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Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd

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Ehemaliges Mitglied 747
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Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« am: 04. Oktober 2014, 18:25:35 »
Hallo zusammen,

nachdem meine bisherige RB sehr überraschend verkauft wurde und mir 6 Monate intensive Clickerarbeit mit diesem großartigen Pferd quasi ohne Vorwarnung aus den Händen gerissen wurden, hab ich jetzt seit kurzem die Möglichkeit im Stall mit einem rohen Jungpferd clickern zu dürfen und damit die Grunderlagen zu erarbeiten (Besitzerin fühlt sich selbst etwas überfordert mit ihr und lässt mir quasi freie Hand).  Das Stütchen ist hochmotiviert aber in vielerlei Hinsicht leider völlig grenzüberschreitend.

Sie schnappt beim Führen (auch in den Hals-/Nackenbereich beim Menschen :-\) drängelt an einem vorbei und schneidet einem konsequent den Weg ab. Wenn man dann auf sein „Platzrecht“ besteht  und die eigentliche Strecke weiter geht,  legt sie die Ohren an und droht blitzschnell mit der Hinterhand. Ich hab bisher immer abgebrochen an der Stelle und sie neu positioniert, kann mir aber gut vorstellen, dass sie auch zutreten würde, wenn man das ausreizt.  Ähnliche Baustellen beim Longieren und Hufe geben.

Ich hab sie nun die letzten 3 Wochen „angeklickert“ und sie ist wie erwartet  mit viel Leidenschaft bei der Sache. Ich hab mit klassischen Nasentarget und Kopf tief angefangen. Sie bietet unglaublich viel an, zeigt aber null Frustrationstoleranz, wenn es nicht nach ihrem Tempo geht und wird bei nicht kleinschrittig aufgebautem Training sofort übergriffig.

Ich hab mich bemüht in der ersten Zeit jetzt möglichst neutral mit ihr zu arbeiten (also eher deeskalierend und versucht jegliches Fehlverhalten nicht zu beachten) um zu sehen, was Stand der Dinge ist und wo ich sie abholen kann.

Mit Ausnahme von zwei Situationen: Einmal beim Führen hat sie nicht nur geschnappt sondern richtig zugebissen, da gab es reflexartig mit ordentlichen Schmackes die Longe vor den Latz geknallt. Sie hat sich zu Tode erschrocken, hat darauf hin aber die restliche Zeit auch höfflichen Abstand gehalten.
Und das andere Mal hab ich ihr beim Longieren jegliches Mitspracherecht komplett gestrichen und sie bei Drohen mit der Hinterhand ohne Ausnahme weitergeschickt. Sie hatte dadurch wesentlich mehr Stress als sonst, und ein glückliches Pferd sieht anders aus -da bin ich ehrlich zu mir selbst-,  war  im Umgang danach aber auch wieder viel vorsichtiger und hat mich nicht bedrängt oder attackiert. Ergo = Strafe bzw. negative Verstärkung waren in beiden Situationen ziemlich effektiv.

Nun gehen mir  dadurch viele Gedanken durch den Kopf: Ich weiß, dass Strafe selbstbestärkend auf den wirkt, der sie anwendet, weiß aber auch, dass sie richtig angewandt eben durchaus effektiv sein kann. Ich weiß, dass man Positive Verstärkung bestenfalls nicht mit negativer Verstärkung kombiniert und Lernen nur in stressfreiem Setting möglich ist. Andererseits ist mir das Fehlverhalten hier glaube ich tatsächlich ein bisschen zu „heiß“,  um es clickerkonform einfach zu ignorieren…?

Sie sucht die Nähe zum Menschen extrem, aber es fehlen halt irgendwie noch die Spielregeln, dass sie ihre Impulsivität nicht am Menschen abzureagieren hat. 

