

Heute sieht die Welt eh schon wieder ganz anders aus. Erstens hatte ich gestern eine super Einheit in der Box mit einem hoch motiviertem Pferdchen und zweitens habe ich heute auf dem Platz mit ihr einfach nur an der kurzen Seite geübt (wo die andere Stute steht) und mich dann nach und nach entfernt. Schon war die Stute gar nicht mehr so wichtig und fast vergessen. Zum Glück, denn ich kann die Stute leider definitiv nicht weg sperren  :-\ . Ich denke, das wird sich mit ein paar weiteren Einheiten auf dem Platz von ganz alleine erledigen. So waren die ersten Male des Wiedersehens wohl einfach etwas aufregend für die beiden und sie scheinen sich langsam an die Situation zu gewöhnen.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: noothe am 14. Dezember 2016, 19:36:15
 :click:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 14. Dezember 2016, 20:32:47
 :thup: Das hört sich doch super an
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Buschpony am 14. Dezember 2016, 22:05:15
Prima!  :D :keks:

Beste Grüße,
Dörte.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 18. Dezember 2016, 01:46:52
Sooo....ich muss euch nochmal neeeerven. Sorry.

Es geht um Folgendes: Meine Stute ist vom Typ her einerseits zwar etwas grell und nervig (sprich, sie baut sehr schnell Körperspannung auf, schnorchelt, zuckt etc.), zeigt sich auf der anderen Seite aber überaus wunderfitzig und durchaus "mutig" (Gegenstand Y sieht gruselig aus -> eeeigentlich hab ich Angst *schnorchel* *aufpluster*....aaaandererseits: "Ich will da uuuunbedingt hin" *los panzer*). Ihre Tendenz dorthin zu ziehen, wo sie es besonders gruselig findet, finde ich per se nicht so verkehrt bzw. begrüße ich es, wenn sie sich damit auseinandersetzen möchte, aber es kippt dann halt auch schnell mal und ich bin nur noch Luft. Das heißt, sie geht selbstständig auf Abenteuerreise, manövriert sich irgendwo rein (weil sie sich das ja unbedingt genauer angucken muss) und merkt dann "oh oh, das ist mir ne Nummer zu heiß" und dann folgt die Explosion/Entladung.

Mittels Horsemanship-Methode hatte ich damit eigentlich kaum mehr Schwierigkeiten. Ich habe sie immer strikt auf ihre Position beim Führen geschickt (mit Druckstufensystem bzw. "Strickwackeln") und wenn es irgendwo brenzlig wurde, konnte ich sie mir so auch gut vom leib halten -> dann hüpfte sie eben im Abstand zu mir mal rum und gut war's. Die Regel war auch: Sie darf sich Dinge angucken bzw. wir gehen dorthin, aber ich entscheide das und so haben wir eben nicht jeden Tag den selben Eimer genauer untersucht, der da ständig steht....

Jetzt bin ich ja in der Situation, dass ich "nur noch mit positiver Verstärkung" arbeiten möchte und ich habe das Gefühl, dass seither das Chaos ausgebrochen ist. Sie geht eben wieder vermehrt auf "Erkundungstour". Sprich, ich will geradeaus laufen, sie folgt brav, sieht dann aber links einen Eimer stehen....schwupps....zieht sie mich dorthin, inspiziert neugierig den Eimer und hat mich komplett vergessen. Oder sie fängt an Deko abzubauen oder sonstigen Mist zu machen. Ist dann noch nen Grasbüschel daneben, ist alles zu spät. Dann komme ich wirklich nur mit kleinem Ruck am Halfter weiter (Gras ist einfach sehr verführerisch). Teils läuft sie wie ein Trüffelschweinchen mit mir über den Hof und biegt dorthin ab, wo es am tollsten riecht oder am spannendsten aussieht. Z.B. stand sie neulich mitten auf dem Misthaufen und war kurz davor sich da rein zu werfen und gestern hat sie sich spontan fast vollständig selbst verladen (weil da zufällig ein offener Hänger rum stand). Also...ja, doch..."Chaos" trifft es gerade ganz gut. Ich meine, auf dem Hof bzw. am Stall ist das alles nicht soooo tragisch, weil wir die 10 Meter vom Paddock zum Platz dann doch irgendwie schaffen, aber auf Dauer kann das so natürlich nicht laufen.
 :-X

Zudem muss ich eine Lösung finden, wie ich das Training "beende". Sie lässt sich nur noch ungerne zurück aufs Paddock bringen und beim Training in der Box versucht sie mir den Weg nach draußen abzuschneiden, wenn ich gehen will - ich komme dann nur noch mit Trick raus: so gehe ich erst nach rechts an ihr vorbei, woraufhin sie sich mitdreht und sich dann quer vor mich stellt und dann gehe ich ganz schnell nach links und an der HH vorbei, um raus zu kommen. Öhm ja. Mir ist schon klar, dass das alles mit Trainer-Fehlern zusammenhängt (für sie ist es eine Bestrafung, wenn ich ihr die Möglichkeit auf Futter entziehe -> wenn ich gehe oder sie zurück aufs Paddock kommt, ist das also für sie negativ besetzt), aber mir fehlen die Lösungsansätze. Hmmm.

