Hallo ihr Lieben!
Letztes Wochenende kam bei mir zum ersten Mal seit ewigen Zeiten wieder ein richtig mulmiges Gefühl auf. Antares hat mitbekommen, dass es raus geht und er war sichtlich erregt. Wir hatten ja in den letzten Wochen immer nur was in der Halle gemacht und der lange Winter mit all dem Eis ließ Ritte im Gelände auch nur bedingt zu. Somit war seine Freude am überschäumen und ich kam mir vor, als hätte ich einen Deckhengst an der Hand auf dem Weg zur hoch rossigen Stute.
Eigentlich hätte ich es da schon wissen können doch ich habe darauf vertraut, dass er unterm Sattel bislang immer sich benehmen konnte. Doch diesmal hatte er sich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle und so ging die Post schon, unmittelbar nach dem Aufsitzen ab. Meine Frau hatte nicht mal mehr Zeit auf ihr Pferd zu kommen, da war Antares schon am rumtänzeln und total ungeduldig. Als sie dann auch im Sattel war und wir zum Tor hinaus reiten wollten, hatte ich den Kopf meines Pferdes genau vor meinem Kopf, den ich so schnell nicht zur Seite nehmen konnte. Antares ist mehrmals hintereinander gestiegen und ich hatte Mühe im Sattel zu bleiben.
Meine Frau wollte den Ritt dann gleich wieder abbrechen, was wohl das Beste gewesen wäre, doch ich meinte nur, dass sich Antares wieder einkriegen würde und er dringend Bewegung bräuchte. Letzteres war sehr zutreffend, denn er ackerte wie blöde unter dem Sattel und piaffierte ununterbrochen. Das war toll zu sitzen und ich ließ ihn einfach schuften ohne großartig einzuwirken. Leider putschte er sich dabei immer mehr auf und wollte ständig auf und davon düsen, was ich ihm jedoch nicht erlaubte, damit das Ganze nicht in eine wilde Hetzjagd ausartete. Immer wieder forderte ich ihn auf anzuhalten und kurz zu verschnaufen, was er eher widerwillig dann auch tat. Er duftete bereits nach 15 Min. so stark, als hätten wir eine ganze Stunde hart gearbeitet. Auch das frische Grün am Wegesrand hat ihn nicht reizen können. Er wollte offenbar nur pumpen und powern.
Als wir dann einen kleinen Trab gehen wollten, war das bei ihm sofort versammelter Galopp und er fing an mächtig zu schnaufen und zu stöhnen, weil ich den Rahmen halt kurz hielt. Was sollte ich tun, was konnte ich überhaupt machen, um ihn wieder runter zu kriegen. Hätte ich ihn laufen gelassen, wäre er abgegangen wie Schmitz Katze und meine Frau wäre vermutlich über und über mit Dreck beworfen worden. Das wollte ich keinesfalls riskieren. Immer wieder ließ ich los, um ihn nicht noch mehr aufzustacheln, machte mich total locker und entspannte mich sehr deutlich. Doch das kam alles nicht bei ihm an. Er wollte einfach nicht ruhiger werden. Und dann überkam mich so ein mulmiges Gefühl der Hilflosigkeit. Irgendwie sah ich mich mit meinem Latein am Ende und seiner geballten Energie ausgeliefert.
Es kam also wie es kommen musste in solchen Fällen, war mir eigentlich dann auch klar. Da ich den Weg aus dem Sattel selbst nicht finden wollte, half er mir dann dabei. Zwar nicht mit Absicht aber doch mit Macht. Da lag ein Baumstamm quer über dem Weg und ich ließ ihn darüber einen kleinen Hopsa machen. Nur es war eben kein Hopsa sondern er sprang mind. einen halben Meter höher ab, keilte in der Luft zusätzlich nach oben aus und katapultierte mich so in einer Rolle vorwärts direkt über seinen Kopf hinweg. Da lag ich nun unmittelbar vor meinem Pferd auf dem Boden und er starrte mich völlig erstaunt an. "Blödmann!"
Auf einmal konnte er völlig ruhig und gelassen stehen bleiben. Er wartete geduldig ab, bis ich wieder im Sattel saß, um dann erneut mit mir los zu preschen. Jetzt hatte ich aber die Faxen dicke und schimpfte ihn aus, er soll das gefälligst bleiben lassen. Zwar verstand er meine Worte nicht aber meine Stimmlage musste ihm wohl sehr zu denken gegeben haben, denn er schaltete sofort zwei Gänge runter und trippelte wieder im leicht piaffierenden Schritt weiter. Ich sagte keinen Ton mehr und ließ ihn so versammelt bis zum Stall zurück laufen.
Mein Pferd war komischer Weise auch nicht mal richtig nass, was ich nach diesem Kraftakt eigentlich erwartet hätte. Offenbar konnte er sich in dieser Gangart dann doch wieder aklimatisieren. Mir ging es inzwischen auch etwas besser und meine Frau meinte nur, wo ich diese unendliche Geduld hernehmen würde und selbst in solchen Situationen dem Tier immer noch Freiheiten zugestehe und lieber selbst zurückstecke. Ich weiß es auch nicht und vermutlich hat sie Recht und ich hätte härter durchgreifen und ihn in seine Schranken weisen müssen oder schon vor dem Ritt erst einmal ausgiebig ablongieren. Aber ich habe immer wieder nachgegeben und ihn weiter sich auspowern lassen. Schließlich wollte ich auch nicht ohne Ende in seinem Maul Druck aufbauen und ihn ständig zurückhalten.
Ich dachte auch an etwas, was sich unter dem Sattel verklemmt haben könnte oder so. Aber da war nichts und auch sonst gab es keinen sichtbaren Grund für diese Aktion. Daher denke ich, dass es nur seine unbandige Energie gewesen ist und die Freude endlich wieder mal raus zu kommen. Selbst Paco hielt Abstand von ihm, wo er ihn doch sonst so gerne mal zwickt und ließ sich auch nicht von ihm anstecken. Letztes Jahr wäre Paco da voll mit eingestiegen und hätte auch hier und da mal gebuckelt vor Freude (besonders beim Angaloppieren). Doch darauf haben wir ja verzichtet. Es war mit Antares ja so schon anstrengend genug.
Auf so einem Pulverfass habe ich lange nicht mehr gesessen und muss gestehen, dass ich inzwischen auch etwas zu alt bin für solche akrobatischen Einlagen. Mir fiel da Solinski ein, was er in seinem Buch geschrieben hatte, als er am Weidetor über den Haufen gerannt wurde, weil die Herrschaften vor lauter Freude einfach nicht abwarten konnten. Diesen inneren Drang musste Antares wohl auch verspürt haben.
Also das nächste Mal schon auf die Vorboten achten und diese ernster nehmen, ist nun meine Devise
Manfred
PS. Und mein Pferd weiß jetzt auch, dass ich bei solche Kapriolen eben nicht so locker mithalten kann. Hoffentlich denkt er das nächste Mal auch an mich, wenn ich da oben sitze. Bislang haben ihn solche Erfahrungen immer zu etwas mehr Zurückhaltung bewegt. Doch so einen Salto möchte ich ungerne noch mal machen. Da steige ich dann lieber schon vorher ab.