Gibt es jemand, der  Erfahrung  mit so grenzüberschreitenden Pferden hat? Ich sehe momentan nämlich keine Lösung mit  diesem gefährlichen Verhalten umzugehen, außer mich dagegen körperlich deutlich zur Wehr zu setzen. ???
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #1 am: 04. Oktober 2014, 18:47:09 »
Wie alt ist das Pferd?
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #2 am: 04. Oktober 2014, 18:55:13 »
Ich mag hier unbedingt mitlesen - es klingt als würdest du von unserer dunja schreiben.
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Ventura
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #3 am: 04. Oktober 2014, 19:04:08 »
So sehr ich von der positiven Verstärkung überzeugt bin und versuche, diese möglichst immer anzuwenden, bin ich trotzdem der Meinung, dass der Spaß aufhört, wenn es gefährlich wird.
Ich lasse mich nicht beißen und nach mir Treten ist ebenfalls ein absolutes No-Go. Wahrscheinlich hätte ich genauso reagiert wie du. In solchen Situationen geht Sicherheit definitiv vor. :nick:

Aber:
Du kannst sie inzwischen ein bisschen einschätzen, kennst ihre Unarten und weißt ungefähr, welche Situationen gefährlich werden können. Da kannst du ansetzen und eine möglichst ungefährliche Trainingssituation schaffen in der es möglichst wenig Gründe für sie gibt dich anzugehen. Wenn du dabei geschickt vorgehst, kannst du weitestgehend auf Strafe und negative Verstärkung verzichten, die ja nicht so effektiv sind wie positive Verstärkung. :)

Andererseits musst du dich auch fragen, weshalb sie so reagiert. Ist sie vielleicht überfordert mit dem, was von ihr verlangt wird? Wurde ihr irgendwann beigebracht, wie genau sie sich beim Führen verhalten soll? Hat sie gelernt, dass ein Mensch kein Pferd ist, dass man mal eben beißen kann, weil wir viel empfindlicher sind als die vierbeinigen Kumpels?

Ich denke, ich würde an deiner Stelle mit ganz einfachen Führübungen beginnen um ihr zu zeigen, was erwünscht ist. Außerdem würde ich das Weichen/Rückwärtsrichten üben. Das kann man ihr als lustiges Spiel verkaufen und bekommt gleichzeitig mehr Kontrolle über das Pferd, wenn man Vor- und Hinterhand verschieben kann etc.
Außerdem kannst du ihr so ohne Scheuchen etc vermitteln, dass du einen persönlichen Bereich hast, den sie bitte respektieren soll und in den sie nur auf deinen Wunsch hin eindringen darf.
Wenn das Longieren so stressig für euch beide ist, solltet ihr das vielleicht erst mal hintenanstellen bzw kleinschrittiger aufbauen. Longierst du "normal" (nach FN oder so)? Kennst du den Longenkurs von Babette Teschen? Damit wird das Longieren sehr logisch und kleinschrittig, vor allem aber ruhig aufgebaut. :thup:


Der Frage nach dem Alter schließe ich mich an, vielleicht ist die Stute ja noch zu jung um diese Leistungen zu erbringen und das ganze sieht schon viel besser aus, wenn sie noch eine Weile Baby sein darf und ihr dann nochmal neu beginnt ;)
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #4 am: 04. Oktober 2014, 19:24:02 »
Zitat
nachdem meine bisherige RB sehr überraschend verkauft wurde und mir 6 Monate intensive Clickerarbeit mit diesem großartigen Pferd quasi ohne Vorwarnung aus den Händen gerissen wurden
dazu erst mal mein Mitleid, das ist hier gerade schon mal passiert  :P :-[ :-[ :trost1:
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #5 am: 04. Oktober 2014, 19:25:31 »
Es ist halt alles viieeel leichter gesagt als getan..
Weil ich nämlich wirklich Angst hatte.. Und als ich dann ein paarmal das Longieren abgebrochen hab, weil Dunja in die MItte kam um mich anzusteigen, wars auch nicht besserm weil Pony ist schlau und Pony merkt, dass man zurück zum heu kann wenn man ein bisschen steigt.. Das war natürlich die Eskalation...