Auch zweifel ich gerade, ob ich es ohne Trainer vor Ort schaffen kann wieder aus dem Chaos herauszufinden...
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Sanhestar am 18. Dezember 2016, 07:24:03
Ich habe mal Deinen Text kopiert und meine Antworten rein geschrieben (bin nicht soo gut mit Zitaten...)

Jetzt bin ich ja in der Situation, dass ich "nur noch mit positiver Verstärkung" arbeiten möchte und ich habe das Gefühl, dass seither das Chaos ausgebrochen ist.

Es ist kein Chaos ausgebrochen, ihr zwei seit in einem natürlichen Entwicklungsschritt zwischen Unterdrückung von unerwünschtem Verhalten mittels Horsemanship und trainieren von erwünschtem Verhalten mittels Clickertraining.
Das hat jeder von uns erlebt, dass die Pferde, sobald sie verstehen, dass sie eine Wahl und eine Stimme haben, beides anfänglich sehr deutlich und intensiv nutzen. Nicht ausnutzen, aber nutzen!

Ist ein bisschen so, als wärest Du Jahre in einem Land, in dem Du die Sprache nicht verstehst und dann auf einmal triffst Du jemanden, mit dem Du Dich unterhalten und alles teilen kannst, was Du erlebt hast, tun möchtest, nicht verstanden hast…..

Ich war mal für 6 Wochen in Indonesien als junge Frau. Ich habe damals zwar gut Englisch gesprochen, aber die Indonesier waren zwar nett, aber nur wenige sprachen fliessend Englisch. Bis ich Baha Indonesia gut genug sprach, war das eine ziemlich einsame Existenz. Auf Bali traf ich nach ca. 4 Wochen eine Deutsche, die dort auch in Urlaub war und wir saßen, zwei komplett Fremde, stundenlang im Cafe und haben über Gott und die Welt gesprochen. Einfach nur glücklich, die vertraute Sprache und die gewohnten Denk- und Verhaltensmuster um sich zu haben.


Sie geht eben wieder vermehrt auf "Erkundungstour". Sprich, ich will geradeaus laufen, sie folgt brav, sieht dann aber links einen Eimer stehen....schwupps....zieht sie mich dorthin, inspiziert neugierig den Eimer und hat mich komplett vergessen. Oder sie fängt an Deko abzubauen oder sonstigen Mist zu machen. Ist dann noch nen Grasbüschel daneben, ist alles zu spät. Dann komme ich wirklich nur mit kleinem Ruck am Halfter weiter (Gras ist einfach sehr verführerisch). Teils läuft sie wie ein Trüffelschweinchen mit mir über den Hof und biegt dorthin ab, wo es am tollsten riecht oder am spannendsten aussieht. Z.B. stand sie neulich mitten auf dem Misthaufen und war kurz davor sich da rein zu werfen und gestern hat sie sich spontan fast vollständig selbst verladen (weil da zufällig ein offener Hänger rum stand). Also...ja, doch..."Chaos" trifft es gerade ganz gut. Ich meine, auf dem Hof bzw. am Stall ist das alles nicht soooo tragisch, weil wir die 10 Meter vom Paddock zum Platz dann doch irgendwie schaffen, aber auf Dauer kann das so natürlich nicht laufen.
Das ist keine Dauerzustand, das ist eine momentane Entwicklung auf dem Weg zu einem Pferd, das ein toller Alltagspartner werden wird.

Was jetzt nötig ist, sind noch viel kleinere Trainingsschritte. Hier hilft z.B. die Seiltechnik von Alexandra unheimlich viel, das kleinschrittige Trainieren von Alltagsverhalten, wie z.B. auf leichteste Strickanfrage dann den Kopf hochzunehmen (dauert übrigens mehrere Monate, bis das auf jedem Untergrund zuverlässig klappt  :confused:). Auch Mattentraining bzw. das Runway-Spiel hilft sehr beim Entwickeln von Selbstbeherrschung.

Es gibt hier im Forum viele Beiträge dazu, wie man das Training auf Gras aufbauen kann. Da müsste die Suchfunktion einiges für Dich hergeben.



Zudem muss ich eine Lösung finden, wie ich das Training "beende". Sie lässt sich nur noch ungerne zurück aufs Paddock bringen und beim Training in der Box versucht sie mir den Weg nach draußen abzuschneiden, wenn ich gehen will - ich komme dann nur noch mit Trick raus: so gehe ich erst nach rechts an ihr vorbei, woraufhin sie sich mitdreht und sich dann quer vor mich stellt und dann gehe ich ganz schnell nach links und an der HH vorbei, um raus zu kommen. Öhm ja. Mir ist schon klar, dass das alles mit Trainer-Fehlern zusammenhängt (für sie ist es eine Bestrafung, wenn ich ihr die Möglichkeit auf Futter entziehe -> wenn ich gehe oder sie zurück aufs Paddock kommt, ist das also für sie negativ besetzt), aber mir fehlen die Lösungsansätze. Hmmm.

Entwickle ein Ritual für das Trainingsende. Auch das ist „normal“. Ich habe mit Xee ein ganzes Jahr darüber diskutiert, dass wir bitte auf dem Heimweg von Halle oder Reitplatz nicht nach jedem Schritt frestfrieren  :o Anfänglich war ich auch der Meinung "sie soll sich nicht so haben", bis ich dann akzeptiert habe, dass wir nun eben in einer Beziehung sind, die deutlich näher an Gleichberechtigung heran reicht, als dies beim Horsemanship akzeptabel ist.

Meine Lösung war, dass ich direkt vor dem Laufstalleingang nochmal ein paar Minuten ganz einfache Dinge übe (Handtarget, Kopfsenken), dann gehen wir in den Stall, dort darf sie mir nochmal grown-ups zeigen, dann ziehe ich das Halfter aus, wir machen noch ein paar Einheiten grown-ups und Handtarget, dann kommt eine Handvoll Futter auf den Boden (bei Dir der Trog) und ich gehe raus.

Da sie nun weiß, dass das Spielen auch noch im Paddock für ein paar Minuten weiter geht, ist das festfrieren fast weg.


Auch zweifel ich gerade, ob ich es ohne Trainer vor Ort schaffen kann wieder aus dem Chaos herauszufinden...

Hattest Du nicht vor ein paar Tagen gefragt, ob sich der Online-Kurs von Alexandra lohnt (oder verwechsle ich Dich mit einem anderen Fori)? Das sind alles Dinge, die durch die Informationen im Kurs schrittweise angegangen werden können.

Ansonsten nutz' doch die Weihnachtstage und lies' Dich durch die Trainingsthemen hier im Forum (Suchfunktion mit nutzen). Denn Deine aktuellen Stolpersteine haben fast alle Fori's hier mit ihren Pferden auch erfolgreich gelöst  :nick:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 18. Dezember 2016, 14:34:15
Ja, genau. Ich hatte nach dem Kurland Kurs gefragt und bekomme diesen auch zu Weihnachten.

Ich glaube, dass ich kleinschrittiger vorgehen muss und habe beschlossen jetzt tatsächlich vorerst nur noch in der Box zu üben. Ausserhalb ist sie zu sehr abgelenkt. Platz ist auch schier unmöglich wegen der Situation mit der anderen Stute. Da hatte ich heute erst wieder Draaaama. Das geht leider absolut nicht.

Der einzige Ort, wo ich momentan frei (ohne Strick) mit ihr trainieren kann ist die Box. Allerdings habe ich da meist das Problem, dass sie total satt ist (die kommen gegen 16.30Uhr rein und hauen sich die Mägen voll...), sodass sie mir da mit dem Clickerfutter manchmal rum mäkelt bzw. alles entgegen spuckt. Also das ist auch nicht immer sooo der Hit. Mittags ist sie motivierter. Tagsüber in die Box gehen, sie dort losmachen und die Türe schliessen führt zu Panik (die anderen sind ja draussen und sie allein im Stall). Der Paddock mit der ganzen Herde drauf ist zu beengt, um da mit Futter zu arbeiten.

Es ist alles echt blöd zu managen für mich. Ein Reitplatz, wo sie sich "normal"/"entspannt" zeigt, wäre super, aber das kann ich knicken.

Jetzt schau ich mal, wie weit ich in der Box komme und ich hoffe, dass uns der Kurs weiter bringen wird. In der Nachbarbox gestern sind übrigens (wieder mal) neue Pferde eingezogen.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Moonrise am 18. Dezember 2016, 15:38:30
Mir fällt in deinen Beiträgen noch was auf, was ich früher auch immer gemacht habe: du siehst überall nur Probleme und nur ein winzigkleines Fenster, in dem du überhaupt sinnvoll mit deiner Stute arbeiten kannst.