Mittlerweile weiß ich glaube ich zu wissen, dass Dunja ein seehr nettes Pferd ist, das sehr gerne alles richtig machen mag. schafft sie das nicht, ist sie schnell frustriert und wird grantig... Natürlich äußert sich das vorher in Kopfschütteln oder so, aber wenn man das Verhalten ignoriert (wie man das halt eigentlich macht) dann fühlt sie sich missverstanden und zuckt aus -> ansteigen, treten, beißen...
Ich weiß auch, dass sie zwar ein sehr gutes "free shaping" pony ist, weil sie sehr schnell was checkt.. ich weiß aber auch, dass das für sie viel Stress ist, wenn sie versucht zu erraten was ich will und dann mal kein Click kommt - ihre Reaktion darauf, siehe oben..
Sie braucht viel Führung und Anleitung um dann brav sien zu können und dann Kekse zu kassieren - dann strengt sie sich an und ist super..
Sie ist aber durchaus ein sturschädel und wenn sie nicht will, will sie nicht. Da muss man sich durchsetzen....
Ich versuche auch Peitscheneinsatz o.ä. zu vermeiden - aber eben nicht mit aller Kraft. Ich sag ihr gerne 5 mal freundlich, dass sie bitte antraben soll.. da MUSS sie nicht sofort - das kommt eh von alleine wenn es Kekse dafür gibt. Aber wenn sie auch nur irgendwie zickig ist, gibts gewaltigen anschiss (muss nicht gleich eine drüberhauen sein, aber mal ein lautes "nein") weil ich weiß wie sich das hochschaukeln kann bei ihr..
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #6 am: 04. Oktober 2014, 19:36:44 »
Wie wird das Pferd gehalten? Longieren und selbst führen finde ich für den Anfang noch viel zu viel. Der ungünstigste Fall wäre, dass das Pferd nur wenig Bewegungsmöglichkeit hat und der Besitzer für Bewegung sorgen muss. Und selbst da würde ich sämtliche Aktivitäten erstmal in geschützten Kontakt verlegen, sprich, es gibt eine Abgrenzung zwischen Mensch und Pferd, und zwar so, dass der Mensch sie schnell überwinden kann, wenn er beim Pferd ist und es übergriffig wird.

Das Pferd muss als erstes lernen, dass es nichts bringt, den Menschen zu bedrängen. Ich würde mit einem langen targetstick arbeiten und erstmal das Targetprinzip erklären, das Zurückfüttern, das "weg von mir".
nur sehr kurze Arbeitseinheiten machen (max 5 Minuten), dann Heu geben für die Pause. Die Situation sollte nicht so sein, das das einzige Essen vom Menschen beim Clickern kommt.
Dann würde ich mit Bodentargets (Matte) beginnen und mit dem Gehen um Pylonen (mit Target). Die Pylonen sollten nicht weiter als 3 Meter auseinander stehen, damit es viel Bestärkung gibt. An jedem Pylon anhalten und clicken.
Wenn eine Runde geschafft wurde, Pause, mit Gras oder Heu. Vielleicht sind zwei Runden auch schon genug insgesamt.
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #7 am: 04. Oktober 2014, 19:57:48 »
:uschreib:

Ich nenne so ein Pferd mein eigen, und kann aus Erfahrung sagen dass jegliches "zurechtweisen" o.ä. vom Menschen die Situation über längere Zeit immer weiter zum Eskalieren gebracht hat. Auch wenn es in dem Affektmoment gewirkt hat wurde sie nur immer schneller im Treten und Losreißen, und bis heute (nach 4 Jahren Arbeit) habe ich das Problem, das sie bei fremden Menschen ohne Nachzufragen wieder in den Verteidigungsmodus geht.

Ich würde auch ca. 100 Schritte zurück gehen. Hinter eine Absperrung, und ganz kurze Übungseinheiten, mit einfachen Verhalten (Kopfsenken, rückwärts).