Mir gings früher auch so, in meinen Augen war die ganze Situation am Stall ein großes Problem, welches mich vom trainieren abhielt. Das hat mich natürlich furchtbar frustiert und wenn wir dann mal gearbeitet haben, hab ich die ganze Zeit nur drauf gewartet, dass wieder etwas passiert, was das Arbeiten unmöglich macht (bei uns zB das Auftauchen von irgendeiner Person, und das an einem Stall mit gut 100 Einstellern..). Mein Pferd und ich standen dauernd unter Strom und wir machten eigentlich nur Rückschritte, die positiven Erlebnisse waren sehr wenige. Es ging so weit, dass Ich mehrfach Leute am Stall wegen einer Bemerkung angeschrien habe, das Pferd in die Box gesteckt und heulend nach Hause gelaufen bin.

Wir haben dieses Problem mittlerweile weit hinter uns gelassen. Wie? Ich habe aufgehört, überall Probleme zu sehen ;)
Ich weiß, das klingt VIEL einfacher, als es ist und im Moment denkst du wahrscheinlich, dass das bei euch nicht klappen wird.
Aber auch das ist ein Prozess, den man beim Clickertraining durchläuft. Man fängt an, die positiven Dinge zu sehen, die negativen ignoriert man mehr und mehr oder man lernt, damit umzugehen bzw sogar zu seinem Vorteil zu nutzen.

Zum Thema "Ruck am Halfter": ich habe auch so einen Büffel der einfach mal irgendwohin zieht. Der Trick ist, für den Ernstfall zu üben wenn alles entspannt ist.
Unser Weg war so: Ich übte an einem sicheren Ort (bei euch zB die Box) das Nachgeben auf Zug am Strick. Erst stand ich neben dem Kopf, dann auf Höhe der Schulter und ging dann immer weiter nach hinten, bis ich hinter dem Pferd stand und durch ganz leichten Zug am Strick das Pferd einmal um 180° drehen konnte (das ging über Wochen hinweg bis wir soweit waren). Da ich das so hoch bestärkt habe, funktioniert das mittlerweile sogar, wenn der Herr sich erschreckt und losrennen will. Er kommt nur so weit, bis ich direkt hinter ihm stehe, dann ist der Strick zuende, er spürt den Zug am Halfter, stoppt und dreht sich um bis er wieder mit dem Kopf bei mir ist (den Ruck am Halfter habe dann nicht ich, sondern er sich selber gegeben). Klappt natürlich auch, wenn er meint, er müsse nun unbedingt irgendwas untersuchen gehen (oder Gras fressen). Je nach Situation gehe ich dann danach gemeinsam mit ihm zu dem Objekt und wir schauen zusammen - so hat er über die Zeit immer seltener die Entscheidung selber in die Hand genommen, sondern erstmal bei mir angefragt, ob wir da nicht mal gucken gehen können.

Das alles geht natürlich nicht von heute auf morgen. Dafür lasse ich dir auch mal eine Ladung Durchhalte-Kekse hier  :cookiesbig:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 694 am 18. Dezember 2016, 19:39:16
Du musst ja auch nicht gleich alles schaffen. Wenn du nochmal am Halfter ruckst oder sie einfach festhälst damit sie nicht überall hin läuft, wird sie nicht zusammenbrechen.
Natürlich ist das nicht positiv verstärkt aber das wirst du auch nicht gleich schaffen euer komplettes Zusammensein jetzt plötzlich komplett umzustellen.  Genauso wie du im Training mit dem Pferd in kleinen Schritten vorangehst, genausoviel Zeit musst auch du dir geben. Sonst überwältigt es einen und man gibt auf.
Ich würde an sicheren Orten/ Situationen im Training nur noch positiv arbeiten, im normalen Alltag vielleicht mischen damit du erstmal nicht hilflos bist und eBen das Chaos vermieden wird. Nach und nach werden dir immer mehr Ideen und Fähigkeiten zur verFügung stehen, und du kannst dann Stück für Stück immer mehr nur positiv arbeiten.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: noothe am 18. Dezember 2016, 19:44:17
:uschreib:

Die Box ist ein toller sicherer Ort für den Anfang (und für mich und meine Stute auch nach Jahren noch) - toll dass du dir den Kurlandkurs holst! Damit seid ihr sicher den Winter über gut beschäftigt :hug:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 18. Dezember 2016, 23:37:13
Danke!

Hmmm, ihr habt vieles gesagt, was definitiv zutrifft. Ich bin etwas übermotiviert ins Training gestartet, weil die Stute prompt sehr positiv aufs Clickern ansprach. Dadurch, dass wir sehr viele Baustellen haben, die ich gerne angehen möchte (die Stute ist das, was man unter "Problempferd" einsortieren kann), habe ich das Gefühl etwas den Faden verloren zu haben. So habe ich einige Übungen etc. angefangen, aber irgendwie keine so richtig klare Linie mehr verfolgt/verfolgen können. Daher hoffe ich, dass uns der Kurland-Kurs etwas "an die Hand nehmen" kann.

Dazu kommt, dass ich den Anspruch hatte nun - am besten "sofort!" - von negativer Verstärkung und positiver Strafe komplett auf positive Verstärkung und negative Bestrafung umzuschwenken. Auch deshalb, weil mir von mehreren Seiten gesagt wurde, dass man beide Methoden nicht vermischen sollte (in Sadys Buch wird das auch super erklärt...Stichwort "Crossover-Pferd"). Nun stelle ich aber fest, dass das im Alltag für mich (als "Anfänger") nicht umzusetzen ist, und bin schnell frustriert. Wie ihr schon richtig sagt - ich muss es als Prozess sehen. Wir sind ja noch ziemlich am Anfang. Ich werde nicht alles von heute auf morgen erreichen können und ich weiß auch gar nicht, warum ich mich nun so stresse. Vermutlich tut es uns beiden besser, wenn ich meine Ansprüche insgesamt runter fahre und nicht mehr mit zu großer Erwartungshaltung zum Pferd gehe. Vielleicht wären zur Auflockerung auch mal ein paar "Spaßübungen" hilfreich, um die Verbissenheit wieder etwas zu lösen. Ich habe vorhin den neuen Artikel von Marlitt Wendt gelesen und mich sofort wieder erkannt ("Die perfekte Zeitverschwendung")...

Was ich nicht so ganz unterschreiben kann, ist der "Vorwurf" (nicht negativ gemeint!) Probleme zu machen, wo keine sind.
Meine Stute wurde mir nicht grundlos als "unreitbarer, unberechenbarer und gefährlicher Problemfall" (mit dem Rat das Tier doch besser zum Metzger zu bringen..) aus dem Beritt übergeben. Ich glaube, dass sich die meisten Leute das nicht vorstellen können, die noch nie mit solch einem Pferd zu tun hatten. Das ist eine völlig andere Welt. Diese Stute ist durch ihre Unsicherheit und Sensibiität in Kombination mit unglaublichen körperlichen Möglichkeiten und einem ordentlichen Schuss Temperament/Feuer halt nicht ganz "ohne". Dinge, über die man sich mit normalen Pferden gar keinen Kopf macht, weil sie total banal erscheinen, sind für meine Stute schon eine riesige Herausforderung. Wenn sie mal austickt, ist das einfach ein völlig anderes Kaliber als ein 0-8-15 Pferd, das mal "ein bisserl" nervös oder unruhig wird. Dieses Pferd ist dann quasi nur noch in der Luft, die Hufe sind überall, der Körper in alle Richtungen verdreht und man weiß selbst nicht mehr, wo oben und unten ist beim Pferd. Ich bin durch sie so was von abgeklärt und ruhig geworden...wenn man diese Stute erlebt hat, schockt einen nichts mehr so schnell. Hektisch werde ich nur noch dann, wenn ich merke, sie bringt sich gerade selbst oder andere in Gefahr. Da ich keine Therapien oder Behandlungen ernsterer Verletzungen bei ihr vornehmen lassen werde, würde das automatisch ihr Aus bedeuten.

Im Gegensatz zum Horsemanship habe ich momentan leider nur noch die Möglichkeit während ihrer Explosionen "weg zu gehen" bzw. aus der Schusslinie zu schlurfen, die Ausbrüche abzuwarten und sie dann halt wieder einzusammeln, wenn ich gefahrlos wieder ran kann (so ist's z.B. momentan auf dem Platz, wenn sie wegen der anderen Stute überschnappt...da brauche ich nicht daneben stehen, sonst habe ich am Ende nen Huf im Hirn). Es war bisher auch nicht so, dass ich im Voraus bei jedem Pups dachte "ohhh, da muss ich aufpassen, weil die Stute wieder kopflos werden könnte", sondern ich bin unbedarft in die Sch**** gedappt und habe den Vulkanausbruch dann halt in Horsemanship-Manier abgefangen, aber diese Option ist ja jetzt gestrichen.