Ohne zu wissen wie sie aktuell gehalten wird, ist es sehr schwer überhaupt etwas zu sagen. Wieviel Auslauf hat sie, und mit was für Pferden? Wie viel Futter steht zur Verfügung? Wird sie täglich von (wechselnden) Menschen von A nach B gebracht?

Das was du beschreibst war keine negative Verstärkung, sondern positive Strafe (und nicht mal das per Definition, denn das Verhalten tritt ja immer noch auf). Eigentlich einfach nur eine Affekthandlung.

Ein Problem was du schon beschreibst ist, dass du immer abgebrochen hast wenn sie dich bedroht hat. Damit möchte ich nicht sagen, dass man dann um jeden Preis durchziehen soll(!!!), aber falls sie in dem Moment nicht eh schon absolut über der Stressgrenze war (was ich vermute), dann hat sie damit schon gelernt, dass es hilft sich den Menschen so vom Hals zu halten. Für sinnvolles Training ist es wichtig, solche Situationen gar nicht erst aufkommen zu lassen (oder so selten wie möglich).

Zum Weg abschneiden -> bei jungen Pferden ist das gaaaaanz oft ein Balance-Thema, dass sie noch gar nicht so langsam neben einem her laufen können, wenn man dann noch auf der Seite läuft wo sie eh auf der Schulter hängen, dann können sie oft gar nicht anders. Das wird oft als respektlos gewertet, aber es ist fast immer eine körperliche "Unfähigkeit". Bei meiner Stute war das ganz schlimm am Anfang. Eigentlich konnte ich sie nur am Halfter führen, weil ich so am meisten Kontrolle über ihr Gleichgewicht hatte -> hätte aber wegen ihren langen Beinen nebenher joggen müssen. Wenn dann noch Aufregung dazu kommt ist das ein sehr unglücklicher Coctail.

Sorry wenn meine Gedanken etwas zusammengewürfelt erscheinen, bei der Beschreibung gehen bei mir nur inzwischen alle Alarmglocken an *seufz*
LG Tine
Krümel, Alkmene & Mucki

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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #8 am: 04. Oktober 2014, 19:59:26 »
Zitat
Zum Weg abschneiden -> bei jungen Pferden ist das gaaaaanz oft ein Balance-Thema, dass sie noch gar nicht so langsam neben einem her laufen können, wenn man dann noch auf der Seite läuft wo sie eh auf der Schulter hängen, dann können sie oft gar nicht anders. Das wird oft als respektlos gewertet, aber es ist fast immer eine körperliche "Unfähigkeit".

:uschreib:

Richtig, das wollte ich auch noch schreiben. Der Mensch geht oft viel zu langsam für das junge Pferd und erwartet dass es sich anpasst. Das geht selten gut. Und da ist es auch tatsächlich egal, ob das Jungpferd 2 oder 4 oder 6 Jahre alt ist - das Gehen mit dem Menschen muss auch gelernt werden.
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #9 am: 04. Oktober 2014, 20:07:33 »
Zitat
Zum Weg abschneiden -> bei jungen Pferden ist das gaaaaanz oft ein Balance-Thema, dass sie noch gar nicht so langsam neben einem her laufen können, wenn man dann noch auf der Seite läuft wo sie eh auf der Schulter hängen, dann können sie oft gar nicht anders. Das wird oft als respektlos gewertet, aber es ist fast immer eine körperliche "Unfähigkeit".

:uschreib:

Richtig, das wollte ich auch noch schreiben. Der Mensch geht oft viel zu langsam für das junge Pferd und erwartet dass es sich anpasst. Das geht selten gut. Und da ist es auch tatsächlich egal, ob das Jungpferd 2 oder 4 oder 6 Jahre alt ist - das Gehen mit dem Menschen muss auch gelernt werden.