Als Clicker-Mensch bin ich quasi gezwungen noch vorausschauender zu agieren, weil ich - wenn sie dann erst mal im Hysterie-Modus angelangt ist! - im Extremfall halt total aufgeschmissen und "machtlos" bin, sofern ich den Einsatz von positiver Bestrafung und negativer Verstärkung möglichst umschiffen möchte. Klar, im Zweifel geht meine Sicherheit immer (!) vor, aber wenn ich öfter zu bestimmten Mitteln greifen muss, ist das nicht vertrauensfördernd und mein bisheriges Training war am Ende für die Katz. Natürlich sehe ich jetzt also deutlich mehr Probleme im Umfeld/in der Umgebung als zuvor, aber das wird beim Clickern fast schon "gefördert". Denn ich bin als Trainer schliesslich dafür verantwortlich möglichst optimale Trainingsbedingungen zu schaffen und somit muss ich automatisch ein Bewusstsein dafür entwickeln, was für meine Stute problematisch werden könnte und muss entsprechende Vorkehrungen treffen. Da in ihrem Fall quasi fast "alles problematisch" ist, ist's nur selten möglich wirklich "ernsthaft" und konzentriert mit ihr zu trainieren. Ich spekuliere aber darauf, dass sich das "bessern" wird, umso gefestigter unser Training im "sicheren Umfeld" (Box) wird. Also ist der Plan jetzt quasi so oft und so lange wie möglich auf "sicherem Terrain" zu üben und dann Stück für Stück Umweltreize dazu nehmen...und die Dinge, die sich halt im Alltag nicht umschiffen lassen (sie muss sich von A nach B führen lassen bzw. besteht ihr Leben halt nicht nur aus dieser Box..), werde ich irgendwie "intuitiv" lösen müssen.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Muriel am 18. Dezember 2016, 23:51:50
Ich empfehle Dir ziemlich dringlich ;) in der Pause mal das /die Tagebücher von noothe/Chance zu lesen.   :nick:

und ansonsten gilt immer: safety first! Im notfall arbeitest du hinter einer Absperrung. Und übst rudimentäre Dinge, die Euch Routine und Sicherheit im Augenblick bringen.
So wie ich das verstehe hat sie ja genügend Auslauf mit der Herde, insofern ist der Bewegungsaspekt nicht so dringlich.

Good Luck! :thup:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: noothe am 19. Dezember 2016, 00:03:13
:hug:

So ganz kurz vor der Pause (die ihr hoffentlich auch mit vielen schönen Dingen verbringt!) mag ich dich noch mal ganz fest virtuell drücken, so von "Problem"pferd-Besi zu "Problempferd"-Besi. Ich glaube, was gemeint war, ist, dass man, je mehr Aufgaben das Pferd halt mitbringt - ich übe seit nun fast 7 Jahren am Führen ohne Ausbrüche und wir sind, mal wieder, bei wenigen Metern - umso leichter lässt man sich davon abhalten coole Dinge zu machen, die Spaß machen.

Es gab Zeiten da habe ich auf dem Weg zum Stall nur daran gedacht, was ich alles dringend üben muss, damit die Krümeline gefahrlos im Stall gehändelt werden kann, damit der TA sie untersuchen kann etc. Und dann habe ich irgendwann die Notbremse gezogen, sie in einen Stall gestellt in dem sie eben nicht von jemandem geführt oder angefasst werden muss, wir haben nur eine Hufbearbeiterin des Vertrauens und ich versuche so viel zu lernen wie ich kann, für den ZA haben wir eben einen mit Blasrohr gefunden etc.

Dafür hatte sie riesigen Spaß am Anreiten (und ich auch) und ich musste mich regelrecht dazu zwingen uns das zu erlauben und eben nicht die 1000 wichtigen Dinge zu üben... Gut, das fällt gesundheitlich auch schon lange flach, aber mit dem Clickertraining kann man extrem viel erreichen! Sogar eine Hufrehe haben wir gemeinsam geschafft! Und ich war drei Monate im Krankenhaus und musste alles ohne Vorbereitung anderen überlassen.

Also, auch wenn es komisch klingt - versuch in den kleinen Einheiten das "Problempferd" zu vergessen, und deinen Clickersuperstar zu genießen!
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 01. Januar 2017, 19:13:50
Huhu,

jetzt habe ich den Thread auch wieder gefunden. :)
Vorweg: Ich bedanke mich ganz arg für eure Tipps und Ratschläge.