Genau, das hatte ich anfangs auch gedacht bei Dunja.
Hab dann probiert, aber egal wie ich gehe, ab und zu rennt sie vor, ab und zu schendert sie daneben oder dahinter..
Bei ihr ist das ganz sicher ein "na, schauma mal ob ich heute muss" weil sie bei mir sooft dadurch dann zurück durfte , weil ich angst hatte dass sie gleich steigt oder so, wenn ich sie abdränge (das kann sie bsi heute nicht gut leiden obwohl wirs sehr stark bekeksen, wenn sie fein weicht)
bei neuen, probiert sie das einmal, wenn die dann gleich sagen "nana, madame, das geht nicht" ist das gegessen und passt.

Da ist es doch sehr wichtig das Pferd zu kennen..
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #10 am: 04. Oktober 2014, 20:12:48 »
 :nick: :nick:
Grundsätzlich ist das mit Ratschlägen und Hilfestellungen im Internet immer nur eine sehr vage Sache. Am besten ist eh immer ein Trainer vor Ort.
Ich habe auch schon Situationen gehabt, die sich in der Realität völlig anders dargestellt hatten als in der Beschreibung. Und dementsprechend war auch die Ursache bzw die Vorgehensweise eben anders als vorher gedacht.
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Luke
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #11 am: 04. Oktober 2014, 22:29:31 »
3 Wochen sind nicht viel Zeit. Ich habe Jahre sehr kleinschrittig alles aufgebaut. Erst jetzt wo Luke seinen Koerper sehr gut kennt  und wir sehr viele Signalwoerter bezw. Zeichen haben koennen wir ab und an Schritte ueberspringen ohne das er frustriert.  In der Kennenlernphase wuerde ich nicht viel erwarten sondern versuchen mich beliebt zu machen. Weniger alles als Arbeit zu sehen sondern eher als Spiel. Notfalls mit Zaun dazwischen.
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Ehemaliges Mitglied 747
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #12 am: 05. Oktober 2014, 01:05:24 »
Hui, da ist ja schon einiges an Antworten zusammen gekommen… :nick:

Also zu den Eckdaten: Sie ist etwas über 4 Jahre alt, lebt mit 7 Wallachen im Offenstall (also Konstellation etwas unglücklich, weil einzige Stute), sie hat aber definitiv genug Platz. Der Offenstall ist für die Herdengröße mehr als großzügig. Sie ist 2/3 des Tages auf der Weide, den Rest (also die Nacht) auf dem Paddock mit Heu.

Ich longiere sie nicht richtig (Und weil gefragt wurde: Ich habe den Longenkurs von Babette Teschen zu Hause, kenne ihn also), an Stellung und Co ist bei ihr noch lange nicht zu denken, weil eben in der Grunderziehung noch so große Baustellen sind.  Es geht mir dabei eher darum sie über Distanz bewegen zu können und das sie mit dem Prinzip „im Kreis laufen“ vertraut wird.
Aber es ist in der Tat wichtig, dass sie etwas tut weil sie a)zu dick ist und  b)die Beschäftigung braucht. Sie bedrängt quasi jeden der sein Pferd von der Koppel holt, kommt immer in die Nähe des Menschen (beim Absammeln, am Anbinder,…) und ist den letzten Wochen etliche Male ausgebrochen, was definitiv nicht am Futterangebot liegen kann, sondern offenbar daran, dass sie sich langweilt. Der ganze Stall schreit, dass sie bewegt und beschäftigt werden soll, eben weil sie das sehr deutlich zeigt.

-Ich weiß- es ist nicht wichtig was der Stall sagt, sondern das Pferd  :roll:, aber das ist durchaus auch das was sie bei mir zeigt. Ich arbeite etwa ne halbe Stunde (zusammengesetzt aus mehreren kleinen Einheiten und unterschiedlichen Übungen, nichts 30 Minuten am Stück) mit ihr und stelle ihr immer frei grasen zu gehen. Sie nutzt diese Pausen auch kommt aber nach relativ kurzer Zeit wieder völlig selbstständig und bietet sich an. Und auch nach Ende der Einheiten begleitet sie mich den kompletten Weg bis zum Tor und geht erst zurück auf die Weide, wenn sie sicher ist, dass nichts mehr zu holen ist. Ich meine, ein Pferd was mit dem Programm überfordert ist, würde das nicht tun oder?