Da die Situation mit dem Platz nicht zu ändern ist, habe ich das Training nur noch auf die Box und den Hof (vor der Miste, um die Miste und in Richtung Siedlung) verlagert. Da wir sowieso sehr viel Basisübungen machen müssen bzw. bei -10 angefangen haben, war der Platz nun auch nicht zwingend nötig. Ich habe mich da wohl etwas zu sehr reingesteigert *zugeb*. Ruhiges Stehen + Putzen, Deckeanziehen, Körpertargets, Matte, Medical Training etc. kann man ja prinzipiell überall üben. Daher mache ich einfach das Beste daraus und gucke, was geht und was nicht. So sind wir in letzter Zeit sehr gut gefahren und haben uns wieder gefangen. Ich glaube, wir sind jetzt auf einem ganz guten Weg.

Heute haben wir uns spontan an die Plane getraut. Dazu muss ich sagen, dass das Pferd sehr bodenscheu ist und ihr solche Dinge normalerweise schwer fallen, deshalb bin ich wirklich ganz besonders stolz auf sie! Ich glaube aber auch, dass sie durch das Mattentraining die letzten Wochen etwas generalisiert hat - sprich, sie sah die Plane wohl eher als Bodentarget/"Matte" und stiefelte direkt darauf, weil sie wusste, es gibt einen dicken Jackpot dafür. War jetzt scheinbar gar nicht mehr so als "Gruseldingens" in ihrem Kopf verankert (obwohl sie dann doch mal kurz reinbeißen und schnorcheln musste ;) ). Runtergehen ist dann natürlich fast immer schwieriger als rauf (wird daher auch immer kräftig belohnt).
 :cheese:

(http://i15.photobucket.com/albums/a394/amolein/Pferde/Honigbiene/Plane02_zpsayd829o3.jpg)
(http://i15.photobucket.com/albums/a394/amolein/Pferde/Honigbiene/Plane03_zpszykxeapt.jpg)
(http://i15.photobucket.com/albums/a394/amolein/Pferde/Honigbiene/Plane04_zpsts5avemm.jpg)
(http://i15.photobucket.com/albums/a394/amolein/Pferde/Honigbiene/Plane01_zps3loow6ue.jpg)

Fazit: Wir hangeln uns irgendwie durch. Irgendwas kann man immer üben und der Spaß steht momentan im Vordergrund (bringt ja nichts sich dauernd zu verkopfen, weil man eine laaaange Liste mit Problemen hat, die man alle - am liebsten auf einmal - "lösen" möchte...). Schritt für Schritt.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: noothe am 01. Januar 2017, 19:18:41
Ja genau :five: Und manche "Probleme" lösen sich dann von ganz alleine  :cheer:
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 909 am 01. Januar 2017, 20:57:39
Dem kann ich mich nur anschließen.
Durch diese Grundlagen-Übungen stärkt sich die Bindung so sehr, dass sich vieles von selbst erledigt.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: pepper_mill am 01. Januar 2017, 23:21:53
 :hug:
Genau so ist es. Wir haben jetzt schon sooooo viele Fortschritte gemacht, die zwar nicht unbedingt messbar sind im Sinne von "hat Lektion/Übung XY "gelernt"", die aber für mich trotzdem sehr viel bedeuten. Am deutlichsten zeigt sich der positive Effekt unserer Trainingsumstellung in unserer Beziehung. Das Fuchserl war immer schon ein personenbezogenes Pferd, allerdings mit einer gewissen...Distanz....dabei. Ich hatte ständig den Eindruck im Umgang mit ihr, dass da zwei Herzen in ihrer Brust schlugen....einerseits "Neugier, Offenheit, Abenteuerlust (zeig mir was von der Welt)", andererseits "Misstrauen, Skepsis...die Sorge, der Mensch am anderen Seilende könnte ihr im letzten Moment doch noch an die Kehle wollen". Damit stand sie sich immer schon selbst im Weg (unterstellt wurde ihr schon viel: "Will nicht", "ist prinzipiell dagegen", "ist halt ne Diva", "Leistungsverweigerer"). Diese "Skepsis" zeigte sich darin, dass sie Berührungen nicht akzeptieren wollte (Meideverhalten), sie bei zu geringer Distanz zum Menschen unruhig/hibbelig wurde und bei gewissen Bewegungen sofort zurück schreckte (als wäre sie regelmäßig von mir verprügelt worden...was definitiv nie der Fall war!). Und trotz aller Bemühungen war diese "Grundskepsis" nie völlig aus ihr herauszubekommen (es besserte sich stückweise über die Jahre (im Fohlenalter deutlich schlimmer als dreijährig), verflog aber nie vollkommen), was letztlich sehr oft darin endete, dass sie an irgendeinem Punkt "Nein" sagte und blockte (weil Mensch = Feind/Angreifer).