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Das mit der Balance beim Führen ist bestimmt ein Faktor der bei der Problematik mitreinspielt (passt auch zu dem was sie an der Longe bezüglich hohler Seite zeigt), aber mir reicht das als Begründung nicht aus, weil sie ja erstens bereits gezeigt hat dass sie sehr wohl mit höflichen Abstand hinter mir gehen kann nachdem es einmal richtig geknallt hat. Ich hab sie an dem Tag bestimmt noch insgesamt 10 Minuten (nicht am Stück) geführt und sie hat nicht einmal Anstalten gemacht mich zu bedrängen, sonst kommen wir maximal 10 Meter bis sie an mir vorbei zieht. Und zweitens, auch wenn es ein Balanceproblem ist, hat sie mich nicht mit der Hinterhand zu bedrohen, sobald ich in ihren Augen ungünstig stehe?!


Ein Problem was du schon beschreibst ist, dass du immer abgebrochen hast wenn sie dich bedroht hat.

Abbrechen war das falsche Wort, ich versuche, sobald ich merke es kippt gleich, die Situation so zu verändern, dass sie keinen Anlass hat grantig zu werden. Heißt ich nehm an der Longe sofort jegliche treibende Hilfe raus (ich arbeite nur mit Stimme und Körpersprache) bzw. halte sie beim Führen an, sobald sie Anzeichen macht zu überholen  und verändere unsere Position so, dass ich nicht in ihren kritischen Bereich komme.

Das Anhalten läuft tollerweise schon sehr zuverlässig über den Clicker  :) Und so wie so ist sie insgesamt ein tolles Mädchen, die unheimlich gut und fein zuhört, aber irgendwie knallen ihr regelmäßig die Sicherungen raus, und dann fährt sie gnadenlos die "Hau drauf" Variante....fehlende Affektkontrolle würde ich das beim Menschen nennen.

3 Wochen sind nicht viel Zeit.

Dass 3 Wochen keine Zeit sind weiß ich. Meine persönliche Erfahrung ist, dass man bei 2-3 die Woche Training nach etwa 3 Monaten den Clicker zuverlässig etabliert hat, und das Pferd ihn als richtiges Kommunikationssystem versteht. Von ner Vertrauensbasis würde ich dann auch nach maximal einem Jahr sprechen. Trotzdem stecke ich jetzt aktuell eben in dieser Anfangsphase und muss gucken, wie ich meine Grenzen für sie verständlich setze.  :lol:
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #13 am: 05. Oktober 2014, 10:06:39 »
Sie nutzt diese Pausen auch kommt aber nach relativ kurzer Zeit wieder völlig selbstständig und bietet sich an. Und auch nach Ende der Einheiten begleitet sie mich den kompletten Weg bis zum Tor und geht erst zurück auf die Weide, wenn sie sicher ist, dass nichts mehr zu holen ist. Ich meine, ein Pferd was mit dem Programm überfordert ist, würde das nicht tun oder?



Dunja ist so aufs Futter fixiert, dass sie auch da bleibt.
Abbey geht wenn sie was nicht versteht, oder nicht mag - Dunja drück das durch um an die leckeren Kekse zu kommen. Als soe mich einmal angestiegen ist(einige kennen das Video) hätte sie jederzeit gehen können , da war auch Heu daneben.
 
Nur weil man clickert heißt das nicht, dass man das Pferd nicht überfordern kann - weil der Clicker eine riesen Macht hat..  Das war mir einfach auch nicht ganz klar am Anfang, weil das Pferd kann doch eh gehen wenn es mag.
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Re: Dringend Rat gesucht zu grenzüberschreitendem Jungpferd
« Antwort #14 am: 05. Oktober 2014, 11:48:36 »
Ich seh hier wirklich viele Parallelen zu meiner Stute.

Als ich sie kennengelernt habe war sie knapp 4, stand sie mit 2 weiteren Stuten zusammen in Eigenregie, 7/24 Weide (sehr groß für die drei). Sie fand Menschen total spannend - mit Abstand (2m). Wollte man näher ran, war sie weg, hatte man sie, hing man meistens im Halfter, hat man irgendwas gemacht was ihr unheimlich war, hat sie getreten. Mindestens 1x die Woche war sie irgendwo auf den Feldern unterwegs (aber der Zaun war in Ordnung). Clickern fand sie von Anfang an toll und hat das auch ganz super gemacht. Wenn jemand mit Futtereimer auf die Weide kam hat sie ihn angegriffen (angelegte Ohren, umkreiseln, abdrängen, drohen), um möglichst schnell an das Futter zu kommen.

Ich habe sie mit 4,5 Jahren übernommen, und wir haben den Stall gewechselt (nachts Box, gemischte Herde, auf dem Paddock immer Heu), seitdem haben wir noch mehrfach den Stall gewechselt - sie ist nie wieder durch oder über einen Zaun gegangen. Und das obwohl ich wirklich lange Phasen nicht mit ihr gearbeitet habe.

Ich glaube "Langeweile" ist immer ein tolles Label für ein Pferd was ausbricht, für mich ist es ein Zeichen dass diese Haltung für dieses Pferd nicht passt. Ein Pferd sollte in seiner Herde so "zuhause" sein, dass es bei der Herde bleibt. Ebenfalls wenn eine vierjährige Stute im Wachstum schon zu dick ist, dann ist die Haltung suboptimal.

Das erste halbe Jahr nach dem Kauf haben wir genau eins gemacht "kümmer dich um deinen eigenen Kram". Ich saß bei ihr am Paddock (außerhalb vom Zaun) und habe sie so lange ignoriert, wie sie am Zaun auf und ab ist und unbedingt was machen wollte. Ich habe abends bei ihr in der Box gesessen, und ihr beim Fressen zugesehen. Wir haben uns (frei) das Putzen erarbeitet - ohne Drohen und Treten. Das war nie etwas selbstverständliches. Ich bin auf dem Paddock zusammen mit ihr durch die Gegend gewandert (frei), und habe geclickt was mir gefällt. Das ganze Drohen und Treten hat sich mit der Zeit gegeben, weil es einfach keinen Grund mehr für sie gab, sich von mir bedroht zu fühlen. Heute merke ich, dass sie z.B. das Hinterbein anhebt, wenn ich mit der Peitsche zu viel Druck mache -> dann weiß ich dass ich zu viel gemacht habe, und mit diesem Kommunikationslevel kommen wir gut klar.

Zum Führen: Ich kann sie heute frei oder am durchhängenden Strick mit minimalen Signalen führen. Wenn sie entspannt ist. Wenn sie gestresst ist haben wir genau das was du bei der Stute beschreibst (außer dass meine Stute zum Glück nie ernsthaft gebissen hat). Inzwischen ist sie 8, bis vor einem Jahr hatten wir immer wieder mit Wachstumsschüben und kompletten Gleichgewichtsverlust von einem Tag auf den anderen zu tun. Und zwar wirklich so, dass gar nichts mehr ging. Rossezeit ist ebenfalls kritisch, da mag sie einfach keine Berührungen, egal wo.

___

Jetzt zu dem was du schreibst.

1) Ich würde die Pausen so gestalten, dass ihr nicht weiterarbeitet wenn SIE sich anbietet, sondern dass du ihr ein weitermachen anbietest, wenn sie grade vollkommen entspannt etwas anderes macht. Damit sie lernt dass es nicht ihre Verantwortung ist, sich um die Bespaßung zu kümmern. Man sieht es auch an dem zur Weide bringen -> sie geht erst, wenn sie sicher ist, dass es nichts mehr zu holen gibt -> wie gestaltest du das Ende Signal? Hast du ein klares Zeichen dafür, oder ein Ritual? (Ich gehe mal davon aus, dass du eins hast). Welches ist es?