Diese "Mauer" bröckelt jetzt allmählich immer mehr und wir rücken dichter zusammen. Ich glaube, es liegt vor allem daran, dass wir a) endlich eine Form der Kommunikation gefunden haben, die für sie absolut verständlich ist und b) dass ich insgesamt berechenbarer für sie geworden bin. Auch die Komponente Stress spielt im Training keine Rolle mehr...zumindest, wenn es optimal verläuft (sowohl bei der Arbeit nach Parelli als auch beim Reiten/im Beritt zeigte sie deutliche Stresszeichen (Kopfschütteln, mit dem Hinterbein aufstampfen, Schweifpinseln, Schwitzen etc....das ist jetzt alles wie weg geblasen). Früher waren wir bestenfalls bei "oookay, ich ertrage es/schlucke es" angelangt und heute macht sie Dinge absolut freiwillig und ist mit sehr viel "Spaß" und Motivation dabei. Ich wusste immer schon, dass sie prinzipiell "mitarbeiten will", aber ihr diese Angst/Sorge/Skepsis im Weg stand. Mir ist klar, dass es noch ein weiter Weg sein wird bis das Vertrauensgerüst so stabil ist, dass es uns auch bei Wind und Sturm zuverlässig "trägt", aber die Umstellung aufs Clickern hat mir die Erkenntnis gebracht, dass dies definitiv mit diesem Pferd möglich sein wird. Und schon allein diese Gewissheit, dass es tatsächlich funktionieren kann (auch mit diesem "Problemfall"), beruhigt mich.

Sehr geholfen hat der Stute wohl auch allein das Bewusstsein, dass sie theoretisch jeder Zeit gehen kann, wenn es ihr zu "heiß" wird (das meiste mache ich mit ihr frei in der Box ohne Strick und ohne Halfter). Wir sind deutlich enger zusammengerückt, seit dies so zwanglos abläuft und für mich auch der "Dominanz-Gedanke" weg fällt. Sprich, ich nehme vermeintliches Fehlverhalten jetzt nicht mehr "persönlich" im Sinne von "das Tier will mir gerade meinen Rang streitig machen/es respektiert mich nicht". Dies erzeugte bei mir wiederum Stress und endete in noch mehr "Druck", mit dem ich die Distanz zwischen ihr und mir (ungewollt) letztlich noch weiter wachsen ließ. Dies wird mir erst jetzt immer bewusster.

Es ist interessant zu spüren, dass ich quasi erst mal "loslassen" musste (Freiraum geben), um diese Stute näher an mich "binden zu können". Egal, wie weit wir am Ende kommen werden bzw. wie viele "messbare Erfolge" wir im Verlauf erzielen können - mir hat die Zeit mit ihr und dem Clicker ;) jetzt schon extrem viel gebracht. Ich habe sehr viel gelernt und erfahren (auch über mich selbst) und so kann ich jetzt schon sagen: Die Entscheidung für diesen Weg (Clickertraining) hat sich für mich bereits jetzt schon absolut gelohnt.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: noothe am 01. Januar 2017, 23:28:28
Das hast du super schön zusammengefasst :herzbrille: Ihr braucht unbedingt ein Tagebuch, ich mag noch viel mehr von ihr lesen. Wie heißt deine Stute (oder wie nennst du sie?) - ich finde die Pferde werden hier mit ihren Namen erst so richtige greifbare Persönlichkeiten  :) Auch wenn einige tatsächlich Alias-Namen haben, was auch vollkommen ok und dennoch total passend ist.
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Ehemaliges Mitglied 981 am 02. Januar 2017, 22:24:31
Ja, ich will Euer Tagebuch auch lesen!!!
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Moonrise am 04. Januar 2017, 12:14:27
Ach das freut mich richtig, das zu lesen  :dops:

Und das Stütchen ist ja auch noch ein richtig hübsches  :cheese: in ein Tagebuch von euch würde ich als stiller Mitleser auch gerne reingucken  :)
Titel: Re: Optimale Trainingsbedingungen schaffen (Problemfall)
Beitrag von: Snoopy am 10. Februar 2017, 23:50:25
Sehr, sehr schön wie ihr euch zusammengerauft habt  :keks: Ich glaub, ihr werdet noch sehr viel erreichen und ich freue mich auch sehr für deine Stute, dass sie jetzt offensichtlich einen Menschen gefunden hat, der endlich auf eine auf eine Art und Weise mit ihr kommuniziert, die ihr zusagt. Über weitere Berichte würde ich mich auch freuen!