2) Wie AbbeyWood schon gesagt hat, manche Pferde sind so aufs Futter fixiert, dass sie weit über ihre eigenen "Überforderungs"grenzen gehen. Außerdem ist ein 4jähriges Pferd wie ein kleines Kind, und weiß nicht immer was gut für es ist. Sowohl das Beißen als auch das Treten sind entweder Zeichen von Überforderung/Stress/Schmerzen - oder eben antrainiertes Verhalten, weil der Mensch dann irgendwas an dem ändert was er tut. Das wird nicht unbedingt aus deinem Training resultieren, sondern aus dem was sie davor schon gelernt hat. Hier ist es ganz wichtig zu überlegen, welchen Zweck erfüllt das für sie? Was ist der Verstärker für das Verhalten? Distanz? Änderung der Anforderung? Evtl. musst du sie dafür auch mal im Kontakt mit ihrer Besitzerin beobachten (oder eben mit Stallpersonal o.ä., deswegen die Frage wer sonst noch mit ihr umgeht). Oder gibt es bei den Wallachbesitzerin welche, die ihr was geben wenn sie sie bedrängt?

3) Sie kann ja mit "höflichem" Abstand hinter dir laufen, nachdem es "geknallt" hat. Das ist das Thema mit Strafe, Verhalten ist erst mal unterdrückt. D.h. in dem Fall bleibt/blieb sie aus der Gefahrenzone. Die meisten Pferde die ich kenne (das möchte ich bei euch übers Internet gar nicht beurteilen) schleichen dann entweder vorsichtig hinterher, oder laufen mit einer wahnsinnigen Körperspannung, beides suboptimal. Weil dabei lernen sie nicht vernünftig und balanciert zu laufen. Mal davon abgesehen hab ich ein Pferd beim Führen immer gern neben mir, wo ich am Ohrenspiel und der Mimik schnell sehen kann wenn etwas los ist. Ich würd halt bei einem Pferd was eh schon null Impulskontrolle hat etc. nicht noch zusätzlich auf Konfrontationskurs gehen, weil das ist immer eine Abwärtsspirale.

Jetzt hab ich viel geschrieben und ziemlich weit ausgeholt, einfach fürs Verständnis wo ich her komm, und wo wir angefangen haben.

Die Stute hat es sicherlich gut dass du jetzt mit ihr arbeitest, denn du machst dir viele Gedanken, und was ihr macht klingt ja auch schon gut. Versuch dich trotzdem noch freier zu machen vom Gedanken, was sie tun muss, was sie nicht tun darf, was höflich ist, was Langeweile, und das Sachen die gestern gingen heute auch gehen müssen. Sondern guck wirklich auf sie, das was sie grade tut, was es angekündigt hat, wie du reagiert hast, und welchen Effekt das hatte.

Das Training würde ich an einen Ort verlegen, wo einfach keine Gefahr besteht getreten oder gebissen zu werden, und wenn das eine abgezäunte Ecke auf der Weide/dem Paddock ist. Und so lange die Grunderziehung so viele Baustellen hat, macht es wenig Sinn sie zu überspringen um an anderen Dingen zu arbeiten. Zum Longieren könntest du evtl. einen umgedrehten Longierzirkel bauen, also Pferd außen, dann Zaun, und dann du innen. So ist es viel einfacher Distanz zu erarbeiten.

Und der Besitzerin würde (ich) nahelegen, die Haltung zu hinterfragen. Vielleicht sind die Zäune auch einfach zu schlecht für so ein junges Pferd voller Tatendrang  ;) Hat jemand schon mal beobachtet wann sie ausbricht? Nicht dass sie von den anderen mal über den Zaun gejagt wird.
LG Tine
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Ab und zu ist es gut, in unserem Streben nach Glück innezuhalten und einfach glücklich zu sein. ~ Guillaume Apollinaire
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